(19)
(11) EP 0 241 749 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.10.1987  Patentblatt  1987/43

(21) Anmeldenummer: 87104060.6

(22) Anmeldetag:  19.03.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B08B 3/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR NL

(30) Priorität: 15.04.1986 DE 3612586

(71) Anmelder: MESSER GRIESHEIM GMBH
D-60314 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Schmidt, Jürgen
    D-6348 Herborn/Dillkreis (DE)
  • Volker, Wolfgang
    D-4154 Tönisvorst 1 (DE)
  • Schlömer, Franz Robert
    D-4047 Dormagen 11 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Entfernen von auf der Oberfläche von Werkstücken haftenden Materialresten


    (57) Auf der Oberfläche von Werkstücken haftende Material­reste, beispielsweise Klebstoffe, Lacke und Harze, können durch Verspröden bei kryogenen Temperaturren und anschließende mechanische Beaufschlagung beseitigt werden. Empfindliche Oberflächen werden hierdurch aber geschädigt. Von emfpindlichen Oberflächen lassen sich derartige Materialreste durch Eintauchen in chemisch wirksame Lösungsmittel und Beaufschlagung mit Ultra­schall entfernen.
    Um die Verwendung der aggressiven Lösungsmittel zu ver­meiden, werden die Werkstücke auf kryogene Temperaturen abgekühlt und anschließend durch Ultraschall in einem Reinigungsbad beaufschlagt, welches die Materialreste nicht löst, beispielsweise Wasser.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entfernen von auf der Oberfläche von Werkstücken haftenden Material­resten, wie beispielsweise Klebstoffe, Lacke und Harze. Derartige Materialreste können verhältnismäßig einfach und wirksam entfernt werden, wenn man sie durch ein tief­siedendes verflüssigtes Gas versprödet und anschließend mechanisch beaufschlagt. Die mechanische Beaufschlagung kann z. B. durch Bestrahlen mit einem Granulat erfolgen, vielfach genügt aber bereits die Anwendung eines Scha­bers oder ähnlichen Werkzeuges. Einen entsprechenden Stand der Technik zeigen die DE-OS 33 09 941 und die US-PS 1 978 204.

    [0002] Diese bekannte Verfahrensweise kann jedoch nicht durchge­führt werden, wenn es sich um empfindliche Oberflächen handelt. Diese wüurden durch die mechanische Beaufschla­gung beschädigt. So werden z.B. zu bearbeitende optische Linsen auf einen Linsenhalter aufgeklebt. Aus der DE-OS 20 34 496 ist es bekannt, die fertig bearbeiteten Linsen vom Linsenhalter abzusprengen, indem sie mit Hil­fe von flüssigem Stickstoff auf tiefe Temperaturen abge­kühlt werden. Als Kleber werden Schellacke, Harze, Kunststoffe und Gemische aus diesen Stoffen verwendet. Teile des Klebers verbinden sich mit der Oberfläche der Linse so stark, daß sie auch nach dem Absprengen der Linse vom Linsenhalter auf der Oberfläche haften bleiben. Jegliche mechanische Beaufschlagung zwecks Entfernung dieser Kleberreste würde die Linse schädigen. Man legt die Linsen daher in Reinigungsbäder aus einem aggressiven chemischen Lösungsmittel und setzt sie gleichzeitig einer Ultraschallbehandlung aus. Die Kleberreste lassen sich hierdurch zwar vollständig entfernen, jedoch ist eine lange Einwirkungsdauer des Ultraschalls erforderlich, nämlich etwa ein bis drei Stunden. Außerdem ist die Verwendung von chemisch aggressiven Lösungsmitteln ein grundsätzlicher Nachteil dieses Reinigungsprozesses. Die geschilderte Problematik findet sich bei allen Werk­stücken mit empfindlichen Oberflächen.

    [0003] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Ver­fahren zum Entfernen von auf der Oberfläche von Werk­stücken haftenden Materialresten durch Beaufschlagen mit Ultraschall in einem Reinigungsbad zu schaffen, bei dem nur eine kurze Einwirkungsdauer des Ultraschalls erfoder­lich ist und für das Reinigungsbad keine aggressiven Lösungsmttel nötig sind.

    [0004] Ausgehend von dem im Oberbegriff des Anspruches 1 be­rücksichtigten Stand der Technik ist diese Aufgabe er­findungsgemäß gelöst mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Merkmalen.

    [0005] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

    [0006] Die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens ist da­rauf zurückzuführen, daß sich in den Materialresten durch die Abkühlung auf tiefe Temperaturen Mikrorisse bilden, in welche die Flüssigkeit des Reinigungsbades eindringen kann. Diese Mikrorisse schließen sich nach dem Erwärmen in der Umgebung oder im Reinigungsbad optisch sofort wieder. Oberflächlich scheint daher das Material kaum mit Rissen überzogen zu sein. Die einmal gebildeten Mikrorisse bleiben jedoch erhalten, auch wenn sie äußerlich nicht erkennbar sind. Es ist keineswegs erforderlich, die auf tiefe Temperaturen abgekühlten Werkstücke sofort in das Reinigungsbad zu geben, obwohl dies den Vorteil hat, daß zusätzliche Spannungen entstehen. Die abgekühlten Werkstücke können vielmehr auch längere Zeit gelagert werden, so daß sie sich wieder auf Umgebungstemperatur anwärmen. Für die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Ver­fahrens ist dies ohne Bedeutung. Für die Praxis ist dies jedoch von erheblichen Vorteil, da die Verfahrensschritte "Abkühlen" und "Ultraschallbehandlung" zeitlich be­liebig voneinander getrennt werden können.

    [0007] Wenn die erfindungsgemäß abgekühlten und gegebenenfalls wieder erwärmten Werkstücke in das Reinigungsbad gelegt und mit Ultraschall beaufschlagt werden, dringt die Flüssigkeit des Reinigungsbades infolge des Ultraschalls sofort in die Mikrorisse ein. Dadurch kann die Kraft des Ultraschalls in die feinen Haarrisse eindringen und die Materialreste vom Werkstück lösen. Die Reinigungs­flüssigkeit muß lediglich die Eigenschaft haben, leicht in die Mikrorisse eindringen zu können, keineswegs muß sie jedoch als chemisches Lösungsmittel wirken. Eine gut geeignete Reinigungsflüssigkeit ist daher Wasser, dem zur Verringerung der Oberflächenspannung Tenside zugesetzt werden können. Andere geeignete Flüssigkeiten sind fluorierte Kohlenwasserstoffe und Alkohole, welche die Möglichkeit bieten, das erfindungsgemäße Verfahren auch bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes von Wasser durchführen zu können.

    [0008] Insgesamt bietet das erfindungsgemäße Verfahren den Vorteil, daß die zu reinigenden Werkstücke mit keinem aggressiven Lösungsmittel oder sonstigen Chemikalien in Berührung kommen. Das Verfahren ist sehr oberflächen­schonend, da keine mechanische Einwirkung, wie Kugel­strahlen oder Klopfen mit Beischlagmitteln oder Sandbe­strahlen erfolgt. Die abgetrennten Materialreste sind nicht mit Chemikalien oder Beischlag vermengt und können leicht von der Reinigungsflüssigkeit abgetrennt werden.

    [0009] Statt in einem Ultraschallbad können die Werkstücke auch in einem Stoßwellenbad bei sonst gleicher Verfahrens­führung behandelt werden.

    [0010] In der Regel wird man die Werkstücke mit Hilfe von flüs­sigem Stickstoff abkühlen. Die extremste Abkühlung er­reicht man hierbei durch Eintauchen der Werkstücke in flüssigen Stickstoff, wobei die Werkstücke eine End­temperatur von ca. -196°C annehmen. Die Abkühlung kann aber auch in der Gasphase mit flüssigem Stickstoff er­folgen, wobei Endtemperaturen von ca. -180°C erreicht werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Tauchkühlung in einem Wärmeträger, welcher mit flüssigem Stickstoff abgekühlt wird. Hierbei lassen sich Endtemperaturen von ca. -150°C erreichen. Welches dieser Abkühlverfahren für das betreffende Werkstück optimal ist, muß von Fall zu Fall festgelegt werden und empirisch ermittelt wer­den. Die Materialkombinationen verhalten sich nämlich bei jedem Abkühlverfahren unterschiedlich. Eine be­friedigende Erklärung für dieses unterschiedliche Ver­halten gibt es z.Zt. nicht. In manchen Fällen ist auch eine Abkühlung auf höhere Temperaturen ausreichend, beispielsweise auf Temperaturen um -70°C. In solchen Fällen kann die Abkühlung auch mit sublimierendem Kohlen­dioxid erfolgen.

    [0011] Das nachfolgend beschriebene Ausführungsbeispiel zeigt die Wirksamkeit des erfindungsgemäßen Verfahrens.

    [0012] Bei der Bearbeitung von optischen Linsen geht man der­zeit so vor, daß man die Linsen mit Hilfe eines Klebers auf einem Stahlträger aufbringt und nach dem Aushärten des Klebers die Linse mechanisch bearbeitet. Anschließend wird die Linse mit dem Stahlträger für 12 Stunden in eine Kühlkammer gelegt und auf Temperaturen zwischen -20°C und -30°C abgekühlt. Durch die verschiedenen Schrumpf­faktoren von Kleber, Träger und Linse entstehen Spannungs­risse, die zum Lösen der Linse führen. Teile des Klebers bleiben jedoch mit der Oberfläche der Linse festverbunden. Diese Reste müssen mit einem Lösungsmittel entfernt wer­den, beispielsweise mit Trichloräthylen. Die Auflösungs­zeit des Klebers in dem Bad aus Trichloräthylen beträgt zwischen 12 und 24 Stunden. Um diese lange Auflösungszeit zu verkürzen, setzt man die Linsen im Trichloräthylenbad Ultraschall aus. Dennoch ist im Trichloräthylenbad unter Ultraschall noch immer eine Bearbeitungszeit von 1 bis 3 Stunden erfoderlich. Nach dem Reinigen mit Trichloräthylen werden die Linsen mit Seifenlauge neutra­ lisiert und anschließend in verschiedenen Reinigungsver­fahren unter Ultraschall klargespült.

    [0013] Werden die auf den Strahlträger geklebten Linsen dagegen in einer Tiefkühlkammer mit tiefkaltem gasförmigen Stickstoff in 5 min. auf -100°C abgekühlt, so zeigt sich, daß die Ultraschallbearbeitung im Trichloräthylenbad nicht mehr erforderlich ist. Zwar befinden sich immer noch Kleberreste auf der Oberfläche der Linse, diese können jedoch innerhalb von 5 bis 8 min. in einem Reinigungsbad aus Seifenlauge unter Anwendung von Ultra­schall vollständig entfernt werden. Das erfindungsge­mäße Verfahren benötigt daher kein aggressives chemisches Lösungsmittel, reduziert die Arbeitszeit erheblich und gestattet eine problemlose Trennung des abgesprengten Klebermaterials von der Reinigungsflüssigkeit.

    [0014] Selbstverständlich ist das erfindungsgemäße Verfahren nicht auf die Reinigung von optischen Linsen beschränkt, sondern kann überall dort mit Erfolg eingesetzt werden, wo kälteversprödbare Beschichtungen oder Verunreinigungen von Werkstücken entfernt werden sollen, deren Oberflächen empfindlich sind und daher keiner starken mechanischen Beanspruchung ausgesetzt werden dürfen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Entfernen von auf der Oberfläche von Werkstücken haftenden Materialresten, wie Klebstoffe, Lacke und Harze, durch Beaufschlagen mit Ultraschall in einem Reinigungsbad,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Werkstücke vor dem Eintauchen in das Reini­gungsbad mit Hilfe kryogener Medien auf tiefe Tempe­raturen abgekühlt werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Werkstücke unmittelbar nach dem Abkühlen in das Reinigungsbad eingetaucht werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Werkstücke durch flüssigen Stickstoff abge­kühlt werden.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Reinigungsbad Wasser mit einem Zusatz von Tensiden verwendet wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß als Reinigungsbad Alkohole verwendet werden.
     





    Recherchenbericht