[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ablenkung von durch Radar- und/oder Infrarotstrahlung
gelenkten Flugkörpern, insbesondere zum Schutz von Seeschiffen und Schiffsverbänden,
bei dem im oder vor dem Zielbereich des Flugkörpers Scheinziele erzeugende Wurfkörper
gezündet werden.
[0002] Die Erfahrung der in den letzten Jahren entstandenen Konflikte hat gezeigt, daß die
Bedrohung von Seeschiffen und Schiffsverbänden durch mittels Radar- und/oder Infrarotstrahlung
gelenkte Flugkörpern in rasch zunehmender Art und Weise größer wird. Schiffe stellen
gute Radar- und Infrarotziele dar. Dies ergibt sich aus ihrer metallischen Struktur
einerseits und ihrer Wärmeabstrahlung andererseits.
[0003] Es ist bekannt, zur Ablenkung von durch Radar- und/oder Infrarotstrahlung gelenkten
Flugkörpern im oder vor dem Zielbereich des Flugkörpers Scheinziele erzeugende Wurfkörper
zu zünden. Der anfliegende Flugkörper soll sich auf das Scheinziel ausrichten, um
dadurch von dem bedrohten Schiff oder bedrohten Schiffsverband abgelenkt zu werden.
Es hat sich aber gezeigt, daß diese Art der Ablenkung, insbesondere bei Schiffsverbänden,
nicht immer ausreichend ist. Gerade bei relativ dicht stehenden Schiffsverbänden
ist es möglich und wahrscheinlich, daß der Flugkörper nach der Ablenkung von einem
Schiff auf ein anderes Schiff aufschaltet und dieses trifft.
[0004] Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe bestand darin, ein Verfahren der eingangs
und im Oberbegriff des Patentanspruchs 1 angegebenen Art so weiterzubilden, daß der
anfliegende Flugkörper in einer vorgegebenen Ablenkrichtung abgelenkt wird, die so
festgelegt werden kann, daß der Flugkörper nach seiner Ablenkung nicht mehr in der
Lage ist, auf ein Ersatzziel aufzuschalten.
[0005] Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt erfindungsgemäß mit den Merkmalen aus dem kennzeichnenden
Teil des Patentanspruchs 1. Vorteilhafte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen
Verfahrens sind in den Unteransprüchen beschrieben.
[0006] Die Erfindung betrifft weiterhin eine Einrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens mit den Merkmalen aus dem Patentanspruch 6, wobei eine vorteilhafte Ausführungsform
dieser Einrichtung im Patentanspruch 7 beschrieben ist.
[0007] Das erfindungsgemäße Verfahren ist in erster Linie zum Schutz von Schiffsverbänden
gedacht, es ist aber auch zum Schutz von Einzelschiffen einsetzbar, beispielsweise
in der Form, daß in Krisengebieten fahrende Schiffe, beispielsweise Tanker, mit einer
Einrichtung nach der Erfindung ausgerüstet werden können, um gegen die Bedrohung
durch Flugkörper geschützt zu sein und um im Konvoi fahrende andere Tanker zu schützen.
[0008] Bei der Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens zum Schutz von Schiffsverbänden
kann es zudem vorteilhaft sein, die erfindungsgemäße Einrichtung auf unbemannten Begleitschiffen
zu installieren, so daß die Ablenkung in relativ großer Entfernung vom Schiffsverband
durchgeführt werden kann, wo genügend Raum zur Festlegung der Ablenkrichtungen zur
Verfügung steht.
[0009] Als Wurfkörper können herkömmliche Wurfkörper verwendet werden, welche beispielsweise
zur Erzeugung eines Infrarotscheinzieles eine bestimmte, an sich bekannte Wirkmasse
enthalten, aufgrund der nach Zündung des Wurfkörpers eine Infrarotstrahlung imitierende
Wolke entsteht, die eine geringe Sinkgeschwindigkeit bei großer Strahlungsfläche
aufweist und insofern eine schiffsähnliche Charakteristik besitzt.
[0010] Zur Ablenkung von radargesteuerten Flugkörpern können Wurfkörper dienen, die eine
sogenannte "Düppelwirkmasse" enthalten, die nach dem Zünden des Wurfkörpers frei wird.
Selbstverständlich ist es auch möglich, kombinierte Wurfkörper zu verwenden, welche
Scheinziele sowohl für infrarotgesteuerte als auch für radargesteuerte Flugkörper
erzeugen.
