(19)
(11) EP 0 238 724 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.09.1987  Patentblatt  1987/40

(21) Anmeldenummer: 86117113.0

(22) Anmeldetag:  09.12.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4F42B 10/66
(84) Benannte Vertragsstaaten:
FR GB SE

(30) Priorität: 28.12.1985 DE 3546269

(71) Anmelder: Deutsche Forschungsanstalt für Luft- und Raumfahrt e.V.
D-51126 Köln (DE)

(72) Erfinder:
  • Schäfer, Berthold
    D-5060 Bergisch Gladbach 1 (DE)

(74) Vertreter: Selting, Günther, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte von Kreisler, Selting, Werner Postfach 10 22 41
50462 Köln
50462 Köln (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Flugkörper


    (57) Der Flugkörper (10) weist an seinem in Flugrichtung (A) hinteren Ende Leitflossen (14, 16, 18) auf, deren Vorderkanten (14F, 16F, 18F) zu beiden Seiten angeschärft sind. Zwischen den Leitflossen befinden sich auf dem Rumpf (12) angeordnete Ausströmöffnungen (22), über die Brennstoff in die sich um den Rumpf (12) ausbildende Überschallaußenströmung eingespritzt werden kann. Die Überschallströmung erzeugt an den Vorderkanten (14F, 16F, 18F) von diesen ausgehende Stoßwellenfronten, die an den benachbarten Leitflossen reflektiert werden. Dabei interferieren die Stoßwellen der Stoßwellenfronten mit der am Rumpf entlangstreichenden Überschallströmung, wodurch Rezirkulationsgebiete zwischen den Leitflossen erzeugt werden. Diese Rezirkulationsgebiete bilden sich im Bereich der Ekkenströmung und der Ausströmöffnungen (22) aus, so daß der aus diesen austretende Brennstoff unter Entstehung einer lokal stabilen Flamme verbrennt. Aufgrund der sich bei der Verbrennung ergebenden Volumenvergrößerung stellt sich zwischen den Leitflossen ein Überdruckgebiet ein. Der Druck erzeugt eine quer zur Flugrichtung (A) gerichtete Querkraft, die eine Steuerung des Flugkörpers (10) bewirkt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Flugkörper, insbesondere Uberschallflugkörper, mit einem Rumpf und mehreren Leitflossen an seinem in Flugrichtung hinteren Ende.

    [0002] Flugkörper weisen normalerweise am Rumpf Leitflossen auf. Die Steuerung derartiger Flugkörper, wie z.B. Raketen oder Marschflugkörper, erfolgt im allgemeinen durch Ruder, deren Position relativ zum Flugkörper zwecks Steuerung verändert wird. Eine andere Steuerungsmöglichkeit besteht in einer sogenannten Schubvektor-Steuerung, bei der der aus dem Flugkörper austretende Antriebsgasstrom abgelenkt wird. Eine weitere Möglichkeit der Steuerung besteht darin, Steuerungsgase im wesentlichen quer und impulsartig aus dem Rumpf des Flugkörpers austreten zu lassen. Ein durch eine solche Impulssteuerung gesteuerter Flugkörper weist an dem in Flugrichtung hinteren Ende des Rumpfes öffnungen auf, über die ein Steuerungsgas austritt, wobei auf den Flugkörper eine quer zur Flugrichtung gerichtete Kraft ausgeübt wird. Das Gas tritt je nach gewünschter Flugrichtung nur aus bestimmten Löchern aus. Das plötzlich austretende Gas verleiht dem Flugkörper einen Impuls, der eine Veränderung der Flugrichtung bewirkt. Das Gas muß mit hohem Druck durch die Löcher in die am Rumpf des Flugkörpers vorbeistreichende Luft gedrückt werden, um einen wirkungsvollen Steuerungseffekt zu erzielen. An Bord des Flugkörpers sind relativ große, unter hohem Druck stehende Gasmassen zur Steuerung des Flugkörpers notwendig, was zu Gewichts- und Platzproblemen im Flugkörper führt.

    [0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, einen Flugkörper zu schaffen, bei dem zur Steuerung seiner Flugrichtung nur geringe Mengen an Steuerungsgas notwendig sind.

    [0004] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß an dem Rumpf zwischen benachbarten Leitflossen in einem Gebiet, in dem die Geschwindigkeit der am Rumpf entlangstreichenden Luft infolge von von den Vorderkanten der Leitflossen ausgehenden Stoßwellen verringert ist, mindestens eine Ausströmöffnung angeordnet ist, aus der zum Ändern der Flugrichtung Brennstoff austritt.

    [0005] Bei dem erfindungsgemäßen Flugkörper ist am Rumpf zwischen benachbarten Leitflossen mindestens eine Ausströmöffnung angeordnet. Zur Steuerung der Flugrichtung tritt aus der Ausströmöffnung ein Brennstoff aus, der sich außerhalb des Flugkörpers entzündet. Ohne zusätzliche Maßnahmen würde die bei Zündung des austretenden Brennstoffs entstehende Flamme aufgrund der mit überschallgeschwindigkeit am Rumpf entlangstreichenden Luft sofort instabil, d.h., sie wird sofort ausgeblasen oder aber die Verbrennung des Brennstoffs erfolgt im Bereich hinter dem Flugkörper. Zur Stabilisierung der bei der Verbrennung des Brennstoffs entstehenden Flamme befindet sich die Ausströmöffnung in einem Bereich am Rumpf, in dem die Geschwindigkeit der am Rumpf entlangstreichenden Luft verringert ist. Ein derartiger Bereich, ein sogenanntes Rezirkulationsgebiet, entsteht dadurch, daß eine von der Vorderkante einer Leitflosse ausgehende Stoßwelle der am Flugkörper vorbeistreichenden Luft an einer benachbarten Leitflosse reflektiert wird. Beim Auftreffen auf die benachbarte Leitflosse interferiert die Stoßwelle mit der Eckenströmung zwischen Flosse und Rumpf, die aufgrund der Wandreibung wesentlich langsamer ist als die ungestörte Strömung. Die Interferenz der Stoßwelle und dieser Eckenströmung erzeugt ein Rezirkulationsgebiet in der Nähe der Leitflossen.

    [0006] Die Ausströmöffnung ist in Form einer Düse am Rumpf in einem Bereich angeordnet, in dem sich das Rezirkulationsgebiet ausbildet. Die Strömungsgeschwindigkeit im Rezirkulationsgebiet ist wesentlich geringer als die Geschwindigkeit der am Rumpf entlangstreichenden Luft außerhalb dieses Gebietes. Die Flamme, die bei Zündung des aus der Ausströmöffnung austretenden Brennstoffes entsteht, kann daher selbst bei Geschwindigkeiten von mehreren Mach lokal stabilisiert werden. Das bedeutet, daß sich einerseits die Flamme in unmittelbarer Nähe des Rumpfes bildet und daß andererseits die Flamme nicht von der am Rumpf vorbeiströmenden Luft zerstört bzw. bis hinter den Flugkörper getragen wird. Bei dem erfindungsgemäßen Flugkörper werden die Verdichtungsstöße (Stoßwellen) zur Flammenstabilisation verwendet. Der im Rezirkulationsgebiet gezündetete Brennstoff bewirkt eine Volumenvergrößerung in unmittelbarer Nähe des Rumpfes. Diese Volumenvergrößerung bewirkt einen lokalen Druckanstieg am Rumpf, wodurch eine Veränderung der Flugrichtung des Flugkörpers erzielt wird. Die Steuerung des Flugkörpers erfolgt also durch Druckanstieg in einem durch die Leitflossen örtlich genau begrenzten Gebiet am Rumpf des Flugkörpers. Da sich bei der Verbrennung des Brennstoffs in der am Rumpf vorbeiströmenden Luft (Außenverbrennung) eine starke Volumenvergrößerung und ein hoher Druckanstieg ergibt, sind nur geringe Brennstoffmengen an Bord des Flugkörpers erforderlich. Dadurch können die Flugkörper kleiner und leichter ausgebildet sein. Die Steuerung des Flugkörpers kann innerhalb kürzester Zeit vorgenommen werden, so daß sich kurze Reaktionszeiten ergeben. Die Steuerung kann während der gesamten Flugphase, also sowohl während der Start- als auch der Marschphase des Flugkörpers, eingesetzt werden, besonders wirkungsvoll ist sie aber vor allem im Überschallbereich. Bewegliche und daher störungsanfällige Teile, wie z.B. Ruder, sind nicht erforderlich.

