[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erleichterung der Kaltumformung von Edelstahl
durch Aufbringen eines Oxalatüberzuges und daran anschließend eines Schmiermittels.
[0002] Es ist bekannt, Edelstähle zur Erleichterung der Kaltumformung, z.B. durch Rohrzug
oder Kaltstauchen, mit einem Oxalatüberzug und einem anschließend aufgebrachten Schmiermittel
zu versehen. Die zur Erzeugung des Oxalatüberzuges eingesetzten Oxalatierungslösungen
enthalten als Hauptbestandteil Oxalsäure, Zusatzstoffe, wie Fluorid oder Chlorid,
die den Beizangriff bewirken, und Natriumthiosulfat oder dergl., die als Beschleuniger
bei der Kristallkeimbildung in der Schicht wirken. Durch Eintauchen des Werkstückes
in eine derartige Oxalatierungslösung läßt sich ein Oxalatüberzug von geeignetem Schichtgewicht
erzeugen, auf den in einem nächsten Arbeitsgang mit Hilfe einer Metallseifenlösung
oder -dispersion eine Schmierschicht aufgebracht wird. Ein solches Schichtsystem stellt
die derzeit beste Form der Vorbereitung von Edelstählen für die Kaltumformung dar,
sofern herkömmliche Umformungsgrade beabsichtigt sind.
[0003] In jüngerer Zeit geht jedoch der Trend dahin, Edelstähle zunehmend schwereren Kaltumformungsgraden
zu unterwerfen. Insbesondere beim Kaltstauchen sind mitunter Reduktionsgrade von 80
% und mehr erwünscht. Bei derartig hohen Umformungsgraden weisen jedoch die nach bekannten
Verfahren erzeugten Oxalatüberzüge nicht mehr die erforderliche Haftung auf, so daß
der Oxalatüberzug entfernt wird und es zum Anfressen oder Kaltverschweißen kommt.
Die Folge ist, daß ein Austausch der Kaltumformungswerkzeuge unvermeidbar ist und
ein erheblicher Teil der produzierten Artikel Ausschuß darstellt. Das bedeutet, daß
sich Effizienz und Ausstoß bei der Kaltumformung verringern, was mit beträchtlichen
Verlusten verbunden ist.
[0004] Parallel zum vorgenannten Trend zu zunehmend schwereren Umformungen geht die Forderung
nach
Edelstählen mit immer höherer Korrosionsfestigkeit, insbesondere beim Einsatz in der
chemischen Industrie. Auch bei der Gewinnung von Erdöl mit ständig tiefer reichenden
Bohrlöchern, die mit der Einwirkung hochkorrosiver Gase verbunden ist, können die
bislang gebräuchlichen Edelstä'hle nicht mehr eingesetzt werden. Es sind statt dessen
solche mit erheblich höherem Korrosionswiderstand erforderlich. Derartige Edelstähle
enthalten häufig 20 Gew.-% Nickel und mehr sowie 20 Gew.-% Chrom und mehr.
[0005] Gerade die hochwertigen und hochkorrosionsfesten Edelstähle verhalten sich hinsichtlich
der Ausbildung von Oxalatüberzügen nachteilig, indem die Schichtbildungsreaktion bei
Verwendung herkömmlicher Oxalatierungslösungen stark behindert ist. Um mit dem Problem
fertig zu werden, hat man den Gehalt der den Beizangriff bewirkenden Badbestandteile,
wie Fluorid oder Chlorid, erhöht, was jedoch zur Folge hat, daß die Behandlungsdauer
mehr Zeit in Anspruch nimmt und die Überzugsausbildung nicht zufriedenstellend ist.
[0006] Die vorgenannten Probleme haben dazu geführt, daß man bei der Erleichterung der Kaltumformung
von Edelstählen die Technologie der Erzeugung von Konversionsüberzügen verlassen und
sich statt dessen dem Studium der Bildung von nicht mit dem Grundmetall reagierenden
Harzüberzügen zugewandt hat. Jedoch sind derartige Harzüberzüge bislang den Oxalatüberzügen
noch immer unterlegen.
[0007] Aufgabe der Erfindung ist, ein Verfahren zur Erleichterung der Kaltumformung von
Edelstählen bereitzustellen, mit dem insbesondere die vorstehend angesprochenen Probleme
behoben werden können und das auch bei hochkorrosionsfesten Edelstählen zu haftfesten
Überzügen führt, so daß selbst bei schweren Kaltumformungen ein Anfressen oder
Kaltverschweißen vermieden wird.
[0008] Die Aufgabe wird gelöst, indem das Verfahren der eingangs genannten Art entsprechend
der Erfindung derart ausgestaltet wird, daß man den Oxalatüberzug durch Kontakt mit
einer Oxalatierungslösung aufbringt, die

