(19)
(11) EP 0 241 685 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.10.1987  Patentblatt  1987/43

(21) Anmeldenummer: 87102846.0

(22) Anmeldetag:  27.02.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C25B 3/04
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 07.03.1986 DE 3607446

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Dapperheld, Steffen, Dr.
    D-6239 Kriftel (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Enthalogenierung von Chlor- und von Bromessigsäuren


    (57) Chlor- und Brom-Essigsäuren werden durch Elektrolyse wäss­riger Lösungen dieser Säuren unter Verwendung von Kohlen­stoffkathoden und von Anoden ebenfalls aus Kohlenstoff oder aus anderen üblichen Elektrodenmaterialien in ungeteilten oder in geteilten Elektrolysezellen enthalogeniert; die wässrigen Elektrolyselösungen in den ungeteilten Zellen so­wie im Kathodenraum der geteilten Zellen enthalten noch ein oder mehrere Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüber­spannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) in gelöster Form. Metalle mit einer Wasserstoff­überspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) sind z.B. Cu, Ag, Au, Zn, Cd, Hg, Sn, Pb, Ti, Zr, Bi, V, Ta, Cr und Ni.
    Das Verfahren ermöglicht das Arbeiten mit hohen Stromdich­ten (bis zu etwa 8000 A/m²) ohne oder praktisch ohne Korro­sion der Elektroden und ohne Belagsbildung auf den Elektro­den.


    Beschreibung


    [0001] Chlor- und Brom-Essigsäuren sind die Mono-, Di- und Tri-­halogenessigsäuren der Formeln
    CH₂ClCOOH CH₂BrCOOH
    CHCl₂COOH CHBr₂COOH
    CCl₃COOH CBr₃COOH
    Für manche Zwecke ist es erforderlich, die bei bestimmten Prozessen anfallenden Chlor- und Brom-Essigsäuren vollstän­dig oder teilweise zu enthalogenieren. Die teilweise Ent­halogenierung der 3-fach und der 2-fach halogenierten Essigsäuren ist z.B. dann wünschenswert bzw. notwendig, wenn beabsichtigt ist, die monohalogenierten Essigsäuren durch Chlorierung bzw. Bromierung von Essigsäure in mög­lichst hohen Ausbeuten zu erhalten. Bei der Chlorierung und Bromierung der Essigsäure entstehen nämlich - auch wenn man nicht mehr Halogen als zur Monohalogenierung notwendig verwendet - immer auch mehr oder weniger bedeutende Mengen der Di- sowie gegebenenfalls auch noch der Tri-halogen­essigsäure, was natürlich die Ausbeute der gewünschten Monohalogenverbindung beeinträchtigt.

    [0002] Es wurden daher bereits verschiedene Verfahren entwickelt, um die 2- und 3-fach halogenierten Essigsäuren zu ent­halogenieren und die Enthalogenierung auch bei der Mono­halogenstufe anzuhalten. Nach dem z.B. in der DE-B 848 807 beschriebenen Verfahren erfolgt diese Enthalogenierung auf elektrochemischem Weg durch Elektrolyse der entsprechenden Mischungen oder Lösungen in ungeteilten Elektrolysezellen. Als Kathodenmaterialien werden Kohle, Acheson-Graphit, Blei und Magnetit, als Anodenmaterialien Kohle und Magnetit namentlich genannt. Die Gegenwart indifferenter Stoffe oder anorganischer Verunreinigungen der Ausgangs-Halogenessig­ säuren soll sich hier nicht störend bemerkbar machen.

    [0003] Nach den Beispielen wird bei einer Stromdichte von etwa 500 bis 700 A/m² gearbeitet. Die Elektrolysetemperatur liegt unterhalb 100°C.

    [0004] Die Stoffausbeuten an den gewünschten teilweise- oder auch vollständig - enthalogenierten Produkten sollen zwischen 95 und 100 % d.Th. liegen.