[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren ist in sehr vielfältiger Weise einsetzbar. So kann
beispielsweise beim Einsatz von unbemannten Begleitbooten die erfindungsgemäße Einrichtung
sowohl zum Schutz des Verbandes als auch zum Schutz des Begleitbootes selbst eingesetzt
werden.
[0012] Infolge der Verwendung einer Datenverarbeitungsanlage ist es ohne weiteres möglich,
bei der Berechnung und Positionierung der Ablenkkurve und der Festlegung der entsprechenden
Steuersignale für den Abschuß der Wurfkörper Schiffsbewegungen durch entsprechende
Programmierung zu berücksichtigen.
[0013] Im folgenden wird anhand der beigefügten Zeichnungen ein Ausführungsbeispiel für
das erfindungsgemäße Verfahren sowie eine Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens
näher erläutert.
[0014] In den Zeichnungen zeigen:
Fig. 1 in einem schematischen Prinzipschaltbild eine Einrichtung zur Ablenkung von
durch Radar- und/oder Infrarotstrahlung gelenkten Flugkörpern;
Fig. 2 in einer stark schematisierten Seitenansicht eine Werfersäule zur Verwendung
in einer Einrichtung nach Fig. 1;
Fig. 3 eine Aufsicht auf die Werfersäule nach Fig. 2;
Fig. 4 in einer Draufsicht die Ablenkkurve bei der Ablenkung eines anfliegenden Flugkörpers;
Fig. 5 in einer Seitenansicht die ballistischen Kurven der zur Erzeugung der Ablenkkurve
abgeschossenen Wurfkörper.
[0015] Die Einrichtung zur Durchführung eines Verfahrens zur Ablenkung von durch Radar-und/oder
Infrarotstrahlung gelenkten Flugkörpern weist, wie aus Fig. 1 zu entnehmen, grundsätzlich
folgende Einzelvorrichtungen auf:
[0016] Eine Vorrichtung 1 zur Ortung eines Flugkörpers und zur Ermittlung seines Ortes,
seiner Flugrichtung und Fluggeschwindigkeit und gegebenenfalls seiner Bauart. Diese
Vorrichtung zur Ortung kann in an sich bekannter Weise ein Radargerät sowie zusätzliche
Geräte, wie ein Periskop, ein Nachtsichtgerät und/oder ein optisches Entfernungsmeßgerät,
enthalten. Weiterhin enthält es an sich bekannte Vorrichtungen zur Erzeugung von die
ermittelten Werte repräsentierenden elektrischen Daten. Diese Daten werden einer Datenverarbeitungsanlage
2 zugeführt, die ebenfalls in an sich bekannter Weise aufgebaut ist und nach entsprechenden
Programmen aufgrund einer vorgegebenen Ablenkrichtung für den Flugkörper eine Ablenkkurve
aus den ermittelten Daten berechnet, in der Weise, wie dies weiter unten näher erläutert
wird. Die Datenverarbeitungsanlage 2 erzeugt weiterhin elektrische Steuersignale,
die einer Steuervorrichtung 3 zugeführt werden, an welche eine Werfersäule 4 angeschlossen
ist, die ebenfalls weiter unten näher erläutert wird. Mittels der Werfersäule 4 werden
Wurfkörper abgeschossen, und zwar hinsichtlich Abschußrichtung und Schußfolge so,
daß am Ende der Flugbahn der Wurfkörper nach ihrer Zündung Scheinziele entstehen,
die an vorgegebenen Punkten der berechneten Ablenkkurve liegen. Die hierbei auftretenden
Verhältnisse werden im folgenden anhand der Fig. 4 und 5 näher erläutert. Gemäß Fig.
