[0001] Die Erfindung betrifft ein Füllmittel nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1
und ein Verfahren zu seiner Herstellung.
[0002] Ein gattungsgleiches Füllmittel ist bekannt aus der DE-PS 21 60 187 (US-PS 3,951,035).
Es hat sich aus folgenden Gründen gut bewährt: Mit ihm wird auf zuverlässige Weise
die gestellte primäre Sicherheitsbedingung erfüllt ( ein 40 m vor der Mündung des
Waffenrohres von einem Rahmen aufgespannt gehaltenes Papier der Qualität 200 g/m
2 darf von keinem der Stahl-Pulverteilchen mehr perforiert werden ); es ist ferner
kostengünstig herstellbar und genügt den strengen Forderungen eines verantwortungsbewußten
Umweltschutzes. Letzteres spielt angesichts der Tatsache eine wesentliche Rolle, daß
ein Wiederaufsammeln des beim Beschuß zerstreuten Stahlpulvers nicht möglich ist und
Manövergelände fast regelmäßig land- und/oder forstwirtschaftlich genutzt werden.
Diese Nutzung wird keinesfalls beeinträchtigt, da das Stahlpulver sowohl für Weidevieh
wie auch für Wild nicht nur unschädlich, sondern verträglich ist.
[0003] Nun wurde bereits 1974 von Fällen berichtet, bei welchen durch das Füllmaterial von
Zerfallgeschossen Augenverletzungen mit der Gefahr der Siderosis verursacht wurden.
Seinerzeit wurde gefordert, bei Zerfallgeschössen das Füllmittel durch einen möglichst
inaktiven Stoff zu ersetzen.
[0004] Es hat nicht an Bemühungen gefehlt, diese Forderungen zu erfüllen. Ein positives
Ergebnis wurde allerdings nicht erzielt, denn die betreffende Forderung darf nicht
isoliert, sondern kann stets nur im Zusammenhang mit den bereits vorgenannten Bedingungen
betrachtet werden. Und hierin lag der Grund, intensiv auch nach andersgearteten Lösungen
zu suchen.
[0005] Der Erfindung liegt folglich die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgleiches Füllmittel
und ein Verfahren zu dessen Herstellung zu schaffen, mit dem sich unter Beibehalten
der intestinalen Verträglichkeit der Pulverteilchen deren räumlicher Gefahrenbereich
wesentlich eingeschränkt bzw. verkleinert wird.
[0006] Gelöst wird diese Aufgabe nach der Lehre des Patentanspruchs 1 mit den in dessen
kennzeichnendem Teil angegebenen erfinderischen Merkmalen und der Lehre nach dem Verfahrenshauptanspruch.
[0007] Hiernach wird überraschenderweise der einzuhaltende Sicherheitsabstand vor der Mündung
des Waffenrohres beim Beschuß von Manövermunition mit Zerfallgeschossen unter Verwendung
des Stahlpulvers nach der Erfindung (verglichen mit dem bekannten Füllmittel) ganz
wesentlich, und zwar von 40 auf 10 m, verringert.
[0008] Diese sprunghafte Verbesserung ist um so erstaunlicher, als bislang in Pulver die
Anwesenheit von Körnern mit einer Größe unterhalb 0,15 mm für schädlich gehalten wurde.
Hierzu wird verwiesen auf die DE-PS 12 82 866. Dort wird die genannte untere Grenze
damit begründet, daß ihr Unterschreiten eine zu hohe Grünfestigkeit eines aus diesem
Pulver hergestellten Preßkörpers zur Folge hat, welche das geforderte Zerlegeverhalten
des aus dem Eisenpulver hergestellten Preßkörpers bis zur Unbrauchbarkeit beeinträchtigt.
In der eingangs zitierten DE-PS 21 60 187 (US-PS 3,951,035) wird sogar eine untere
Grenze der Korngröße von 0,2 mm, vorzugsweise 0,4 mm angegeben. Durch die Erfindung
wird folglich nicht nur ein technisches Vorurteil überwunden, sondern auch eine besondere
Wirtschaftlichkeit erzielt; denn bei den bekannten Verfahren kann nämlich der abgesiebte
Unterkornanteil nur wieder in ein Schmelzaggregat eingesetzt werden. Hier stellt erfindungsgemäß
dieser Kornanteil im Bereich unter 0,25 mm die gewünschte und bevorzugte Korngröße
dar.
[0009] Bei entsprechenden bekannten Zerfallgeschossen füllen rotationssymmetrische Preßkörper
aus Eisenpulver eine Kunststoffhülle, deren Außenform wegen der Zu- und Einführbarkeit
der Patrone möglichst weitgehend derjenigen eines scharfen Geschosses entsprechen
soll.
[0010] Hieraus wird deutlich, daß es in einem Zerfallgeschoß neben dem kreiszylindrischen
Preßkörper auch einen weiteren Preßkörper geben muß, welcher der Ogivalform im Vorderbereich
des Geschosses angepaßt ist. Außerdem wird auch loses Stahlpulver verwendet.
[0011] Zum Herstellen des Stahlpulvers und der Preßkörper gemäß der Erfindung wird folgendermaßen
verfahren:
Ein Stahlpulver, welches durch Zerstäuben einer entsprechenden Stahlschmelze, nachfolgendes
reduzierendes Weichglühen zwischen 900 0 und 1050 ° C erhalten wurde, wird in einer üblichen Hämmermühle für wenigstens 1
Stunde einer Schlagprall- und Scheuerbehandlung unterworfen.
[0012] Bisher bekannte übliche Schlagprall- und Scheuerbehandlungen des Stahlpulvers in
der Hammermühle dauern ca. 15 bis 30 Minuten.
[0013] Durch die lang andauernde Schlagprall- und Scheuerbehandlung des Stahlpulvers gemäß
der Erfindung erfolgt eine Verdichtung und Glättung der einzelnen Pulverkornoberflächen
derart, daß sich die Körner auch nach Beaufschlagung mit hohen Preßdrücken von z.
B. 820 MPa im Preßkörper nicht mit ihren Berührungsflächen aneinander verhaken (kein
Verzahnen oder Verhaken von Oberflächenrauhigkeiten) oder Aneinanderhaften, so daß
der bzw. die Preßkörper des Zerfallgeschosses ihre Formbeständigkeit teilweise bereits
schon durch die drallbedingten Fliehkräfte im Rohr verlieren und sofort nach Verlassen
des Rohres und Aufplatzen der Kunststoffhülle als Einzelkörner vorliegen und durch
hohe Luftreibung bereits auf einer Strecke von kleiner 10 m vor der Rohrmündung unwirksam
werden und zu Boden fallen.
[0014] Nach der Schlagprall- und Scheuerbehandlung wird das Pulver auf eine Korngröße von
kleiner 0,315 mm, vorzugsweise kleiner 0,25 mm abgesiebt bzw. eingestellt.
[0015] Aus dem abgesiebten Stahlpulver des erfindungsgemäßen Kornspektrums werden mehrere
z. B. fünf Prüf- bzw. Probepreßkörper erzeugt, die einer besonderen Trommelprüfung
unterzogen werden, um festzustellen, ob das Stahlpulver die erfindungsgemäßen Bedingungen
zur Verwendung als Füllmittel und/oder Preßkörper für Zerfallgeschosse erfüllt. Die
Trommelprüfung der Probekörper mit einem Durchmesser von 20 mm, einer Dichte von 7,15
+ 0,02 g/cm
3 und einem Gewicht von 32,5 + 0,1 g erfolgt nach Stahl-Eisen-Prüfblatt 87-69, 1. Ausgabe
Dezember 1969 mit modifizierter Prüfeinrichtung (die Wand der Drehtrommel ist als
Sieb mit 1 mm-Maschenweite ausgebildet). Dabei wird gefordert, daß alle Bruchstücke
des bzw. der Probekörper nach 200 bis 6
00 Umdrehungen, vorzugsweise etwa 400 Umdrehungen, vollständig zerfallen sind und die
Trommel verlassen haben. Probekörper, die bereits nach z.B. 50 Umdrehungen zerfallen
sind, haben keine ausreichende Montagefestigkeit, es besteht die Gefahr, daß sie schon
bei Handhabung abreiben bzw. zerfallen. Sind die Probekörper nach z.B. 800 Trommelumdrehungen
noch nicht zerfallen, besitzen sie eine zu hohe Festigkeit, und es besteht Gefahr
beim Verschießen, daß das Zerfallgeschoß sich nicht innerhalb von 10 m vor der Rohrmündung
zerlegt hat und Perforationen der Papierscheibe (200 g/m
2) erfolgen. Ein derartiges Stahlpulver müßte dann durch Probebeschuß im praktischen
Versuch auf eine noch brauchbare Verwendbarkeit überprüft werden. Wenn die Prüfbedingungen
erfüllt werden, kann das Stahlpulver als Füllmittel und/oder zum Herstellen von Preßkörpern
zur Aufnahme in Zerfallgeschosse gemäß der Erfindung verpreßt werden.
[0016] Dabei hat sich ein Preßdruck im Bereich von 480 bis 820 MPa, vorzugsweise 680 MPa,
als günstig erwiesen. Aufgrund der glatten Oberfläche der einzelnen Pulverkörnchen
ist der erforderliche Preßdruck im Vergleich zu dem aus der eingangs genannten DE-PS
2160187 bekannten groberen Stahlpulver spürbar niedriger, so daß sich hierbei vorteilhafterweise
ein geringerer energetischer Aufwand und eine weitere Schonung bzw. Verschleißminderung
der Preßwerkzeuge ergibt. Die resultierende Dichte des Preßkörpers hängt von dessen
Höhe und Gestalt ab und liegt zwischen 6,5 und 7,15 g/cm
3. Erfahrungsgemäß wird in einer üblichen Hammermühle ein günstigeres Ergebnis bei
einer Betriebsdauer von wenigstens 60 min, vorzugsweise 120 min, erzielt.
[0017] Zur Schonung einer zu verwendenden Presse kann dem Stahlpulver als preßerleichterndes
Schmiermittel Zinkstearat zugegeben werden, wobei die Menge im Bereich von etwa 0,3
bis etwa 0,55 Gew.-% , vorzugsweise jedoch 0,5 Gew.-%, beträgt.
[0018] Falls erforderlich, kann dem zu verpressenden Stahl- pulver ohne oder mit Zinkstearat
vor dem Verpressen ein Trennmittel zugegeben werden. Hierfür eignet sich insbesondere
Flammruß. Dieses verhindert das Aneinanderhaften der verpreßten Pulverkörner, wobei
geringe Zusätze genügen.
[0019] Nachstehend wird ein Beispiel einer Siebanalyse eines nach der Schlagprall- und Scheuerbehandlung
aus der Hammermühle abgezogenen Stahlpulvers mitgeteilt:

[0020] Dieses Stahlpulver hat eine Fülldichte von 4,36 g/cm
3. Die Siebanalyse läßt sich z.B. durch Modifizieren der Stahlschmelze-Zerstäubungsparameter,
der Schlagprall- und Scheuerbehandlung oder durch zwischenzeitliches Aussieben bestimmter
Kornanteile zum Erzielen zweckgebundener Eigenschaften anpassend verändern.
[0021] Aufgrund seiner besonderen Beschaffenheit ( hohe Verdichtung und glatte Oberfläche
der einzelnen Pulverkörnchen, gleichmäßige Teilchenform, gezielt eingestellte Korngrößenverteilung,
hohe Fülldichte, gute Verpreßbarkeit und hoher chemischer Reinheitsgrad) ist das Stahlpulver
gemäß der Erfindung nicht nur als Füllmittel ( eingerüttelt ), sondern insbesondere
auch zur Herstellung von Preßkörpern für Zerfallgeschosse im Kaliber 20 mm sowie auch
für größere Kaliber vorzugsweise 35 mm oder 40 mm geeignet.
1. Füllmittel für Zerfallgeschosse bei Manövermunition, welches im wesentlichen aus
Pulver eines kohlenstoffarmen unlegierten Stahls besteht und durch Zerstäuben einer
entsprechenden Stahlschmelze, nachfolgendes reduzierendes Weichglühen zwischen etwa
900 ° und 1050 0 C, eine anschließende Schlagprall- und Scheuerbehandlung sowie auf letztere folgendes
Absieben erhalten wird,
d a durch gekennzeichnet , daß das nach einer länger als 60 Minuten andauernden Schlagprall-
und Scheuerbehandlung abgesiebte Stahlpulver eine Korngröße unter 0,315 mm und eine
Fülldichte zwischen etwa 3,9 und 4,6 g.cm-3 aufweist und derartig verpreßbar ist,
daß die resultierende Dichte eines Preßkörpers zur Aufnahme in das Zerfallgeschoß
in Abhängigkeit von der Höhe und der Gestalt des Preßkörpers zwischen etwa 6,5 und
7,15 g. cm-3 liegt.
2. Verfahren zum Herstellen eines Stahlpulvers als Füllmittel für Zerfallgeschosse
bei Manövermunition nach Anspruch 1, dadurch gekenn-zeichnet, daß die Schlagprall-
und Scheuerbehandlung des Stahlpulvers länger als 60 Minuten, vorzugsweise etwa 120
Minuten lang durchgeführt bzw. so lange fortgesetzt wird, bis ein aus probeweise abgesiebtem
Stahlpulver erzeugter Probepreßkörper bei einer Trommelprüfung nach Stahl-Eisen-Prüfblatt
87-69, 1. Ausgabe Dezember 1969, mit modifizierter Prüfeinrichtung nach 200 bis 600
Umdrehungen, vorzugsweise etwa 400 Umdrehungen, dermaßen zerfallen ist, daß alle Bruchstücke
die Trommel durch deren als Sieb vorgegebener Maschenweite ausgebildete Wand hindurch
verlassen haben, und dann das derart zerkleinerte und abgesiebte Stahlpulver der Hauptcharge
jeweils mit einem Druck von wenigstens 480 MPa bis höchstens 820 MPa, vorzugsweise
etwa 680 MPa, zu einem Preßkörper zur Aufnahme in das Zerfallgeschoß verpreßbar ist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Schlagprall-und Scheuerbehandlung
in einer üblichen Hammermühle erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 2- oder 3, gekennzeichnet durch einen Zusatz zum Stahlpulver
vor dem Verpressen, insbesondere Zinkstearat, als preßerleichterndes Schmiermittel.
5. Verfahren nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch eine Zugabe von 0,3 bis 0,55 Gew-%,
vorzugsweise 0,5 Gew-% Zinkstearat.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß dem Stahlpulver
vor dem Verpressen ein Trennmittel, insbesondere Flammruß, zugegeben wird.