    [0005] Etwa nach Beispiel 2 wird folgendes Gemisch elektrolysiert:

    Die Elektrolyse des Gemisches erfolgte nach den Angaben in dem genannten Beispiel in Form einer 60 %igen wässrigen Lö­sung
    unter Verwendung von Magnetit-Kathoden und Kohle-Anoden bei einer Spannung von im Mittel 3,25 V und einer Strom­dichte von 500 bis 600 A/m²
    bei 65°C
    bis zur Enthalogenierung der Di- und Tri-Chloressigsäuren bis zur Monohalogenstufe. Die Ausbeute an Monochloressig­säure wird als nahezu quantitativ angegeben.

    [0006] In Beispiel 4 wird die Elektrolyse noch bis zur vollständi­gen Enthalogenierung - d.i. bis zur halogenfreien Essig­säure - weitergeführt.

    [0007] Die für diesen Prozeß wesentliche Enthalogenierung ist eine an der Kathode stattfindende Reduktionsreaktion. Etwa für die teilweise Enthalogenierung der Dichloressigsäure bis zur Stufe der Monochloressigsäure kann folgende Reaktions­gleichung angegeben werden:
    CHCl₂COOH + 2 H⁺ + 2 e → CH₂ClCOOH + HCl
    Die Reaktion der aggressiven Halogenessigsäuren an der Ka­thode wirkt auf das Kathodenmaterial in erheblichem Maß korrodierend, wie auch durch eigene Elektrolyseversuche un­ter Verwendung von Magnetit- und von Blei-Kathoden gezeigt werden konnte. An Kohle-Kathoden ist die Korrosion kaum gravierend. Nachteilig für sämtliche hier genannten Katho­denmaterialien ist jedoch, daß bei einer Erhöhung der Stromdichte in zunehmenden Maß Wasserstoffentwicklung an der Kathode erfolgt, und die Elektroden im Dauerversuch über 600 h mit einem Belag bedeckt werden, der die Reini­gung der Kathode erforderlich macht, was natürlich die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens erheblich beeinträchtigt.

    [0008] An der Anode findet zumindest teilweise die Entladung der an der Kathode gebildeten Halogenionen statt; im Falle von Chlorionen also:
    2 Cl⁻ → Cl₂ + 2 e
    In den ungeteilten Zellen gemäß der vorerwähnten DE-B kann das anodisch gebildete Halogen mit dem an der Kathode ent­halogenierten Produkt leicht in Kontakt kommen und wieder zum Ausgangsprodukt "zurückreagieren"; z.B.
    CH₂ClCOOH + Cl₂ → CHCl₂COOH + HCl
    Diese "Rückreaktion" kann durch die Durchführung der Elek­trolyse in geteilten Elektrolysezellen verhindert werden. Die zum Zeitpunkt der Anmeldung der vorerwähnten DE-B (im Jahr 1942) bekannten Diaphragmen-Materialien (für die Teilung der Zellen in Kathoden- und Anodenraum) hielten je­ doch der Einwirkung der aggressiven Halogenessigsäuren und des mindestens ebenso aggressiven Halogens insbesondere in der Wärme nicht lange Stand. Deswegen werden in der genann­ten DE-B auch geteilte Elektrolysezellen als ungeeignet für die elektrolytische Enthalogenierung von Halogenessigsäuren beurteilt.

    [0009] Mit der Entwicklung der chemisch und thermisch außerordent­lich stabilen Membranmaterialien aus perfluorierten Polyme­ren in neuerer Zeit ist jedoch auch die Durchführung der Elektrolyse mit aggressiven Reagentien in geteilten Zellen möglich geworden.

    [0010] Ein Verfahren zur elektrochemischen Enthalogenierung von Dichloressigsäure bis zur Stufe der Monochloressigsäure in geteilten Elektrolysezellen ist in der JP-A-54 (1979)-76521 beschrieben; als Membranmaterialien werden hier speziell Kationenaustauschermembranen aus perfluorierten Polymeren mit noch COOH- oder SO₃H-Gruppen am Polymerengerüst verwen­det.

    [0011] Bei diesem Verfahren dienen Blei oder Bleilegierungen als Kathoden-Werkstoffe; der Katholyt ist eine wässrige Lösung von Dichloressigsäure + HCl und/oder H₂SO₄ mit einer Leit­fähigkeit über 0,01 Ohm⁻¹ · cm⁻¹.