    [0007] Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, daß die Vorderkanten der Leitflossen zu beiden Seiten spitzwinklig angeschärft sind. Durch diese besondere Ausbildung der Vorderkanten der Leitflossen stellen diese keinen wesentlichen Luftwiderstand für die am Rumpf entlangstreichende Luft dar. Bereits bei einer mit einem Winkel von ca. 20° zulaufenden Vorderkante bilden sich an dieser Stoßwellen aus, deren Stärke zur Erzeugung eines hinreichend ausgebildeten Rezirkulationsgebietes ausreichen.

    [0008] Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung befindet sich zwischen zwei benachbarten Leitflossen eine Zündvorrichtung, mit deren Hilfe der aus der Düse ausgespritzte Brennstoff entzündet werden kann. Die Zündvorrichtung wird je nach Art des Brennstoffs sowie der Geschwindigkeit des Flugkörpers zum Zünden des Brennstoffs verwendet. Wenn beispielsweise Brennstoff verwendet wird, der sich bei entsprechend hohen Fluggeschwindigkeiten des Flugkörpers (z.B. bei vierfacher Schallgeschwindigkeit) infolge der hohen Stautemperaturen selbst entzündet, wird die Zündvorrichtung nur während der Startphase des Flugkörpers benötigt. Während der Marschphase des Flugkörpers ist die Zündvorrichtung zum Entzünden des Brennstoffs in der Regel nicht erforderlich, wodurch der Steuerungsprozeß des Flugkörpers vereinfacht wird.

    [0009] Eine andere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, daß zwischen benachbarten Leitflosse jeweils mehrere Ausströmöffnungen in einer Reihe angeordnet sind, wobei die äußeren Ausströmöffnungen der Reihe jeweils in unmittelbarer Nähe einer Leitflosse angeordnet sind. Die Rezirkulationsgebiete bilden sich insbesondere in unmittelbarer Nähe einer Leitflosse aus, da die Eckenströmung aufgrund der Reibung der entlangstreichenden Luft am Rumpf und an der Leitflosse am stärksten abgebremst ist. Der über die äußeren Ausströmöffnungen der Reihe in diese besonders gut ausgeprägten Rezirkulationsgebiete eingespritzte Brennstoff bildet bei seiner Verbrennung eine lokal stabile Flamme. Von dort aus breitet sich die Flamme rasch über die gesamte Reihe der Ausströmöffnungen hinweg aus. So entsteht ein breiter Flammenbereich zwischen den Leitflossen, wodurch eine besonders wirkungsvolle Steuerung erzielt werden kann.

    [0010] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, daß mehrere hintereinanderliegende Reihen von Ausströmöffnungen vorgesehen sind. Dadurch entsteht ein besonders großflächiger Bereich zwischen zwei benachbarten Leitflossen, in dem der austretende Brennstoff verbrennt. Auch dies ermöglicht eine besonders wirkungsvolle Steuerung des Flugkörpers.

    [0011] Wird, wie es bei einer weiteren Ausführungsform der Erfindung vorgesehen ist, als Brennstoff Wasserstoff verwendet, so erfolgt bei Überschallgeschwindigkeiten des Flugkörpers im Bereich von ca. 4 Mach eine Selbstentzündung des aus den Ausströmöffnungen austretenden Wasserstoffs. Aufgrund der hohen Stautemperaturen der mit Überschall am Rumpf des Flugkörpers entlangstreichenden Luft werden hierbei Temperaturen von ca. 800°C erreicht, die zur Selbstentzündung des Wasserstoffs führen. In diesen Geschwindigkeitsbereichen des Flugkörpers wird die Zündvorrichtung zum Entzünden des Wasserstoffs nicht benötigt, wodurch die zur Steuerung des Flugkörpers notwendigen Operationen vereinfacht werden.

