(19)
(11) EP 0 236 805 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
16.09.1987  Patentblatt  1987/38

(21) Anmeldenummer: 87102277.8

(22) Anmeldetag:  18.02.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21D 7/10, C21D 8/00, C21D 6/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH FR GB LI NL

(30) Priorität: 14.03.1986 DE 3608563

(71) Anmelder: MESSER GRIESHEIM GMBH
D-60314 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Diehl, Werner Konrad
    D-5000 Köln 41 (DE)
  • Kesten, Martin, Dr.
    D-5064 Rösrath 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verwendung von Werkstücken aus austenitischem Stahl in der Tieftemperaturtechnik


    (57) In der Tieftemperaturtechnik sollen solche Konstruktionsteile, die Komponenten mit unterschiedlichen Temperaturniveaus miteinander verbinden, eine möglichst geringe Wärmeleitfähigkeit besitzen. Bei Konstrucktionsteilen aus austenitschem Stahl wird die Wärmeleitfähigkeit verringert, indem sie unterhalb ihrer Martensitumwandlungs-temperatur plastisch verformt werden. Die Verformung erfolgt vorzugsweise in einem Bad aus flüssigem Stickstoff.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verringerung der Wärmeleitfähigkeit von Werkstücken aus austenitischem Stahl.

    [0002] In der Tieftemperaturtechnik wird von bestimmten Konstruktionsteilen eine geringe Wärmeleitung gefordert, um den Wärmetransport zwischen Komponenten, die sich auf verschiedenen Temperaturniveaus befinden, zu minimieren. Beispiele dafür sind Abstützelemente oder zur Beschickung und Entnahme notwendige Rohrverbindungen zwischen dem Innen- und Außenbehälter von Kryobehältern.

    [0003] Die am häufigsten verwendeten Werkstoffe für derartige Konstruktionselemente, die statische oder dynamische Lasten übertragen und in vielen Fällen auch vakuumdicht sein müssen, sind die austenitischen Chrom-Nickelstähle, weil sie verglichen mit anderen metallischen Werkstoffen eine relativ geringe Wärmeleitfähigkeit aufweisen und auch bei tiefen Temperaturen ausreichende Zähigkeit besitzen. Um den Wärmeeinfall durch diese Elemente so weit wie möglich zu reduzieren, müssen die kräfteübertragenden Querschnitte klein gehalten werden. Dies ist bei Komponenten aus austenitischem Stahl wegen der geringen Festigkeit des Materials nur sehr begrenzt möglich.

    [0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Verringerung der Wärmeleitfähigkeit von Werkstücken aus austenitischem Stahl zu schaffen, insbesondere für zum Einsatz in der Tieftemperaturtechnik vorgesehene Werkstücke.

    [0005] Ausgehend von dem im Oberbegriff des Anspruchs 1 berücksichtigten Stand der Technik ist diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegebenen Merkmalen.

    [0006] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

    [0007] Die plastische Verformung von Werkstücken aus austenitischem Stahl unterhalb ihrer Martensitumwandlungstemperatur unter Verwendung tiefsiedender verflüssigter Gase ist aus der DE-OS 1 452 533 und der DE-PS 26 54 702'an sich bekannt. Bei den bekannten-Verfahren dienen diese Maßnahmen jedoch dazu, bestimmte mechanische Festigkeitswerte wie Zugfestigkeit und Zähigkeit zu erhöhen. Ein Einfluß dieser Maßnahmen auf die Wärmeleitfähigkeit war bisher nicht bekannt.

    [0008] Der Wärmetransport in Metallen erfolgt durch Leitungs- elektronen,-deren.Bewegung durch Wechselwirkung mit Phononen (Gitterschwingunen)vund mit Gitterfehlern behindert wird. Da der thermische Widerstand durch Elektronen-Phononen-Wechselwirkung mit sinkender Temperatur abnimmt, wird der Wärmetransport bei tiefen Temperaturen im wesentlichen durch die Dichte und Art vorhandener Gitterfehler bestimmt. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird die Zahl der Gitterfehler im Werkstück erhöht. Durch eine geeignete mechanische Verformung läßt sich dies bei vielen Werkstoffen erreichen. Im besonderen Maße dafür geeignet sind jedoch die austenitischen Cr-Ni-Stähle, sofern sie unterhalb ihrer Martensitumwandlungstemperatur plastisch verformt werden. Bei dieser Behandlung erhöht sich nicht nur, dem Grad der plastischen Verformung-entsprechend, die Versetzungsdichte und die durch Versetzungsreaktionen gebildete Zahl von Leerstellen und Zwischengitteratomen. Durch die teilweise Umwandlung des austenitischen Ausgangsmaterials in die Martensitphase entsteht zusätzlich eine Vielzahl weiterer Strukturfehler, die den thermischen Widerstand weiter erhöhen.

    [0009] Von besonderem Vorteil ist weiterhin, daß das Ausgangsmaterial bei dieser Behandlung durch die Verformung unterhalb seiner Martensitbildungstemperatur zusätzlich überdurchschnittlich stark verfestigt wird, so daß entsprechend behandelte Komponenten sehr viel höhere Kräfte übertragen können oder im Vergleich zu herkömmlichen Konstruktionen mit geringeren Querschnitten auskommen, was den effiktiven Wärmestrom durch derartige Komponenten weiter verringert.

    [0010] Die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigt das nachfolgende Beispiel.

    [0011] Ein austenitisches Rohr aus der Stahlqualität Nr. 1.4301 mit einer Ausgangshärte von 153 HV1 wurde durch Innendruckbeaufschlagung in einem Flüssigstickstoffbad um 10,6 % plastisch verformt. Dabei stieg die Härte auf 310 HV1 an. Die mittlere Wärmeleitfähigkeit des Materials im Temperaturbereich zwischen 28& K und 77 K nahm durch die Behandlung von 17 W/mK auf 7 W/mK ab.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Verringerung der Wärmeleitfähigkeit von Werkstücken aus austenitischem Stahl,

    dadurch gekennzeichnet,

    daß die Werkstücke unterhalb ihrer Martensitumwandlungstemperatur plastisch verformt werden.


     
    2. Verfahren nach Anspruch 1., dadurch gekennzeichnet,
    daß die Verformung in einem Bad aus flüssigem Stickstoff durchgeführt wird.