    [0012] Als Anodenmaterialien sind Graphit, Blei, Bleilegierungen sowie Titan mit einem Überzug von Oxiden der Platinmetalle genannt; als Anolyt dient eine wässrige Mineralsäurelösung, wobei Sauerstoffsäuren als Mineralsäuren bevorzugt sind, weil hier keine Chlor-, sondern nur Sauerstoffentwicklung erfolgt:
    H₂O → 1/2 O₂ + 2 H⁺ + 2 e
    Für das Membranmaterial wird die erforderlich Ionenaus­tauschkapazität in Gramm Trockengewicht des Austauscher­ harzes angegeben, die nötig sind, um 1 Grammäquivalent Base zu neutralisieren. Für Membranmaterial mit Carboxylgruppen soll die Austauschkapazität zu 500 bis 1500, vorzugsweise 500 bis 1000,
    für Membranmaterial mit SO₃H-Gruppen 500 bis 1800, vorzugs­weise 1000 bis 1500, betragen.

    [0013] Die Stromdichten bewegen sich in ähnlichen Größenordnungen wie diejenigen des Verfahrens der vorher erwähnten DE-B 848 807. Bei einer Konzentration der Dichloressigsäure unter 25 % soll die Stromdichte unter 10 A/dm² = 1000 A/m²,
    bei einer Dichloressigsäurekonzentration unter 15 % unter­halb 800 A/m² und
    bei einer Dichloressigsäurekonzentration unter 10 % unter­halb 400 A/m² liegen.

    [0014] Selbst die hier als Kathoden bevorzugten reinen Bleikatho­den unterliegen noch einer erheblichen Korrosion. Bei der Elektrolyse mit einer Kathode aus 99,99 %igem Blei und ei­ner Elektrodenfläche von 1 dm² sowie einer Stromdichte von 4 A/dm² = 400 A/m² soll in 4 Stunden ein Gewichtsverlust der Kathode von 59,6 mg eingetreten sein.

    [0015] Für verschiedene Bleilegierungen wird unter den gleichen Bedingungen folgender Gewichtsverlust angegeben:
    Pb + 4 % Sn: 62,3 mg
    Pb + 6 % Sn: 64 mg
    Pb + 1,8 % Ag: 112,4 mg
    Nach den Beispielen liegen die Stromausbeuten durchweg um 95 % und darüber.

    [0016] Obwohl die bekannten elektrochemischen Verfahren zur teil­weisen oder vollständigen Enthalogenierung von Chlor- und Bromessigsäuren verschiedene Vorteile besitzen, sind sie doch insbesondere hinsichtlich der Korrosionsbeständigkeit der Kathodenmaterialien und der relativ niedrigen Strom­dichten noch verbesserungsbedürftig; es bestand daher die Aufgabe, die bekannten Verfahren noch vor allem bezüglich der Kathodenmaterialien und der Stromdichten zu verbessern und die Verfahren damit noch wirtschaftlicher zu machen.

    [0017] Diese Aufgabe konnte erfindungsgemäß dadurch gelöst werden, daß man als Ausgangs-Elektrolyselösungen solche wässrigen Lösungen der Chlor- bzw. Bromessigsäuren verwendet, die noch ein oder mehrere Salze von Metallen mit einer Wasser­stoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Strom­dichte von 4000 A/m²) gelöst enthalten.

    [0018] Erfindungsgegenstand ist daher ein Verfahren zur Enthaloge­nierung von Chlor- und von Bromessigsäuren durch Elektroly­se wässriger Lösungen dieser Säuren unter Verwendung von Kohlenstoffkathoden und von Anoden ebenfalls aus Kohlenstoff oder aus anderen üblichen Elektrodenmaterialien in unge­teilten oder in geteilten (Elektrolyse-)Zellen, das dadurch gekennzeichnet ist, daß die wässrigen Elektro­lyselösungen in den ungeteilten Zellen sowie im Kathoden­raum der geteilten Zellen noch ein oder mehrere Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) gelöst enthal­ten.