    [0012] Der erfindungsgemäße Flugkörper wird in seinem Heckbereich mit mehreren starren Leitflossen versehen. Zwischen benachbarten Leitflossen werden Düsen angebracht, durch die Brennstoff in die Uberschallströmung der am Rumpf des Flugkörpers entlangstreichenden Luft eingespritzt werden kann. Die Uberschallströmung erzeugt von den Vorderkanten der Leitflossen ausgehende Stoßwellen (Verdichtungsstöße), die an der jeweils benachbarten Leitflosse reflektiert werden. Bei dieser Reflektion erfolgt eine Interferenz zwischen der Stoßwelle und der am Rumpf des Flugkörpers entlangstreichenden Luft, die aufgrund ihrer Reibung am Rumpf eine verringerte Geschwindigkeit aufweist. Die Stoßinterferenz ist besonders stark in den von dem Rumpf und den Leitflossen gebildeten Ecken. Aufgrund der Stoßinterferenz bilden sich in der Uberschallströmung Rezirkulationsgebiete, in denen bei Verbrennung eines in diese Gebiete eingespritzten Brennstoffs eine lokal stabilisierte Flamme entsteht. Der Brennstoff braucht beim Ausspritzen nur einen geringfügig größeren Druck als die am Rumpf entlangströmende Luft aufzuweisen. Die Außenverbrennung des Brennstoffs in der den Flugkörper umgebenden Luftströmung führt zu einer Volumenvergrößerung des Brennstoff/Luftgemisches in unmittelbarer Nähe des Rumpfes, was in diesem Bereich einen Druckanstieg zur Folge hat. Dieser Druckanstieg in dem durch die Leitflossen örtlich genau begrenzten Gebiet wirkt sich auf den Rumpf des Flugkörpers aus und wird so zur Steuerung des Flugkörpers verwendet. Die Steuerung erfolgt also durch Außenverbrennung eines Brennstoffs. Diese Art der Steuerung eines Flugkörpers erfolgt sehr reaktionsschnell und kann während der gesamten Flugphase, also während der Start- und Marschphase des Flugkörpers eingesetzt werden. Es sind nur relativ geringe Brennstoffmengen erforderlich, wodurch der Flugkörper in seinen Abmessungen klein gestaltet werden kann und ein geringes Gewicht aufweist. Der Mechnismus zur Steuerung des Flugkörpers weist keine beweglichen Teile auf, wodurch er sehr zuverlässig arbeitet. Nachfolgend wird unter Bezugnahme auf die Figuren ein Ausführungsbeispiel der Erfindung näher erläutert.

    [0013] Es zeigen:

    Fig. 1 eine Seitenansicht des Flugkörpers und

    Fig. 2 einen Querschnitt entlang der Linie II-II in Fig. 1.



    [0014] Der Flugkörper 10 weist an seinem Rumpf 12 vier Leitflossen 14,16,18 und 20 auf, die an dem in Flugrichtung A hinteren Ende des Rumpfes 12 angeordnet sind. Die Vorderkante einer Leitflosse (in den Figuren mit dem durch ein F ergänztes Bezugszeichen der betreffenden Leitflosse bezeichnet) sind zu beiden Seiten angeschärft und laufen nach vorne hin spitz zu. Auch die radial nach außen weisenden Seitenkanten der Leitflossen (in den Figuren mit dem durch ein S ergänztes Bezugszeichen der betreffenden Leitflosse bezeichnet) laufen nach außen hin spitz zu.

    [0015] Zwischen den benachbarten Leitflossen 14 und 16 befinden sich am Rumpf 12 mehrere Düsen 22, wobei jeweils fünf Düsen 22 in einer quer zur Flugrichtung A des Flugkörpers 10 verlaufenden Reihe und drei solcher Reihen 24,26 und 28 hintereinanderliegend angeordnet sind. Derart angeordnete Düsen 22 befinden sich zwischen sämtlichen zueinander benachbarten Leitflossen des Flugkörpers 10. Alle in einer Reihe angeordneten Düsen 22 befinden sich auf einem gemeinsamen Umfangskreis am Rumpf 12. Die auf einem Umfangskreis am Rumpf 12 angeordneten Düsen 22 werden durch die Leitflossen 16, 14, .20 und 18 in vier Gruppen mit jeweils fünf Düsen unterteilt. Jeweils eine solche Gruppe von Düsen 22 ist dem I.,II., III. und IV. Quadranten (Fig. 2) zugeordnet. Die Einteilung der Düsen 22 in den Reihen 26 und 28 .ist entsprechend.