4 ist auf einem Schiff S, beispielsweise einem Begleitboot eines Schiffverbandes,
eine Einrichtung nach Fig. 1 installiert. Es wird ein beispielsweise durch Infrarotstrahlung
gesteuerter Flugkörper FK geortet, dessen Flugrichtung FB1 zusammen mit der Fluggeschwindigkeit
und gegebenenfalls dem Flugkörpertyp festgestellt werden. Weiterhin wird eine Ablenkrichtung
FB2 vorgegeben und eine Ablenkkurve AK berechnet, die beispielsweise Teil einer Parabel
sein kann, deren einer Ast an die Anflugbahn FB1 und deren anderer Ast an die Ablenkrichtung
FB2 anschließt. Aufgrund der ausgewerteten Daten müssen entsprechende Wurfkörper
vom Schiff S aus auf ballistischen Bahnen P1, P2, P3, P4, P5 und P6 in derartigen
Richtungen und einer vorgegebenen Zeitfolge abgeschossen werden, daß auf der Ablenkkurve
AK nacheinander die Scheinziele Z1, Z2, Z3, Z4, Z5 und Z6 entstehen, so daß sich der
Flugkörper FK nacheinander an diesen Scheinzielen orientiert und dabei insgesamt seine
Flugbahn in der Weise ändert, daß er auf der Ablenkkurve AK weiterfliegt und schließlich
in die Ablenkrichtung FB2 abgelenkt wird. Wie Fig. 5 zu entnehmen, werden die Wurfkörper
vorzugsweise so abgeschossen, daß die ballistischen Bahnen P1 bis P6 alle den gleichen
Elevationswinkel von 45° aufweisen. Die die Scheinziele Z1 bis Z6 darstellenden, Infrarotstrahlung
abgebenden Wolken liegen im wesentlichen in einer horizontalen Ebene, so daß der Flugkörper
FK auf einer horizontalen Bahn abgelenkt wird.
[0017] Gemäß Fig. 4 wird der Flugkörper FK um etwa 90° aus seiner Anflugrichtung abgelenkt.
Für eine solche Ablenkung sind bei dem beschriebenen Verfahren beispielsweise sechs
Scheinziele ausreichend. Die durch die sechs Scheinziele Z1 bis Z6 aufzubauende Ablenkkurve
AK ist in ihren Werten so ausgelegt, daß der Flugkörper FK unter Berücksichtigung
der ihm eigenen Manövrierfähigkeit und Sichtfenstergröße dieser Kurve auf jeden Fall
folgen kann. Selbstverständlich kann in dem Beispiel nach Fig. 4 die Ablenkkurve AK
auch an der Anflugrichtung FB1 gespiegelt aufgebaut werden, so daß die Ablenkung in
Fig. 4 nicht nach rechts, sondern nach links erfolgt.
[0018] In den Fig. 2 und 3 ist die in Fig. 1 dargestellte Werfersäule 4 etwas ausführlicher
dargestellt.
[0019] Die dargestellte Werfersäule 4 besitzt ein Grundgerät 4.1, das in der aus Fig. 1
ersichtlichen Weise an die Steuervorrichtung 3 angeschlossen ist. Oberhalb des Grundgerätes
ist eine Grundplatte 4.2 angeordnet, auf der eine zweiteilige Säule 4.3-4.4 in steuerbarer
Weise drehbar angeordnet ist. Am unteren Teil 4.3 der Säule sind in sechs übereinander
angeordneten Reihen am Umfang jeweils zwölf Wurfgeräte unter einem Erhöhungswinkel
von 45° angeordnet. Am oberen Teil 4.4 der Säule befinden sich in drei am Umfang angeordneten
Reihen noch einmal jeweils zwölf Wurfgeräte, die ebenfalls unter einem Erhöhungswinkel
von 45° stehen.
[0020] Die im unteren Teil 4.3 der Säule angeordneten Wurfgeräte 4.31 bis 4.36 dienen zur
Herstellung von Ablenkkurven, die zum Schutz eines Schiffsverbandes gedacht sind,
während die im oberen Teil 4.4 der Säule angeordneten Wurfkörper zum Selbstschutz
des Begleitschiffes gedacht sind.
[0021] Die Reihen 4.31 bis 4.36 sowie 4.41 bis 4.43 können jeweils mit kombinierten IR-
und Radar-Scheinzielwurfkörpern bestückt werden, die unterschiedliche Reichweiten
und Zerlegungszeiten besitzen. Mit Hilfe dieser unterschiedlichen Reichweiten und
Zerlegungszeiten lassen sich in Verbindung mit dem Seitenrichten der Werfersäule und
einer bestimmten Abfeuerkadenz durch die Scheinziele die vorausberechneten Ablenkkurven
herstellen.
[0022] Wenn zur Herstellung einer Ablenkkurve, die einen anfliegenden Flugkörper auf 90°
ablenkt, sechs Scheinziele benötigt werden, kann die Ablenkmaßnahme mit dem unteren
Teil der Werfersäule 4.3 zwölfmal durchgeführt werden, bevor ein neues Laden der Werfersäule
erforderlich wird. Das Laden der zwölf Wurfgerätegruppen mit je sechs unterschiedlichen
Wurfkörpern erfolgt von oben nach unten beginnend in Reihe 4.36 mit dem Wurfkörper,
der die geringste Reichweite besitzt und endend in Reihe 4.31 mit dem Wurfkörper,
der die größte Reichweite (Rückstoß) besitzt und deshalb zur Vermeidung großer Momente
nahe am Drehkranz der Werfersäule angeordnet wird.