    [0019] Als Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000A/m²) kommen hauptsächlich die löslichen Salze von Cu, Ag, Au, Zn, Cd, Hg, Sn, Pb, Ti, Zr, Bi, V, Ta, Cr und/oder Ni, vor­zugsweise nur die löslichen Cu- und Pb-Salze, in Frage. Die gängigsten Anionen dieser Salze sind hauptsächlich Cl⁻, Br⁻, SO₄²⁻, NO₃⁻ und CH₃OCO⁻. Diese Anionen können aber nicht in gleicher Weise mit allen vorerwähnten Metallen kombiniert werden, weil hier in einigen Fällen schwer lös­liche Salze resultieren (wie z.B. AgCl und AgBr; hier kommt als lösliches Salz in erster Linie AgNO₃ in Frage).

    [0020] Die Salze können der Elektrolyselösung direkt zugesetzt oder auch z.B. durch Zugabe von Oxiden, Carbonaten etc. - in eienigen Fällen auch der Metalle selbst (sofern löslich) - in der Lösung erzeugt werden.

    [0021] Die Salzkonzentration im Elektrolyten der ungeteilten Zelle sowie im Katholyten der geteilten Zelle wird zweckmäßig auf etwa 0,1 bis 5000 ppm, vorzugsweise auf etwa 10 bis 1000 ppm, eingestellt.

    [0022] Durch diese Abänderung der bekannten Verfahren ist eine au­ßerordentliche Korrosionsbeständigkeit der Elektroden, ver­bunden mit der Möglichkeit des Arbeitens bei um den Faktor etwa 10 höheren Stromdichten (bis etwa 8000 A/m²) gewähr­leistet, ohne daß sich auch bei längerem Dauerbetrieb Be­läge auf den Elektroden bilden; das Verfahren ist daher außerordentlich wirtschaftlich und fortschrittlich.

    [0023] Es war nach dem Stand der Technik in keiner Weise zu erwar­ten, daß durch die Kombination von Kohlekathoden und der Gegenwart bestimmter Metallsalze in der Elektrolyt- bzw. Katholyt-Lösung eine derartige Erhöhung der Wirtschaftlich­keit des Verfahrens - insbesondere durch die Möglichkeit des Arbeitens mit höheren Stromdichten ohne die Bildung von Belägen auf den Elektroden - erzielt wird.

    [0024] Als Ausgangsverbindungen für das Verfahren werden vorzugs­weise Trichlor- und Dichloressigsäure sowie Tribrom- und Dibromessigsäure, insbesondere nur Trichlor- und/oder Di­chloressigsäure verwendet; die Elektrolyse wird hier vorzugs­weise nur bis zur Monohalogenstufe (Monochlor- bzw. Mono­bromessigsäure) geführt.

    [0025] Die Fortführung der Elektrolyse bis zur (völlig enthaloge­nierten) Essigsäure ist natürlich möglich, aber nicht bevorzugt.

    [0026] Als Elektrolyt (in der ungeteilten Zelle) bzw. Katholyt (in der geteilten Zelle) können im Prinzip wässrige Lösungen der Ausgangs-Halogenessigsäuren aller möglichen Konzentra­tionen (ca. 1 bis 95 %) verwendet werden. Die Lösungen kön­nen auch noch Mineralsäuren (z.B. HCl, H₂SO₄ etc.) und müs­sen den erfindungsgemäßen Gehalt an bestimmten Metallsalzen enthalten.

    [0027] Der Anolyt (in der geteilten Zelle) ist bevorzugt eine wässrige Mineralsäure, insbesondere wässrige Salzsäure und Schwefelsäure.

    [0028] Als Kohlenstoffkathoden kommen im Prinzip alle möglichen Kohle-Elektrodenmaterialien in Frage wie z.B. Elektroden­graphite, imprägnierte Graphitwerkstoffe und auch glasarti­ger Kohlenstoff.

