[0001] Die Erfindung betrifft einen aluminiumberuhigten Vergütungsstahl mit guter Härtbarkeit.
Für die Härtbarkeit von Stählen ist die Einhärtungstiefe ein Maß. Sie wird in der
Regel definiert als der Abstand von der Oberfläche, bei der noch 50 % des Gefüges
aus Martensit besteht.
[0002] Unlegierte und legierte Vergütungsstähle verlangen aus Gründen der Härtbarkeit ein
grobes Austenitkorn (ASTM-Kornzahl 6 oder kleiner) beim Austenitisieren vor dem Härten.
Das grobe Austenitkorn wird bisher durch eine Begrenzung des Aluminium-Gehaltes auf
max. 0,005 % bei üblichen und auf max. 0,010 % bei erhöhten Austenitisierungstemperaturen
erreicht.
[0003] Vergütungsstähle mit guter Härtbarkeit können bisher nicht durch Stranggießen hergestellt
werden, weil bei der Stranggußherstellung aus Gründen der Vergießbarkeit und der Produkteigenschaften
Mindestgehalte an Aluminium in der Größenordnung von mehr als 0,010 % vorgeschrieben
sind. Wegen des vermehrten Einsatzes des wirtschaftlichen Stranggießverfahrens in
der Stahlindustrie ist dies besonders nachteilig.
[0004] Bei Anwendung einer Vollberuhigung solcher Stähle mit Aluminium würden die im Verlauf
der Austenitisierung gebildeten oder bereits schon vorhandenen Aluminiumnitride eine
Kornfeinung durch Keimbildung oder durch Wachstumsbehinderung des Austenitkorns bewirken.
Je nach Aluminium- bzw. Stickstoff-Gehalten würde in diesen Stählen bei üblichen Austenitisierungstemperaturen
von ca. 800 bis 860 °C ein feines Austenitkorn gebildet, welches die Härtbarkeit stark
herabsetzt.
[0005] Bei Stählen mit Aluminium-Gehalten von mehr als 0,015 %, wie sie bei einer Aluminium-Vollberuhigung
vorliegen, würden zum Erreichen eines grobkörnigen Austenits Austenitisierungstemperaturen
in der Größenordnung zwischen 950 und 1050 °C benötigt werden. Sowohl aus Gründen
der Energiekosten als auch aufgrund anlagentechnischer Grenzen und wegen stärkerer
Verzunderung sind solche Austenitisierungstemperaturen nicht vertretbar.
[0006] Der Härtbarkeitsverlust von aluminiumberuhigten Vergütungsstählen kann zwar durch
Zugabe von Legierungselementen, wie Mangan oder Chrom, ausgeglichen werden. Diese
Maßnahmen sind jedoch nur mit Einschränkungen durchführbar. Abgesehen von negativen
Effekten der genannten Elemente, insbesondere Verschlechterung der Kaltumformbarkeit,
sind die einzelnen Stahlgüten nach bestimmten Analysenvorschriften zu liefern. Abweichungen
von diesen Vorschriften werden nicht toleriert.
[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den nachteiligen Einfluß des Aluminiums
auf die Härtbarkeit von aluminiumberuhigten Vergütungsstählen mit vertretbaren und
wirtschaftlichen Mitteln abzubauen und einen aluminiumberuhigten Vergütungsstahl mit
verbesserter Härtbarkeit vorzuschlagen, der nach dem Stranggießverfahren preiswert
hergestellt werden kann.
