[0001] Die Erfindung bezieht sich auf einen schnellfliegenden Flugkörper, insbesondere eine
mit Überschallgeschwindigkeit fliegende Granate gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches
1.
[0002] Derartige Flugkörper können dadurch stabilisiert werden, daß man aerodynamisch wirksame
Strukturteile, z. B. Finnen, Ruder, einen Heckkonus oder dergleichen so auslegt, daß
der Druckpunkt von der Flugkörperspitze aus betrachtet hinter dem Flugkörperschwerpunkt
zu liegen kommt. Derartige Maßnahmen können den Anwendungsbereich eines Flugkörpers,
insbesondere einer mit Überschallgeschwindigkeit fliegenden Granate einschränken
oder erfordern gegebenenfalls relativ komplizierte mechanische Lösungen, insbesondere
dann, wenn der Flugkörper aus einem Rohr verschossen werden muß. Hier müssen entweder
Sonderkonstruktionen am Abschußrohr vorgesehen werden oder die aerodynamisch wirksamen
Strukturteile müssen während des Abschusses in die Kontur des Flugkörpers eingeschwenkt
werden können.
[0003] Eine weitere Möglichkeit ist eine Drallstabilisierung von Granaten. Dies setzt einen
hohen Konstruktionsaufwand für das Abschußrohr mit Drallzügen voraus, wobei beim
Abschuß sowohl das Abschußrohr als auch der Flugkörper stark mechanisch belastet
werden. Außerdem verringert sich durch eine Drallstabiliserung die Reichweite des
Flugkörpers.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine konstruktiv einfache aerodynamische
Stabilisiervorrichtung anzugeben, ohne das Kaliber des ohne Drall abzuschießenden
Flugkörpers zu vergrößern.
[0005] Diese Aufgabe ist gemäß der Erfindung durch die im kennzeichnenden Teil des ersten
Patentanspruchs angegebenen Merkmale gelöst.
[0006] Demnach dient als Stabilisiervorrichtung eine massenausgeglichen allseitig frei
bewegbare Spitzenhülle des Flugkörpers, deren Schwerpunkt im wesentlichen mit dem
Lagerpunkt zusammenfällt. Deren Druckpunkt liegt hinter dem Lagerpunkt, um die Spitzenhülle
aerodynamisch stabil zu halten. Aufgrund der Druckverteilung richtet sich die Spitzenhülle
während des Fluges in den Wind, d. h. in die Anströmvorrichtung und erzeugt somit
keine wesentlichen Momente um die Flugkörperachse. Hierdurch wird der Flugkörper stabilisiert
und in den Wind gezogen, wenn die übliche Duckverteilung hinter der Spitzenhülle im
Zusammenhang mit dem Flugkörperschwerpunkt ein stabilisierendes Moment erzeugt und
wenn die Störmomente auf die Spitzenhülle - die weitgehend bedingt sind vom Geschehen
hinter und in ihr - gering sind.
[0007] Die Konstruktion und Lagerung der Spitzenhülle sind relativ einfach, auf jeden Fall
wird durch die Spitzenhülle das Kaliber des Flugkörpers nicht vergrößert, so daß
dieser als schnellfliegende Granate ohne Drall aus einem Abschußrohr einfach abgeschossen
werden kann. Die Spitzenhülle ist gemäß Anspruch 2 vorteilhaft am vorderen Ende eines
Teleskopzylinders gelagert, der erst gewisse Zeit nach dem Abschuß des Flugkörpers
ausgefahren wird, wenn die Anströmverhältnisse an der Spitzenhülle auf diese nicht
mehr destabilisierend wirken.
[0008] Der Teleskopzylinder kann mechanisch oder pyrotechnisch gemäß Anspruch 5 ausfahrbar
sein.
[0009] Weitere Ausgestaltungen gehen aus den Unteransprüchen hervor. Die Erfindung ist in
einem Ausführungsbeispiel anhand der Zeichnung näher erläutert:
[0010] Figuren 1a bis c zeigen jeweils einen Schnitt durch eine Granatenspitze mit einer
Spitzenhülle die mit Hilfe eines Teleskopzylinders aus einer Ruheposition gemäß Figur
1a über eine Zwischenposition gemäß Figur 1b in die Wirkstellung gemäß Figur 1c gebracht
wird, in der sie zum Stabilisieren der Granate dient.
[0011] Eine mit Überschallgeschwindigkeit fliegende Granate 1 weist ein in den Figuren nur
teilweise angedeutetes zylindrisches Gehäuse 2 mit einer Längsachse 3 auf, an das
sich als Flugkörperspitze eine dünnwandige kegelige Spitzenhülle 4 anschließt. In
der Längsachse 3 der Granate ist ein Wuchtkern 5 gelegen, der das Ziel beim Aufschlag
durchdringt. Das zylindrische Granatengehäuse 2 ist zur Spitzenhülle 4 durch eine
Trennwand 6 abgeschlossen, die einen in Art eines Kegelstumpfes ausgebildeten, in
die Spitzenhülle 4 hineinragenden Führungskörper 7 trägt. Der die Tennwand 6 durchdringende
Wuchtkern 5 ist über einen Teil seiner Länge mit einer Führungshülse 8 umgeben. Zwischen
dieser feststehenden Führungshülse und dem Kegelstumpf-Führungskörper 7 gleitet ein
erstes Teleskoprohr 9, welches am hinteren, der Trennwand 6 zugewandten Ende einen
Anschlag 10 trägt, dem im Abstand ein korrespondierender Anschlag 11 an dem Führungskörper
7 zugeorndnet ist. In dem ersten ausfahrbaren Teleskoprohr 9 ist ein zweites ausfahrbares
Teleskoprohr 12 gelagert.
[0012] Die Ausfahrlänge dieses Teleskoprohres 12 ist durch zwei Anschläge 13 und 14 an den
beiden Teleskoprohren 12 bzw. 9 begrenzt. Das Teleskoprohr 12 trägt an seinem vorderen
Ende eine auf der Längsachse 3 gelegene Spitze 15, der in einem vorderen Einsatzteil
der Spitzenhülle 4 eine im Querschnitt dreieckförmige Ausnehmung 16 gegenüberliegt.
[0013] In der Ruheposition der Spitzenhülle 4 gemäß Figur 1a wird die Spitzenhülle 4 einmal
durch den Führungskörper 7 im Bereich der Trennwand und zum anderen auf einer äußeren
vorderen Schulter 17 am Teleskoprohr 9 abgestützt. Die Spitze 15 und die Ausnehmung
16 greifen nicht ineinander.
[0014] In dem Führungskörper 7 ist benachbart zu der Trennwand 6 ein kreisringförmiger Gasgenerator
18 gelegen, dessen pyrotechnische Treibladung durch einen Massenring 19 gezündet werden
kann. Der Gasgenerator steht über mehrere Kanäle 20 mit dem aus Führungskörper 7,
Führungs -hülse 8 und den beiden Teleskoprohren 9 und 12 gebildeten Teleskopzylinder
in Verbindung, wobei die Kanäle 20 hinter dem Anschlag 10 des Teleskoprohres 9 in
den Teleskopzylinder münden. Außerdem gehen vom Gasgenerator 18 noch weitere Kanäle
21 aus, die in dem Zwischenraum zwischen Führungskörper 7 und Spitzenhülle 4 münden.
[0015] Beim Abschuß der Granate aus dem nicht gezeigten Abschußrohr, wird der Massering
19 aufgrund seiner Trägheit in Richtung auf die pyrotechnische Ladung des Gasgenerators
beschleunigt und zündet diese. Über die Kanäle 20 strömt jetzt Gas in den Teleskopzylinder
und drückt auf den Anschlag 10 des ersten Teleskoprohres 9. Dieses wird nach vorn
geschoben, bis der Anschlag 10 auf den Anschlag 11 am Führungskörper 7 aufläuft.
[0016] Während dieser Ausfahrbewegung wird die Spitzenhülle 4 weiterhin auf der Schulter
17 des Teleskoprohres abgestützt. Die Spitzenhülle 4 wird außerdem durch das aus den
Kanälen 21 austretende Gas stabilisiert. Dieser Zwischenzustand ist in Figur 1b gezeigt.
[0017] In diesen Zwischenzustand wird ein Ringschlitz 22 zwischen dem Anschlag 10 des Teleskoprohres
9 und der Führungshülse 8 freigegeben, so daß jetzt auch das Gas des Gasgenerators
in das Innere des Teleskoprohres 9 strömen kann und dabei das zweite ausfahrbare Teleskoprohr
12 nach vorne schiebt. Zunächst läuft dessen Spitze 15 in die Ausnehmung 16 der Spitzenhülle,
so daß diese in Art eines Spitzenlagers am Berührungspunkt, d. h. am Lagerpunkt 23
abgestützt wird. Beim weiteren Ausfahren des inneren Teleskoprohres 12 löst sich die
formschlüssige Verbindung der Spitzenhülle 4 an der Schulter 17 des ersten Teleskoprohres.
Wenn die Anschläge 13 und 14 am inneren und äußeren Teleskoprohr in Kontakt kommen,
hat die Spitzenhülle 4 eine Lage gemäß Figur 1c erreicht, in der sie um den Lagerpunkt
23 in allen Richtungen frei schwenkbar ist. Um die Spitzenhülle aerodynamisch zu
stabilisieren, ist der Lagerpunkt 23 so gewählt, daß er vor dem aerodynamischen Druckpunkt
liegt. Die Spitzenhülle 4 kann sich in dem in Figur 1c gezeigten Zustand in den anströmenden
Wind richten.
[0018] Die geschilderte verzögerte Freigabe der Spitzenhülle 4 erfolgt erst, nachdem ein
genügend großer Abstand zwischen deren Hinterkante 24 und der Trennwand 6 erreicht
ist, so daß unsymmetrische Saugeffekte aus dem Inneren der Spitzenhülle bzw. Rückstauunsymmetrien
im Bereich der Hinterkante 24, die durch eingezogene Luftströmungen verursacht werden
könnten, auf ein Mindestmaß beschränkt bleiben. Diese Störungen werden auch durch
das Einblasen von Gas in die Spitzenhülle über die Kanäle 21 gering gehalten. Wenn
die beim Ablösen der Hinterkante 24 von der Auflage an dem Stützkörper 7 auftretenden
Störungen nur gering sind, kann die Spitzenhülle 4 auch durch gemeinsames Ausfahren
der beiden Teleskoprohre 9 und 12 nach vorne geschoben werden. In einem solchen Fall
ist es z. B. möglich, den Teleskopzylinder mit Hilfe einer mechanischen Feder auszufahren.
[0019] Wird die Granate 1 in der in Figur 1c gezeigten Lage der Spitzenhülle während des
Fluges achsparallel angeströmt, so verbleibt sie in dem idealen Flugzustand, in dem
Flugrichtung und Richtung der Längsachse 3 zusammenfallen. Ändert sich jedoch diese
Anströmung durch eine Pendelung der Granate, so richtet sich die frei bewegliche Spitzenhülle
4 in den Wind, so daß die Spitzenhüllenachse nicht mehr mit der Längsachse 3 der Granate
1 zusammenfällt. Hierdurch ergeben sich unterschiedliche Strömungsverhältnisse an
entgegengesetzten Seiten im Bereich des Granatengehäuses 2, so daß dieses sozusagen
in den Wind gezogen wird. Der Pendelung der Granate wird hierdurch entgegengewirkt,
die Granate stabilisiert.
[0020] Es wäre im übrigen auch möglich, über die Kanäle 21 gesteuert Gas in den Innenraum
der Spitzenhülle 4 zu blasen, um diese gewollt aus der mit dem Granatengehäuse 2 koaxialen
Lage zu zwingen. Auch hierdurch ändern sich dann die Anströmverhältnisse im Bereich
des Granatengehäuses 2. Auf diese Möglichkeit wäre in gewissen Grenzen eine Steuerung
der Granate möglich.
[0021] Das Spitzenlager zwischen innerem Teleskoprohr 12 und Spitzenhülle 4 kann selbstverständlich
durch andere Lager, z. B. durch eine Kugelführung der Spitzenhülle auf dem Teleskoprohr
ersetzt werden.
1. Schnellfliegender Flugkörper, insbesondere mit Überschallgeschwindigkeit fliegende
Granate, mit einer Vorrichtung zum Stabilisieren des Flugkörpers und zur Verminderung
von dessen Pendelung, dadurch gekennzeichnet, daß der Flugkörper (1) als Stabilisiervorrichtung
im Bereich der Flugkörperspitze eine rotationssymmetrische , im wesentlichen kegelige
Spitzenhülle (4) aufweist, die massenausgeglichen um einen auf der Flugkörper-Längsachse
(3) gelegenen Lagerpunkt (23) allseitig frei schwenkbar gelagert ist.
2. Flugkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Spitzenhülle am vorderen
Ende (15) eines in Richtung der Flugkörperlängsachse (3) ausfahrbaren Teleskopzylinders
(7, 8, 9, 12) gelagert ist, der auf seiner anderen Seite mit dem Gehäuse (2) des Flugkörpers
verbunden ist.
3. Flugkörper nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Teleskopzylinder (7,
8, 9, 12) ein mit dem Flugkörpergehäuse (2) fest verbundenes (7, 8) und zwei nacheinander
ausfahrbare Teleskoprohre (9, 12) aufweist, daß die Spitzenhülle (4) während des Ausfahrens
des in dem feststehenden Teleskoprohr (7, 8) gleitenden, zuerst ausfahrbaren Teleskoprohres
(9) auf einer vorderen Schulter (17) dieses Teleskoprohres (9) formschlüssig gehalten
ist, und daß der Lagerpunkt (23) für die Spitzenhülle (4) an dem vorderen Ende (15)
des zweiten anschließend unter Freigeben der formschlüssigen Verbindung zwischen
Schulter (17) und Spitzenhülle (4) ausfahrbaren Teleskoprohres (12) vorgesehen ist.
4. Flugkörper nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Teleskopzylinder
(7, 8, 9, 12) pneumatisch betätigbar ist.
5. Flugkörper nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß für die Betätigung des
Teleskopzylinders (7, 8, 9, 12) ein Gasgenerator (18) vorgesehen ist.
6. Flugkörper nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Gasgenerator (18) zusätzlich
mit Ausblasöffnungen (21) kommuniziert, die zwischen Teleskopzylinder und Innenwand
der Spitzenhülloe (7) rotationssymmetrisch um die Flugkörperlängsachse (3) angeordnet
sind.