    [0016] über die Düsen 22 wird Brennstoff in die am Rumpf 12 entlangstreichende Luft eingespritzt. Sämtliche am Rumpf 12 angeordnete Düsen 22 sind über (nicht dargestellte) Leitungen mit einem Tank für Brennstoff (ebenfalls nicht dargestellt) verbunden. Je nachdem, in welcher Art und Weise die Flugrichtung des Flugkörpers 10 zu steuern ist, können entweder alle Düsen 22 eines Quadranten oder aber auch die Düsen mehrerer Quadranten mit Brennstoff versorgt werden. In jeder mit dem Tank verbundenen Leitung, über die sämtliche Düsen eines Quadranten mit Brennstoff versorgt werden, befindet sich ein Ventil zum Verschließen bzw. öffnen dieser Leitung. Die Versorgung der Düsen 22 mit Brennstoff erfolgt also nach Quadranten selektiert. Zwischen der mittleren Reihe 26 und der letzten Reihe 28 (in Flugrichtung A betrachtet) befindet sich eine Zündvorrichtung 30 - beispielsweise in Form einer Zündkerze - zum Zünden des aus den Düsen 22 des betreffenden Quadranten austretenden Brennstoffs.

    [0017] Die Entstehung eines Rezirkulationsgebietes zwischen zwei benachbarten Leitflossen soll nachfolgend beispielhaft anhand des ersten Quadranten (anhand des Be-reiches zwischen den Leitflossen 14 und 16) verdeutlicht werden. Bei Überschallgeschwindigkeit gehen von der Vorderkante 14F der Leitflosse 14 und von der Vorderkante 16F der Leitflosse 16 jeweils zwei Stoßwellenfronten aus. Dabei verläuft eine der beiden von der Vorderkante 14F der Leitflosse 14 ausgehende Stoßwellenfront in Richtung auf die Leitflosse 16, während eine der beiden von der Vorderkante 16F der Leitflosse 16 ausgehende Stoßwellenfront in Richtung auf die Leitflosse 14 verläuft. Die Stoßwellen jeder Stoßwellenfront werden an den entsprechenden Leitflossen reflektiert. Dabei interferieren die Stoßwellen mit der am Rumpf 12 des Flugkörpers 10 entlangstreichenden Luft. Die am Rumpf 12 entlangstreichende Luft ist aufgrund der Reibung am Rumpf 12 abgebremst, wodurch sich bei Interferenz mit den Stoßwellen Rezirkulationsgebiete bilden. Die aufgrund der Reibung am stärksten verlangsamte Strömung der am Rumpf entlangstreichenden Luft ergibt sich jeweils in der Ecke (Eckenströmung) zwischen den Leitflossen 14 bzw. 16 und dem Rumpf 12 des Flugkörpers 10. Daher ergeben sich auch die am stärksten ausgebildeten Rezirkulationsgebiete jeweils in der Nähe einer Leitflosse.

    [0018] Für den in Fig. 1 dargestellten Flugkörper 10 sei angenommen, daß die Reflektionen der Stoßwellen einer Stoßwellenfront an den Leitflossen in einem Bereich erfolgen, der sich zwischen der vordersten Reihe 24 und der hintersten Reihe 28 an den Leitflossen erstreckt. Die am stärksten ausgebildeten Rezirkulationsgebiete ergeben sich, wie bereits erwähnt, in unmittelbarer Nähe der Leitflossen. Kleinere Rezirkulationsgebiete entstehen in dem Bereich am Rumpf, in dem die mittleren Düsen der einzelnen Reihen angeordnet sind, da auch hier eine Interferenz zwischen den Stoßwellen der Stoßwellenfront und der am Rumpf 12 entlangstreichenden Luft erfolgt.