[0008] Diese Aufgabe wird bei einem aluminiumberuhigten Vergütungsstahl mit
0,32 bis 1,0 % Kohlenstoff,
0,20 bis 3,0 % Mangan,
bis 2,0 % Silizium,
max. 0,05 % Phosphor,
max. 0,05 % Schwefel,
0,002 bis 0,008 % Stickstoff,
0,010 bis 0,10 % Aluminium,
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem Stahl zusätzlich 0,015 bis 0,08 % Zirkonium
zugesetzt wird, wobei das Verhältnis von Zirkonium : Stickstoff = 7 : 1 bis 10 : 1
beträgt, und daß die Austenit-Korngröße nach ASTM Nr. 6 oder eine kleinere Kornzahl
ist. (Die Bestimmung der Austenit-Korngröße nach ASTM (American Society for Testing
and Materials) erfolgt nach ASTM-Norm E 112, siehe auch Stahl-Eisen-Prüfblatt 1510)
[0009] Durch die Zugabe des stickstoff-affinen Elementes Zirkonium wird die Aluminiumnitrid-Ausscheidung
im Stahl verhindert, die zu einem feinen Austenitkorn führen würde. Durch die Zugabe
von Zirkonium werden dagegen bereits bei der Erstarrung des Stahles grobe Nitride
gebildet. Überrasch enderweise hat sich gezeigt, daß bei dem erfindungsgemäßen
Verhältnis Zirkonium : Stickstoff = 7 : 1 bis 10 : 1 bei üblichen Austenitisierungstemperaturen
von ewa 800 bis 860 °C und Haltezeiten über 10 Minuten ein grobes Austenitkorn (ASTM:
2 bis 6) erzielt wird, das dem eines siliziumberuhigten Stahls entspricht. Dabei führt
ein Zirkonium-Zusatz unabhängig vom Kohlenstoff-Gehalt zu einer hervorragenden Härtbarkeit.
[0010] Bevorzugt beträgt der Kohlenstoff-Gehalt 0,41 bis 1,0 %, der Mangan-Gehalt 0,20 bis
2,0 %, der Silizium-Gehalt bis 0,5 %, der Stickstoff-Gehalt 0,002 bis 0,0065 %, der
Aluminium-Gehalt 0,015 bis 0,08 % und der Zirkonium-Gehalt 0,015 bis 0,065 %. Aber
auch bei noch geringeren Mangan-Gehalten von 0,20 bis 1,2 % bzw. 0,40 bis 1,0 % stellt
sich eine hervorragende Härtbarkeit des Vergütungsstahles ein.
[0011] Der erfindungsgemäße Vergütungsstahl kann ferner Zusätze von Chrom, Nickel, Molybdän
einzeln oder zu mehreren enthalten, und zwar 0,05 bis 3,5 %, insbesondere 0,05 bis
1,5 % Chrom und/oder Nickel und/oder 0,05 bis 0,5 % Molybdän.
[0012] Um die gute Härtbarkeit des erfindungsgemäßen Stahles nicht zu beeinträchtigen, darf
der Stahl jedoch keine Legierungselemente, wie Niob oder Titan, enthalten, die zu
einem Feinkorn im Austenit führen würden und außerdem über Keime im Gefüge die Austenitumwandlung
in der Ferrit/Perlit-Stufe bei der Härtung beschleunigen würden.
[0013] Es ist bekannt, legierten Baustählen Zirkonium zur Verbesserung des Kaltumformbarkeit
zuzusetzen. Der Einfluß eines Zirkoniumzusatzes auf die Nitridbildung und damit der
Einfluß auf die Austenitkornvergröberung ist jedoch nicht erwähnt worden (Molybdän-Dienst,
Nr. 70, Januar 1971, Seiten 1 bis 8 und Baustähle der Welt, Bd. II, VEB Deutscher
Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1968, Seiten 220 bis 231).
[0014] Bei einer Untersuchung über die Wirkung von Zirkonium auf die mechanischen Eigenschaften
unlegierter Baustähle, ähnlich der Stahlsorten St 52-3, wurde nach einer Glühung zwischen
860 bis 900°C (Normalglühung) bei Anwesenheit von Zirkonium eine Abnahme der Menge
an ausgeschiedenem Aluminiumnitrid beobachtet, die sich in einer Zunahme der Kornwachstumsneigung
äußerte. Proben, die zwischen 860 und 900 °C geglüht wurden, zeigten dementsprechend
mit steigendem Zirkonium-Gehalt Anteile von gröberem Feinkorn. Diese Erscheinung ist
jedoch wegen der Absenkung der Festigkeitseigenschaften nach dem Normalglühen der
Baustähle als negativ angesehen worden. Eine positive Ausnutzung von grobem ZrN im
Hinblick auf eine Vergütung konnte im Rahmen dieser Stahlanalyse nicht erfolgen und
wurde auch durch die beschriebenen Untersuchungen nicht nahegelegt. (Thyssen Forschung,
2. Jahrgang, 1970, Heft 1, Seiten 35 bis 41)
[0015] Der besondere Vorteil des erfindungsgemäßen Vergütungsstahls ist darin zu sehen,
daß die Härtbarkeit ohne wesentliche Änderung der Analysenvorschrift und ohne Beeinträchtigung
der mechanischen Eigenschaften auf das Niveau der siliziumberuhigten Stähle eingestellt
und der Einsatz des wirtschaftlichen Stranggießverfahrens ermöglicht wird.
