(19)
(11) EP 0 247 021 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.11.1987  Patentblatt  1987/48

(21) Anmeldenummer: 87890068.7

(22) Anmeldetag:  08.04.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21D 9/04, C21D 1/667
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 22.05.1986 AT 1371/86

(71) Anmelder: VOEST-ALPINE Eisenbahnsysteme Gesellschaft m.b.H.
A-1040 Wien (AT)

(72) Erfinder:
  • Blumauer, Johannes, Dipl.-Ing.
    A-8740 Zeltweg (AT)

(74) Vertreter: Haffner, Thomas M., Dr. et al
Patentanwalt Schottengasse 3a
1014 Wien
1014 Wien (AT)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Einrichtung zur gesteuerten Wärmebehandlung von Weichenteilen


    (57) Für die Wärmebehandlung von Weichenteilen werden diese über ihren gesamten Profilquerschnitt austenitisiert und in der Folge auf Umwandlungstemperatur rasch abgekühlt. Die Ab­kühlung und das Halten auf Umwandlungstemperatur erfolgt unter Verwendung von in Düsenstöcken (1) aufgenommenen Düsen (4), welche orientierbar sind, um die Abkühlgeschwindigkeit und die Temperatur über den gesamten Querschnitt möglichst konstant zu halten. Darüberhinaus kann die Steuerung der Zufuhr des Kühlmediums zu den Düsen so erfolgen, daß die Härte des Bauteiles zu den Anschweißenden abnimmt. (Fig.1).




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Einrichtung zur ge­steuerten Wärmebehandlung von Weichenteilen aus Stahl mit welcher nach einer Erwärmung auf Austenitisierungstemperatur, insbesondere 840-860°C, eine beschleunigte Abkühlung auf eine Umwandlungstemperatur zwischen 450°C und 650°C unter Anwen­dung eines gasförmigen und/oder flüssigen Kühlmittels vorge­nommen wird.

    [0002] Aus der AT-PS 323 224 ist es bereits bekannt, gewalzte Schienen einer Wäremebehandlung zu unterziehen, um die Festig­keitseigenschaften zu verbessern. Im Zusammenhang mit der Wärmebehandlung von Weichenteilen ist es bisher, beispiels­weise aus der DE-OS 25 41 978, bereits bekannt geworden, lediglich die Lauffläche der Weichenteile einer entspre­chenden Behandlung zu unterziehen, wobei in dieser DE-OS vorgeschlagen wird, Stähle mit einer Analyse, die den natur­harten Schienenstählen entspricht, im Durchlauf einer Wärme­behandlung zu unterziehen, wobei die Lauffläche in hin­reichender Tiefe auf Austenitisierungstemperatur erhitzt wird und anschließend die austenitisierte Lauffläche durch Auf­blasen von Preßluft abgeschreckt wird. Es soll hiebei in einer ersten Stufe durch starkes Aufblasen, ausgehend von der Austenitisierungstemperatur, bis in den Bereich der Perlit­umwandlung, d.h. in einen Bereich zwischen etwa 450°C und 650°C, abgeschreckt werden, um auf diese Weise die Ausbildung eines feinperlitischen Gefüges sicherzustellen, wobei nach­folgend in üblicher Weise ein Halten des eingestellten Temperaturbereiches durchgedrosseltes Aufblasen erzielt werden soll, um möglichst rasch eine vollständige Perlit­umwandlung zu erzielen. Der Preßluft kann hiebei Wasser, Wasserdampf od.dgl. zugesetzt werden.

    [0003] Nachteilig bei dieser bekannten Ausführungsform ist, daß wiederum nur die Lauffläche und damit der obenliegende Ober­ flächenbereich der Weichenteile einer Wärmebehandlung unter­zogen wird. Mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Profil­formen derartiger Weichenteile erscheint eine Wärme­behandlung, welche den gesamten Querschnitt der Weichenteile gleichmäßig erfaßt, nicht ohne weiteres möglich.

    [0004] Aus der EO-A2-0 161 236 ist eine Einrichtung zum Abkühlen von Schienenstählen bekanntgeworden, bei welcher eine Mehrzahl von Düsen über den Umfang des Schienenquerschnittes verteilt angeordnet sind. Die Anordnung ist hiebei an eine bestimmte Schienenprofilform angepaßt. Mehrere Sprühdüsen für feinver­teiltes Wasser sind auch in der DE-OS 32 09 918 bereits vorgeschlagen worden, um eine entsprechende Abkühlung des Schienenprofiles zu erzielen. Kompliziertere Bauteile, wie beispielsweise Herzstücke, wurden, wie aus der DE-PS 249 086 bekannt ist, durch entsprechend speziell geformte Düsenstöcke mit Kühlmittel beaufschlagt.

    [0005] Die Erfindung zielt nun darauf ab, eine Einrichtung der eingangs genannten Art zu schaffen, mit welcher die Wärmebe­handlung nicht nur in oberflächennahen Bereichen, sondern über das gesamte Profil vollständig durchgeführt werden kann, wobei unterschiedlichen Profilen Rechnung getragen werden kann, um auf diese Weise eine erhöhte Sicherheit gegenüber Sprödbrüchen und günstigere mechanische Eigenschaften, insbesondere eine bessere Kerbschlagzähigkeit über den gesamten Bauteilquerschnitt zu erzielen. Zur Lösung dieser Aufgabe ist die erfindungsgemäße Einrichtung der eingangs genannten Art im wesentlichen dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens zwei Düsenstöcke mit einer Mehrzahl von in ihrer Strahlrichtung verstellbaren Düsen vorgesehen sind. Durch die Anordnung von wenigstens zwei Düsenstöcken lassen sich eine Mehrzahl von Düsen über einen größeren Bereich der Oberfläche des Bauteiles, insbesondere zu verschiedenen Seiten des Bauteiles gegen den zuvor beispielsweise in einem Ofen zur Gänze auf Austenitisierungstemperatur gebrachten Bauteil richten, wobei dadurch, daß die Düsen der Düsenstöcke in ihrer Strahlrichtung verstellbar sind, dem jeweiligen Profil angepaßte Strahlrichtungen gewählt werden können, welche ein beschleunigtes Abkühlen über den gesamten Querschnitt auf die Umwandlungstemperatur und ein Halten auf der Umwandlungs­temperatur ermöglichen. Mit Rücksicht auf den relativ un­regelmäßigen Querschnitt von Weichenteilen, läßt sich durch die in ihrer Strahlrichtung verstellbaren Düsen die ge­wünschte Abkühlcharakteristik auch bei unterschiedlicher Profilform über den gesamten Profilquerschnitt erzielen, wobei mit Vorteil zusätzlich noch die Düsen drosselbar ausgebildet sind, um eine möglichst gleichmäßiger Temperatur­verteilung über den Querschnitt des unregelmäßigen Bauteiles erzielen zu können.

    [0006] Zur Erzielung unterschiedlicher Strahlcharakteristiken sind die Düsen mit Vorteil lösbar mit dem Düsenstock verbunden, wobei ein Austausch einzelner Düsen beispielsweise zum Zwecke der Einstellung der gewünschten Preßluftmenge je Düse er­folgen kann.

    [0007] Eine besonders gut an unterschiedliche Querschnittsprofile anpaßbare Einrichtung wird dadurch geschaffen, daß die Düsen als Bohrungen in ballige, insbesondere kugelige Auflage­flächen aufweisenden Düsenkörpern ausgebildet sind, und daß die balligen, insbesondere kugeligen Auflageflächen gegen ballige und/oder hohlkonische Sitzflächen des Düsenstockes preßbar sind, wobei die Kühlmittelzufuhr in den Sitzflächen des Düsenstockes mündet. Bei derartigen Ausbildungen kann die Sitzfläche der Düsenkörper mit einen beispielsweise kugeligen Düsenkörper übergreifenden Rändern ausgebildet werden, so daß der Halt der Düsenkörper durch Eindrücken in die ballige Sitzfläche unmittelbar erzielt wird. Durch Verdrehen der Achse der Düse in ihrem Sitz im Düsenstock läßt sich die Strahlrichtung in einfacher Weise beeinflussen und wenn ein Düsenkörper mit asymmetrischem Düsenquerschnitt gewählt wird, läßt sich durch Verdrehen des Düsenkörpers, beispielsweise um 180°, eine völlig andere Strahlcharakteristik erzielen. Die eine der beiden Seiten kann hiebei beispielsweise als weich­strahlende Düse und die andere nach Verdrehen um 180° zur Wirkung gelangende Düsenseite als engstrahlende Düse ausge­bildet sein.

    [0008] Zur besseren Regelung der Kühlmittelzufuhr ist die Ausbildung mit Vorteil so getroffen, daß die Düsenstöcke jeweils wenig­stens eine Kühlmittelzuführungsleitung aufweisen, in welche ein Regelventil eingeschaltet ist.

    [0009] Die Erfindung wird nachfolgend an Hand der Zeichnung näher erläutert. In dieser zeigen Fig.1 eine schematische perspek­tivische Ansicht der erfindungsgemäßen Einrichtung; Fig.2 eine Detail einer Festlegung einer Düse am Düsenstock und Fig.3 den Festigkeitstiefenverlauf, welcher mit der erfin­dungsgemäßen Einrichtung nach Fig.1 und 2 durch Behandlung des gesamten Profilquerschnittes eines Weichenteiles erziel­bar ist.

    [0010] In Fig.1 sind mit 1 zwei Düsenstöcke bezeichnet, an deren Kühlmittelzuleitung jeweils gesonderte Regelventile 2 ange­schlossen sind. Der zu behandelnde Weichenteil ist mit 3 bezeichnet und wird, nachdem er in einem Ofen über seinen gesamten Querschnitt auf Austenitisierungstemperatur gebracht wurde, auf die erfindungsgemäße Einrichtung gemäß Fig.1 aufgelegt. Über die Düsenstöcke 1 wird Preßluft eingepreßt, welche gegen den Weichenteil 3 über Düsen 4 ausgestoßen wird.

    [0011] Bei der Darstellung nach Fig.2 ist eine derartige Düse 4 vergrößert dargestellt. Die Düse 4 ist in einem Sitzteil 5 rastend aufgenommen, welcher eine ballige Sitzfläche 6 aufweist. Die Düse 4 ist als Bohrung 7 in einem kugeligen Düsenkörper 8 vorgesehen und kann in der balligen Aufnahme bzw. Sitzfläche 6 des Sitzteiles 5 verdreht werden, so daß die Achse 9 der Strahlrichtung der Düse verstellbar ist. Durch Verdrehen der Achse 9 im Sinne des Teiles 10 um 180° gelangt der konisch sich erweiternde Teil 11 des Düsenkörpers 8 nach außen, so daß auf diese Weise ein weiches Ausströmen bewirkt wird. In der dargestellten Position des Düsenkörpers 8 tritt über die Bohrung 7 ein vergleichsweise harter Strahl aus. Die ballig Sitzfläche 6 des Sitzkörpers 5 geht in einen konischen Trichter 12 über, in dessen Grund die Zuführungs­leitung 13 für das Kühlmittel mündet. Der Sitzteil 5 kann beispielsweise mittels des Gewindes 14 am Düsenstock 1 gemäß Fig.1 festgelegt werden.

    [0012] Durch entsprechende Verstellung der Achse 9 des Düsenkörpers 8 läßt sich die Richtung und die Strahlcharakteristik der Düse verstellen, wobei eine Mehrzahl derartiger Düsen in den Düsenstöcken 1 enthalten ist.

    [0013] Die Erfindung wird nachfolgend an Hand eines mit einer Einrichtung nach Fig.1 und 2 durchgeführten Ausführungs­beispieles näher erläutert, wobei die erzielten Festigkeits­eigenschaften in Fig.3 illustriert sind.

    [0014] Ausführungsbeispiele:

    Beispiel 1:



    [0015] Naturharte bzw. auf bessere Zerspanbarkeit geglühte Baufteile aus Schienenstählen mit der Analyse

    wurden in einem Wärmebehandlungsofen auf Austenitisierungs­temperatur 840-860°C gebracht und sodann mittels einer Einrichtung nach Fig.1 und 2 unter Anwendung von Preßluft (ca. 7 atü) beschleunigt auf Umwandlungstemperatur 450-650°C gebracht. Die Temperaturmessung erfolgte mittels Milliskop bzw. Anlegethermometer. Durch entsprechende Einstellung der Preßluftdüsen bezüglich Strahlrichtung und Strahlquerschnitt wurde eine gleichmäßige Gefügeausbildung über die unter­schiedlichen Querschnittsformen der Weichenteile und ebenso eine für die vollständige Umwandlung in die Perlitstufe notwendige Haltezeit durch die im Bauteilkern vorhandene Restwärme gewährleistet. Nach erfolgter Umwandlung erfolgte die weitere Abkühlung an ruhender Luft bzw. durch ein Ab­schreckmedium wie H₂O oder Öl. Durch besondere Anordnung der Preßluftaustrittsbohrungen konnte die Abkühlungs­geschwindigkeit so gesteuert werden, daß sich ein allmäh­licher Festigkeitsabfall zu den Anschweißenden der Bauteile einstellte. Da die Radüberlaufsbauteile wie z.B. Herzstück­spitze und Flügelschienen in der Regel mit Schienen von 880 N/mm² Mindestfestigkeit verschweißt werden, bietet dies den Vorteil eines allmählichen Festigkeitsübergangses, womit keine Dellenbildung, die bei einem abrupten Festigkeitssprung entsteht, mehr auftreten kann.

    Beispiel 2:



    [0016] Es wurden Herzstückspitzen aus 50 Cr V 4 W.Nr. 1.8159 mit der Analyse

    vollständig in einem Wärmebehandlungsofen bei 860° austeni­tisiert.

    [0017] Anschließend erfolgte eine beschleunigte Abkühlung mittels Preßluft (7 atü) über die Preßluftverteiler und die Preßluft­austrittsbohrungen auf 570°C. Die Umwandlungstemperatur wurde mittels Anlegethermometer gemessen. Es stellte sich eine Abkühlgeschwindigkeit im Bereich von 800°C bis 500°C von 0,5°C - 1°C/sek. ein.

    [0018] Nach erfolgter Umwandlung in die Perlitstufe wurden die Bauteile an ruhender Luft auf Raumtemperatur weiter abge­kühlt.

    [0019] Über den gesamten Bauteilquerschnitt wurde feinlamellarer Perlit festgestellt, wobei der Abstand der Zementitlamellen zum Bauteilkern hin geringfügig zunahm.

    [0020] Weiteres wurden also Oberflächenfestigkeit 1190-1330 N/mm² (ermittelt aus HB 30) und bei der Zugversuch-Auswertung als Mittelwerte (Zugproben entnommen 10 mm unter Oberfläche) die nachfolgenden Werte im Vergleich zu üblichen vergüteten Stählen ermittelt:

    Der Festigkeitstiefenverlauf ist in Fig.3 dargestellt.

    [0021] Der Vergleich mit dem vergüteten Werkstoff derselben Festig­keitsstufe zeigt, daß der feinperlitisierte Werkstoff wesent­lich höherer Zähigkeitswerte aufweist.


    Ansprüche

    1. Einrichtung zur gesteuerten Wärmebehandlung von Weichen­teilen aus Stahl mit welcher nach einer Erwärmung auf Austenitisierungstemperatur, insbesondere 840-860°C, eine beschleunigte Abkühlung auf eine Umwandlungstemperatur zwischen 450°C und 650°C unter Anwendung eines gasförmigen und/oder flüssigen Kühlmittels, vorgenommen wird, dadurch gekennzeichnet, daß wenigstens zwei Düsenstöcke (1) mit einer Mehrzahl von in ihrer Stahlrichtung verstellbaren Düsen (4) vorgesehen sind.
     
    2. Einrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Düsen (4) zusätzlich drosselbar ausgebildet sind.
     
    3. Einrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeich­net, daß die Düsen (4) lösbar mit dem Düsenstock (1) ver­bunden sind.
     
    4. Einrichtung nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Düsen (4) als Bohrungen (7) in ballige, insbesondere kugelige Auflageflächen aufweisenden Düsen­körpern (8) ausgebildet sind, und daß die balligen, insbeson­dere kugeligen, Auflageflächen gegen ballige und/oder hohl­konische Sitzfläche (6) des Düsenstockes (1) preßbar sind, wobei die Kühlmittelzufuhr in den Sitzflächen (6) des Düsen­stockes (1) mündet.
     
    5. Einrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Düsenstöcke (1) jeweils wenigstens eine Kühlmittelzuführungsleitung (13) aufweisen, in welche ein Regelventil (2) eingeschaltet ist.
     




    Zeichnung