[0001] Das zwischen 180 und 210 °C siedende, in einer Menge von 2 bis 3 % des Steinkohlenteers
bei der Primärdestillation erhaltene Carbolöl enthält außer Benzolhomologen, Naphthalin
und Basen bis zu 35 % Phenole, die aus einem Gemisch von Phenol, Kresolen und Xylenolen
bestehen (Franck, Collin: Steinkohlenteer, Seite 74). Zur Gewinnung von Phenolen werden
außerdem vor allem das bei der Naphthalin-Kristallisation anfallende filtrierte Naphthalinöl
mit einem Phenolgehalt bis zu 25 % und das bis zu 10 % Phenole enthaltende Leichtöl
herangezogen. Das bedeutendste Verfahren zur Phenolgewinnung aus diesen Steinkohlenteerölen
ist die Natronlauge-Extraktion (Franck, Collin: Steinkohlenteer, Seiten 75 - 77).
Das Verfahren beruht darauf, daß Phenole schwache Säuren sind und folglich mit Basen
wasserlösliche Salze bilden und daß sie durch stärkere Säuren, z. B. der Kohlensäure,
wieder ausgefällt werden können.
[0002] Das phenolhaltige Teeröl wird in 2 Stufen mit 8 - 12%iger Natronlauge von den Phenolen
befreit. Die Phenole gehen dabei unter Phenolatbildung in die Natronlauge über. Das
Verfahren wird meistens bei ca. 50 °C durchgeführt, um eine schnellere Trennung von
Lauge und Öl zu erreichen.
[0003] Eine höher konzentrierte Lauge zu verwenden, ist nicht ratsam, weil mit zunehmendem
Gehalt an Phenolen in der Phenolatlauge auch Neutralöle durch Lösungsvermittlung in
der wäßrigen Phase gelöst werden.
[0004] Die gesättigte bzw. fast vollständig gesättigte Phenolatlauge wird durch Klardampfen
von anhaftenden Neutralölen befreit. Anschließend werden die Phenole aus der klargedampften
Phenolatlauge durch Einleiten von Kohlenoxid gefällt. Die dazu erforderliche Kohlensäure
wird in einem Kalkofen erzeugt, der einen Anlageteil der Produktionseinheit darstellt.
[0005] Nach der Fällung scheidet sich das Rohphenol über der wäßrigen Sodalösung ab und
kann von dieser getrennt werden.
Die Sodalösung wird mit Kalk, der beim Brennen von Kalkstein entsteht, kaustifiziert
und das dabei anfallende Calciumcarbonat von der zurückgewonnenen Natronlauge abfiltriert.
Die Lauge wird erneut auf 8 - 12 % Alkaligehalt eingestellt und kehrt in den Kreislauf
wieder zurück.
[0006] Dieser Prozeß ist durch den Vorgang des Klardampfens sowie durch das Betreiben eines
Kalkofens sehr energieaufwendig und enthält eine Reihe von Nachteilen:
1.) Nach der Extraktion des Carbolöls mit NaOH verbleibt ein wirtschaftlich nicht
gewinnbarer Restphenolgehalt von 0,5 % im Öl.
2.) Durch den nachfolgenden Klardampfprozeß werden die ca. 0,5 % organischen, nicht
phenolischen Bestandteile aus der Phenolatlauge entfernt. Dieses ist notwendig, um
reine Phenolprodukte zu erhalten, die auch den strengen Lieferspezifikationen entsprechen.
Der Wärmebedarf wird zwar durch Verwendung von mit Füllkörpern versehenen Austauschkolonnen
und mehrstufige Verdampfungssysteme vermindert, doch entstehen durch diesen Prozeß
trotzdem noch erhebliche Kosten.
3.) Außerdem fällt als Destillat ein Gemisch aus Neutralöl, Teerbasen und Wasser an.
Durch die Wasserdampfdestillation wird auch ein geringer Teil des in der Lauge gelösten
Phenols mit abgetrieben, geht einerseits der Produktion verloren und verunreinigt
zudem das Abwasser erheblich. Ein Teil der Basen geht ebenfalls verloren, obwohl das
Destillatwasser mit Benzol oder einem ähnlichen Lösungsmittel extrahiert wird.
4.) Das Rohphenol enthält nach der Trennung von der Sodalauge noch Sodalösung, die
durch nochmaliges Waschen mit Wasser weitgehend entfernt wird. Zum Schluß enthält
das Rohphenol noch ca. 2 % Alkali bei 10 - 20 % Wasser.
Vor der Fraktionierung des Rohphenols muß dieses entwässert werden. Das dabei anfallende
Destillatwasser wird aber wegen seines sehr hohen Phenolgehaltes nicht in das Abwasser
gegeben, sondern kehrt in den Kreislauf zurück.
5.) Der beim Kaustifizieren der Sodalauge anfallende Kalkschlamm ist sehr feinkörnig
und enthält auch noch in stichfester Form ca. 50 % Wasser. Trotz mehrfachen Waschens
mit Wasser auf dem Vakuumfilter verbleibt ein restlicher Alkaligehalt von 0,5 %.
6.) Die Rückgewinnung des Alkali beträgt maximal nur 95 %.
[0007] Der Gesamtchemikalienbedarf pro 1 t Rohphenol beträgt durchschnittlich
625 kg Kalkstein
68 kg Koks
65 kg Natriumhydroxid
[0008] Man hat versucht, den Verlust an Chemikalien oder die Phenolverluste durch den Fällkalk
abzusenken bzw. den Fällkalk in Zementwerken o. ä. wieder zu verwenden, um die bei
der Aufhaldung des Fällkalkes durch Regenauswaschung entstehende Umweltverunreinigung
zu vermeiden.
Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, das Verfahren zu ändern und wenigstens den
Betrieb des Kalkofens überflüssig zu machen.
So arbeitete das Metasolvan-Verfahren mit wäßrigem Methanol; es hat sich aber nicht
durchsetzten können. Das Phenoraffin-Verfahren (Franck, Collin: Steinkohlenteer, Seiten
77 - 79) benutzt eine Natriumphenolatlösung zur Extraktion. Die übersättigte Phenolatlauge
wird zur Entfernung von Basen und Neutralölen mit Benzin oder Toluol gewaschen. Die
Gewinnung des Rohphenols aus der übersättigten Phenolatlauge erfolgt durch Extraktion
mit Di-isopropyläther. Auch dieses Verfahren hat sich nicht auf Dauer durchsetzen
können.
[0009] Das zwischen 70 und 200 °C siedende, in einer Menge von 0,5 - 3 % des Rohteers bei
der Primärdestillation anfallende Leichtöl enthält 2 - 7 % Basen (Franck, Collin:
Steinkohlenteer, Seite 84). Zur Gewinnung von Basen wird außerdem Carbolöl eingesetzt.
[0010] Die in den Ölen enthaltenen Basen werden nach der Entphenolung durch Extrahieren
mit 25 - 35%iger Schwefelsäure gewonnen. Mitgelöste Neutralöle werden durch Lösungsmittelwäsche
entfernt. Danach werden die Basen durch Neutralisation der Basen-Schwefelsäure gefällt.
Hierzu wird hauptsächlich Ammoniak verwendet. Die Basen werden abgezogen und die wäßrige
Lösung durch Eindampfen auf Ammonsulfat aufgearbeitet (Franck, Collin: Steinkohlenteer,
Seiten 84 - 85). Auch dieser Verfahrensgang ist sehr energieaufwendig und hat einen
hohen Chemikalienbedarf.
[0011] Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Gewinnung von Phenolen und Basen
aus Teerölen einen hohen Wärmeenergiebedarf und einen starken Chemikalienverbrauch
hat.
[0012] Es besteht daher die Aufgabe, ein Extraktionsverfahren zur Abtrennung von Phenolen
und Basen aus Steinkohlenteerölen zu entwickeln, das die geschilderten Nachteile vermeidet
und besonders energiesparend und umweltfreundlich ist.
[0013] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß die Teeröle mit einem überkritischen
Extraktionsmittel unter Zusatz eines Schleppmittels in zwei Stufen extrahiert werden,
wobei in der ersten Stufe die Neutralöle und in der zweiten Stufe die Basen von den
Phenolen abgetrennt werden.
[0014] Nach dem Verfahren dieser Erfindung gelingt das durch Extraktion mit Hilfe überkritischer
Extraktionsmittel, die aus einem überkritischen Stoff und einem unterkritischen Schleppmittel
bestehen, in zwei Stufen. In der ersten Stufe wird das Neutralöl abgetrennt; in der
zweiten Stufe die Basen. Als überkritisches Extraktionsmittel ist CO₂ im Gemisch mit
einem Kohlenwasserstoff mit einer Kettenlänge von 3 bis 8 Kohlenstoffatomen, beispielsweise
mit 5 - 80 Gew.-%, vorzugsweise 20 - 60 Gew.-%, bezogen auf CO₂, Propan oder Butan
als Schleppmittel unter Bedingungen geeignet, bei denen Druck und Temperatur so gewählt
werden, daß das binäre Gemisch überkritisch ist, das heißt, der Zustandspunkt des
Systems liegt oberhalb der kritischen Kurve im Einphasengebiet. Als weiteres Schleppmittel
kann zur Verbesserung der Selektivität in der ersten Extraktionsstufe eine Base oder
ein Basengemisch in einer Menge von 2 - 25 Gew.-%, vorzugsweise von 5 - 15 Gew.-%,
bezogen auf das Teeröl, zugesetzt werden. Geeignete Basen sind Collidin, Pyridin,
Alkylderivate des Pyridins oder Amine der allgemeinen Struktur

worin R₁, R₂ und R₃ ein Wasserstoffatom oder ein Alkylrest mit 1 bis 12 Kohlenstoffatomen
sein können.
[0015] Bei Drücken von 80 - 200 bar, vorzugsweise 100 - 120 bar, können im Temperaturbereich
von 30 bis 100 °C, vorzugsweise von 40 - 60 °C, Beladungen der Extraktphase an Schwerflüchtigem
bis zu 30 Gew.-% bei Trennfaktoren (α) zwischen 1,2 und 2 erhalten werden.
[0016] Der Trennfaktor (α) ist, wie folgt, definiert:

wobei X₁ der Molanteil des zu extrahierenden Stoffes und X₂ der Molanteil des überwiegend
im Extraktionsrückstand verbleibenden Stoffes ist, und die Indices "ü" und "f" die
überkritische Phase bzw. die flüssige Phase kennzeichnen.
[0017] In einer Gegenstromkolonne mit teilweiser Produktrückführung wird in der ersten Stufe
als Kopfprodukt ein Neutralöl erhalten, das keine Phenole und Basen enthält. Das Sumpfprodukt
enthält die Phenole und Basen. Die Abtrennung der Neutralöle aus dem Gasstrom erfolgt
durch Entspannen auf 30 - 90 bar, vorzugsweise 50 - 70 bar oder/und Erhitzen auf 60
- 120 °C, vorzugsweise 80 - 100 °C, im Abscheider.
[0018] In der zweiten Stufe wird das Gemisch aus Phenolen und Basen durch Extraktion mit
einem Gemisch aus CO₂ und Propan als Schleppmittel in Basen und Phenolen zerlegt.
Die zweite Extraktionsstufe wird zweckmäßigerweise bei einer um 10 - 50 K, vorzugsweise
20 - 40 K, höheren Temperatur als die erste Stufe durchgeführt. Bei der Abtrennung
des Neutralöls ist eine Assoziation zwischen Phenolen und Basen wirksam. Bei höherer
Temperatur wird die Assoziation schwächer und eine Trennung von Basen und Phenolen
erleichtert. Während mit reinem CO₂ als überkritisches Extraktionsmittel keine für
eine praktische Trennung geeignete Trennfaktoren erreichbar sind, können überraschenderweise
durch die Zugabe des Schleppmittels Propan relativ hohe Trennfaktoren (α) von 1,2
- 1,5 je nach Druck, Temperatur und Phenolgehalt erhalten werden. Die Beladung beträgt
5 - 20 Gew.-%. Dabei gehen die Basen in das Kopfprodukt der Gegenstromextraktion
und die Phenole in das Sumpfprodukt. Die Basen werden aus dem Gasstrom durch Entspannen
auf 30 - 90 bar, vorzugsweise 50 - 70 bar, oder/und Erwärmen auf 60 - 120 °C, vorzugsweise
80 - 100 °C, im Abscheider abgetrennt.
[0019] Die als Kopfproduktion der zweiten Extraktionsstufe abgezogenen Basen können teilweise
als Schleppmittel in die erste Extraktionsstufe zurückgeführt werden. Den im Eingangsprodukt
vorhandenen Basenanteil entsprechend, wird ein weiterer Teil der Basen als Produkt
entnommen. Die als Rückstand anfallenden Phenole sind frei von Neutralöl und Basen.
[0020] Eisenbach und Niemann (Erdöl und Kohle-Erdgas, Petrochemie, Bd.
34, (1981), 296 - 300) berichten über Versuche zur Aufbereitung von Braunkohlenteeren
mit Hilfe von überkritischem Kohlendioxid, überkritischem Ethan und Propan. Danach
werden bei 55 °C und 200 bar die Kreosote selektiv mit CO₂ und die Paraffine selektiv
mit Ethan extrahiert.
Im Steinkohlenteeröl sind die Begleitstoffe der Phenole aber keine Aliphaten, sondern
Benzol-Homologe, Naphthalin und Teerbasen. Die Benzol-Homologen mit Naphthalin ergeben
das sogenannte Neutralöl. Wird z. B. Carbolöl mit überkritischem CO₂ oder Ethan extrahiert,
so ist innerhalb der analytischen Fehlergrenze keine selektive Trennung von Neutralöl
und Phenolen zu beobachten. Auch die Extraktion von entbastem Carbolöl mit Gemischen
aus CO₂ und Propan läßt keine selektive Löslichkeit in Hinsicht auf eine Trennung
der Neutralöle von den Phenolen erkennen. Erst die Zugabe eines Basengemisches als
weiterem Schleppmittel führt zu einer merklichen Selektivität. Das Neutralöl wird
dann bevorzugt gelöst. Die Menge an Basen sollte aber die zur Neutralisation notwendige
stöchiometrische Menge nicht überschreiten. Gute Ergebnisse werden erzielt, wenn gerade
soviel Basen zugesetzt werden, daß ihr Gehalt etwa dem halben Gehalt an Phenolen in
dem jeweiligen Teeröl entspricht.
[0021] Die nachstehenden Beispiele sollen den Prozeß anhand der Fig. 1 näher erläutern,
ohne die Erfindung darauf zu beschränken.
Beispiel 1:
[0022] 100 Gew.-Teile Carbolöl mit 24,0 Gew.-% Phenolen, 3,2 Gew.-% Teerbasen und 72,8 Gew.-%
Neutralölen aus Tank (1) werden mit 9,0 Gew.-Teilen Teerbasen aus Tank (2) in die
Mitte der Gegenstromkolonne (3) eingespeist. Die Gegenstromkolonne (3) wird von unten
nach oben von Kohlendioxid, das 30 Gew.-%, bezogen auf CO₂, Propan enthält, unter
einem Druck von 110 bar bei einer Temperatur von 40 °C durchströmt. Als Packungsmaterial
enthält die Kolonne eine Drahtgewebepackung (Sulzer). Die Beladung des Gemisches aus
CO₂ und Propan mit schwerflüchtigen Verbindungen beträgt 20 Gew.-%.
