(19)
(11) EP 0 238 844 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.09.1987  Patentblatt  1987/40

(21) Anmeldenummer: 87102282.8

(22) Anmeldetag:  18.02.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B22D 11/20
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 27.02.1986 DE 3606290

(71) Anmelder: SMS SCHLOEMANN-SIEMAG AKTIENGESELLSCHAFT
D-40237 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Flemming, Günter, Dr.
    D-4006 Erkrath (DE)
  • Streubel, Hans
    D-4006 Erkrath (DE)
  • Kolakowski, Manfred
    D-4006 Erkrath (DE)

(74) Vertreter: Müller, Gerd, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte Hemmerich-Müller-Grosse Pollmeier-Valentin-Gihske Hammerstrasse 2
57072 Siegen
57072 Siegen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Angiessen einer Stahlbandgiessanlage


    (57) Bei einem Verfahren zum Angießen einer Stahlbandgießan­lage mit einer Kokille (5) mit gekühlten Schmalseitenwänden (7) und Breitseitenwänden (6), die zur Aufnahme eines Gießrohres (4) oberhalb eines formatbestimmenden Parallelabschnittes (10) im Bereich der Breitseitenwände (6) einen nach oben erweiterten Eingießbereich (11) aufweist wird eine kurze Angießzeit ohne ein Steckenbleiben des Bandes dadurch erreicht, daß die Höhenlage des Gießspiegels (14) wegverfolgt wird, daß der Bandabzug zwischen Auffüllung des formatbestimmen­den Parallelabschnittes (10) der Kokille (5) und Bedecken der Gießrohraustrittsöffnungen (15) gestartet und bis zur Erreichung der Sollgießspiegelhöhe auf eine Mindestabzugs­geschwindigkeit erhöht wird, bei welcher das Gießsumpfende unterhalb des formatbestimmenden Parallelabschnittes (10) bleibt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Angießen einer Stahlbandgießanlage mit einer Kokille mit gekühlten Schmal­seitenwänden und Breitseitenwänden, die zur Aufnahme eines Gießrohres oberhalb eines formatbestimmenden Parallelab­schnitts im Bereich der Breitseitenwände einen nach oben erweiterten Eingießbereich aufweist.

    [0002] Durch die DE-PS 887 990 ist es bekannt, beim Stranggießen von Brammen in einer Kokille mit erweitertem Eingießbe- reich, die Gießbedingungen so festzulegen, daß der flüssige Metallsumpf sich bis in den Parallelabschnitt erstreckt.

    [0003] Die Forderung, den flüssigen Metallsumpf ständig bis unter­halb des Eingießbereichs d.h. im formatbestimmenden unteren Bereich der Kokille zu halten ist beim Angießen der Stahl­bandgießanlage besonders schwierig zu erfüllen, da einer­seits die einströmende Schmelze an den kalten Kokillen­wänden und an dem die Kokille verschließendem Anfahrkopf besonders schnell abkühlt andererseits bei zu hoher Aus­trittsgeschwindigkeit Metallschmelze zu oberen Bereichen der Kokillenwandungen hochspritzt und anbackt, wodurch die Strangschalenbildung behindert und Durchbrüche verursacht werden können. Eine zusätzliche Erschwernis besteht darin, daß das zum Schutz gegen Schmelzenspiegeloxydation und zur Schmierung erforderliche Gießpulver erst auf den Schmelzen­spiegel aufgebracht werden kann, nachdem die Gießrohraus­trittsöffnungen vollständig von der Schmelze bedeckt sind. Darüber hinaus wurde festgestellt, daß ein unzulässig hoher Ausziehwiderstand selbst dann auftreten kann, wenn der flüssige Metallsumpf sich bis in den Parallelabschnitt der Kokille erstreckt. Die geschilderten Probleme führen inner­ halb des kurzen Angießzeitraumes auf der Gießbühne zu Über- forderung des Bedienungspersonals und damit zu Bedienungs­fehlern.