    [0029] Während der Elektrolyse scheidet sich auf der Kathode das dem erfindungsgemäß zugesetzten Metallsalz zugrundeliegende Metall ab, was zu einer Veränderung der Eigenschaften der Kathode führt. Dadurch kann die kathodische Stromdichte auf Werte bis zu etwa 8000 A/m², vorzugsweise bis zu etwa 6000 A/m², erhöht werden, ohne daß als Nebenreaktionen zu starke Wasserstoffentwicklung und ein Fortgang der Enthalogenie­rungsreaktion über die gewünschte Stufe hinaus auftreten. Das auf der Kathode abgeschiedene Metall wird von der die Kathode umgebenden sauren Lösung immer wieder teilweise aufgelöst und dann wieder abgeschieden usw. Eine störende Belagbildung auf der Kathode findet nicht statt.

    [0030] Als Anodenmaterial kann das gleiche Material wie für die Kathode verwendet werden. Darüberhinaus ist auch der Ein­satz anderer üblicher Elektrodenmaterialien, die jedoch un­ter den Elektrolysebedinungen inert sein müssen, möglich. Ein bevorzugtes derartiges anderes übliches Elektrodenmate­rial ist Titan, beschichtet mit TiO₂ und dotiert mit einem Edelmetalloxid wie z.B. Platinoxid.

    [0031] Bevorzugte Anolyt-Flüssigkeiten sind wässrige Mineralsäuren wie z.B. wässrige Salzsäure oder wässrige Schwefelsäure, Hierbei ist der Einsatz der wässrigen Salzsäure dann vorzu­ziehen, wenn man in geteilten Zellen arbeitet und für das anodisch gebildete Chlor anderweitige Verwendungsmöglich­keiten existieren; andernfalls ist der Einsatz der wässrigen Schwefelsäure günstiger.

    [0032] Von den beiden Möglichkeiten der Elektrolysezellen, in de­nen das erfindungsgemäße Verfahren ausgeführt werden kann - ungeteilte und geteilte Zellen - ist die Durchführung in den geteilten Zellen bevorzugt. Zur Teilung der Zellen in Anoden- und Kathodenraum kommen hier die gleichen Ionen­austauschermembranen in Frage wie sie auch in der vorer­wähnten JP-A-54 (1979)-76521 beschrieben sind; d.s. also solche aus perfluorierten Polymeren mit Carboxyl- und/oder Sulfonsäuregruppen, vorzugsweise auch mit den in der JP-A angegebenen Ionenaustauschkapazitäten. Auch die Verwendung von im Elektrolyten stabilen Diaphragmen aus anderen per­fluorierten Polymeren oder anorganischen Werkstoffen ist im Prinzip möglich.

    [0033] Die Elektrolysetemperatur soll unter 100°C liegen; vorzugs­weise liegt sie zwischen etwa 5 und 95°C, insbesondere zwi­schen etwa 40 und 80°C.

    [0034] Es ist möglich, die Elektrolyse sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich durchzuführen. Besonders zweckmäßig ist eine Arbeitsweise in geteilten Elektrolysezellen mit diskontinuierlicher Ausführung der Kathodenreaktion und kontinuierlichem Betrieb der Anodenreaktion. Wenn der Ano­lyt HCl enthält, wird durch die anodische Chlorentwicklung ständig Cl⁻ verbraucht, was durch laufende Ergänzung von gasförmigem HCl oder von wässriger Salzsäure auszugleichen ist.

    [0035] Die Aufarbeitung des Elektrolyseproduktes erfolgt auf be­kannte Weise, z.B. durch Destillation. Die Metallsalze bleiben hier im Rückstand und können wieder in den Prozeß zurückgeführt werden.

    [0036] Die Erfindung wird nun durch die folgenden Beispiele näher erläutert. Nach den (Erfindungs-)Beispielen A folgen noch einige Vergleichsbeispiele B, aus denen hervorgeht, daß an Magnetitkathoden (anstelle von Kohlenstoffkathoden) auch in Gegenwart etwa eines Bleisalzes in der Elektrolytlösung, nicht unerhebliche Korrosion und bei höheren Stromdichten auch beträchtliche Wasserstoffentwicklung erfolgt. Ein wei­teres Vergleichsbeispiel mit einer Kohlenstoffkathode, aber ohne den erfindungsgemäßen Zusatz eines Metallsalzes zur Elektrolytlösung, zeigt, daß hier bereits bei nicht zu ho­hen Stromdichten in erheblichem Ausmaß Wasserstoff gebildet wird; setzt man der Elektrolytlösung dagegen noch etwa ein Bleisalz zu, so unterbleibt die Wasserstoffentwicklung und die Stromdichte kann erhöht werden.

    [0037] Die in sämtlichen (Erfindungs- und Vergleichs-) Beispielen verwendte Elektrolysezelle war eine geteilte (Platten- und Rahmen-) Umlaufzellen.

    A) Erfindungsbeispiele


    Beispiele 1 bis 8


    Elektrolysebedingungen



    [0038] Umlaufzelle mit 0,02 m² Elektrodenfläche, Elektrodenabstand 4 mm
    Elektroden: Elektrodengraphit EH (der Firma Sigri, Meitin­gen)
    Kationenautauschermembran: (R)Nafion 315 (der Firma DuPont); es handelt sich um eine 2-Schichtenmembran aus Copoly­merisaten aus Perfluorsulfonyl­ethoxyvinylether + Tetrafluor­ethylen. Auf der Kathodenseite befindet sich eine Schicht mit dem Äquivalentgewicht 1300, auf der Anodenseite eine solche mit dem Äquivalentgewicht 1100.
    Abstandhalter: Polyethylennetze
    Durchfluß : 500 l/h
    Temp. : 25 - 40°C
    Stromdichte : 4000 A/m²
    Klemmenspannung: 8 - 4,8 V
    Anolyt : konz. HCl, kontinuierlich ergänzt durch gasförmige HCl
    Die Zusammensetzung des Katholyten und das Elektrolyseer­gebnis sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich:


    Beispiel 9


    Elektrolysebedingungen



    [0039] Umlaufzelle mit 0,25 m² Elektrodenfläche, Elektrodenabstand 4 mm
    Elektroden: Elektrodengraphit EH (der Firma Sigri, Meitin­gen)
    Kationenaustauschermembran: (R)Nafion 324 (der Firma DuPont) es handelt sich um eine 2-Schichtenmembran der gleichen Zusammensetzung wie Nafion 315, lediglich mit etwas dünneren Schichten.
    Abstandhalter: Polyethylennetze
    Durchfluß: 1,6 m³/h
    Temp.: 25-60°C
    Stromdichte: 4000 A/m²
    Klemmenspannung: 6-4,5 V
    Anolyt: konz. HCl, kontinuierlich ergänzt durch gasförmige HCl
    Ausgangskatholyt:
    9,03 kg Dichloressigsäure
    14,29 kg Monochloressigsäure
    3,18 kg Essigsäure
    13,20 kg Wasser
    4 g CuSO₄·6H₂O (≙ 25 ppm Cu²⁺)
    Elektrolyseergebnis:
    20,79 kg Monochloressigsäure
    0,15 kg Dichloressigsäure
    3,18 kg Essigsäure
    17,2 kg Wasser
    2,52 kg HCl
    Stromverbrauch: 5361 Ah
    Stromausbeute: 68,2%

    B) Vergleichsbeispiel 1


    Elektrolysebedingungen:



    [0040] Umlaufzelle mit 0,02m² Elektrodenfläche, Elektrodenabstand 6 mm
    Anode: Elektrodengraphit EH (der Firma Sigri, Meitingen)
    Kathode: mit Magnetit vollständig und dicht beschichteter Edelstahl
    Kationenaustauschermembran: (R)Nafion 324 (der Firma DuPont)
    Abstandhalter: Polyethylennetze
    Durchfluß: 500 l/h
    Temp.: 39°C
    Anolyt: konz. HCl, kontinuierlich ergänzt durch gasförmige HCl
    Es wurde ein Katholyt mit der Zusammensetzung
    1,15 kg Monochloressigsäure
    1,28 kg Dichloressigsäure
    0,24 kg Essigsäure
    1,43 kg Wasser
    bei einer Stromdichte von 2000 A/m² elektrolysiert. Die Klemmenspannung betrug 3,2 V. Der Anteil des Stroms, der für die Entwicklung von Wasserstoff verbraucht wurde, lag bei 14,3%.
    Nach der Zugabe von 0,75 g Pb(OAc)₂·2 H₂O (100 ppm Pb²⁺) ging die Wasserstoffentwicklung kurzzeitig zurück, stieg dann aber wieder an.
    Nach 270 Ah wurden 28% des Stroms für Wasserstoffentwick­lung verbraucht, nach 350 Ah lag der Wert bei 45% und stieg dann weiter auf ca. 80%.
    Nach einem Ladungsverbrauch von 752 Ah erhielt man einen Elektrolyten mit der Zusammensetzung:
    1,77 kg Monochloressigsäure
    0,42 kg Dichloressigsäure
    0,27 kg Essigsäure
    1,93 kg Wasser
    0,24 kg HCl
    0,0105 kg Eisen als Fe³⁺/Fe²⁺ (aus dem Magnetit)
    0,4·10⁻³ kg Blei als Pb²⁺
    Die Stromausbeute für diese geringfügige Abreicherung der Dichloressigsäure betrug nur 44%. An der Magnetitschicht der Kathode wurden schwere Korrosionsschäden festgestellt. Die Korrosionsrate betrug 14 mgFe/Ah.