[0023] Das die Kolonne am Kopf verlassende Extraktionsmittel enthält Neutralöl, in welchem
nur noch Spuren von Basen und Phenolen vorhanden sind. In dem der Kolonne nachgeschalteten
Abscheider (4) wird durch Entspannung des Extraktes auf 70 bar und Erwärmung auf 130
°C das gelöste Neutralöl praktisch vollständig abgetrennt. Ein Teil des Neutralöls
wird auf den Kopf der Gegenstromkolonne (3) aufgegeben, um ein Rücklaufverhältnis
von 3 einzustellen. Der Rest wird im Tank (10) zwischengelagert. Das den Abscheider
(4) verlassende Gas wird im Kühler (5) gemeinsam mit dem Gas aus dem Abscheider (6)
abgekühlt und mit dem Kompressor (7) in den Gaskreislauf nach Passieren eines Vorwärmers
(8, 13) zurückgegeben.
[0024] Das die Phenole und Basen enthaltende Sumpfprodukt aus Kolonne (3) (36,2 Gew.-Teile)
wird in den mittleren Teil der Gegenstromkolonne (9) der zweiten Stufe eingespeist.
Hier findet bei 110 bar und 60 °C eine Gegenstromextraktion mit Kohlendioxid, das
30 Gew.-% Propan als Schleppmittel enthält, statt. Die erzielte Beladung des Extraktionsmittels
beträgt 7 bis 8 Gew.-%. Bei einem Trennfaktor (α) von über 1,4 fallen als Kopfprodukt
die Basen an. Als Sumpfprodukt werden die Phenole abgezogen und über den Tank (11)
der Phenolaufbereitung zugeführt. Das die Basen enthaltende Extraktionsmittel verläßt
die Gegenstromkolonne (9) am Kopf und wird im Abscheider (6) von den gelösten Basen
durch Entspannung auf 70 bar und Erwärmung auf 130 °C befreit.
[0025] Die abgetrennten Basen enthalten nur Spuren von Neutralölen und Phenolen. Ein Teil
der Basen wird am Kopf der Kolonne (9) zur Einstellung eines Rücklaufverhältnisses
von 4 aufgegeben. Der Rest wird im Tank (2) zwischengelagert, um der Basenaufarbeitung
zugeführt zu werden oder als zusätzliches Schleppmittel für die erste Extraktionsstufe
zu dienen.
Verluste an Extraktionsmitteln werden aus dem im Druckbehälter (12) befindlichen Gemische
aus Kohlendioxid und Propan ergänzt.
Beispiel 2:
[0026] In die Gegenstromkolonne (3) werden Carbolöl und Collidin aus Tank (1) und Tank (2)
etwa in der Mitte eingespeist. Dabei wird die Collidinmenge so bemessen, daß ein Gemisch
mit einem Gehalt von etwa 10 % an Basen entsteht. Die Gegenstromkolonne (3) wird von
unten nach oben von Kohlendioxid, das 63 Gew.-% Propan enthält, durchströmt. Der Druck
in der Kolonne beträgt 110 bar, die Temperatur 40 °C. Als Packungsmaterial enthält
die Kolonne ein Drahtgewebe (Sulzerpackung). Die Beladung des Gemisches aus CO₂ und
Propan mit schwerflüchtigen Verbindungen beträgt 20 Gew.-%.
[0027] Das die Kolonne am Kopf verlassende Extraktionsmittel enthält Neutralöl, in welchem
nur noch Spuren von Basen und Phenolen vorhanden sind. In dem der Kolonne nachgeschalteten
Abscheider (4) wird durch Entspannung des Extraktes auf 70 bar und Erwärmung auf 130
°C das gelöste Neutralöl praktisch vollständig abgetrennt. Ein Teil des Neutralöls
wird als Rücklauf auf den Kopf der Gegenstromkolonne aufgegeben. Das den Abscheider
(4) verlassende Gas wird im Kühler (5) gemeinsam mit dem Gas aus dem Abscheider (6)
abgekühlt und mit dem Kompressor (7) in den Gaskreislauf nach Passieren eines Vorwärmers
(8, 13) zurückgegeben.
[0028] Das die Phenole und Basen enthaltende Sumpfprodukt aus Kolonne (3) wird in den mittleren
Teil der Gegenstromkolonne (9) der zweiten Stufe als Zulauf eingespeist. Hier findet
bei 110 bar und 40 °C eine Gegenstromextraktion mit Kohlendioxid, das 63 Gew.-% Propan
als Schleppmittel enthält, statt. Die hier erzielte Beladung des Extraktionsmittels
beträgt etwa 15 Gew.-%. Bei einem Trennfaktor α > 1,3 fallen als Kopfprodukt die Basen
an. Als Sumpfprodukt werden die Phenole abgezogen. Das die Basen enthaltende Extraktionsmittel
verläßt die Gegenstromkolonne (9) am Kopf und wird im Abscheider (6) von den gelösten
Basen durch Entspannung auf 70 bar und Erwärmung auf 130 °C befreit. Die abgetrennten
Basen werden in drei Teilströme aufgeteilt, von denen der erste dem Carbolöl als Schleppmittel
der ersten Stufe und der zweiten als Rücklauf der Extraktionskolonne (9) zugeführt
werden, während der dritte als Produktstrom die mit dem Carbolöl zugeführten Basen
abführt.
Beispiel 3:
[0029] In den mittleren Teil der Gegenstromkolonne (3) der ersten Verfahrensstufe werden
Carbolöl und Diethylamin zugepumpt. Dabei wird die Menge an Diethylamin so bemessen,
daß ein Gemisch mit einem Gehalt an Diethylamin von 10 Gew.-%, bezogen auf Carbolöl,
entsteht. Die Gegenstromkolonne (3) wurde von unten nach oben von Kohlendioxid durchströmt.
Der Druck in der Kolonne beträgt 135 bar, die Temperatur 40 °C. Als Packungsmaterial
enthält die Kolonne ein Drahtgewebe (Sulzerpackung). Die Beladung des CO₂ mit schwerflüchtigen
Verbindungen beträgt 20 Gew.-%.
[0030] Das die Kolonne (3) am Kopf verlassende Extraktionsmittel enthält Neutralöl, in welchem
nur noch Spuren von Basen und Phenolen vorhanden sind. In dem der Kolonne nachgeschalteten
Abscheider (4) wird durch Entspannung auf 70 bar und Erwärmung auf 130 °C das gelöste
Neutralöl praktisch vollständig abgetrennt. Ein Teil des Neutralöls wird als Rücklauf
auf den Kopf der Gegenstromkolonne (3) aufgegeben. Das den Abscheider (4) verlassende
Gas wird im Kühler (5) gemeinsam mit dem Gas aus dem Abscheider (6) abgekühlt und
mit dem Kompressor (7) in den Gaskreislauf nach Passieren eines Vorwärmers (8, 13)
zurückgegeben.
[0031] Das die Phenole und Basen enthaltende Sumpfprodukt aus Kolonne (3) wird in den mittleren
Teil der Gegenstromkolonne (9) der zweiten Verfahrensstufe als Zulauf eingespeist.
Hier findet bei 135 bar und 70 °C eine Gegenstromextraktion mit Kohlendioxid statt.
Die erzielte Beladung des Extraktionsmittels beträgt etwa 3 Gew.-%. Bei einem Trennfaktor
von etwa 0,85 fallen als Kopfprodukt die Basen an. Als Sumpfprodukt werden die Phenole
abgezogen. Das die Basen enthaltende Extraktionsmittel verläßt die Gegenstromkolonne
(9) am Kopf und wird im Abscheider (6) von den gelösten Basen durch Entspannung auf
70 bar und Erwärmung auf 130 °C befreit. Die abgetrennten Basen werden in drei Teilströme
aufgeteilt, von denen der erste dem Carbolöl als Schleppmittel der ersten Stufe, der
zweite als Rücklauf der Extraktionskolonne (9) zugeführt und der dritte als Produktstrom
abgezogen werden. Aus dem Basengemisch kann das Diethylamin durch Destillation zurückgewonnen
werden.
[0032] Nach dem erfindungsgemäßen und umweltfreundlichen Verfahren ist eine quantitative
Auftrennung von Phenolen, Basen und Neutralölen, wie sie in den Fraktionen des Steinkohlenteers
vorhanden sind, bei geringem Energieverbrauch möglich, ohne daß dabei Rückstände entstehen.
1.) Verfahren zur Abtrennung von Phenolen und Basen aus Steinkohlenteerölen durch
Extraktion, dadurch gekennzeichnet, daß die Teeröle mit einem überkritischen Extraktionsmittel unter Zusatz eines Schleppmittels
in zwei Stufen extrahiert werden, wobei in der ersten Stufe die Neutralöle und in
der zweiten Stufe die Basen von den Phenolen abgetrennt werden.
2.) Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß Kohlendioxid als überkritische Komponente und als Schleppmittel ein Kohlenwasserstoff
mit einer Kettenlänge von 3 bis 8 Kohlenstoffatomen verwendet wird.
3.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß Kohlendioxid als überkritische Komponente und Propan als Schleppmittel mit Konzentrationen
von 5 - 80 Gew.-%, vorzugsweise von 20 - 60 Gew.-%, bezogen auf CO₂, verwendet werden.
4.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß in der ersten Stufe zur Abtrennung der Neutralöle als weiteres Schleppmittel
Basen mit einer Konzentration von 2 - 30 Gew.-%, vorzugsweise 5 - 20 Gew.-%, bezogen
auf das Steinkohlenteeröl, zugesetzt werden.
5.) Verfahren nach Anspruch 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß als geeignete Basen Collidin, Pyridin, Alkylderivate des Pyridins oder Amine
der Struktur

verwendet werden, worin R₁, R₂, R₃ ein Wasserstoffatom oder ein Alkylrest mit 1 bis
12 C-Atomen sein können.
6.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil der in der zweiten Stufe als Kopfprodukt anfallenden Basen als Schleppmittel
in den Zulauf der ersten Stufe als Schleppmittel zurückgeführt wird.
7.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Druck bei der Gegenstromextraktion 80 - 200 bar, vorzugsweise 100 - 120
bar, beträgt.
8.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur bei der Extraktion 30 - 100 °C, vorzugsweise 40 - 60 °C, beträgt.
9.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß ein Teil der in den Abscheidern (4, 6) anfallenden Extrakte als Rücklauf auf
die jeweilige Kolonne (3, 9) gegeben wird.
10.) Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2 und 4 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß Kohlendioxid als überkritische Komponente und Butan als Schleppmittel verwendet
wird.
11.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß die vollständige Abscheidung des Neutralöls aus dem Gasstrom nach der ersten
Stufe durch Entspannung auf 30 - 90 bar, vorzugsweise 50 - 70 bar oder/und Erhitzung
auf 60 - 120 °C, vorzugsweise 80 - 100 °C, im Abscheider erfolgt.
12.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, daß die vollständige Abscheidung der Basen aus dem Gasstrom nach der zweiten Stufe
durch Entspannen auf 30 - 90 bar, vorzugsweise auf 50 - 70 bar, oder/und Erwärmung
auf 60 - 120 °C, vorzugsweise 80 - 100 °C, im Abscheider erfolgt.
13.) Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 12, dadurch gekennzeichnet, daß die Trennung der Basen von den Phenolen in der zweiten Extraktionsstufe bei
einer um 10 - 50 K, vorzugsweise 20 - 40 K, höheren Temperatur als die Extraktion
des Neutralöls in der ersten Extraktionsstufe erfolgt.