[0023] Wenn sich die Ablenkung eines Flugkörpers als erfolglos erweist und das Begleitboot
selbst in Gefahr gerät, können mit dem oberen Teil 4.4 der Werfersäule aus den entsprechend
bestückten Reihen 4.41 bis 4.43 Wurfkörper abgeschossen werden, die Scheinziele erzeugen,
welche zum Schutz des Begleitbootes selbst gedacht sind. In diesem Fall wird gegebenenfalls
auf die Herstellung einer bestimmten Ablenkkurve verzichtet und es soll durch die
erzeugten Scheinziele nur verhindert werden, daß das Begleitschiff selbst getroffen
wird.
1. Verfahren zur Ablenkung von durch Radar- und/oder Infrarotstrahlung gelenkten
Flugkörpern, insbesondere zum Schutz von Seeschiffen und Schiffsverbänden, bei dem
im oder vor dem Zielbereich des Flugkörpers Scheinziele erzeugende Wurfkörper gezündet
werden, gekennzeichnet durch folgende Verfahrensschritte:
a) Es werden der Ort, die Richtung und die Fluggeschwindigkeit eines anfliegenden
Flugkörpers bestimmt;
b) es wird aufgrund einer vorgegebenen Ablenkrichtung eine offene Ablenkkurve berechnet
und mit ihren Positionsdaten in einen vorgegebenen Raumbereich vor dem Zielbereich
des Flugkörpers gelegt, deren einer Ast an die Anflugbahn und deren anderer Ast an
die Ablenkrichtung des Flugkörpers anschließt;
c) es werden jeweils zu vorgegebenen Zeitpunkten in vorgegebenen Raumbereichen Wurfkörper
plaziert und gezündet, derart, daß die erzeugten Scheinziele in vorgegebenen zeitlichen
und räumlichen Abständen auf der Ablenkkurve liegen und vom Flugkörper nacheinander
so angesteuert werden, daß seine Flugbahn in die Ablenkkurve und schließlich in die
Ablenkrichtung übergeht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Ablenkkurve eine Parabel
ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Ablenkkurve im
wesentlichen in einer horizontalen Ebene liegt und die Wurfkörper auf ballistischen
Bahnen in einer vorgegebenen Reihenfolge auf einzelne Punkte der Ablenkkurve gebracht
und dort gezündet werden.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Wurfkörper von einem
Punkt aus unter einem Elevationswinkel von 45° abgeschossen werden.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4 zum Schutz von Schiffsverbänden, dadurch
gekennzeichnet, daß die Wurfkörper von einem unbemannten Begleitschiff aus abgeschossen
werden.
6. Einrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5, gekennzeichnet
durch eine Vorrichtung (1) zur Ortung eines Flugkörpers und zur Ermittlung seines
Ortes, seiner Flugrichtung und Fluggeschwindigkeit, sowie zur Erzeugung von die ermittelten
Werte repräsentierenden elektrischen Daten, welche an eine Datenverarbeitungsanlage
(2) angeschlossen ist zur Berechnung einer Ablenkkurve (AK) aus den ermittelten Daten,
sowie zur Erzeugung von Steuersignalen, die einer Steuervorrichtung (3) zugeführt
werden, an welche mindestens eine hinsichtlich Abschußrichtung und Abschußfolge steuerbare
Werfersäule (4) zum Abschuß von Wurfkörpern angeschlossen ist.
7. Einrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die drehbare Werfersäule
(4) an ihrem Umfang eine vorgegebene Anzahl von Wurfgeräten (W) aufweist, die in mehreren
Reihen (4.31 bis 4.36, 4.41 bis 4.43) übereinander angeordnet sind und jeweils einen
Erhöhungswinkel von 45° aufweisen, wobei das Seitenrichten der Werfersäule (4) durch
vorgegebene Drehung sowie die Abschußkadenz von der Steuervorrichtung (3) aus erfolgt
und die Reichweite jedes Wurfkörpers durch seine Treibladung festgelegt und die Zerlegungszeit
jeweils am Wurfkörper eingestellt ist.