[0001] Chlor- und Brom-Essigsäuren sind die Mono-, Di- und Tri-halogenessigsäuren der Formeln
CH₂ClCOOH CH₂BrCOOH
CHCl₂COOH CHBr₂COOH
CCl₃COOH CBr₃COOH
Für manche Zwecke ist es erforderlich, die bei bestimmten Prozessen anfallenden Chlor-
und Brom-Essigsäuren vollständig oder teilweise zu enthalogenieren. Die teilweise
Enthalogenierung der 3-fach und der 2-fach halogenierten Essigsäuren ist z.B. dann
wünschenswert bzw. notwendig, wenn beabsichtigt ist, die monohalogenierten Essigsäuren
durch Chlorierung bzw. Bromierung von Essigsäure in möglichst hohen Ausbeuten zu
erhalten. Bei der Chlorierung und Bromierung der Essigsäure entstehen nämlich - auch
wenn man nicht mehr Halogen als zur Monohalogenierung notwendig verwendet - immer
auch mehr oder weniger bedeutende Mengen der Di- sowie gegebenenfalls auch noch der
Tri-halogenessigsäure, was natürlich die Ausbeute der gewünschten Monohalogenverbindung
beeinträchtigt.
[0002] Es wurden daher bereits verschiedene Verfahren entwickelt, um die 2- und 3-fach halogenierten
Essigsäuren zu enthalogenieren und die Enthalogenierung auch bei der Monohalogenstufe
anzuhalten. Nach dem z.B. in der DE-B 848 807 beschriebenen Verfahren erfolgt diese
Enthalogenierung auf elektrochemischem Weg durch Elektrolyse der entsprechenden Mischungen
oder Lösungen in ungeteilten Elektrolysezellen. Als Kathodenmaterialien werden Kohle,
Acheson-Graphit, Blei und Magnetit, als Anodenmaterialien Kohle und Magnetit namentlich
genannt. Die Gegenwart indifferenter Stoffe oder anorganischer Verunreinigungen der
Ausgangs-Halogenessig säuren soll sich hier nicht störend bemerkbar machen.
[0003] Nach den Beispielen wird bei einer Stromdichte von etwa 500 bis 700 A/m² gearbeitet.
Die Elektrolysetemperatur liegt unterhalb 100°C.
[0004] Die Stoffausbeuten an den gewünschten teilweise- oder auch vollständig - enthalogenierten
Produkten sollen zwischen 95 und 100 % d.Th. liegen.
[0005] Etwa nach Beispiel 2 wird folgendes Gemisch elektrolysiert:

Die Elektrolyse des Gemisches erfolgte nach den Angaben in dem genannten Beispiel
in Form einer 60 %igen wässrigen Lösung
unter Verwendung von Magnetit-Kathoden und Kohle-Anoden bei einer Spannung von im
Mittel 3,25 V und einer Stromdichte von 500 bis 600 A/m²
bei 65°C
bis zur Enthalogenierung der Di- und Tri-Chloressigsäuren bis zur Monohalogenstufe.
Die Ausbeute an Monochloressigsäure wird als nahezu quantitativ angegeben.
[0006] In Beispiel 4 wird die Elektrolyse noch bis zur vollständigen Enthalogenierung -
d.i. bis zur halogenfreien Essigsäure - weitergeführt.
[0007] Die für diesen Prozeß wesentliche Enthalogenierung ist eine an der Kathode stattfindende
Reduktionsreaktion. Etwa für die teilweise Enthalogenierung der Dichloressigsäure
bis zur Stufe der Monochloressigsäure kann folgende Reaktionsgleichung angegeben
werden:
CHCl₂COOH + 2 H⁺ + 2 e → CH₂ClCOOH + HCl
Die Reaktion der aggressiven Halogenessigsäuren an der Kathode wirkt auf das Kathodenmaterial
in erheblichem Maß korrodierend, wie auch durch eigene Elektrolyseversuche unter
Verwendung von Magnetit- und von Blei-Kathoden gezeigt werden konnte. An Kohle-Kathoden
ist die Korrosion kaum gravierend. Nachteilig für sämtliche hier genannten Kathodenmaterialien
ist jedoch, daß bei einer Erhöhung der Stromdichte in zunehmenden Maß Wasserstoffentwicklung
an der Kathode erfolgt, und die Elektroden im Dauerversuch über 600 h mit einem Belag
bedeckt werden, der die Reinigung der Kathode erforderlich macht, was natürlich die
Wirtschaftlichkeit des Verfahrens erheblich beeinträchtigt.