    [0004] Danach ist Aufgabe der Erfindung die Schaffung eines Ver­fahrens zum Angießen einer Stahlbandgießanlage, das den gegensätzlichen Anforderungen bei Verwendung einer Band­gießkokille mit erweitertem Eingießbereich Rechnung trägt und bei dem unter Betriebsbedingungen sowohl eine kurze Angießzeit erreicht, als auch ein Steckenbleiben des Bandes in der Kokille vermieden wird.

    [0005] Die gestellte Aufgabe wird im Prinzip dadurch gelöst, daß der durch die Wirksamkeit der Vorschmierung und Reoxidation des nicht abgedeckten Badspiegels begrenzte Zeitraum besser ausgenutzt wird.

    [0006] Die erfindungsgemäße Lösung besteht darin, daß die Höhenlage des Gießspiegels wegverfolgt wird, daß der Bandabzug zwischen Auffüllung des formatbestimmenden Abschnittes der Kokille und Bedecken der Gießrohraustrittsöffnungen ge­startet und bis zur Erreichung der Sollgießspiegelhöhe auf eine Mindestabzugsgeschwindigkeit vBm erhöht wird, bei welcher der Gießsumpf unterhalb des formatbestimmenden Abschnittes bleibt.

    [0007] Das neue Verfahren ermöglicht eine genauere Regelung und Auto­matisierung des Angießvorganges, wodurch das Bedienungsper­sonal entlastet, Bedienungsfehler vermieden und die Betriebs­sicherheit insgesamt verbessert werden. Das Verfahren trägt insbesondere der Tatsache Rechnung, daß sich innerhalb des Metallsumpfes ausgehend von der Strangschale eine heterogene Zone des Kristallwachstums ausbildet. Dabei kann es durch unterschiedliches Wachstum der Kristalle gegenüberliegender Wandungen bereits im Eingießbereich zur Bildung von Brücken kommen, die einer Reduzierung der Banddicke einen Widerstand entgegensetzen und die Bandausförderung behindern.

    [0008] Beim Gießen von 50 mm dicken Stahlbändern wird der Strang­abzug zwischen 15 und 25 Sek. nach dem Eingießbeginn ge­startet. Die Mindestabzugsgeschwindigkeit beträgt 1,1 m/min.

    [0009] Die jeweilige Höhenlage des Gießspiegels wird vorteilhaft durch Temperaturmessung innerhalb der Kokillenwände er­mittelt.

    [0010] Die Höhenlage des Gießsumpfendes wird durch kontinuierliche Kraftmessung an der Breitseitenoberfläche des Bandes un­mittelbar unterhalb der Kokille ermittelt. Die Höhenlage des Gießsumpfendes kann alternativ durch kontinuierliche Ultraschallmessung in Banddickenrichtung unmittelbar unterhalb der Kokille ermittelt werden.

    [0011] Das Gießrohr kann zum Angießen in eine untere Angießposi­tion gebracht werden und nach Bedecken der Gießrohraus­trittsöffnungen in eine normale Betriebsstellung angehoben werden. Mit dem Beginn der Strangabzugsbewegung wird die Kokille oszillierend bewegt.

    [0012] In einem Regelsystem für das erfindungsgemäße Verfahren werden Meßdaten der Gießspiegel- und Gießsumpfendenloka­lisierung fortlaufend einem Prozeßrechner zugeleitet und nach Sollwert-Istwertvergleich die Bandabzugsgeschwindig­keit vB und die entsprechende Eingießgeschwindigkeit vE geregelt.

    [0013] Der Zeitpunkt der Pulveraufgabe auf den Gießspiegel kann durch den Prozeßrechner bestimmt werden.

    [0014] Eine Stahlbandgießanlage zur Durchführung des Verfahrens weist im Eingießbereich und im Parallelbereich der Breit­seitenwände der Kokille mehrere Thermosensoren auf. Zur Gießsumpfendenermittlung sind der Kokille unmittelbar nach­geordnete Strangführungselemente mit Kraftsensoren ver­sehen.

    [0015] Die Erfindung wird anhand der Zeichnung näher erläutert.
    Es zeigen

    Fig. 1 schematisch eine Stahlbandgießanlage mit einem Querschnitt der Kokille,

    Fig. 2 einen Längsschnitt der Kokille gemäß der Linie II-II,

    Fig. 3 vier in Kokillenquerschnitte eingezeichnete Phasen des Angießvorganges     und

    Fig. 4 je ein Diagramm für die Eingießgeschwindigkeit und die synchrone Bandabzugsgeschwindigkeit.



    [0016] In einer Stahlbandgießanlage gemäß Fig. 1 und 2 fließt Stahl­schmelze 1 aus einem Gießbehälter 2 von einem höhenverstell­baren Stopfen 3 geregelt durch ein Gießrohr 4 in eine Kokille 5, die von zwei gegenüberliegenden Breitseitenwänder 6 und zwei Schmalseitenwänden 7 gebildet wird. Breitseitenwände 6 und Schmalseitenwände 7 sind mit Kühlkanälen 8 versehen. Eine Oszillationsvorrichtung für die Kokille ist durch Pfeile 9 angedeutet. Die Breitseitenwände 6 bilden oberhalb eines formatbestimmenden Parallelabschnittes 10 einen sich nach oben erweiternden Eingießbereich 11 zur Aufnahme des Gießrohres 4.

    [0017] Die bei Gießbeginn zuerst in die Kokille 5 einströmende Stahlschmelze 1 verbindet sich mit einem Anfahrkopf 12 der an einem Anfahrstrang 13 befestigt ist. Der sich bildende Gießspiegel 14 steigt über die seitlichen Aus­flußöffnungen 15 des Gierohres 4 an und wird danach zur Schmierung und zu Verhinderung der Oxydation durch Gießpulver abgedeckt. Zur Ermittlung der momentanen Höhe des Gießspiegels 14 sind in den Breitseitenwänden Thermo­elemente 16 vorgesehen. Der Anfahrstrang 13 befindet sich bei Gießbeginn in einer der Kokille nachgeordneten aus Rollen 17 bestehenden Strangführung. Am Ende der Strang­führung ist ein Treiber 18 zur Ausförderung zunächst des Anfahrstranges 13 und anschließend des gegossenen Stahl­bandes angeordnet. Unmittelbar unterhalb der Kokille 5 ist eine Messeinrichtung 19 zur Ermittling der von ferro­statischen Druck auf die Bandschale 22 wirkenden Kraft angeordnet. Hierzu werden Kraftsensoren 19 verwendet.

    [0018] Die Meßdaten der Thermoelemente 16 und Kraftsensoren 19 werden einem Prozeßrechner 20 zugeleitet, der nach Soll­wert-Istwertvergleich die erforderliche Bandabzugsge­schwindigkeit vB für die Treiber 18 und die entsprechende Eingießgeschwindigkeit vE für das Stellgerät 21 des Stopfens 3 bestimmt.

    [0019] Wie aus Fig. 3 zu ersehen, erstarrt der flüssige Stahl an den gekühlten Brietseitenwänden 6 und Schmalseitenwänden 7 der Kokille 5 zu Bandschalen 22, deren Dicke nach unten zunimmt. Die im Bereich des erweiterten Eingießbereichs 11 an den Breitseitenwänden 6 sich bildenden Bandschalen 22 werden im Verlauf der Absenkbewegung zum formatbestimmen­den Parallelabschnitt 10 einander genähert.

    [0020] Vor Gießbeginn werden die Kokillenwandungen 6, 7 geschmiert. Danach läuft das in Fig. 3 in Phasen A, B, C, D - F und in Fig. 4 in Diagrammen für die Eingießgeschwindigkeit vE und die Bandabzugsgeschwindigkeit vB synchron dargestellte An­gießverfahren ab.

