(19)
(11) EP 0 242 517 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.10.1987  Patentblatt  1987/44

(21) Anmeldenummer: 87101745.5

(22) Anmeldetag:  09.02.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C08F 6/22, C08C 1/15
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE ES FR GB IT NL

(30) Priorität: 22.02.1986 DE 3605798

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Lindner, Christian, Dr.
    D-5000 Köln 60 (DE)
  • Wulff, Claus, Dr.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Ott, Karl-Heinz, Dr.
    D-5090 Leverkusen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Gewinnung von Polymerisaten aus ihren Dispersionen


    (57) Verfahren zur Gewinnung von thermoplastischen Poly­merisaten aus ihren Dispersionen, indem man die Poly­merisat-Dispersion in Anwesenheit wenigstens einer Tri­carbonsäure der Formel I

    worin
    X eine Einfachbindung, -CH₂- oder -C₂H₄- und

    koaguliert.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von Polymerisaten aus ihren Dispersionen durch Fällung (Koagu­lation) der Dispersion und Waschen des Koagulats in Anwe­senheit spezieller Tricarbonsäuren.

    [0002] Thermoplastische Polymerisate z.B. verschiedene Acryl­nitril-Butadien-Styrol-Co- und -Pfropfcopolymerisate (ABS), Styrol/Acrylnitril-Copolymerisate (SAN), Vinyl­chloridpolymerisate (PVC), Methylmethacrylat-Butadien-­Styrol-Co- und -Pfropfcopolymerisate (MBS) und anderer Pfropfpolymerisate von Monomeren auf verschiedenste Kautschuke, (die z.B. als Schlagzähigkeitsmodifikatoren Verwendung finden), werden häufig durch Dispersionspoly­merisation erzeugt. Sie fallen somit nach der Polymerisa­tion in Form einer Dispersion an, aus denen die Polymeri­sate üblicherweise nach Koagulation mit Elektrolyten isoliert werden. Anschließend müssen die Polymerisate gereinigt werden, meistens durch Waschen mit wäßrigen Flüssigkeiten. Dispersion schließt hier und im Folgenden auch Emulsion ein, Dispersionspolymerisaten umfaßt auch Emulsionsprolymerisation. Es ist bisher nicht gelungen ein Aufarbeitungsverfahren zu finden, das wirksam genug ist und ein Material mit guten Eigenschaften z.B. Filtrations- und Trocknungseigenschaften liefert ohne größeren tech­nischen Aufwand.

    [0003] Die Aufarbeitung, insbesondere das Fällmittel, sowie die nach der Wäsche im Polymerisat verbleibenden Verunreini­gungen (insbesondere die Reste des Fällmittels), bestimmen wesentlich die Gebrauchseigenschaften des isolierten ther­moplastischen Polymeristats.

    [0004] Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Gewinnung von thermoplastischen Polymerisaten aus ihren Dispersio­nen, insbesondere in wäßrigen Medien, das dadurch gekenn­zeichnet ist, daß man die Polymerisat-Dispersion in An­wesenheit wenigstens einer Tricarbonsäure der Formel (I)

    mit X = Einfachbindung, -CH₂-, -C₂H₄-

    koaguliert, wobei gegebenenfalls übliche Fällmittel zu­sätzlich anwesend sind, und/oder daß man das koagulierte Polymerisat mit wäßrigen Lösungen wenigstens einer Tri­carbonsäure der Formel (I) wäscht.

    [0005] Bevorzugte Säuren der Formel (I) sind Propantricarbon­säuren und Butantricarbonsäuren, besonders bevorzugt sind Zitronensäure und 2-Phosphonobutan-1,2,4-tricarbonsäure.

    [0006] Thermoplastische Polymerisate im Sinne der Erfindung sind bevorzugt solche, die durch radikalische Polymerisation in Anwesenheit von oberflächenaktiven Stoffen (Emulgato­ren) insbesondere der anionischen Art, in Dispersion erzeugt worden sind.

    [0007] Beispiele sind: Homopolymerisate, Interpolymerisate sowie Pfropfcopolymerisate mit thermoplastischen Eigenschaften aus olefinisch ungesättigten Monomeren wie Styrol (und Derivate), Acrylnitril (und Derivate), Alkyl Methacrylate, Alkyl Acrylate, Vinylchlorid, Vinylidenchlorid, Vinyliden­fluorid, Ethylen, Vinylacetat, Butadien, Isopren; bevor­zugt sind harzartige Polymerisate von Vinylchlorid, Styrol, α-Methylstyrol, Acrylnitril, Methacrylsäure-C1-6-­alkylester sowie Pfropfpolymerisate dieser Monomeren auf Kautschuke mit Glasübergangstemperaturen kleiner 0°C, insbesondere wenigstens teilvernetzte Kautschuke wie Dienkautschuke, Diencopolymerkautschuke, Acrylkautschuke, EPDM-Kautschuke und Ethylencopolymerkautschuke. Diese Polymerisate sind bekannt.

    [0008] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung sind thermoplasti­sche Formmassen, die erfindungsgemäß gewonnene Polymeri­sate enthalten. Bevorzugte Thermoplaste, die die Poly­merisate als Komponenten enthalten können sind PVC, SAN, Polymethylmethacrylat, Polystyrol, α-Methylstyrolcopoly­mere mit Acrylnitril und/oder Methylmethacrylat, ABS, MBS, HIPS und Polyamide.

    [0009] Das erfindungsgemäße Aufarbeitungsverfahren kann wie folgt ausgeführt werden:

    [0010] Die Dispersionen der Polymerisate, bevorzugt in Wasser, können in einer ersten Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens durch bekannte Maßnahmen koaguliert werden, z.B. durch die Zugabe von Säuren wie Essigsäure, Ameisen­säure, Schwefelsäure, Salzsäure und/oder Salzen wie z.B. NaCl, CaCl₂, MgSO₄, Alaun, KCl, durch Temperaturänderung oder mechanische Kräfte. Das erhaltene Koagulat kann dann, gegebenenfalls nach Filtration, mit wäßrigen Lösungen von Tricarbonsäuren der Formel (I) gewaschen werden, insbeson­dere mit 0,5-1,5 Gew.-%igen wäßrigen Lösungen dieser Säu­ren. Nach Filtration und Entwässerung über z.B. Nutschen, Schleudern, Druckbandfilter kann das so gewonnene noch feuchtes Polymerisat getrocknet werden. Dieses Verfahren kann diskontinuierlich, kontinuierlich oder halbkontinu­ierlich durchgeführt werden; die gesamte Aufarbeitung kann auch in hintereinander geschalteten Aufarbeitungsstufen (Fällstufen) durchgeführt werden.

    [0011] Die gesamte Aufarbeitung wird vorzugsweise bei Tempera­turen (bis zur Trocknungsstufe) von 20°C bis 100°C durch­ geführt. Vorzugweise arbeitet man in der Koagulations­stufe bei Temperaturen von 70°C bis und im Wasch­vorgang bei Temperaturen von 20°C bis 70°C.

    [0012] Eine andere Variante des Verfahrens kann wie folgt durch­geführt werden: Die Dispersionen werden direkt in Anwesen­heit einer Tricarbonsäure der Formel (I) koaguliert; d.h. als Koaguliermittel werden wäßrige Lösungen wenigstens einer Tricarbonsäure der Formel (I), gegebenenfalls zusammen mit üblichen Koaguliermitteln wie Essigsäure, Ameisensäure, Schwefelsäure und gegebenenfalls in Kombi­nation mit Salzen wie MgSO₄, NaCl, CaCl, Na₂SO₄ einge­setzt. Die Konzentration an Säuren der Formel (I) in diesen Lösung ist bevorzugt 0,5-15 Gew.-%. Die Koagula­tion selbst kann bei 20-100°C, bevorzugt 70-100°C, durch­geführt werden. Anschließend, gegebenenfalls nach interme­diärer Filtration, wird das Koagulat zur Reinigung mit Wasser oder wäßrige Lösungen der Säuren der Formel (I) wie in der ersten Variante des Verfahrens gewaschen.

    [0013] Die erfindungsgemäß erhaltenen Polymerisate zeichnen sich durch einen verbesserten Rohton und größere Thermostabili­tät aus (sehr geringe Verfärbungsneigung bei Temperaturbe­lastung). Sie sind auch erheblich reiner (ihr Gehalt an Verunreinigungen z.B. an Resten der Polymerisationshilfs­stoffe, Koaguliermittel insbesondere an Metallionen, speziell Alkali- oder Erdalkalimetallionen ist besonders niedrig).

    [0014] Die erfindungsgemäß erhaltenen Polymerisate eignen sich deshalb besonders zur Herstellung von Formkörpern, bei denen es auf Reinheit, Rohton und Temperaturbelastbarkeit besonders ankommt.

    [0015] Stellt man hieran nur normale Anforderungen, dann können die Produkte bei höheren Temperaturen und Drucken, d.h. schneller verarbeitet werden. Auch ihre "Verarbeitungs­breite", d.h. ihre Toleranz gegenüber Schwankungen der Verarbeitungsbeingungen z.B. Temperatur und Verweilzeit im Schmelzzustand, wird erheblich verbessert.

    Beispiele


    I: Eingesetzte Polymerisatemulsionen



    [0016] 

    1) Latex eines Pfropfcopolymerisates aus 80 Gew.-% Polybutadienkautschuk mit einem mittleren Teilchen­durchmesser (d₅₀) = 0,4 µ und 20 Gew.-% Copolymer aus 10 Gew.-% n-Butylacrylat und 90 Gew.-% Methylmeth­acrylat. Polymerfeststoffgehalt der Emulsion: 33 Gew.-%.

    2) Latex eines Pfropfcopolymerisates aus 75 Gew.-% Polybutadienkautschuk mit einem mittleren Teilchen­durchmesser (d₅₀) = 0,4 µ und 25 Gew.-% Copolymer aus 26 Gew.-% Acrylnitril und 74 Gew.-% Styrol. Poly­merfeststoffgehalt der Emulsion: 35 Gew.-%.

    3) Latex eines Copolymerisates aus 10 Gew.-% Acryl­nitril, 55,5 Gew.-% Methylmethacrylat und 34,5 Gew.-% α-Methylstyrol; Staudinger Index [η] = 0,42

    , gemessen in DMF bei 25°C. Polymerfeststoffgehalt der Emulsion: 36 Gew.-%.



    [0017] Alle Latices enthalten 2,5 Gew.-% phenolischer Antioxi­dantien, bezogen auf den Feststoff.

    II. Aufarbeitung der Emulsionen



    [0018] 

    A) Eine Mischung aus 7500 Gew.-Tl. Wasser, 150 Gew.-Tl. MgSO₄ . H₂O (Bittersalz) und 150 Gew.-Tl. einer Säure X werden unter Rühren auf 75° C erhitzt. Bei dieser Temperatur werden Y Gew.-Tl. Latex (mit einem Gesamt­feststoffgehalt von 1500 Gew.-Tl.) gleichmäßig unter Rühen zudosiert. Anschließend wird 15 min. bei 97° C nachgeheizt. Nach Abkühlung wird in einer Labor­schleuder mit kontinuierlicher Waschvorrichtung (Durchmesser der Schleuderkammer 30 cm, 1400 min⁻¹) unter konstanten Bedingungen gewaschen (20 min. lang). Danach wird 5 min. trockengeschleudert und das resultierende Polymerisat bei 60° C innerhalb 48 h in einem Umlufttrockenschrank getrocknet.

    B) Eine Mischung aus 7500 Gew.-Tl. Wasser, 150 Gew.-Tl. MgSO₄ . H₂O (Bittersalz) und 150 Gew.-Tl. Essigsäure werden unter Rühren auf 75° C erhitzt. Bei dieser Temperatur werden 4545 Gew.-Tl. Latex I.l gleichmäßig unter Rühren eindosiert. Anschließend wird 15 min. bei 95-97° C nachgeheizt. Nach Abkühlung wird in einer Laborschleuder des Typs wie in II.A beschrie­ben gewaschen (15 min. lang). Danach wird mit einer 1 Gew.-% wäßrigen Lösung einer Säure X nachgewaschen (30 min. lang). Danach wird 5 min. trockengeschleu­dert und wie in II.A beschrieben aufgearbeitet.




    III: Eigenschaften der isolierten Polymerisate



    [0019] Als Maß für den Reinheitsgrad der isolierten Polymerisate werden die Metallgehalte (ermittelt über Atomabsorptions­spektroskopie, angegeben in ppm) ermittelt. Die Daten sind in Tabelle 1 und Tabelle 2 wiedergegeben.

    [0020] Die erfindungsgemäß aufgearbeiteten Polymerisate (Beispiele 2, 3, 5, 6, 8, 9, 11, 12) weisen wesentlich niedrigere Metallkationengehalte auf.

    [0021] Die Polymerisate aus den Beispielen 7, 8 und 9 (siehe Tabell 1) (je 50 Gew.-Tl.) werden mit je 50 Gew.-Tl. PVC-­Masse-Polymerisat (K-Wert des PVC: 68), 0,2 Gew.-Tl. ®LOXIOL und 1,5 Gew.-Tl. ®IRGASTAB 17M auf einer Walze innerhalb von 10 min. bei 185° C compoundiert. Aus dem Compound werden danach Platten einer Dicke von 4 mm durch Pressen bei 190° C in 10 min. hergestellt.

    [0022] Der Rohton der resultierenden Platten wurde danach visuell beurteilt.

    Tabelle 3


    Platte aus Compound mit



    [0023] 

    II. 7. Verfärbung (-) (deutliche Verfärbung)

    II. 8. Verfärbung (+) (fast keine Verfärbung)

    II. 9. Verfärbung (++) (keine Verfärbung)




    Ansprüche

    1. Verfahren zur Gewinnung von thermoplastischen Polymerisaten aus ihren Dispersionen, dadurch gekennzeichnet, daß man die Polymerisat-Dispersion in Anwesenheit wenigstens einer Tricarbonsäure der Formel I

    worin
    X eine Einfachbindung, -CH₂- oder -C₂H₄- und

    koaguliert, wobei gegebenenfalls übliche Fällmittel zusätzlich anwesend sind, und/oder daß man das koagulierte Polymerisat mit wäßrigen Lösungen wenigstens einer Tricarbonsäure der Formel (I) wäscht.
     
    2. Verfahren gemäß Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die thermoplastischen Polymerisate Homo- oder Copolymerisate olefinisch ungesättigter Monomerer und/oder Pfropfcopolymerisate olefinisch ungesättig­ter Monomerer auf Kautschuke mit Glasübergangstemp­raturen kleiner 0° C sind.
     
    3. Nach Ansprüchen 1 und 2 erhaltene thermoplastische Polymerisate enthaltende thermoplastische Form­massen.