[0008] An der Anode findet zumindest teilweise die Entladung der an der Kathode gebildeten
Halogenionen statt; im Falle von Chlorionen also:
2 Cl⁻ → Cl₂ + 2 e
In den ungeteilten Zellen gemäß der vorerwähnten DE-B kann das anodisch gebildete
Halogen mit dem an der Kathode enthalogenierten Produkt leicht in Kontakt kommen
und wieder zum Ausgangsprodukt "zurückreagieren"; z.B.
CH₂ClCOOH + Cl₂ → CHCl₂COOH + HCl
Diese "Rückreaktion" kann durch die Durchführung der Elektrolyse in geteilten Elektrolysezellen
verhindert werden. Die zum Zeitpunkt der Anmeldung der vorerwähnten DE-B (im Jahr
1942) bekannten Diaphragmen-Materialien (für die Teilung der Zellen in Kathoden- und
Anodenraum) hielten je doch der Einwirkung der aggressiven Halogenessigsäuren und
des mindestens ebenso aggressiven Halogens insbesondere in der Wärme nicht lange Stand.
Deswegen werden in der genannten DE-B auch geteilte Elektrolysezellen als ungeeignet
für die elektrolytische Enthalogenierung von Halogenessigsäuren beurteilt.
[0009] Mit der Entwicklung der chemisch und thermisch außerordentlich stabilen Membranmaterialien
aus perfluorierten Polymeren in neuerer Zeit ist jedoch auch die Durchführung der
Elektrolyse mit aggressiven Reagentien in geteilten Zellen möglich geworden.
[0010] Ein Verfahren zur elektrochemischen Enthalogenierung von Dichloressigsäure bis zur
Stufe der Monochloressigsäure in geteilten Elektrolysezellen ist in der JP-A-54 (1979)-76521
beschrieben; als Membranmaterialien werden hier speziell Kationenaustauschermembranen
aus perfluorierten Polymeren mit noch COOH- oder SO₃H-Gruppen am Polymerengerüst verwendet.
[0011] Bei diesem Verfahren dienen Blei oder Bleilegierungen als Kathoden-Werkstoffe; der
Katholyt ist eine wässrige Lösung von Dichloressigsäure + HCl und/oder H₂SO₄ mit einer
Leitfähigkeit über 0,01 Ohm⁻¹ · cm⁻¹.
[0012] Als Anodenmaterialien sind Graphit, Blei, Bleilegierungen sowie Titan mit einem Überzug
von Oxiden der Platinmetalle genannt; als Anolyt dient eine wässrige Mineralsäurelösung,
wobei Sauerstoffsäuren als Mineralsäuren bevorzugt sind, weil hier keine Chlor-, sondern
nur Sauerstoffentwicklung erfolgt:
H₂O → 1/2 O₂ + 2 H⁺ + 2 e
Für das Membranmaterial wird die erforderlich Ionenaustauschkapazität in Gramm Trockengewicht
des Austauscher harzes angegeben, die nötig sind, um 1 Grammäquivalent Base zu neutralisieren.
Für Membranmaterial mit Carboxylgruppen soll die Austauschkapazität zu 500 bis 1500,
vorzugsweise 500 bis 1000,
für Membranmaterial mit SO₃H-Gruppen 500 bis 1800, vorzugsweise 1000 bis 1500, betragen.
[0013] Die Stromdichten bewegen sich in ähnlichen Größenordnungen wie diejenigen des Verfahrens
der vorher erwähnten DE-B 848 807. Bei einer Konzentration der Dichloressigsäure unter
25 % soll die Stromdichte unter 10 A/dm² = 1000 A/m²,
bei einer Dichloressigsäurekonzentration unter 15 % unterhalb 800 A/m² und
bei einer Dichloressigsäurekonzentration unter 10 % unterhalb 400 A/m² liegen.
[0014] Selbst die hier als Kathoden bevorzugten reinen Bleikathoden unterliegen noch einer
erheblichen Korrosion. Bei der Elektrolyse mit einer Kathode aus 99,99 %igem Blei
und einer Elektrodenfläche von 1 dm² sowie einer Stromdichte von 4 A/dm² = 400 A/m²
soll in 4 Stunden ein Gewichtsverlust der Kathode von 59,6 mg eingetreten sein.
[0015] Für verschiedene Bleilegierungen wird unter den gleichen Bedingungen folgender Gewichtsverlust
angegeben:
Pb + 4 % Sn: 62,3 mg
Pb + 6 % Sn: 64 mg
Pb + 1,8 % Ag: 112,4 mg
Nach den Beispielen liegen die Stromausbeuten durchweg um 95 % und darüber.
[0016] Obwohl die bekannten elektrochemischen Verfahren zur teilweisen oder vollständigen
Enthalogenierung von Chlor- und Bromessigsäuren verschiedene Vorteile besitzen, sind
sie doch insbesondere hinsichtlich der Korrosionsbeständigkeit der Kathodenmaterialien
und der relativ niedrigen Stromdichten noch verbesserungsbedürftig; es bestand daher
die Aufgabe, die bekannten Verfahren noch vor allem bezüglich der Kathodenmaterialien
und der Stromdichten zu verbessern und die Verfahren damit noch wirtschaftlicher zu
machen.
[0017] Diese Aufgabe konnte erfindungsgemäß dadurch gelöst werden, daß man als Ausgangs-Elektrolyselösungen
solche wässrigen Lösungen der Chlor- bzw. Bromessigsäuren verwendet, die noch ein
oder mehrere Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens
0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) gelöst enthalten.
[0018] Erfindungsgegenstand ist daher ein Verfahren zur Enthalogenierung von Chlor- und
von Bromessigsäuren durch Elektrolyse wässriger Lösungen dieser Säuren unter Verwendung
von Kohlenstoffkathoden und von Anoden ebenfalls aus Kohlenstoff oder aus anderen
üblichen Elektrodenmaterialien in ungeteilten oder in geteilten (Elektrolyse-)Zellen,
das dadurch gekennzeichnet ist, daß die wässrigen Elektrolyselösungen in den ungeteilten
Zellen sowie im Kathodenraum der geteilten Zellen noch ein oder mehrere Salze von
Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte
von 4000 A/m²) gelöst enthalten.
[0019] Als Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei
einer Stromdichte von 4000A/m²) kommen hauptsächlich die löslichen Salze von Cu, Ag,
Au, Zn, Cd, Hg, Sn, Pb, Ti, Zr, Bi, V, Ta, Cr und/oder Ni, vorzugsweise nur die löslichen
Cu- und Pb-Salze, in Frage. Die gängigsten Anionen dieser Salze sind hauptsächlich
Cl⁻, Br⁻, SO₄²⁻, NO₃⁻ und CH₃OCO⁻. Diese Anionen können aber nicht in gleicher Weise
mit allen vorerwähnten Metallen kombiniert werden, weil hier in einigen Fällen schwer
lösliche Salze resultieren (wie z.B. AgCl und AgBr; hier kommt als lösliches Salz
in erster Linie AgNO₃ in Frage).
[0020] Die Salze können der Elektrolyselösung direkt zugesetzt oder auch z.B. durch Zugabe
von Oxiden, Carbonaten etc. - in eienigen Fällen auch der Metalle selbst (sofern löslich)
- in der Lösung erzeugt werden.
[0021] Die Salzkonzentration im Elektrolyten der ungeteilten Zelle sowie im Katholyten der
geteilten Zelle wird zweckmäßig auf etwa 0,1 bis 5000 ppm, vorzugsweise auf etwa 10
bis 1000 ppm, eingestellt.
[0022] Durch diese Abänderung der bekannten Verfahren ist eine außerordentliche Korrosionsbeständigkeit
der Elektroden, verbunden mit der Möglichkeit des Arbeitens bei um den Faktor etwa
10 höheren Stromdichten (bis etwa 8000 A/m²) gewährleistet, ohne daß sich auch bei
längerem Dauerbetrieb Beläge auf den Elektroden bilden; das Verfahren ist daher außerordentlich
wirtschaftlich und fortschrittlich.
[0023] Es war nach dem Stand der Technik in keiner Weise zu erwarten, daß durch die Kombination
von Kohlekathoden und der Gegenwart bestimmter Metallsalze in der Elektrolyt- bzw.
Katholyt-Lösung eine derartige Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Verfahrens - insbesondere
durch die Möglichkeit des Arbeitens mit höheren Stromdichten ohne die Bildung von
Belägen auf den Elektroden - erzielt wird.
[0024] Als Ausgangsverbindungen für das Verfahren werden vorzugsweise Trichlor- und Dichloressigsäure
sowie Tribrom- und Dibromessigsäure, insbesondere nur Trichlor- und/oder Dichloressigsäure
verwendet; die Elektrolyse wird hier vorzugsweise nur bis zur Monohalogenstufe (Monochlor-
bzw. Monobromessigsäure) geführt.
[0025] Die Fortführung der Elektrolyse bis zur (völlig enthalogenierten) Essigsäure ist
natürlich möglich, aber nicht bevorzugt.
[0026] Als Elektrolyt (in der ungeteilten Zelle) bzw. Katholyt (in der geteilten Zelle)
können im Prinzip wässrige Lösungen der Ausgangs-Halogenessigsäuren aller möglichen
Konzentrationen (ca. 1 bis 95 %) verwendet werden. Die Lösungen können auch noch
Mineralsäuren (z.B. HCl, H₂SO₄ etc.) und müssen den erfindungsgemäßen Gehalt an bestimmten
Metallsalzen enthalten.
[0027] Der Anolyt (in der geteilten Zelle) ist bevorzugt eine wässrige Mineralsäure, insbesondere
wässrige Salzsäure und Schwefelsäure.
[0028] Als Kohlenstoffkathoden kommen im Prinzip alle möglichen Kohle-Elektrodenmaterialien
in Frage wie z.B. Elektrodengraphite, imprägnierte Graphitwerkstoffe und auch glasartiger
Kohlenstoff.
[0029] Während der Elektrolyse scheidet sich auf der Kathode das dem erfindungsgemäß zugesetzten
Metallsalz zugrundeliegende Metall ab, was zu einer Veränderung der Eigenschaften
der Kathode führt. Dadurch kann die kathodische Stromdichte auf Werte bis zu etwa
8000 A/m², vorzugsweise bis zu etwa 6000 A/m², erhöht werden, ohne daß als Nebenreaktionen
zu starke Wasserstoffentwicklung und ein Fortgang der Enthalogenierungsreaktion über
die gewünschte Stufe hinaus auftreten. Das auf der Kathode abgeschiedene Metall wird
von der die Kathode umgebenden sauren Lösung immer wieder teilweise aufgelöst und
dann wieder abgeschieden usw. Eine störende Belagbildung auf der Kathode findet nicht
statt.
[0030] Als Anodenmaterial kann das gleiche Material wie für die Kathode verwendet werden.
Darüberhinaus ist auch der Einsatz anderer üblicher Elektrodenmaterialien, die jedoch
unter den Elektrolysebedinungen inert sein müssen, möglich. Ein bevorzugtes derartiges
anderes übliches Elektrodenmaterial ist Titan, beschichtet mit TiO₂ und dotiert mit
einem Edelmetalloxid wie z.B. Platinoxid.
[0031] Bevorzugte Anolyt-Flüssigkeiten sind wässrige Mineralsäuren wie z.B. wässrige Salzsäure
oder wässrige Schwefelsäure, Hierbei ist der Einsatz der wässrigen Salzsäure dann
vorzuziehen, wenn man in geteilten Zellen arbeitet und für das anodisch gebildete
Chlor anderweitige Verwendungsmöglichkeiten existieren; andernfalls ist der Einsatz
der wässrigen Schwefelsäure günstiger.
[0032] Von den beiden Möglichkeiten der Elektrolysezellen, in denen das erfindungsgemäße
Verfahren ausgeführt werden kann - ungeteilte und geteilte Zellen - ist die Durchführung
in den geteilten Zellen bevorzugt. Zur Teilung der Zellen in Anoden- und Kathodenraum
kommen hier die gleichen Ionenaustauschermembranen in Frage wie sie auch in der vorerwähnten
JP-A-54 (1979)-76521 beschrieben sind; d.s. also solche aus perfluorierten Polymeren
mit Carboxyl- und/oder Sulfonsäuregruppen, vorzugsweise auch mit den in der JP-A angegebenen
Ionenaustauschkapazitäten. Auch die Verwendung von im Elektrolyten stabilen Diaphragmen
aus anderen perfluorierten Polymeren oder anorganischen Werkstoffen ist im Prinzip
möglich.
[0033] Die Elektrolysetemperatur soll unter 100°C liegen; vorzugsweise liegt sie zwischen
etwa 5 und 95°C, insbesondere zwischen etwa 40 und 80°C.
[0034] Es ist möglich, die Elektrolyse sowohl kontinuierlich als auch diskontinuierlich
durchzuführen. Besonders zweckmäßig ist eine Arbeitsweise in geteilten Elektrolysezellen
mit diskontinuierlicher Ausführung der Kathodenreaktion und kontinuierlichem Betrieb
der Anodenreaktion. Wenn der Anolyt HCl enthält, wird durch die anodische Chlorentwicklung
ständig Cl⁻ verbraucht, was durch laufende Ergänzung von gasförmigem HCl oder von
wässriger Salzsäure auszugleichen ist.
[0035] Die Aufarbeitung des Elektrolyseproduktes erfolgt auf bekannte Weise, z.B. durch
Destillation. Die Metallsalze bleiben hier im Rückstand und können wieder in den Prozeß
zurückgeführt werden.
[0036] Die Erfindung wird nun durch die folgenden Beispiele näher erläutert. Nach den (Erfindungs-)Beispielen
A folgen noch einige Vergleichsbeispiele B, aus denen hervorgeht, daß an Magnetitkathoden
(anstelle von Kohlenstoffkathoden) auch in Gegenwart etwa eines Bleisalzes in der
Elektrolytlösung, nicht unerhebliche Korrosion und bei höheren Stromdichten auch beträchtliche
Wasserstoffentwicklung erfolgt. Ein weiteres Vergleichsbeispiel mit einer Kohlenstoffkathode,
aber ohne den erfindungsgemäßen Zusatz eines Metallsalzes zur Elektrolytlösung, zeigt,
daß hier bereits bei nicht zu hohen Stromdichten in erheblichem Ausmaß Wasserstoff
gebildet wird; setzt man der Elektrolytlösung dagegen noch etwa ein Bleisalz zu, so
unterbleibt die Wasserstoffentwicklung und die Stromdichte kann erhöht werden.
[0037] Die in sämtlichen (Erfindungs- und Vergleichs-) Beispielen verwendte Elektrolysezelle
war eine geteilte (Platten- und Rahmen-) Umlaufzellen.
A) Erfindungsbeispiele
Beispiele 1 bis 8
Elektrolysebedingungen
[0038] Umlaufzelle mit 0,02 m² Elektrodenfläche, Elektrodenabstand 4 mm
Elektroden: Elektrodengraphit EH (der Firma Sigri, Meitingen)
Kationenautauschermembran:
(R)Nafion 315 (der Firma DuPont); es handelt sich um eine 2-Schichtenmembran aus Copolymerisaten
aus Perfluorsulfonylethoxyvinylether + Tetrafluorethylen. Auf der Kathodenseite
befindet sich eine Schicht mit dem Äquivalentgewicht 1300, auf der Anodenseite eine
solche mit dem Äquivalentgewicht 1100.
Abstandhalter: Polyethylennetze
Durchfluß : 500 l/h
Temp. : 25 - 40°C
Stromdichte : 4000 A/m²
Klemmenspannung: 8 - 4,8 V
Anolyt : konz. HCl, kontinuierlich ergänzt durch gasförmige HCl
Die Zusammensetzung des Katholyten und das Elektrolyseergebnis sind aus der folgenden
Tabelle ersichtlich:

Beispiel 9
Elektrolysebedingungen
[0039] Umlaufzelle mit 0,25 m² Elektrodenfläche, Elektrodenabstand 4 mm
Elektroden: Elektrodengraphit EH (der Firma Sigri, Meitingen)
Kationenaustauschermembran:
(R)Nafion 324 (der Firma DuPont) es handelt sich um eine 2-Schichtenmembran der gleichen
Zusammensetzung wie Nafion 315, lediglich mit etwas dünneren Schichten.
Abstandhalter: Polyethylennetze
Durchfluß: 1,6 m³/h
Temp.: 25-60°C
Stromdichte: 4000 A/m²
Klemmenspannung: 6-4,5 V
Anolyt: konz. HCl, kontinuierlich ergänzt durch gasförmige HCl
Ausgangskatholyt:
9,03 kg Dichloressigsäure
14,29 kg Monochloressigsäure
3,18 kg Essigsäure
13,20 kg Wasser
4 g CuSO₄·6H₂O (≙ 25 ppm Cu²⁺)
Elektrolyseergebnis:
20,79 kg Monochloressigsäure
0,15 kg Dichloressigsäure
3,18 kg Essigsäure
17,2 kg Wasser
2,52 kg HCl
Stromverbrauch: 5361 Ah
Stromausbeute: 68,2%
B) Vergleichsbeispiel 1
Elektrolysebedingungen:
[0040] Umlaufzelle mit 0,02m² Elektrodenfläche, Elektrodenabstand 6 mm
Anode: Elektrodengraphit EH (der Firma Sigri, Meitingen)
Kathode: mit Magnetit vollständig und dicht beschichteter Edelstahl
Kationenaustauschermembran:
(R)Nafion 324 (der Firma DuPont)
Abstandhalter: Polyethylennetze
Durchfluß: 500 l/h
Temp.: 39°C
Anolyt: konz. HCl, kontinuierlich ergänzt durch gasförmige HCl
Es wurde ein Katholyt mit der Zusammensetzung
1,15 kg Monochloressigsäure
1,28 kg Dichloressigsäure
0,24 kg Essigsäure
1,43 kg Wasser
bei einer Stromdichte von 2000 A/m² elektrolysiert. Die Klemmenspannung betrug 3,2
V. Der Anteil des Stroms, der für die Entwicklung von Wasserstoff verbraucht wurde,
lag bei 14,3%.
Nach der Zugabe von 0,75 g Pb(OAc)₂·2 H₂O (100 ppm Pb²⁺) ging die Wasserstoffentwicklung
kurzzeitig zurück, stieg dann aber wieder an.
Nach 270 Ah wurden 28% des Stroms für Wasserstoffentwicklung verbraucht, nach 350
Ah lag der Wert bei 45% und stieg dann weiter auf ca. 80%.
Nach einem Ladungsverbrauch von 752 Ah erhielt man einen Elektrolyten mit der Zusammensetzung:
1,77 kg Monochloressigsäure
0,42 kg Dichloressigsäure
0,27 kg Essigsäure
1,93 kg Wasser
0,24 kg HCl
0,0105 kg Eisen als Fe³⁺/Fe²⁺ (aus dem Magnetit)
0,4·10⁻³ kg Blei als Pb²⁺
Die Stromausbeute für diese geringfügige Abreicherung der Dichloressigsäure betrug
nur 44%. An der Magnetitschicht der Kathode wurden schwere Korrosionsschäden festgestellt.
Die Korrosionsrate betrug 14 mgFe/Ah.
Vergleichsbeispiel 2
[0041] Unter den in den Erfindungsbeispielen (A) 1 - 8 beschriebenen Bedingungen, aber
ohne den Zusatz eines Metallsalzes, wurde ein Katholyt mit der Zusammensetzung
5,72 kg Monochloressigsäure
1,98 kg Dichloressigsäure
2 kg Essigsäure
4,4 kg H₂O·HCl
bei einer Stromdichte von 1250 A/m² elektrolysiert. Die Klemmenspannung betrug 3,9
V, Nach einem Stromverbrauch von 1104 Ah stieg der Anteil des Stroms, der für die
Entwicklung von Wasserstoff verbaucht wurde auf 49 %.
[0042] Nach Zugabe von 10 g Pb(NO₃)₂ (≙ 400 ppm Pb²⁺) zum Katholyten fand keine Wasserstoffentwicklung
mehr statt. Die Stromdichte konnte auf 4000 A/m² erhöht werden (Klemmenspannung 4,1
V; Temperatur 52°C). Die Nebenreaktion der Wasserstoffentwicklung setzte bei einer
Dichloressigsäure-Konzentration von 3 % wieder ein. Die Stromausbeute für die Reduzierung
des Dichloressigsäure-Anteils auf 0,15 kg betrug 97,2 %.
1. Verfahren zur Enthalogenierung von Chlor- und von Brom-Essigsäuren durch Elektrolyse
wässriger Lösungen dieser Säuren unter Verwendung von Kohlenstoffkathoden und von
Anoden ebenfalls aus Kohlenstoff oder aus anderen üblichen Elektrodenmaterialien
in ungeteilten oder in geteilten (Elektrolyse-)Zellen,
dadurch gekennzeichnet, daß die wässrigen Elektrolyselösungen in den ungeteilten
Zellen sowie im Kathodenraum der geteilten Zellen noch ein oder mehrere Salze von
Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte
von 4000 A/m²) gelöst enthalten.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man als Salze von Metallen
mit einer Wasserstoffüberspannung von mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von
4000 A/m²) die löslichen Salze von Cu, Ag, Au, Zn, Cd, Hg, Sn, Pb, Ti, Zr, Bi, V,
Ta, Cr und/oder Ni, vorzugsweise nur die löslichen Cu- und Pb-Salze, verwendet.
3. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet,
daß die Konzentration der Salze von Metallen mit einer Wasserstoffüberspannung von
mindestens 0,4 V (bei einer Stromdichte von 4000 A/m²) in der Elektrolyselösung ca.
0,1 bis 5000 ppm, vorzugsweise ca. 10 bis 1000 ppm, beträgt.
4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet,
daß man als Chlor- und Brom-Essigsäuren Trichlor- und Dichloressigsäure sowie Tribrom-
und Dibromessigsäure, vorzugsweise Tri- und/oder Dichloressigsäure, verwendet,
und daß man die Elektrlyse nur bis zur Monohalogenstufe führt.
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,
daß man die Elektrolyse in geteilten Elektrolysezellen durchführt.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß man als Membranmaterial
in den geteilten Elektrolysezellen Kationenaustauschermembranen aus perfluorierten
Polymeren mit Carboxyl- und/oder Sulfonsäure-Gruppen verwendet.