    [0021] Mit A ist der Beginn der Stahlzufuhr vE bezeichnet. Sobald der Gießspiegel 14 den Parallelabschnitt 10 der Kokille 5 verlassen hat (Hʹ), wird in der Phase B der Strangabzug ge­startet und bis zum Zeitpunkt C auf einen Wert gebracht, bei dem das Gießsumpfende 23 aus dem Parallelabschnitt 10 wandert. Nachdem der Gießspiegel 14 die Ausflußöffnungen 15 des Gießrohres 4 bedeckt hat (Hʹʹ), kann das Gießpulver aufgebracht werden. Durch weitere Steigerung von vE und vB erreicht der Gießspiegel 14 zum Zeitpunkt D seine Sollhöhe (Hsoll). Im Zeitabschnitt B-D ist die Mindestabzugsgeschwin­digkeit vBm eine Funktion der momentanen Badspiegelhöhe H im Eingießbereich 11. Nach einer Stabilisierungsphase D - E werden vE und vB in gegenseitiger Abhängigkeit auf die vorgesehenen Betriebswerte bei F hochgefahren.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Angießen einer Stahlbandgießanlage mit einer Kokille mit gekühlten Schmalseitenwänden und Breitseiten­wänden, die zur Aufnahme eines Gießrohres oberhalb eines formatbestimmenden Parallelabschnitts im Bereich der Breitseitenwände einen nach oben erweiterten Ein­gießbereich aufweist,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Höhenlage des Gießspiegels (14) wegverfolgt wird, daß der Strangabzug zwischen Auffüllung des formatbe­stimmenden Parallelabschnittes (10) der Kokille und Be­decken der Gießrohraustrittsöffnungen (15) gestartet und bis zur Erreichung der Sollgießspiegelhöhe auf eine Min­destabzugsgeschwindigkeit vBm erhöht wird, bei welcher das Gießsumpfende (23) unterhalb des formatbestimmenden Parallelabschnittes (10) bleibt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß beim Gießen von 50 mm dicken Stahlbändern der Strang­abzug zwischen 15 und 25 Sek. nach dem Eingießbeginn ge­startet wird und die Mindestbandabzugsgeschwindigkeit 1,1 m/min beträgt.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Höhenlage des Gießspiegels (14) durch Temperatur­messung innerhalb der Kokillenwände (6) ermittelt wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Höhenlage des Gießsumpfendes (23) durch kon­tinuierliche Kraftmessung an der Breitseitenoberfläche des Bandes unterhalb der Kokille (5) ermittelt wird.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Höhenlage des Gießsumpfendes (23) durch kon­tinuierliche Ultraschallmessung in Banddickenrichtung unterhalb der Kokille (5) ermittelt wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Gießrohr (4) zum Angießen in einer unteren Angieß­position steht und nach Bedecken der Gießrohraustritts­öffnungen (15) in eine obere Betriebsstellung angehoben wird.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Kokille (5) mit dem Beginn des Strangabzuges oszillierend bewegt wird.
     
    8. Regelsystem nach einem oder mehreren der Anspruch 1 bis 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß Meßdaten der Gießspiegel- und Gießsumpfendenloka­lisierung fortlaufend einem Prozeßrechner (20) zugeleitet werden und nach Sollwert-Istwertvergleich die Bandabzugs­geschwindigkeit VB und die entsprechende Eingießgeschwindig­keit VE geregelt werden.
     
    9. Regelsystem nach Anspruch 8,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Zeitpunkt Pulveraufgabe auf den Gießspiegel (14) durch den Prozeßrechner (20) bestimmt wird.
     
    10. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7,
    gekennzeichnet
    durch mehrere im Eingießbereich (11) und im Parallelab­abschnitt (10) der Breitseitenwände (6) angeordnete Thermoelemente oder Thermosensoren (16).
     
    11. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Kokille unmittelbar nachgeordnete Strangführungs­elemente mit Kraftsensoren (19) versehen sind.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht