[0001] Das elektrochemische Polieren oder Glänzen von Metalloberflächen wird in der Technik
vielfach angewendet, um kleinere oder größere Gegenstände aus Stahl, Edelstahl, Nickellegierungen
sowie Aluminium und Aluminiumlegierungen oberflächlich zu behandeln. Die hierbei verwendeten
Elektrolyte enthalten in der Regel Phosphor- und Schwefelsäure und gegebenenfalls
Chromsäure, wobei die Werkstücke anodisch geschaltet werden. Bei diesem Elektropolieren
werden die zu polierenden Gegenstände, die an entsprechenden Tragelementen hängen
oder in Körben oder dergleichen angeordnet sind, in den Elektrolyt, d.h. das Polierbad,
eingesenkt und nach einer gewissen Polierzeit aus diesem herausgehoben. Nach dem Abfließen
der Bad-Flüssigkeit von den polierten Oberflächen werden anschließend die Gegenstände
in Spülbäder getaucht, um den Elektrolyt zu entfernen.
[0002] Für das elektrochemische Polieren von Aluminium und Aluminiumlegierungen werden
nach dem Stand der Technik Elektrolyte auf der Basis Schwefelsäure/Phosphorsäure/Chromsäure
eingesetzt. Die Chromsäure soll durch ihre inhibitorische Wirkung ein Anätzen des
Aluminiums im stromlosen Zustand verhindern, hat aber zwei Nachteile.
a) Während des elektrochemischen Polierens wird ein gewisser Anteil an Chromsäure
zu Chrom-(III)-ionen reduziert, die sich mit der Zeit im Elektrolyten anreichern.
Ab etwa 2 Gew.-% Chrom-(III)-ionen wird der Poliervorgang beinträchtigt.
b) Chrom-(III)-ionen gelangen mit dem Spülwasser in das Abwaswasser und erfordern
wegen ihrer hohen Giftigkeit eine bebesondere Stufe in der Abwasseraufbereitung zur
Reduzierung zu Chrom-(III)-ionen, die weniger giftig sind.
[0003] Daher war man bestrebt, chromsäurefreie Elektrolyte anzuwenden, bei denen jedoch
das Problem der raschen Anätzung der polierten Oberflächen im stromlosen Zustand auftritt.
Ein solches nachträgliches Anätzen ist aber sehr unerwünscht, weil es zum Mattieren
der bereits polierten Oberfläche führt und dadurch sowohl das dekorative Aussehen
der glänzenden Oberfläche gestört als auch durch die damit verbundene Aufrauhung der
Oberfläche deren Widerstandsfähigkeit bei der späteren Anwendung der Gegenstände beeinträchtigt
wird. Um dies zu vermeiden, ist schnelles Überheben aus dem Elektrolyten in das Spülbad
notwendig. Dies führt wiederum zu einer hohen Elektrolytverschleppung und damit
hohem Chemikalienverbrauch mit entsprechender Belastung und Verteuerung der Abwasseraufbereitung.
[0004] Zum elektrochemischen Polieren von Stahl, insbesondere Edel- stahl, sowie Nickellegierungen
werden Elektrolyte enthaltend Schwefelsäure/Phosphorsäure und gegebenenfalls Chromsäure
eingesetzt. Der durch das elektrochemische Polieren erzielbare Glanz ist weitgehend
abhängig vom Grad der Einebnung, die mit zunehmender Polierdauer verbessert wird.
Zufriedenstellende Ergebnisse werden je nach Zusammensetzung des Elektrolyten in der
Regel bei einer Stromdichte von etwa 25 A/dm² in 7 min bzw. von etwa 10 A/dm² in ca.
20 min erreicht.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es, einen chromsäurefreien Elektrolyten zum elektrochemischen
Entgraten und Polieren, also zum elektrolytischen oder elektrochemischen Abtrag von
Metall-Unebenheiten von der Oberfläche von Formkörpern aus Aluminium und Aluminiumlegierungen
einerseits und Stahl, Edelstahl und Nickellegierungen andererseits bereitzustellen,
welcher bei Aluminium und Aluminiumlegierungen einen Schutz gegen das nachträgliche
Ätzen und Mattieren der behandelten Oberflächen vor dem Abspülen des Elektrolyten
von der frisch polierten Oberfläche bringt und bei Stahl, Edelstahl und Nickellegierungen
hohen Glanz ergibt.
[0006] Diese Aufgaben werden erfindungsgemäß nun dadurch gelöst, daß dem Elektrolyten enthaltend
Schwefel- und Phosphorsäure Chelatbildner auf der Basis von Phosphonsäuren - vorzugsweise
in einer Menge von 1 bis 100 g/l - zugesetzt sind.
[0007] Für den Aluminium-Elektrolyten bevorzugt man 20 bis 30 g/l und für den Elektrolyten
für Werkstücke aus Stahl oder Nickellegierungen 10 bis 20 g/l Phosphonsäure, bezogen
auf den Säure-Elektrolyten.
[0008] Es ist sehr überraschend, daß derartige Phosphonsäurezusätze zu dem Elektrolyten
auf die frisch polierte Metallfläche eine Inhibitor-Wirkung haben, durch die das Anätzen
von Aluminium-Werkstücken im stromlosen Zustand bei der Überführung aus dem Elektrolyten
in die Spülbader weitestgehend herabgesetzt ist. Man hat daher mit dem erfindungsgemäßen
Elektrolyt die Möglichkeit, die frisch polierten Gegenstände aus dem Elektrolyt herauszuheben,
ablaufen zu lassen und dann erst in das erste Spülbad zu tauchen, ohne die Gefahr
des Anätzens und des Einschleppens von großen Säuremengen in das Spülbad.
[0009] Ebenso überraschend ist es, daß durch den erfindungsgemäßen Phosphonsäurezusatz beim
elektrochemischen Polieren von Gegenständen aus Stahl, Edelstahl oder Nickellegierung
der angestrebte Glanz in viel kürzerer Zeit erreicht wird, als dies mit den bekannten
Elektrolyten möglich war. Diese verkürzte Polierzeit - Verkürzungen um etwa 30 % sind
leicht zu erreichen - führt zu einem geringeren Metallabtrag insgesamt und dadurch
zu längerer Arbeitsfähigkeit des Elektrolyten.
[0010] Als besonders vorteilhafte Phosphonsäure für den erfindungsgemäßen Zweck erwies
sich Morpholinomethandiphosphonsäure der allgemeinen Formel:

Aber auch 1-Hydroxyethan-1,1-diphosphonsäure, Aminotrismethylenphosphonsäure, Diethylentriamin-pentamethylenphosphonsäure
und Hydroxymethyldiphosphonsäure sind sehr geeignet.
[0011] Beim elektrolytischen Polieren kommt es durch Wasser-Elektrolyse zur Wasserstoff-
und Sauerstoffentwicklung. Es it bekannt, daß diese Gase, besonders in statu nascendi,
außerordentlich aggresiv sind. Es ist daher erforderlich, daß alle Zusätze zu dem
Elektrolyten eine außerordentlich hohe Stabilität, insbesondere Reduktions- und Oxidations-Stabilität,
besitzen. Falls es dennoch zu einer geringfügigen Zersetzung kommen sollte, so sind
die Zusätze im Hinblick darauf auszuwählen, daß diese Zersetzungsprodukte nicht toxisch
und insbesondere cancerogen sein dürfen. Im Hinblick auf diese Anforderungen, insbesondere
der Stabilität gegenüber nascierendem Sauerstoff und Wasserstoff, ist nun gerade
die Morpholinomethandiphosphonsäure für den erfindungsgemäßen Elektrolyt besonders
geeignet.
[0012] Die Wirkung dieser chelatbildenden Phosphonsäuren beim elektrolytischen Polieren
oder Entgraten von Metalloberflächen ist deshalb so überraschend, weil Chelatbildner
in elektrolytischen Bädern für die Elektroplattierung, d.h. also bei der elektrolytischen
Abscheidung von Metallüberzügen, insbesondere von Gold und anderen Edelmetallen sowie
deren Legierungen, auf kathodisch geschalteten Gegenständen verwendet wurden, um besonders
fest haftende Überzüge und Metallabscheidungen zu erhalten.
[0013] Im allgemeinen arbeitet man für das Polieren von Aluminium und Aluminiumlegierungen
mit einer Stromdichte von 5 bis 15 A/dm², vorzugsweise 8 bis 10 A/dm², einer Polierzeit
von 15 bis 20 min und einer Elektrolyt-Temperatur von etwa 80°C. Für Stahl und Edelstahl
soll die Stromdichte 10 bis 15 A/dm², vorzugsweise etwa 15 A/dm² , bei etwa 50°C und
für Nickellegierungen 5 bis 30 A/dm² bei Temperaturen in der gleichen Größenordnung
sein bei einer Polierzeit von ca. 15 min.
[0014] Die an sich gute Beständigkeit von Phosphonsäure gegenüber sauren Elektrolyten kann
bei erschwerten Arbeitsbedingungen, wie sehr hoher Arbeitstemperatur und dadurch erhöhte
Aggressivität des Elektrolyten, durch den Zusatz von Satbilisatoren noch verbessert
werden. Als derartige Stabilisatoren haben sich Nitrilotriessigsäure, insbesondere
deren Natriumsalz, in einer Konzentration von 0,5 bis 2 Gew-%, insbesondere etwa 1
Gew.-%, und Natriumglukoheptonat in einer Konzentration von 0,5 bis 2 Gew.-%, insbesondere
etwa 1 Gew-%, besonders bewährt.
[0015] Die Erfindung wird an folgenden Beispielen weiter erläutert.
Beispiel 1
[0016] Zum Polieren von Gegenständen aus Aluminium bzw. einer Aluminiumlegierung wurde ein
Elektrolyt enthaltend
900 cm³/l Phosphorsäure (85 gew.-%-ig) und
100 cm³/l Schwefelsäure (96 gew.-%-ig)
mit einem Zusatz von 25 g/l Morpholinomethandiphosphonsäure verwendet und bei einer
Stromdichte von 9 A/dm² und 80°C 10 min poliert. Die Gegenstände wurden dann aus dem
Polierbad herausgehoben; der Elektrolyt konnte in Ruhe ablaufen, ohne daß nach 60
s eine Anätzung der Oberfläche festgestellt werden konnte. Anschließend wurden die
Gegenstände säurefrei gespült. Durch Erhöhung der Phosphonsäuremenge kann diese Zeit
noch verlängert werden.
[0017] Wird jedoch ein Elektrolyt ohne dem erfindungsgemäßen Zusatz verwendet, so beginnt
das Anätzen bereits nach 3 s.
Beispiel 2
[0018] Einem Elektrolyt enthaltend 660 cm³/l Phosphorsäure (85 gew.-%-ig) und 340 cm³/l
Schwefelsäure (96 gew.-%-ig) wurden 10 g/l Morpholinomethandiphosphonsäure sowie 1
Gew.-% Nitrilotriessigsäure zugesetzt und darin Gegenstände aus Edelstahl poliert.
Man erhielt bei einer Stromdichte von 15 A/dm² und 50°C in einer Polierzeit von 6
bis 7 min einwandfreien Glanz.
[0019] In einem Elektrolyten ohne dem Phosphonsäurezusatz benötigte man für den gleichen
Glanz 10 min.
Beispiel 3
[0020] Elektrolyt für Nickellegierungen:
600 cm³/l Phosphorsäure (85 gew.-%-ig)
400 cm³/l Schwefelsäure (96 gew.-%-ig)
30 g/l Diethylentriamin-pentamethylenphosphonsäure
Stromdichte 15 A/dm²
Polierzeit 7 min
[0021] Wird jedoch ein Elektrolyt ohne dem erfindungsgemäßen Zusatz verwendet, so benötigt
man für den gleichen Glanz etwa 10,5 min.
1. Elektrolyt zum elektrochemischen Polieren von Gegenständen aus Stahl, Edelstahl,
Nickellegierungen, Aluminium und Aluminiumlegierungen enthaltend Phosphorsäure und
Schwefelsäure,
gekennzeichnet durch
einen Zusatz an einem Chelatbildner auf der Basis von Phosphonsäuren.
2. Elektrolyt nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Bad 1 bis 100 g/l Chelatbildner enthält.
3. Elektrolyt nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Chelatbildner Morpholinomethandiphosphonsäure ist.
4. Elektrolyt nach Anspruch 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß er zusätzlich einen Stabilisator für die Phosphonsäure enthält.
5. Elektrolyt nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß er 0,5 bis 2 Gew.-% Stabilisator enthält.
6. Elektrolyt nach Anspruch 4 oder 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Stabilisator Nitrilotriessigsäure oder deren Salz oder Natriumglukoheptonat
ist.