enthält.
[0009] Besonders geeignete wasserlösliche Polymere sind Polyvinylalkohol, Polyvinylpyrrolidon,
Polyethylenglykol, Polyacrylsäure, Kasein, Leim und dergl. Polyvinylalkohol und Polyvinylpyrrolidon
sind bevorzugt.
[0010] Die Konzentrationen der wirksamen Bestandteile der Oxalatierungslösung sind insofern
bedeutend, als bezüglich Oxalsäure unterhalb 20 g/l keine ausreichende Reaktion mit
dem Edelstahl erfolgt und oberhalb 100 g/1 keine weitere Steigerung der Reaktivität
erzielbar ist. Hinsichtlich Hydroxylammoniumsulfat erfolgt bei einer Konzentration
unterhalb 5 g/1 keine ausreichende Auflösung des Oxidfilms von der Edelstahloberfläche,
so daß die Überzugsausbildung nur schwer fortschreitet. Bei Konzentrationen über 50
g/1 tritt praktisch kein zusätzlicher Effekt auf.
[0011] Die Gehalte an wasserlöslichem Polymer führen bei Konzentrationen unterhalb der unteren
Grenze zu keiner Verbesserung der Überzugshaftung, bei Konzentrationen an der oberen
Grenze ist das Maximum an Haftung erreicht.
[0012] Bezüglich der Gehalte an Natriumthiosulfat hat sich gezeigt, daß unterhalb 0,1 g/1
praktisch keine Kristallkeimbildung auf Edelstahl erfolgt und daß oberhalb 10 g/1
starker Geruch von Schwefelverbindungen infolge Zersetzung auftritt, die mit zunehmender
Badbenutzung fortschreitet.
[0013] Als Schmiermittel zur Aufbringung auf den Oxalatüberzug sind insbesondere Metallseifen
geeignet. Bei Einsatz von wäßrigen Lösungen von Natriumseifen werden durch Reaktion
mit dem Oxalatüberzug und der Seifenlösung Eisenseifen gebildet. In Wasser dispergierte
Kalzium-, Barium-, Zinkseifen und dergl. lassen auf der Werkstückoberfläche Schmiermittelschichten
der entsprechenden Seifen entstehen. Im Falle des Kaltziehens ist es zweckmäßig, Metallseifenpulver
der vorgenannten Art unmittelbar vor dem Eintritt des Werkstücks in die Matrize aufzubringen.
[0014] Gemäß einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung bringt man den Oxalatüberzug
durch Kontakt mit einer Oxalatierungslösung, die eine Temperatur von 70 bis 100°C,
vorzugsweise von 85 bis 95°C, aufweist, auf.
[0015] Die mit der Konzeption der Erfindung gewonnenen Erkenntnisse deuten darauf hin, daß
die in Oxalatierungslösungen üblichen, den Beizangriff bewirkenden Zusätze, wie Fluorid
und Chlorid, nicht in der Lage sind, die auf der Edelstahloberfläche stets befindlichen,
kompliziert zusammengesetzten Oxidfilme von Chrom, Nickel und Eisen vollständig aufzulösen..
Dies ist jedoch die Voraussetzung für die Ausbildung eines einwandfrei haftenden Oxalatüberzuges.
[0016] Demgegenüber ist jedoch Hydroxylammoniumsulfat in Verbindung mit Oxalsäure imstande,
schnell und einfach eine völlige Entfernung des Oxidfilmes zu bewirken und zudem die
Ausbildung des Oxalatüberzuges zu beschleunigen. Dies gilt insbesondere auch bei hochkorrosionsfesten
Edelstählen, deren Oxidfilm besonders resistent ist und mit Fluorid- oder Chloridzusätzen
kaum entfernbar ist. Dessen ungeachtet können auch beim erfindungsgemäßen Verfahren
Oxalatierungslösungen zum Einsatz kommen, die zusätzlich Fluorid und/oder Chlorid
enthalten.
[0017] Das in der Oxalatierungslösung enthaltene wasserlösliche Polymer wird bei der Überzugsbildung
in den Oxalatüberzug fest eingebaut, so daß es auch durch Wasserspülung nicht entfernt
wird. Infolge des Einbaues wird zudem ein hoher Binde- und Hafteffekt erzielt.
[0018] Natriumthiosulfat dient primär der Keimbildung und ist damit insbesondere für die
Feinkörnigkeit des erzeugten Oxalatüberzuges verantwortlich.
[0019] Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele beispielsweise und näher erläutert.
Beispiel 1
[0020] Es wurden folgende Oxalatierungslösungen eingesetzt:

Zum Test dienten
1. Walzdraht der Edelstahlqualität SUS 316 mit den Abmessungen

2. Rohrluppen der Edelstahlqualität SUS 304 mit den Abmessungen

Die vorgenannten Testobjekte wurden nach dem Verfahrensgang
Reinigen (alkalischer Reiniger; 20 g/l; 80°C; 10 min) Wasserspülen
Beizen (5 Gew.-% HN03; 5 Gew.-% HF; 60°C; 5 min) Wasserspülen
Oxalatierung (mit den vorgenannten Lösungen; 90°C; 10 min)
Wasserspülen
Heißlufttrocknen
behandelt.
[0021] Im Falle der Rohrluppen erfolgte noch ein Schmiermittelauftrag durch Behandlung mit
einer Natriumstearatlösung (70 g/l; 75°C; 3 min) vor der Heißlufttrocknung.
[0022] Zur Ermittlung des Gewichtes des erzeugten Oxalatüberzuges wurden die mit den einzelnen-Oxalatierungslösungen
- wie vorstehend angegeben - behandelten und gewogenen Walzdrähte in eine 5 Gew.-%ige
wäßrige Lösung von Chromsäure von 80°C während einer Dauer von 15 min. getaucht. Dann
wurden die Walzdrähte zurückgewogen und die Schichtgewichte in g/m
2 umgerechnet.
[0023] Die Haftung bzw. Abriebfestigkeit der jeweiligen Oxalatüberzüge wurde - ebenfalls
bei Walzdraht - geprüft. Hierzu wurden die einzelnen Walzdrähte in reproduzierbarer
Weise und für eine bestimmte, für alle Proben identische Zeit mit einer Amsler-Prüfmaschine
(Prinzip Bremsklotz gegen Rad) getestet. Der Reibkörper (KIMWIPE ® der Fa. Jujo Kimberly
K.K.) war mit Aceton getränkt. Anschließend erfolgte die Ermittlung des Gewichtes
des verbliebenen Oxalatüberzuges nach der vorgenannten Methode.
[0024] Der Grad der Erleichterung der Kaltumformung wurde mit Hilfe der mit den verschiedenen
Oxalatüberzügen versehenen Rohrluppen ermittelt. Die Umformung erfolgte nach dem Stopfenzug
in zwei Stufen

und weiter
auf 16 mm Durchmesser und 1,5 mm Wandstärke (Querschnittsreduktion 35,2 %).
[0025] Die Ziehgeschwindigkeit lag bei 17,8 m/min.
[0026] Die jeweiligen Testergebnisse sind nachfolgend zusammengestellt.

[0027] Die innerhalb des erfindungsgemäßen Verfahrens eingesetzten Oxalatierungslösungen
führten beim Haftungstest in allen Fällen zu Restüberzugsgewichten von mehr als 2
g/m
2, wodurch die überlegene Haftung gegenüber herkömmlichen, gemäß Vergleich geprüften
Oxalatierungslösungen nachgewiesen ist.
[0028] Im Ziehtest an Rohrluppen zeigten sich bei Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens
keinerlei Anfressen oder Kaltverschweißen, wohingegen im Vergleichsversuch in der
zweiten Ziehstufe an der inneren Rohroberfläche Anfreßerscheinungen festzustellen
waren.
Beispiel 2
[0029] Zur Erzeugung der Oxalatüberzüge dienten wiederum die Oxalatierungslösungen gemäß
Beispiel 1.
[0030] Als Testobjekte wurden Rohrluppen aus Incolloy 800 (20 Cr, 32 Ni)

eingesetzt.
[0031] Die Behandlung erfolgte nach dem Verfahrensgang des Beispiels 1 (ohne Beseifung).
Anschließend wurden - wie im Beispiel 1 angegeben - die Schichtgewichte bestimmt.

[0032] Die Testergebnisse zeigen, daß mit Hilfe des innerhalb der Erfindung eingesetzten
Oxalatierverfahrens einwandfreie Oxalatüberzüge gebildet wurden. Obgleich sie hinsichtlich
des Schichtgewichtes gewisse Unterschiede aufwiesen, besaßen sie die für die Kaltumformung
notwendigen Eigenschaften in ausreichendem Maße.
[0033] Demgegenüber wurden mit den beim Vergleich eingesetzten Oxalatierungslösungen keine
Oxalatüberzüge ausgebildet.
1. Verfahren zur Erleichterung der Kaltumformung von Edelstahl durch Aufbringen eines
Oxalatüberzuges und daran anschließend eines Schmiermittels, dadurch gekennzeichnet,
daß man den Oxalatüberzug durch Kontakt mit einer Oxalatierungslösung aufbringt, die

enthält.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man den Oxalatüberzug durch
Kontakt mit einer Oxalatierungslösung aufbringt, die als wasserlösliches Polymer Polyethylenglykol,
Polyacrylsäure, Kasein, Leim, insbesondere aber Polyvinylalkohol und/oder Polyvinylpyrrolidon
enthält.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß man den Oxalatüberzug
durch Kontakt mit einer Oxalatierungslösung, die eine Temperatur von 70 bis 100°C,
vorzugsweise 85 bis 95°C, aufweist, aufbringt.