[0016] Ein weiterer Vorteil der Aluminiumberuhigung und Zusatz von Zirkonium bei dem erfindungsgemäßen
Vergütungsstahl ist die Sicherstellung der Alterungsbeständigkeit. Herkömmliche Vergütungsstähle
weisen freien Stickstoff auf und sind deshalb alterungsanfällig.
[0017] Bevorzugt wird der Stahl durch Stranggießen hergestellt.
[0018] Nachfolgend werden die Herstellung des erfindungsgemäßen Vergütungsstahls sowie die
dabei ermittelten Werte der Austenitkorngröße anhand von Ausführungsbeispielen näher
erläutert. Ferner wird der erfindungsgemäße Stahl mit nicht unter die Erfindung fallenden
Vergütungsstählen verglichen.
[0019] In einem Sauerstoffaufblasverfahren wurden die Stähle A bis M erschmolzen. Die chemische
Zusammensetzung und Austenitkorngröße, ermittelt als Abschreckkorngröße nach DIN 50601,
der Stähle zeigt Tafel 1. Die Stähle A bis H fallen unter die Erfindung. Die Stähle
I und J, d ie keinen Zirkoniumzusatz aufweisen, und die Stähle K und L, die einen
Al-Gehalt unter 0,010 % aufweisen, und der Stahl M, der ein Zr/N-Verhältnis von kleiner
als 7 zeigt, fallen nicht unter die Erfindung.
[0020] Es wird deutlich, daß von den Al-haltigen, d.h. gut stranggießfähigen Stählen nur
diejenigen mit einem Zr-Zusatz und einem Zr/N-Verhältni zwischen 7 und 10 eine Austenitkorngröße
aufweisen, die für eine gute Härtbarkeit erforderlich ist.
1. Aluminiumberuhigter Vergütungsstahl mit
0,32 bis 1,0 % Kohlenstoff,
0,20 bis 3,0 % Mangan,
bis 2,0 % Silizium,
max. 0,05 % Phosphor,
max. 0,05 % Schwefel,
0,002 bis 0,008 % Stickstoff,
0,010 bis 0,10 % Aluminium,
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
dadurch gekennzeichnet, daß der Stahl zusätzlich 0,015 bis 0,08 % Zirkonium enthält, wobei das Verhältnis
von Zirkonium : Stickstoff = 7 : 1 bis 10 : 1 beträgt, und daß die Austenit-Korngröße
nach ASTM 6 oder gröerb ist (kleinere ASTM-Kornzahl als 6).
2. Vergütungsstahl nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß er
0,41 bis 1,0 % Kohlenstoff,
0,20 bis 2,0 % Mangan,
bis 0,5 % Silizium,
0,002 bis 0,0065 % Stickstoff,
0,015 bis 0,08 % Aluminium,
0,015 bis 0,065 % Zirkonium,
Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen,
enthält.
3. Vergütungsstahl nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß der Mangan-Gehalt 0,20 bis 1,20 % beträgt.
4. Vergütungsstahl nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß der Mangan-Gehalt 0,40 bis 1,0 % beträgt.
5. Vergütungsstahl nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß er zusätzlich
0,05 bis 3,5 % Chrom,
0,05 bis 3,5 % Nickel und
0,05 bis 0,5 % Molybdän
einzeln oder zu mehreren enthält.
6. Vergütungsstahl nach Anspruch 5,
gekennzeichnet durch Zusätze von
0,05 bis 1,5 % Chrom und
0,05 bis 1,5 % Nickel.
7. Vergütungsstahl nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß er stranggegossen ist.