(19)
(11) EP 0 247 209 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.12.1987  Patentblatt  1987/49

(21) Anmeldenummer: 86106812.0

(22) Anmeldetag:  20.05.1986
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C25F 3/16, C25F 7/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(71) Anmelder: POLIGRAT GMBH
D-81829 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Menzel, Jürgen
    D-8000 München 50 (DE)
  • Henkel, Georg, Dr.
    A-3830 Waidhofen/Thaya (AT)

(74) Vertreter: Wuesthoff, Franz, Dr.-Ing. et al
Wuesthoff & Wuesthoff Patent- und Rechtsanwälte Schweigerstrasse 2
81541 München
81541 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Vorrichtung und Verfahren zum elektrochemischen Polieren der Innenflächen von Rohren


    (57) Eine Vorrichtung und ein Verfahren zum elektrochemischen Polie­ren und/oder Beizen von Rohr-Innenflächen (16) sehen vor, daß ein Polierkopf (12) durch das Rohr bewegt wird. Der Polierkopf (12) weist eine dielektrische Außenwand auf, die zwischen sich und der zu reinigenden Innenfläche 16 des Rohres einen engen Arbeitsspalt 28 bildet, durch den der Elektrolyt strömt. Hier­durch ist bei geringem Elektrolytverbrauch eine qualitativ hochwertige und elektrochemische Politur der Rohr-Innenfläche ermöglicht. Der Elektrolytstrom kann in einen kathodischen und einen anodischen Teilstrom (30 bzw. 32) aufgeteilt sein.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen der Innenflächen von Rohren mit einem strömenden Elektrolyt, der zumindest teilweise eine im Inneren des anodisch geschalteten Rohres angeordnete Kathode passiert, sowie ein entsprechendes Verfahren zum elektrochemischen Polie­ren und/oder Beizen von Rohr-Innenflächen.

    [0002] Aus der europäischen Patentanmeldung 82 104 945.9 sind ein Ver­fahren und eine Vorrichtung zum sogenannten Elektropolieren der Innenwände von metallischen Rohren bekannt, bei denen der Elek­trolyt mittels Hochdruck von ca. 50 Bar auf ein Teilstück der Wandung des Rohres aufgebracht wird. Die Kathode wird mit Hilfe des Hochdruckstrahls im Rohr bewegt, so daß nacheinander unter­schiedliche Abschnitte der Rohr-Innenwand poliert werden können.

    [0003] Aus der europäischen Patentanmeldung 82 104 946.7 sind eben­falls ein Verfahren und eine Vorrichtung zum elektrochemischen Polieren der Innenwände von Rohren bekannt, bei denen eine als Kathode wirkende Elektrode durch das Rohr bewegbar ist. Der Elektrolyt wird in den gesamten zu elektropolierenden Rohrab­schnitt eingefüllt.

    [0004] Aus dem DE-GM 80 11 918 ist eine Vorrichtung zum Elektropolie­ren der Innenwände von Rohren bekannt, bei der eine Rohrlanze in das Rohr eingebracht wird, die zwischen ihrer Spitze und einem Stauring einen kathodischen Bereich aufweist, wobei die Rohrlanze mit Bohrungen zum Durchtritt der Elektrolytflüssig­keit versehen ist.

    [0005] Der vorstehend beispielhaft angedeutete Stand der Technik für das elektrochemische Polieren von Rohr-Innenwänden läßt sich grob in zwei Klassen aufteilen:

    1) In das innenseitig zu polierende Rohr wird eine durchge­hende Kathode eingesetzt und der Elektrolyt wird durch das anodisch geschaltete Rohr gepumpt. Während des Elektropo­lierens liegt das Rohr entweder waagerecht oder leicht schräg und wird um seine Längsachse gedreht. Es ist dabei auch möglich, das Rohr vertikal zu stellen.

    2) Es wird eine nur partiell auf jeweils einen bestimmten Ab­schnitt der Rohr-Innenwand einwirkende Kathode (die also wesentlich kürzer ist als das zu elektropolierende Rohr) durch das Rohr bewegt. Dabei wird der Elektrolyt durch das Rohr gepumpt.



    [0006] Die bekannten Verfahren und Vorrichtungen zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen von Rohr-Innenflächen haben den Nach­teil, daß zur vollständigen Füllung, Durchspülung und Kühlung des Rohres ein sehr hoher Elektrolytverbrauch erforderlich ist. Auch müssen die bei der elektrolytischen Polierung entstehenden Gase (Wasserstoff und Sauerstoff) abgeführt werden, was eben­falls einen sehr hohen Elektrolyt-Durchsatz durch das Rohr be­dingt.

    [0007] Auch können bei den bekannten Vorrichtungen und Verfahren nur Elektrolyte eingesetzt werden, deren Metallgehalt erheblichen Einschränkungen unterworfen ist. Ein erhöhter Metallgehalt in den Elektrolyten führt bei den bekannten Vorrichtungen nämlich zur Passivierung der Kathodenoberflächen durch Belegung mit kathodisch abgeschiedenem Metallschlamm, was eine erhebliche Reduzierung der Polierqualität zur Folge hat. Um den Metallge­halt der Elektrolyte gering zu halten, ist es deshalb erforder­lich, den Elektrolyte in erheblichen Mengen umzuwälzen.

    [0008] Auch ist zu berücksichtigen, daß die Beseitigung des mit Metal­len angereicherten Elektrolyts zur Vermeidung von Umweltbela­stungen sehr große Kosten verursacht. Beim Stand der Technik werden zum Elektropolieren der Innenflächen von Rohren aus au­stenitischen Chromnickelstählen Gemische aus Phosphorsäure, Schwefelsäure und Wasser verwendet. Diese Säuren stellen schon als solche eine erhebliche Umweltbelastung und ein Gefährdungs­potential dar, das besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich macht.

    [0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen der Innenflächen von Rohren zu schaffen, die bzw. das sowohl eine Reduzierung der verwendeten Elektrolytmenge als auch eine Verbesserung der Polier- und Beizqualität ermöglicht. Auch soll durch die Erfindung erreicht werden, daß gegenüber herkömmli­chen Verfahren eine wesentlich größere Vielfalt von Elektrolyt-­Zusammensetzungen verwendet werden kann.

    [0010] Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Lösung dieser Aufgabe zeichnet sich aus durch einen Polierkopf, der durch das Rohr bewegbar ist und Zuleitungen für den Elektrolyt und für elek­trischen Strom aufweist, eine im Inneren des Polierkopfes ange­ordnete Kathode und ein zumindest teilweise die Außenwand des Polierkopfes bildendes Dielektrikum, das den Elektrolytstrom durchläßt und zwischen sich und der zu polierenden bzw. zu bei­zenden Rohr-Innenfläche einen Arbeitsspalt für den Elektrolyt­strom freiläßt.

    [0011] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Lösung der gestellten Auf­gabe zeichnet sich dadurch aus, daß der Elektrolytstrom in einen mit einer Kathode versehenen Polierkopf und aus diesem durch ein Dielektrikum in einen zwischen dem Dielektrikum und der Rohr-Innenfläche gebildeten Arbeitsspalt gepumpt wird.

    [0012] Gemäß der Erfindung wird also ein Polierkopf durch das Rohr be­wegt. Wesentlich ist, daß zwischen einer aus einem Dielektrikum gebildeten Wand des Polierkopfes und der Innenfläche des Rohres ein sogenannter Arbeitsspalt gebildet wird, in welchen der Elektrolyt durch das Dielektrikum eingepreßt wird.

    [0013] Durch die erfindungsgemäß vorgesehene Ausbildung eines Arbeits­spalts zwischen dem Dielektrikum und der Innenfläche des Rohres wird der Elektrolytverbrauch im Vergleich zum Stand der Technik erheblich gesenkt.

    [0014] Es hat sich auch gezeigt, daß durch die Kombination von elek­trochemischem Polieren mit dem Wischeffekt des Dielektrikums die Wirksamkeit des Elektropoliervorgangs in einer nach her­kömmlichen Verfahren nicht zu erzielende Weise die Polierquali­tät erheblich verbessert werden kann. Auch können mit Erfolg sehr unterschiedliche Elektrolyte verwendet werden, die im Ver­gleich zum Stand der Technik insbesondere eine wesentlich geringere Umweltbelastung darstellen. Es können Elektrolyte eingesetzt werden, die über Ionenaustauscher oder elektrolyti­sche Abscheidezellen regenerierbar sind. Dabei ist es möglich, den Metallgehalt des Elektrolyten so niedrig zu halten, daß die Kathodenoberflächen nicht durch abgeschiedene Metallschlämme passiviert werden können.

    [0015] In einer bevorzugten Variante der Erfindung ist vorgesehen, daß der in den Polierkopf einströmende Elektrolytstrom in einen anodischen Teilstrom und einen kathodischen Teilstrom aufge­teilt ist, wobei der anodische Teilstrom das Dielektrikum und die Rohr-Innenfläche, aber nicht die Kathode passiert, während der kathodische Teilstrom die Kathode, aber nicht die Rohr-In­nenfläche passiert.

    [0016] Eine derartige Auftrennung des Elektrolytstromes in anodische und kathodische Teilströme ist aus der nicht vorveröffentlich­ten europäischen Patentanmeldung 86 105 747 der Anmelderin beim partiellen elektrochemischen Polieren von freien Oberflächen bekannt. Alle dort erwähnten Vorteile gelten auch für das Innenpolieren von Rohren.

    [0017] Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteran­sprüchen.

    [0018] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung näher erläutert. Es zeigt:

    Fig. 1 einen Schnitt durch den Teil eines Rohres, dessen Innen­fläche poliert werden soll, sowie einen im Rohr bewegba­ren Polierkopf und

    Fig. 2 einen Schnitt gemäß Fig. 1 mit einem Polierkopf, in dem der Elektrolytstrom in einen anodischen und einen kathodischen Teilstrom getrennt wird.



    [0019] Ein Rohr 10 aus Stahl, beispielsweise Chromnickelstahl, soll innenseitig gereinigt und poliert werden. Hierzu wird der Po­lierkopf (12) langsam durch das Rohr 10 bewegt. Der Polierkopf 12 wird mitunter auch als "Tampon" bezeichnet. Mittels einer Führung 14, die als Rohr mit wesentlich geringerem Durchmesser als das zu reinigende Rohr 10 ausgebildet ist, wird der Polier­kopf 12 durch das Rohr 10 bewegt.

    [0020] Wie den Fig. 1 und 2 zu entnehmen ist, ist der Polierkopf 12 etwa zylinderförmig ausgebildet und liegt konzentrisch in dem zu reinigenden Rohr 10.

    [0021] Der Mantel des zylinderförmigen Polierkopfes 12 wird durch ein Dielektrikum 18 gebildet, das durchgehend einen gleichmäßigen Abstand zur Innenfläche 16 des Rohres 10 aufweist.

    [0022] Der Polierkopf 12 ist in Richtung des Pfeiles 20, also in bei­den Richtungen durch das Rohr 10 bewegbar.

    [0023] Der Elektrolytstrom 22 tritt in den Fig. 1 und 2 durch die Füh­rung 14 von rechts in den Polierkopf 12 ein und wird beim Aus­führungsbeispiel gemäß Fig. 1 durch das Dielektrikum 18 gemäß den Pfeilen radial nach außen gepreßt.

    [0024] Die Führung 14 nimmt bei beiden Ausführungsbeispielen gemäß den Fig. 1 und 2 jeweils die elektrischen Versorgungsleitungen 25 für die Kathoden 26 auf.

    [0025] Zwischen den zylindermantelförmigen dielektrischen Außenwänden des Polierkopfes 12 und der Innenfläche 16 des Rohres 10 wird ein gleichförmiger enger Arbeitsspalt 28 gebildet. Der Elektro­lytstrom 22ʹ passiert den Arbeitsspalt 28 und bewirkt in be­kannter Weise an der Innenfläche 16 die elektrochemische Abtra­gung und Politur.

    [0026] Beim in Fig. 2 gezeigten Ausführungsbeispiel wird der in den Polierkopf 12 eintretende Elektrolytstrom 22 in einen kathodi­schen und einen anodischen Teilstrom 30 bzw. 32 aufgeteilt. Der kathodische Teilstrom 30 passiert nur die Kathoden 26, nicht aber das Dielektrikum 18 und den Arbeitsspalt 28. Somit gelangt das an den Kathoden 26 gebildete Wasserstoffgas nicht zum Di­elektrikum 18 und auch nicht zur zu polierenden Innenfläche 16, wodurch zum einen verhindert ist, daß das Dielektrikum 18 mit Wasserstoffgas belastet wird und zum anderen auch schädliche Wirkungen des Wasserstoffs an der Innenfläche 16 vermieden sind.

    [0027] Der anodische Teilstrom 32 passiert gemäß Fig. 2 die dielektri­sche Wand 18 und den Arbeitsspalt 28, so daß die elektrochemi­sche Politur der Innenfläche 16 erfolgen kann.

    [0028] Der kathodische Teilstrom 30 tritt durch eine Öffnugn 34 in der Vorderwand des Polierkopfes 12 aus und wird ebenso wie der ano­dische Teilstrom 32 aufgefangen und nach einer Regenerierung gegebenenfalls zurückgeführt.

    [0029] Als Dielektrikum 18 werden bevorzugt textile Teflongewebe ver­wendet. Auch können Glasfasergewebe und säurebeständige Kunst­stoffgewebe und -vliese eingesetzt werden.

    [0030] Die Abmessungen des Polierkopfes 12 und insbesondere des Di­elektrikums 18 werden bei einem gegebenen Rohr-Innendurchmesser so angepaßt oder gewählt, daß ein Arbeitsspalt mit optimaler Stärke entsteht.


    Ansprüche

    1. Vorrichtung zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen der Innenflächen (16) von Rohren (10) mit einem strömen­den Elektrolyt (22), der zumindest teilweise eine im Inneren des anodisch geschalteten Rohres (10) angeordnete Kathode (26) passiert,
    gekennzeichnet durch
    - einen Polierkopf (12), der durch das Rohr (10) bewegbar ist und Zuleitungen (14; 25) für den Elektrolyt und für elektri­schen Strom aufweist,
    - eine im Inneren des Polierkopfes (12) angeordnete Kathode (26) und
    - ein zumindest teilweise die Außenwand des Polierkopfes (12) bildendes Dielektrikum (18), das Elektrolyt durchläßt und zwischen sich und der zu polierenden bzw. zu beizenden Rohr-­Innenfläche (16) einen Arbeitsspalt (28) für den Elektrolyt­strom (22ʹ, 32) freiläßt.
     
    2. Vorrichtung nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Polierkopf (12) zumindest annähernd zylinderförmig ist, wobei das Dielektrikum (18) zumindest teilweise den Mantel des Zylinders bildet.
     
    3. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der in den Polierkopf (12) einströmende Elektrolytstrom (22) in einen anodischen Teilstrom (32) und einen kathodischen Teilstrom (30) aufgeteilt wird, wobei der anodische Teilstrom das Dielektrikum (18) und die Rohr-Innenfläche (16), aber nicht die Kathode (26) passiert, während der kathodische Teilstrom (30) die Kathode (26), aber nicht die Rohr-Innenfläche (16) passiert.
     
    4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß eine Führung (14) für den Polierkopf (12) als Rohr ausge­formt ist, in dem die elektrischen Leitungen (25) für den Po­lierkopf verlaufen und durch das der Elektrolyt zum Polierkopf gepumpt wird.
     
    5. Vorrichtung nach einem der Anpsrüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Polierkopf (12) mittels einer elastischen Schlauchlei­tung mit Elektrolyt sowie Strom versorgt und mittels einer Stange oder eines Seiles durch das Rohr (10) gezogen wird.
     
    6. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Druck, mit dem der Elektrolyt durch das Dielektrikum (18) gedrückt wird, steuerbar ist.
     
    7. Verfahren zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen von Rohr-Innenflächen (16), bei dem ein Elektrolyt die anodisch geschaltete Rohr-Innenfläche passiert,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Elektrolytstrom (22) in einen mit einer Kathode (26) versehenen Polierkopf (12) und aus diesem durch ein Dielektri­kum (18) in einen zwischen dem Dielektrikum und der Rohr-Innen­fläche (16) gebildeten Arbeitsspalt (28) gepumpt wird.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Elektrolytstrom (22) im Polierkopf (12) in einen anodi­schen Teilstrom (32) und in einen kathodischen Teilstrom (30) aufgeteilt wird, wobei der anodische Teilstrom das Dielektrikum (18) und die Rohr-Innenfläche (16), aber nicht die Kathode (26) passiert, während der kathodische Teilstrom (30) die Kathode (26), aber nicht das Dielektrikum und die Rohr-Innenfläche (16) passiert.
     
    9. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 oder 8,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Polierkopf (12) durch das Rohr (10) bewegt wird.
     




    Zeichnung







    Recherchenbericht