(19)
(11) EP 0 254 680 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.01.1988  Patentblatt  1988/04

(21) Anmeldenummer: 87810395.1

(22) Anmeldetag:  14.07.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B22D 27/13
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI

(30) Priorität: 21.07.1986 CH 2909/86

(71) Anmelder: SCHWEIZERISCHE ALUMINIUM AG
CH-3965 Chippis (CH)

(72) Erfinder:
  • Wulff, Gunther
    CH-8260 Stein am Rhein (CH)
  • Gabathuler, Jeanpierre
    CH-8200 Schaffhausen (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Niederdruck-Kokillengiessverfahren


    (57) Ein Niederdruck-Kokillengiessverfahren für Metalle wird im Hinblick auf die Verminderung der Lunkerbildung verbessert. Dies wird dadurch erreicht, dass das Gussstück zumindest bis zur vollständigen Erstarrung in der Giessform mit einem Gasdruck beaufschlagt wird, wobei die Druckbeaufschlagung nach einer Zeit, ausgehend vom Erstarrungsbeginn, erfolgt, welche 20 bis 70 % der Erstarrungszeit desjenigen Teilbereichs des Gussstücks entspricht, in welchem die Lunkerbildung verhindert werden soll. Der Wahl des optimalen Zeitpunkts für die Druckbeaufschlagung kommt ganz wesentliche Bedeutung zu, währenddem die Höhe des Drucks einen eher untergeordneten Einfluss auf die Lunkerbildung hat.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Niederdruck-Kokillengiessverfahren für Metalle, bei dem das Gussstück zumindest bis zur vollständigen Erstarrung in der Giessform mit einem Gasdruck beaufschlagt wird.

    [0002] Beim Niederdruck-Kokillengiessen wird die Metallschmelze, durch einen verhältnismässig niedrigen Gasdruck von einem Schmelzebehälter über ein Steigrohr in den Formhohlraum einer Kokille gehoben. Nach erfolgter Füllung der Kokille wird der Druck so lange aufrecht erhalten, bis die an der höchsten Stelle beginnende Erstarrung bis zur Oeffnung des Steigrohrs an der Kokille fortgeschritten ist. Während des gesamten Erstarrungsablaufs wird somit weitere Metalle schmelze zum Nachspeisen von unten zugeführt. Nach der Erstarrung des Gussstücks wird der Schmelzebehälter entlüftet und die im Steigrohr befindliche Metallschmelze fliesst in den Schmelzebehälter zurück.

    [0003] Im Gegensatz zum herkömmlichen Niederdruck-Kokillengiessverfahren erfolgt die Formfüllung und Erstarrung beim Gegendruck - Kokillengiessen unter höherem Druck, bis zu 10 bar. Die Giessform befindet sich hierbei in einer Druckkammer. Trotz Aufrechterhaltung des Drucks bis zum vollständigen Erstarren des Gussstücks gelingt es jedoch mit diesem Verfahren nicht, die Bildung von Lunkern zu vermeiden.

    [0004] Angesichts dieser Gegebenheiten haben sich die Erfinder das Ziel gesetzt, ein Verfahren der eingangs erwähnten Art im Hinblick auf die Verminderung der Lunkerbildung zu verbessern.

    [0005] Zur Lösung der gestellten Aufgabe führt, dass die Druckbeaufschlagung erst nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche des Gussstücks erfolgt.

    [0006] Die Druckbeaufschlagung erfolgt bevorzugt nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche desjenigen Teilbereichs des Gussstücks, in welchem die Bildung von Lunkern verhindert werden soll.

    [0007] Der überraschende Effekt, dass die Lunkerbildung erst durch das Aufbringen eines Gasdrucks nach der Bildung einer erstarrten Randzone am Gussstück wirkungsvoll und reproduzierbar vermindert werden kann, lässt sich mit dem unterschiedlichen Gasdruck in den Lunkern und ausserhalb des Gussstücks erklären. Erfolgt die Druckbeaufschlagung bereits während der Formfüllphase, bzw. unmittelbar danach, so stehen die sich in der erstarrenden Metallschmelze bildenden Lunker und Poren über feine, an die Oberfläche des Gussstücks dringende Kanäle mit der das Gussstück bzw. die Giessform umgebenden Atmosphäre in Verbindung. Eine gewisse Anzahl Lunker ist dadurch zumindest zeitweise offenporig und steht demzufolge ebenfalls unter dem erhöhten Gasdruck. Diese Bedingungen wirken nun dem Kompressionseffekt der Druckbeaufschlagung entgegen, so dass ein Zusammenpressen der Lunker und Poren nicht erfolgen kann. Die Anwendung des erfindungsgemässen Verfahrens - nämlich die Einwirkung eines erhöhten Gasdrucks auf das Gussstück nach Ausbildung einer erstarrten Randzone - hat zur Folge, dass die Lunker und Poren in ihrer Entstehungsphase mit der Atmosphäre ausserhalb des Gussstücks nicht in Verbindung stehen. Ein verhältnismässig geringer Kompressionsdruck ist deshalb ausreichend, um die Bildung von Lunkern und Poren wirksam zu unterbinden.

    [0008] Der optimale Zeitpunkt für die Druckbeaufschlagung liegt bei einer vom Erstarrungsbeginn an gerechneten Zeit, welche 20 bis 70 % der Erstarrungszeit entspricht. Die Erstarrungszeit ist hierbei definiert als Zeitspanne zwischen Erstarrungsbeginn und vollständiger Erstarrung eines Teilbereichs des Gussstücks und kann für jede beliebige Giessform empirisch gefunden oder aber aus Wärmehaushaltsberechnungen abgeleitet werden.

    [0009] Eine einfache Giessform mit im wesentlichen gleichen Querschnittsablagerungen führt zu einer einheitlichen Erstarrung. Die Erstarrung setzt an der gesamten Oberfläche des Gussstücks praktisch gleichzeitig ein und endet überall im Gussstück nach gleicher Zeit, d.h. das Gussstück hat eine einzige definierte Erstarrungszeit. Bei einer komplizierten Giessform mit örtlich unterschiedlichen Querschnitten setzt die Erstarrung an der Oberfläche des Gussstücks zu entsprechend verschiedenen Zeitpunkten ein. Ebenso ergeben sich für jeden Querschnitt unterschiedlich lange Erstarrungszeiten. Zur Festlegung des Zeitpunkts der Druckbeaufschlagung wird demzufolge bevorzugt die Erstarrungszeit des am stärksten lunkergefährdeten Teilbereichs des Gussstücks - bzw. die Erstarrungszeit desjenigen Teilbereichs, in welchem die Lunkerbildung z.B. aus Festigkeitsgründen verhindert werden soll - herangezogen.

    [0010] Unter gleichbleibenden Giessbedingungen wird die Zeit bis zur Druckbeaufschlagung üblicherweise vom Zeitpunkt der beendeten Formfüllung an gerechnet. Hierbei muss einfach die Zeitspanne von der beendeten Formfüllung bis zur beginnenden Erstarrung der erfindungsgemäss definierten Zeit hinzugerechnet werden.

    [0011] Die Erstarrungszeit ist u.a. abhängig von der zu vergiessenden Metallschmelze, von der Art und Grösse der Giessform sowie den Eigenschaften der Schlichte und liegt normalerweise in einem Bereich von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten. Da ein Arbeiten unter höheren Drücken zwangsläufig einen grösseren apparativen Aufwand erfordert, ist man bestrebt, den Druck so niedrig wie möglich zu halten. Der aufzubringende Gasdruck richtet sich nach dem Ausmass der Erstarrung im Zeitpunkt der Druckbeaufschlagung. Im bevorzugten Bereich von 20 bis 70 % der Erstarrungszeit ist ein Druck von 2 bis 10 bar normalerweise ausreichend. Mit fortschreitender Erstarrung ausserhalb des bevorzugten Bereichs ist ein entsprechend höherer Gasdruck erforderlich. Der Gasdruck wird zumindest bis zur vollständigen Erstarrung des Gussstücks aufrecht erhalten.

    [0012] Als Druckgas wird üblicherweise Luft oder Stickstoff verwendet. Es können aber - unter Berücksichtigung des Reaktionsverhaltens des zu vergiessenden Werkstoffs - auch andere Gase eingesetzt werden.

    [0013] Das Verfahren eignet sich insbesondere zum Giessen von Aluminium, Magnesium, Kupfer, Zink sowie deren Legierungen. Die Durchführung des Verfahrens ist nicht an eine bestimmte Vorrichtung gebunden. Auf einfache Weise lässt sich das Verfahren auf einer herkömmlichen Gegendruck-Kokillengiessanlage ohne wesentliche Umrüstung realisieren.

    [0014] Das erfindungsgemässe Verfahren wird nachstehend anhand eines Modellversuchs mit einem Werkstoff mit starker Neigung zur Lunker- bzw. Porenbildung demonstriert.

    [0015] Aus Reinstaluminium (Al 99.99) wurden Kugeln von 2 cm Durchmesser gegossen. Unter den gegebenen Versuchsbedingungen lag die Erstarrungszeit der Kugeln bei 11 Sekunden. Bis zur vollständigen Erstarrung wurden die Kugeln in der Giessform in einem Autoklaven unterschiedlich hohen Drücken ausgesetzt, wobei die Beaufschlagung mit Druckluft in unterschiedlichen Zeitabständen nach Erstarrungsbeginn erfolgte. Anschliessend wurde das Porenvolumen der Kugeln ermittelt. Die Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle zusammengefasst. Die angegebenen Drücke verstehen sich als Ueberdruck gegen Atmosphärendruck. Die Werte für die Porenvolumen entsprechen Mittelwerten aus je 10 Giessversuchen.

    [0016] Aus der Tabelle geht deutlich hervor, dass eine wirkungsvolle Verminderung des Porenvolumens bzw. der Anzahl und Grösse der Lunker nur dann erzielt werden kann, wenn die Druckbeaufschlagung des Gussstücks erst nach einer gewissen Zeit nach Erstarrungsbeginn erfolgt. Ebenso ist ersichtlich, dass der Wahl des optimalen Zeitpunkts für die Druckbeaufschlagung ganz wesentliche Bedeutung zukommt, währenddem die Höhe des Drucks im bevorzugten erfindungsgemässen Zeitbereich auf das Porenvolumen einen nur untergeordneten Einfluss hat.



    [0017] Tabelle Porenvolumen (in Prozenten) in Abhängigkeit des Gasdrucks und des Zeitpunkts der Druckbeaufschlagung.


    Ansprüche

    1. Niederdruck-Kokillengiessverfahren für Metalle, bei dem das Gussstück zumindest bis zur vollständigen Erstarrung in der Giessform mit einem Gasdruck beaufschlagt wird,
    dadurch gekennzeichnet,
    dass die Druckbeaufschlagung erst nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche des Gussstücks erfolgt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckbeaufschlagung nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche desjenigen Teilbereichs des Gussstücks erfolgt, in welchem die Bildung von Lunkern verhindert werden soll.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckbeaufschlagung nach einer Zeit, ausgehend vom Erstarrungsbeginn, erfolgt, welche 20 bis 70 % der Erstarrungszeit desjenigen Teilbereichs des Gussstücks entspricht, in welchem die Lunkerbildung verhindert werden soll.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Gasdruck 2 bis 10 bar beträgt.
     





    Recherchenbericht