    Vergleichsbeispiel 2



    [0041] Unter den in den Erfindungsbeispielen (A) 1 - 8 beschriebe­nen Bedingungen, aber ohne den Zusatz eines Metallsalzes, wurde ein Katholyt mit der Zusammensetzung
    5,72 kg Monochloressigsäure
    1,98 kg Dichloressigsäure
    2 kg Essigsäure
    4,4 kg H₂O·HCl
    bei einer Stromdichte von 1250 A/m² elektrolysiert. Die Klemmenspannung betrug 3,9 V, Nach einem Stromverbrauch von 1104 Ah stieg der Anteil des Stroms, der für die Entwick­lung von Wasserstoff verbaucht wurde auf 49 %.

    [0042] Nach Zugabe von 10 g Pb(NO₃)₂ (≙ 400 ppm Pb²⁺) zum Katholy­ten fand keine Wasserstoffentwicklung mehr statt. Die Stromdichte konnte auf 4000 A/m² erhöht werden (Klemmenspannung 4,1 V; Temperatur 52°C). Die Nebenreaktion der Wasserstoffentwicklung setzte bei einer Dichloressigsäure-Konzentration von 3 % wieder ein. Die Stromausbeute für die Reduzierung des Dichloressigsäure-­Anteils auf 0,15 kg betrug 97,2 %.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Enthalogenierung von Chlor- und von Brom-­Essigsäuren durch Elektrolyse wässriger Lösungen dieser Säuren unter Verwendung von Kohlenstoffkathoden und von Anoden ebenfalls aus Kohlenstoff oder aus anderen übli­chen Elektrodenmaterialien in ungeteilten oder in ge­teilten (Elektrolyse-)Zellen,
    dadurch gekennzeichnet, daß die wässrigen Elektrolyselö­sungen in den ungeteilten Zellen sowie im Kathodenraum der geteilten Zellen noch ein oder mehrere Salze von Me­tallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) gelöst enthalten.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüber­spannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) die löslichen Salze von Cu, Ag, Au, Zn, Cd, Hg, Sn, Pb, Ti, Zr, Bi, V, Ta, Cr und/oder Ni, vorzugs­weise nur die löslichen Cu- und Pb-Salze, verwendet.
     
    3. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Konzentration der Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) in der Elektrolyselösung ca. 0,1 bis 5000 ppm, vorzugsweise ca. 10 bis 1000 ppm, beträgt.
     
    4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß man als Chlor- und Brom-Essigsäuren Tri­chlor- und Dichloressigsäure sowie Tribrom- und Dibrom­essigsäure, vorzugsweise Tri- und/oder Dichloressigsäu­re, verwendet,
    und daß man die Elektrlyse nur bis zur Monohalogenstufe führt.
     
    5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß man die Elektrolyse in geteilten Elektro­lysezellen durchführt.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als Membranmaterial in den geteilten Elektroly­sezellen Kationenaustauschermembranen aus perfluorierten Polymeren mit Carboxyl- und/oder Sulfonsäure-Gruppen verwendet.
     





    Recherchenbericht