(19)
(11) EP 0 243 663 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.11.1987  Patentblatt  1987/45

(21) Anmeldenummer: 87104162.0

(22) Anmeldetag:  20.03.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B21D 51/24, C25F 3/24
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH FR GB LI NL

(30) Priorität: 26.04.1986 DE 3614290

(71) Anmelder: MESSER GRIESHEIM GMBH
D-60314 Frankfurt (DE)

(72) Erfinder:
  • Kesten, Martin, Dr.
    D-5064 Rösrath 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Druckgasbehälter aus einer austenitischen Stahllegierung


    (57) Die Oberflächen von Behältern, in denen ultrareine Gase gespeichert werden sollen, müssen im Hinblick auf Reinheit und Passivität gegenüber dem Medium extreme Anforderungen erfüllen. Dies erfordert den Einsatz von CrNi-Stählen als Behälterwerkstoff. Da diese Materialien nur eine geringe Festigkeit besitzen, sind alle auf herkömmliche Weise hergestellten Druckgasbehälter aus CrNi-Stählen wegen des großen Materialaufwandes sehr teuer und so schwer, daß sich ihr Einsatz als Transportbehälter in den meisten Fällen verbietet.
    Um leichte, zur Speicherung ultrareiner Gase geeignete Behälter herstellen zu können, wird als Behälterwerkstoff metastabiler CrNi-Stahl verwendet mit definierten Gehalten an Titan, Niob, Nickel und Kohlenstoff. Die gegebenenfalls elektrolytisch polierten Rohbehälter werden durch Aufbringen von Innendruck bei Temperaturen unterhalb der Martensitumwandlungstemperatur in an sich bekannter Weise plastisch verformt und dadurch verfestigt.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft einen Druckgasbehälter aus einer austenitischen Stahllegierung nach dem Oberbegriff des Anspruches.1, der insbesondere für die Speicherung ultrareiner Gase vorgesehen. ist. Die zur Speicherung und Verteilung von ultrareinen Gasen, die in zunehmendem Maße z.B. in der Halbleiterindustrie verwendet werden, eingesetzten Einrichtungen und Geräte müssen ganz besondere Anforderungen erfüllen. So dürfen nur Materialien verwendet werden, deren Oberflächen so vorbehandelt werden können, daß sich die Zusammensetzung der mit. ihnen in Berührung kommenden Gase nicht verändert. Insbesondere dürfen keine Oberflächenpartikel abgegeben werden, welche die Gase in unzulässiger Weise verunreinigen würden.

    [0002] Diese Voraussetzungen sind mit den herkömmlichen ferritischen Werkstoffen nicht mehr erfüllbar. Alle Speicher-und Verteilungskomponenten für ultrareine Gase werden daher aus austenitischen CrNi-Stählen hergestellt und ihre gasseitige Oberfläche wird elektrolytisah poliert. Durch das elektrolytische Polieren wird die durch die Herstellung und Verarbeitung besonders verunreinigte und gestörte Oberflächenschicht abgetragen. Außerdem werden Oberflächenrauhigkeiten eingeebnet und somit die effektive mediumberührte Oberfläche verringert.

    [0003] Während diese Technik bei Transport- und Speicherbehältern für tiefkalte verflüssigte Gase bereits weitgehend eingeführt ist, bestehen große, bisher nicht gelöste Schwierigkeiten bei der Übertragung dieser Maßnahmen auf Druckgasbehälter für komprimierte ultrareine Gase.

    [0004] Das Hauptproblem stellt die außerordentlich geringe mechanische Festigkeit der austenitischen CrNi-Stähle dar. Im Vergleich zu den üblichen ferritischen Druckbehälterwerkstoffen haben austenitische CrNi-Stähle, wenn sie in der gängigen Weise eingesetzt werden,-Festigkeitskenn- werte, die um den Faktor 3 bis 4 geringer sind. Für Behälter mit gleicher Kapazität bedeutet dies einen entsprechend größeren Materialaufwand und ein entsprechend höheres Gewicht. Dadurch wird die gewichtsbezogene Speicherkapazität herkömmlicher austenitischer Druckgasbehälter verschwindend klein. Ihre Verwendung für den Gastransport, z.B. als Druckgasflasche, ist deshalb nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich vertretbar.

    [0005] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde,einen Druckgasbehälter - - für die Speicherung ultrareiner Gase zu schaffen, welcher es einerseits ermöglicht, die aus Gründen der Gasreinheit erforderlichen CrNi-Stähle als Behältermaterial zu verwenden, andererseits die gewichtsbezogene Speicherkapazität der Behälter so groß macht, daß sie annähernd der von Druckbehältern aus üblichen ferritischen Werkstoffen entspricht.

    [0006] Ausgehend von dem im Oberbegriff des Anspruches 1 berücksichtigten Stand der Technik ist diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst mit den im kennzeichnenden Teil des Anspruches 1 angegebenen Merkmalen.

    [0007] Eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung ist im Unteranspruch angegeben.

    [0008] Die Kryoverformung austenitischer Werkstoffe, auch zur Herstellung von Druckbehältern, ist bekannt, beispielsweise aus der DE-OS 14.52 533 und der DE-PS 26 54 702. Für die Erfindung geeigneteBehälterwerkstoffe sind beispielsweise die metastabilen Stahlgualitäten 1.4301, 1.4306 und 1.4404 nach DIN 17 440, jedoch mit von der Norm abweichenden Analysentoleranzen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Durchführung des Verfestigungsprozesses bei gleichzeitiger Erfüllung der Reinheitsanforderungen und der damit zusammenhängenden Oberflächenbehandlung ist nämlich, daß die verwendeten Werkstoffe kein Titan und Niob enthalten (Ti + Nb unter 0,02 Gew.%). Außerdem muß der Kohlenstoff- und Nickelgehalt in der angegebenen Weise zusätzlich eingeschränkt werden.

    [0009] Um die Druckgasbehälter auf die gewünschte hohe Festigkeit zu bringen, werden die vorgefertigten Behälter durch Aufbringen von Innendruck um einen bestimmten Betrag bei tiefen Temperaturen verformt. Die Temperatur muß unterhalb der. Martensitbildungstemperatur Md liegen. Dies ist die Temperatur, oberhalb der unabhängig von der Größe der mechanischen Verformung keine martensitische Umwandlung stattfindet. Unter diesen Bedingungen verfestigt sich das Material stärker, als dies bei normaler Kaltverformung der Fall ist, weil sich das Gefüge zu einem Teil in Martensit umwandelt. Der Grad der Verfestigung entspricht dabei der Menge des umgewandelten Gefüges.

    [0010] Da der in Martensit umgewandelte Gefügeanteil mit sinkender Verformungstemperatur und steigendem Verformungsgrad zunimmt, erreicht man die günstigsten Verfestigungsbedingungen für die Behälter, wenn der Verformungsprozeß bei einer Temperatur durchgeführt wird, die deutlich unter Md liegt- Am xweckmäBigsten ist es, wenn die Verformmg unterhalb der Ms-Temperatur stattfindet. Dies ist die Temperatur, bei der die Martensitumwandlung des Gefüges auch ohne gleichzeitige Verformung einsetzt. Es ist dann nur eine relativ geringe Verformung, beispielsweise ein Verformungsgrad unter 12%, erforderlich, um einen ausreichend großen Anteil des Gefüges umzuwandeln und die gewünschtehohe Festigkeit zu erreichen.

    [0011] Die Ms-Temperaturen der geeigneten metastabilen CrNi-Stähle mit den erfindungsgemäßen Gehalten an Kohlenstoff und Nickel lassen sich durch die bekannten Formeln von Eichelmann und Hull berechnen und liegen in der Nähe der Temperatur des flüssigen Stickstoffs. Daher erfolgt die Verformung der vorgefertigten Behälter am zweckmäßigsten, sie durch Befüllen oder Eintauchen in flüssigen Stickstoff abgekühlt worden sind. Als Medium zur Erzeugung des für die Verformmg erforderlichen Innendrucks kamm emtweder flüssiger Stickstoff selbst oder ein bei dieser Temperatur micht kondensierendes Gas, z.B. Helium, verwendet werdem. Die Höhe des anzuwendenden Druckes richtet sich mach der Behältergeonetrie und der angestrebten Materialfestigkeit.

    [0012] Eine Einrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist in der Zeichnung dargestellt.

    [0013] Der vorgefertigte Behälter 1 befindet sich in einen isolierten Kryobehälter 2, welcher mit flüssigem Stickstoff 3 gefüllt ist. Aus einem Vorratsbehälter 4 wird gasförmiges Helium abgezogen, mittels des Kompressors 5 auf den gewünschten Verformungsdruck gebracht und durch die Leitung 6 in das Innere des vorgefertigten Behälters eingeführt. Der Verformungsdruck wird mit dem Manometer 7 kontrolliert.

    [0014] Bei zylindrischen Behältern mit halbkugelförmigen Böden unter innerem Überdruck tritt die höchste, für die Dimensionierung des Behälters maßgebende Spannung im zylindrischen Umfang auf.

    Dm: mittlerer zylindrischer Durchmesser(mm)

    p: Innendruck .(bar)

    s: zylindrische Wanddicke (mm)



    [0015] Die sich nach dieser Formel beim Kryoverformen einstellende Spannung entsprich der erzielten Materialfestigkeit Rp (Kryo) (Streckgrenze bei der Verformungstemperatur) . Wie Versuche mit entsprechend hergestellten Behältern ergeben haben, ist diese wiederum mit der Zerreißfestigkeit des Material bei Umgebungstempeatur Rm (RT) gleichzusetzen, da sich herausgestellt hat, daß der Berstdruck der durch Kryoverformung hergestellten Behälter in guter Übereinstimmung mit dem bei der Kryoverfestigung angewendeten Druck steht. Bei Kenntnis dieser Zusammenhänge ist es möglich, die herzustellendem Behälter ihren betrieblichen Erfordernissen entsprechend auszulegen und in der beschriebenen Weise zu verfestigen.

    [0016] Die folgende Tabelle enthält als Beispiel die Kenndaten von erfindungsgemäß aus einem zylindrischen Rohr und zwei angeschweißten Halbkugelböden aus modifiziertem Werkstoff 1.4301 hergestellten Versuchsbehältern und im Vergleich dazu die entsprechenden Werte eines nach herkömmlichen Verfahren gefertigten Behälters.



    [0017] Wie eingangs dargestellt, ist es unbedingt erforderlich, die Innenoberflächen der Druckgasbehälter elektrolytisch zu polieren. Dieser Prozeß kann sowohl vor als auch nach der Kryoverformung durchgeführt werden.

    [0018] Um ein optimales Polierergebnis zu erzielen, findet dieser Prozeß jedoch zweckmäßigerweise mit dem noch nicht kryoverformten Rohbehälter statt. In diesem Zustand besitzt der Behälterwerkstoff noch ein homogenes, austenitisches Gefüge, dessen Polierbarkeit durch das gleichzeitige Vorliegen austenitischer und martensitischer Gefügebestandteile nicht beeinträchtigt ist.

    [0019] Dieser Oberflächenzustand bleibt auch bei dem anschließenden Verfestigungsprozeß im wesentlichen erhalten, weil die Verformung des Rohbehälters, wie beschrieben, bei tiefer Temperatur erfolgt, so daß trotz hoher Festigkeitssteigerung die Gesamtverformung des Behälterwerkstoffes und damit auch die der elektrolytisch polierten Oberfläche gering bleibt.


    Ansprüche

    1. Druckgasbehälter, der aus einer austenitischen Stahllegierung als Rohbehälter hergestellt und anschließend durch Kryoverformung verfestigt ist,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die austenitische Stahllegierung ein metastabiler CrNi-Stahl ist, der einen Titan- und Niobgehalt von zusammen gleich oder kleiner 0,02 Gew.% und einen Kohlenstoffgehalt von gleich oder kleiner 0,045 Gew.% besitzt, wobei bei Nickelgehalten bis 9,5 Gew% der Kohlenstoffgehalt zwischen 0,03 und 0,045 Gew.% liegt und bei Nickelgehalten zwischen.9,5 und 10,0 Gew.% der Kohlenstoffgehalt unter 0,03 Gew.% liegt.
     
    2. Druckgasbehälter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Rohbehälter vor der Kryoverformung elektrolytisch poliert wird.
     




    Zeichnung