    [0019] Zur Steuerung des Flugkörpers 10 wird je nach Bedarf über die Düsen 22 eines oder mehrerer Quadranten Brennstoff in die am Rumpf 12 entlangstreichende Luft eingespritzt. Der austretende Brennstoff wird mit Hilfe der Zündvorrichtung 30 entzündet, wobei sich eine lokal stabile Flamme bildet. Die Verbrennung des Brennstoffs' verursacht eine Volumenvergrößerung des zwischen den Leitflossen 14 und 16 am Rumpf 12 befindlichen Gemisches aus verbranntem Brennstoff und am Rumpf 12 entlangstreichende Luft. Diese Volumenvergrößerung hat einen Druckanstieg in dem durch die Leitflossen 14 und 16 genau begrenzten Gebiet zur Folge. Der in diesem Gebiet erhöhte Druck wirkt auf den Rumpf 12, wodurch eine Querkraft, die quer zur Flugrichtung A des Flugkörpers 10 gerichtet ist, erzeugt wird. Die Stärke der Querkraft kann über die durch die Düsen 22 eines Quadranten austretende Brennstoffmenge pro Zeiteinheit reguliert werden.

    [0020] Der Druck des aus den Düsen 22 austretenden gasförmigen oder flüssigen Brennstoffs ist nur so groß, daß er ausreicht, um den Brennstoff aus dem Rumpf 12 austreten zu lassen. Durch diesen Druck allein wird dem Flugkörper kein wesentlicher Steuerungsimpuls erteilt. Wird als Brennstoff Wasserstoff verwendet, so erfolgt ab einer bestimmten Geschwindigkeit des Flugkörpers 10 eine Selbstentzündung des Wasserstoffs aufgrund der hohen Stautemperatur der am Rumpf 12 entlangstreichenden Luft. Die Zündungstemperatur für Wasserstoff liegt bei ca. 800°C. Wenn der Flugkörper 10 eine Geschwindigkeit größer als ca. 4 Mach bei Bodenbedingungen aufweist, ist die Temperatur der Luft am Flugkörper 12 aufgrund der hohen Stautemperaturen auf Werte größer als 800°C angestiegen, so daß eine sichere Selbstentzündung des Wasserstoffs erfolgt. Bei diesen Geschwindigkeitsbereichen des Flugkörpers können die in diesem ablaufenden Prozesse während der Steuerung dahingehend vereinfacht werden, daß bei jedem Steuerungsmanöver eine Ansteuerung der entsprechenden Zündvorrichtung nicht zu erfolgen braucht.


    Ansprüche

    1. Flugkörper, insbesondere Überschallflugkörper, mit einem Rumpf und mehreren Leitflossen an seinem in Flugrichtung hinteren Ende,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß an dem Rumpf (12) zwischen benachbarten Leitflossen (14,16,18,20) in einem Gebiet, in dem die Geschwindigkeit der am Rumpf (12) entlangstreichenden Luft infolge von von den Vorderkanten (14F,16F,18F,20F) der Leitflossen ausgehenden Stoßwellen verringert ist, mindestens eine Ausströmöffnung (22) angeordnet ist, aus der zum Ändern der Flugrichtung Brennstoff austritt.
     
    2. Flugkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorderkanten (14F,16F,18F,20F) der Leitflossen zu beiden Seiten spitzwinklig angeschärft sind.
     
    3. Flugkörper nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß sich zwischen zwei benachbarten Leitflossen eine Zündvorrichtung (30) zum Entzünden des aus der Ausströmöffnung (22) ausgespritzten Brennstoffs befindet.
     
    4. Flugkörper nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß zwischen benachbarten Leitflossen (14,16,18,20) jeweils mehrere Ausströmöffnungen (22) in einer Reihe (26) angeordnet sind, wobei die äußeren Ausströmöffnungen der Reihe jeweils in unmittelbarer Nähe einer Leitflosse (14,16,18,20) angeordnet sind.
     
    5. Flugkörper nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Ausströmöffnungen (22) auf einem einzigen Umfangskreis am Rumpf (12) angeordnet sind.
     
    6. Flugkörper nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere hintereinanderliegende Reihen (24,26,28) von Ausströmöffnungen (22) vorgesehen sind.
     
    7. Flugkörper nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß der Brennstoff Wasserstoff ist.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht