[0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen
der Innenflächen von Rohren mit einem strömenden Elektrolyt, der zumindest teilweise
eine im Inneren des anodisch geschalteten Rohres angeordnete Kathode passiert, sowie
ein entsprechendes Verfahren zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen von Rohr-Innenflächen.
[0002] Aus der europäischen Patentanmeldung 82 104 945.9 sind ein Verfahren und eine Vorrichtung
zum sogenannten Elektropolieren der Innenwände von metallischen Rohren bekannt, bei
denen der Elektrolyt mittels Hochdruck von ca. 50 Bar auf ein Teilstück der Wandung
des Rohres aufgebracht wird. Die Kathode wird mit Hilfe des Hochdruckstrahls im Rohr
bewegt, so daß nacheinander unterschiedliche Abschnitte der Rohr-Innenwand poliert
werden können.
[0003] Aus der europäischen Patentanmeldung 82 104 946.7 sind ebenfalls ein Verfahren und
eine Vorrichtung zum elektrochemischen Polieren der Innenwände von Rohren bekannt,
bei denen eine als Kathode wirkende Elektrode durch das Rohr bewegbar ist. Der Elektrolyt
wird in den gesamten zu elektropolierenden Rohrabschnitt eingefüllt.
[0004] Aus dem DE-GM 80 11 918 ist eine Vorrichtung zum Elektropolieren der Innenwände
von Rohren bekannt, bei der eine Rohrlanze in das Rohr eingebracht wird, die zwischen
ihrer Spitze und einem Stauring einen kathodischen Bereich aufweist, wobei die Rohrlanze
mit Bohrungen zum Durchtritt der Elektrolytflüssigkeit versehen ist.
[0005] Der vorstehend beispielhaft angedeutete Stand der Technik für das elektrochemische
Polieren von Rohr-Innenwänden läßt sich grob in zwei Klassen aufteilen:
1) In das innenseitig zu polierende Rohr wird eine durchgehende Kathode eingesetzt
und der Elektrolyt wird durch das anodisch geschaltete Rohr gepumpt. Während des Elektropolierens
liegt das Rohr entweder waagerecht oder leicht schräg und wird um seine Längsachse
gedreht. Es ist dabei auch möglich, das Rohr vertikal zu stellen.
2) Es wird eine nur partiell auf jeweils einen bestimmten Abschnitt der Rohr-Innenwand
einwirkende Kathode (die also wesentlich kürzer ist als das zu elektropolierende Rohr)
durch das Rohr bewegt. Dabei wird der Elektrolyt durch das Rohr gepumpt.
[0006] Die bekannten Verfahren und Vorrichtungen zum elektrochemischen Polieren und/oder
Beizen von Rohr-Innenflächen haben den Nachteil, daß zur vollständigen Füllung, Durchspülung
und Kühlung des Rohres ein sehr hoher Elektrolytverbrauch erforderlich ist. Auch müssen
die bei der elektrolytischen Polierung entstehenden Gase (Wasserstoff und Sauerstoff)
abgeführt werden, was ebenfalls einen sehr hohen Elektrolyt-Durchsatz durch das Rohr
bedingt.
[0007] Auch können bei den bekannten Vorrichtungen und Verfahren nur Elektrolyte eingesetzt
werden, deren Metallgehalt erheblichen Einschränkungen unterworfen ist. Ein erhöhter
Metallgehalt in den Elektrolyten führt bei den bekannten Vorrichtungen nämlich zur
Passivierung der Kathodenoberflächen durch Belegung mit kathodisch abgeschiedenem
Metallschlamm, was eine erhebliche Reduzierung der Polierqualität zur Folge hat. Um
den Metallgehalt der Elektrolyte gering zu halten, ist es deshalb erforderlich,
den Elektrolyte in erheblichen Mengen umzuwälzen.
[0008] Auch ist zu berücksichtigen, daß die Beseitigung des mit Metallen angereicherten
Elektrolyts zur Vermeidung von Umweltbelastungen sehr große Kosten verursacht. Beim
Stand der Technik werden zum Elektropolieren der Innenflächen von Rohren aus austenitischen
Chromnickelstählen Gemische aus Phosphorsäure, Schwefelsäure und Wasser verwendet.
Diese Säuren stellen schon als solche eine erhebliche Umweltbelastung und ein Gefährdungspotential
dar, das besondere Sicherheitsmaßnahmen erforderlich macht.
[0009] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung und ein Verfahren zum
elektrochemischen Polieren und/oder Beizen der Innenflächen von Rohren zu schaffen,
die bzw. das sowohl eine Reduzierung der verwendeten Elektrolytmenge als auch eine
Verbesserung der Polier- und Beizqualität ermöglicht. Auch soll durch die Erfindung
erreicht werden, daß gegenüber herkömmlichen Verfahren eine wesentlich größere Vielfalt
von Elektrolyt-Zusammensetzungen verwendet werden kann.
[0010] Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Lösung dieser Aufgabe zeichnet sich aus durch
einen Polierkopf, der durch das Rohr bewegbar ist und Zuleitungen für den Elektrolyt
und für elektrischen Strom aufweist, eine im Inneren des Polierkopfes angeordnete
Kathode und ein zumindest teilweise die Außenwand des Polierkopfes bildendes Dielektrikum,
das den Elektrolytstrom durchläßt und zwischen sich und der zu polierenden bzw. zu
beizenden Rohr-Innenfläche einen Arbeitsspalt für den Elektrolytstrom freiläßt.
[0011] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Lösung der gestellten Aufgabe zeichnet sich dadurch
aus, daß der Elektrolytstrom in einen mit einer Kathode versehenen Polierkopf und
aus diesem durch ein Dielektrikum in einen zwischen dem Dielektrikum und der Rohr-Innenfläche
gebildeten Arbeitsspalt gepumpt wird.
[0012] Gemäß der Erfindung wird also ein Polierkopf durch das Rohr bewegt. Wesentlich ist,
daß zwischen einer aus einem Dielektrikum gebildeten Wand des Polierkopfes und der
Innenfläche des Rohres ein sogenannter Arbeitsspalt gebildet wird, in welchen der
Elektrolyt durch das Dielektrikum eingepreßt wird.
[0013] Durch die erfindungsgemäß vorgesehene Ausbildung eines Arbeitsspalts zwischen dem
Dielektrikum und der Innenfläche des Rohres wird der Elektrolytverbrauch im Vergleich
zum Stand der Technik erheblich gesenkt.
[0014] Es hat sich auch gezeigt, daß durch die Kombination von elektrochemischem Polieren
mit dem Wischeffekt des Dielektrikums die Wirksamkeit des Elektropoliervorgangs in
einer nach herkömmlichen Verfahren nicht zu erzielende Weise die Polierqualität
erheblich verbessert werden kann. Auch können mit Erfolg sehr unterschiedliche Elektrolyte
verwendet werden, die im Vergleich zum Stand der Technik insbesondere eine wesentlich
geringere Umweltbelastung darstellen. Es können Elektrolyte eingesetzt werden, die
über Ionenaustauscher oder elektrolytische Abscheidezellen regenerierbar sind. Dabei
ist es möglich, den Metallgehalt des Elektrolyten so niedrig zu halten, daß die Kathodenoberflächen
nicht durch abgeschiedene Metallschlämme passiviert werden können.
[0015] In einer bevorzugten Variante der Erfindung ist vorgesehen, daß der in den Polierkopf
einströmende Elektrolytstrom in einen anodischen Teilstrom und einen kathodischen
Teilstrom aufgeteilt ist, wobei der anodische Teilstrom das Dielektrikum und die
Rohr-Innenfläche, aber nicht die Kathode passiert, während der kathodische Teilstrom
die Kathode, aber nicht die Rohr-Innenfläche passiert.
[0016] Eine derartige Auftrennung des Elektrolytstromes in anodische und kathodische Teilströme
ist aus der nicht vorveröffentlichten europäischen Patentanmeldung 86 105 747 der
Anmelderin beim partiellen elektrochemischen Polieren von freien Oberflächen bekannt.
Alle dort erwähnten Vorteile gelten auch für das Innenpolieren von Rohren.
[0017] Weitere Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
[0018] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand der Zeichnung näher
erläutert. Es zeigt:
Fig. 1 einen Schnitt durch den Teil eines Rohres, dessen Innenfläche poliert werden
soll, sowie einen im Rohr bewegbaren Polierkopf und
Fig. 2 einen Schnitt gemäß Fig. 1 mit einem Polierkopf, in dem der Elektrolytstrom
in einen anodischen und einen kathodischen Teilstrom getrennt wird.
[0019] Ein Rohr 10 aus Stahl, beispielsweise Chromnickelstahl, soll innenseitig gereinigt
und poliert werden. Hierzu wird der Polierkopf (12) langsam durch das Rohr 10 bewegt.
Der Polierkopf 12 wird mitunter auch als "Tampon" bezeichnet. Mittels einer Führung
14, die als Rohr mit wesentlich geringerem Durchmesser als das zu reinigende Rohr
10 ausgebildet ist, wird der Polierkopf 12 durch das Rohr 10 bewegt.
[0020] Wie den Fig. 1 und 2 zu entnehmen ist, ist der Polierkopf 12 etwa zylinderförmig
ausgebildet und liegt konzentrisch in dem zu reinigenden Rohr 10.
[0021] Der Mantel des zylinderförmigen Polierkopfes 12 wird durch ein Dielektrikum 18 gebildet,
das durchgehend einen gleichmäßigen Abstand zur Innenfläche 16 des Rohres 10 aufweist.
[0022] Der Polierkopf 12 ist in Richtung des Pfeiles 20, also in beiden Richtungen durch
das Rohr 10 bewegbar.
[0023] Der Elektrolytstrom 22 tritt in den Fig. 1 und 2 durch die Führung 14 von rechts
in den Polierkopf 12 ein und wird beim Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 1 durch das
Dielektrikum 18 gemäß den Pfeilen radial nach außen gepreßt.
[0024] Die Führung 14 nimmt bei beiden Ausführungsbeispielen gemäß den Fig. 1 und 2 jeweils
die elektrischen Versorgungsleitungen 25 für die Kathoden 26 auf.
[0025] Zwischen den zylindermantelförmigen dielektrischen Außenwänden des Polierkopfes 12
und der Innenfläche 16 des Rohres 10 wird ein gleichförmiger enger Arbeitsspalt 28
gebildet. Der Elektrolytstrom 22ʹ passiert den Arbeitsspalt 28 und bewirkt in bekannter
Weise an der Innenfläche 16 die elektrochemische Abtragung und Politur.
[0026] Beim in Fig. 2 gezeigten Ausführungsbeispiel wird der in den Polierkopf 12 eintretende
Elektrolytstrom 22 in einen kathodischen und einen anodischen Teilstrom 30 bzw. 32
aufgeteilt. Der kathodische Teilstrom 30 passiert nur die Kathoden 26, nicht aber
das Dielektrikum 18 und den Arbeitsspalt 28. Somit gelangt das an den Kathoden 26
gebildete Wasserstoffgas nicht zum Dielektrikum 18 und auch nicht zur zu polierenden
Innenfläche 16, wodurch zum einen verhindert ist, daß das Dielektrikum 18 mit Wasserstoffgas
belastet wird und zum anderen auch schädliche Wirkungen des Wasserstoffs an der Innenfläche
16 vermieden sind.
[0027] Der anodische Teilstrom 32 passiert gemäß Fig. 2 die dielektrische Wand 18 und den
Arbeitsspalt 28, so daß die elektrochemische Politur der Innenfläche 16 erfolgen
kann.
[0028] Der kathodische Teilstrom 30 tritt durch eine Öffnugn 34 in der Vorderwand des Polierkopfes
12 aus und wird ebenso wie der anodische Teilstrom 32 aufgefangen und nach einer
Regenerierung gegebenenfalls zurückgeführt.
[0029] Als Dielektrikum 18 werden bevorzugt textile Teflongewebe verwendet. Auch können
Glasfasergewebe und säurebeständige Kunststoffgewebe und -vliese eingesetzt werden.
[0030] Die Abmessungen des Polierkopfes 12 und insbesondere des Dielektrikums 18 werden
bei einem gegebenen Rohr-Innendurchmesser so angepaßt oder gewählt, daß ein Arbeitsspalt
mit optimaler Stärke entsteht.
1. Vorrichtung zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen der Innenflächen (16)
von Rohren (10) mit einem strömenden Elektrolyt (22), der zumindest teilweise eine
im Inneren des anodisch geschalteten Rohres (10) angeordnete Kathode (26) passiert,
gekennzeichnet durch
- einen Polierkopf (12), der durch das Rohr (10) bewegbar ist und Zuleitungen (14;
25) für den Elektrolyt und für elektrischen Strom aufweist,
- eine im Inneren des Polierkopfes (12) angeordnete Kathode (26) und
- ein zumindest teilweise die Außenwand des Polierkopfes (12) bildendes Dielektrikum
(18), das Elektrolyt durchläßt und zwischen sich und der zu polierenden bzw. zu beizenden
Rohr-Innenfläche (16) einen Arbeitsspalt (28) für den Elektrolytstrom (22ʹ, 32)
freiläßt.
2. Vorrichtung nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Polierkopf (12) zumindest annähernd zylinderförmig ist, wobei das Dielektrikum
(18) zumindest teilweise den Mantel des Zylinders bildet.
3. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der in den Polierkopf (12) einströmende Elektrolytstrom (22) in einen anodischen
Teilstrom (32) und einen kathodischen Teilstrom (30) aufgeteilt wird, wobei der anodische
Teilstrom das Dielektrikum (18) und die Rohr-Innenfläche (16), aber nicht die Kathode
(26) passiert, während der kathodische Teilstrom (30) die Kathode (26), aber nicht
die Rohr-Innenfläche (16) passiert.
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß eine Führung (14) für den Polierkopf (12) als Rohr ausgeformt ist, in dem die
elektrischen Leitungen (25) für den Polierkopf verlaufen und durch das der Elektrolyt
zum Polierkopf gepumpt wird.
5. Vorrichtung nach einem der Anpsrüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Polierkopf (12) mittels einer elastischen Schlauchleitung mit Elektrolyt
sowie Strom versorgt und mittels einer Stange oder eines Seiles durch das Rohr (10)
gezogen wird.
6. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Druck, mit dem der Elektrolyt durch das Dielektrikum (18) gedrückt wird, steuerbar
ist.
7. Verfahren zum elektrochemischen Polieren und/oder Beizen von Rohr-Innenflächen
(16), bei dem ein Elektrolyt die anodisch geschaltete Rohr-Innenfläche passiert,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Elektrolytstrom (22) in einen mit einer Kathode (26) versehenen Polierkopf
(12) und aus diesem durch ein Dielektrikum (18) in einen zwischen dem Dielektrikum
und der Rohr-Innenfläche (16) gebildeten Arbeitsspalt (28) gepumpt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Elektrolytstrom (22) im Polierkopf (12) in einen anodischen Teilstrom (32)
und in einen kathodischen Teilstrom (30) aufgeteilt wird, wobei der anodische Teilstrom
das Dielektrikum (18) und die Rohr-Innenfläche (16), aber nicht die Kathode (26) passiert,
während der kathodische Teilstrom (30) die Kathode (26), aber nicht das Dielektrikum
und die Rohr-Innenfläche (16) passiert.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Polierkopf (12) durch das Rohr (10) bewegt wird.