[0001] Die Erfindung betrifft ein Niederdruck-Kokillengiessverfahren für Metalle, bei dem
das Gussstück zumindest bis zur vollständigen Erstarrung in der Giessform mit einem
Gasdruck beaufschlagt wird.
[0002] Beim Niederdruck-Kokillengiessen wird die Metallschmelze, durch einen verhältnismässig
niedrigen Gasdruck von einem Schmelzebehälter über ein Steigrohr in den Formhohlraum
einer Kokille gehoben. Nach erfolgter Füllung der Kokille wird der Druck so lange
aufrecht erhalten, bis die an der höchsten Stelle beginnende Erstarrung bis zur Oeffnung
des Steigrohrs an der Kokille fortgeschritten ist. Während des gesamten Erstarrungsablaufs
wird somit weitere Metalle schmelze zum Nachspeisen von unten zugeführt. Nach der
Erstarrung des Gussstücks wird der Schmelzebehälter entlüftet und die im Steigrohr
befindliche Metallschmelze fliesst in den Schmelzebehälter zurück.
[0003] Im Gegensatz zum herkömmlichen Niederdruck-Kokillengiessverfahren erfolgt die Formfüllung
und Erstarrung beim Gegendruck - Kokillengiessen unter höherem Druck, bis zu 10 bar.
Die Giessform befindet sich hierbei in einer Druckkammer. Trotz Aufrechterhaltung
des Drucks bis zum vollständigen Erstarren des Gussstücks gelingt es jedoch mit diesem
Verfahren nicht, die Bildung von Lunkern zu vermeiden.
[0004] Angesichts dieser Gegebenheiten haben sich die Erfinder das Ziel gesetzt, ein Verfahren
der eingangs erwähnten Art im Hinblick auf die Verminderung der Lunkerbildung zu verbessern.
[0005] Zur Lösung der gestellten Aufgabe führt, dass die Druckbeaufschlagung erst nach Beginn
der Erstarrung der Oberfläche des Gussstücks erfolgt.
[0006] Die Druckbeaufschlagung erfolgt bevorzugt nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche
desjenigen Teilbereichs des Gussstücks, in welchem die Bildung von Lunkern verhindert
werden soll.
[0007] Der überraschende Effekt, dass die Lunkerbildung erst durch das Aufbringen eines
Gasdrucks nach der Bildung einer erstarrten Randzone am Gussstück wirkungsvoll und
reproduzierbar vermindert werden kann, lässt sich mit dem unterschiedlichen Gasdruck
in den Lunkern und ausserhalb des Gussstücks erklären. Erfolgt die Druckbeaufschlagung
bereits während der Formfüllphase, bzw. unmittelbar danach, so stehen die sich in
der erstarrenden Metallschmelze bildenden Lunker und Poren über feine, an die Oberfläche
des Gussstücks dringende Kanäle mit der das Gussstück bzw. die Giessform umgebenden
Atmosphäre in Verbindung. Eine gewisse Anzahl Lunker ist dadurch zumindest zeitweise
offenporig und steht demzufolge ebenfalls unter dem erhöhten Gasdruck. Diese Bedingungen
wirken nun dem Kompressionseffekt der Druckbeaufschlagung entgegen, so dass ein Zusammenpressen
der Lunker und Poren nicht erfolgen kann. Die Anwendung des erfindungsgemässen Verfahrens
- nämlich die Einwirkung eines erhöhten Gasdrucks auf das Gussstück nach Ausbildung
einer erstarrten Randzone - hat zur Folge, dass die Lunker und Poren in ihrer Entstehungsphase
mit der Atmosphäre ausserhalb des Gussstücks nicht in Verbindung stehen. Ein verhältnismässig
geringer Kompressionsdruck ist deshalb ausreichend, um die Bildung von Lunkern und
Poren wirksam zu unterbinden.
[0008] Der optimale Zeitpunkt für die Druckbeaufschlagung liegt bei einer vom Erstarrungsbeginn
an gerechneten Zeit, welche 20 bis 70 % der Erstarrungszeit entspricht. Die Erstarrungszeit
ist hierbei definiert als Zeitspanne zwischen Erstarrungsbeginn und vollständiger
Erstarrung eines Teilbereichs des Gussstücks und kann für jede beliebige Giessform
empirisch gefunden oder aber aus Wärmehaushaltsberechnungen abgeleitet werden.
[0009] Eine einfache Giessform mit im wesentlichen gleichen Querschnittsablagerungen führt
zu einer einheitlichen Erstarrung. Die Erstarrung setzt an der gesamten Oberfläche
des Gussstücks praktisch gleichzeitig ein und endet überall im Gussstück nach gleicher
Zeit, d.h. das Gussstück hat eine einzige definierte Erstarrungszeit. Bei einer komplizierten
Giessform mit örtlich unterschiedlichen Querschnitten setzt die Erstarrung an der
Oberfläche des Gussstücks zu entsprechend verschiedenen Zeitpunkten ein. Ebenso ergeben
sich für jeden Querschnitt unterschiedlich lange Erstarrungszeiten. Zur Festlegung
des Zeitpunkts der Druckbeaufschlagung wird demzufolge bevorzugt die Erstarrungszeit
des am stärksten lunkergefährdeten Teilbereichs des Gussstücks - bzw. die Erstarrungszeit
desjenigen Teilbereichs, in welchem die Lunkerbildung z.B. aus Festigkeitsgründen
verhindert werden soll - herangezogen.
[0010] Unter gleichbleibenden Giessbedingungen wird die Zeit bis zur Druckbeaufschlagung
üblicherweise vom Zeitpunkt der beendeten Formfüllung an gerechnet. Hierbei muss einfach
die Zeitspanne von der beendeten Formfüllung bis zur beginnenden Erstarrung der erfindungsgemäss
definierten Zeit hinzugerechnet werden.
[0011] Die Erstarrungszeit ist u.a. abhängig von der zu vergiessenden Metallschmelze, von
der Art und Grösse der Giessform sowie den Eigenschaften der Schlichte und liegt normalerweise
in einem Bereich von wenigen Sekunden bis zu einigen Minuten. Da ein Arbeiten unter
höheren Drücken zwangsläufig einen grösseren apparativen Aufwand erfordert, ist man
bestrebt, den Druck so niedrig wie möglich zu halten. Der aufzubringende Gasdruck
richtet sich nach dem Ausmass der Erstarrung im Zeitpunkt der Druckbeaufschlagung.
Im bevorzugten Bereich von 20 bis 70 % der Erstarrungszeit ist ein Druck von 2 bis
10 bar normalerweise ausreichend. Mit fortschreitender Erstarrung ausserhalb des bevorzugten
Bereichs ist ein entsprechend höherer Gasdruck erforderlich. Der Gasdruck wird zumindest
bis zur vollständigen Erstarrung des Gussstücks aufrecht erhalten.
[0012] Als Druckgas wird üblicherweise Luft oder Stickstoff verwendet. Es können aber -
unter Berücksichtigung des Reaktionsverhaltens des zu ver
giessenden Werkstoffs - auch andere Gase eingesetzt werden.
[0013] Das Verfahren eignet sich insbesondere zum Giessen von Aluminium, Magnesium, Kupfer,
Zink sowie deren Legierungen. Die Durchführung des Verfahrens ist nicht an eine bestimmte
Vorrichtung gebunden. Auf einfache Weise lässt sich das Verfahren auf einer herkömmlichen
Gegendruck-Kokillengiessanlage ohne wesentliche Umrüstung realisieren.
[0014] Das erfindungsgemässe Verfahren wird nachstehend anhand eines Modellversuchs mit
einem Werkstoff mit starker Neigung zur Lunker- bzw. Porenbildung demonstriert.
[0015] Aus Reinstaluminium (Al 99.99) wurden Kugeln von 2 cm Durchmesser gegossen. Unter
den gegebenen Versuchsbedingungen lag die Erstarrungszeit der Kugeln bei 11 Sekunden.
Bis zur vollständigen Erstarrung wurden die Kugeln in der Giessform in einem Autoklaven
unterschiedlich hohen Drücken ausgesetzt, wobei die Beaufschlagung mit Druckluft in
unterschiedlichen Zeitabständen nach Erstarrungsbeginn erfolgte. Anschliessend wurde
das Porenvolumen der Kugeln ermittelt. Die Ergebnisse sind in der nachstehenden Tabelle
zusammengefasst. Die angegebenen Drücke verstehen sich als Ueberdruck gegen Atmosphärendruck.
Die Werte für die Porenvolumen entsprechen Mittelwerten aus je 10 Giessversuchen.
[0016] Aus der Tabelle geht deutlich hervor, dass eine wirkungsvolle Verminderung des Porenvolumens
bzw. der Anzahl und Grösse der Lunker nur dann erzielt werden kann, wenn die Druckbeaufschlagung
des Gussstücks erst nach einer gewissen Zeit nach Erstarrungsbeginn erfolgt. Ebenso
ist ersichtlich, dass der Wahl des optimalen Zeitpunkts für die Druckbeaufschlagung
ganz wesentliche Bedeutung zukommt, währenddem die Höhe des Drucks im bevorzugten
erfindungsgemässen Zeitbereich auf das Porenvolumen einen nur untergeordneten Einfluss
hat.

[0017] Tabelle Porenvolumen (in Prozenten) in Abhängigkeit des Gasdrucks und des Zeitpunkts
der Druckbeaufschlagung.
1. Niederdruck-Kokillengiessverfahren für Metalle, bei dem das Gussstück zumindest
bis zur vollständigen Erstarrung in der Giessform mit einem Gasdruck beaufschlagt
wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Druckbeaufschlagung erst nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche des Gussstücks
erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckbeaufschlagung
nach Beginn der Erstarrung der Oberfläche desjenigen Teilbereichs des Gussstücks erfolgt,
in welchem die Bildung von Lunkern verhindert werden soll.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Druckbeaufschlagung
nach einer Zeit, ausgehend vom Erstarrungsbeginn, erfolgt, welche 20 bis 70 % der
Erstarrungszeit desjenigen Teilbereichs des Gussstücks entspricht, in welchem die
Lunkerbildung verhindert werden soll.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Gasdruck
2 bis 10 bar beträgt.