[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von harzgebundenen Vliesstoffen,
deren Faservliese aus organischen Fasern, wie Wolle, Baumwolle, Zellwolle, Polyester-
oder Acrylfasern bestehen. Ein Großteil des hier verwendeten Fasermaterials wird über
einen Reißprozeß aus Textilabfällen gewonnen.
[0002] Diese Textilvliesstoffe haben sich als Polster- und Dämmstoffe seit vielen Jahren
auf verschiedenen Anwendungsgebieten bestens bewährt, insbesondere haben sie auch
Eingang in den Automobilbau gefunden. Hier ist es vor allem die hohe Schallabsorptionsfähigkeit,
die sie in zunehmendem Maße Verwendung finden lassen. Das gilt nicht nur für den Automobilbau,
sondern im Zeichen des wachsenden Umweltschutzes für viele andere Maschinenausrüstungen
und Aggregate.
[0003] Für die Produktion der Faservliese lassen sich alle gebräuchlichen Produktionstechniken
einsetzen. Bevorzugt wird die aerodynamische Vliesbildung angewendet. Das vorgeöffnete
Fasermaterial wird weiter zerteilt, von einem Luftstrom erfaßt, transportiert und
auf einer Lochsiebwalze laufend zum Vlies abgelegt. Das Bindemittel wird in Pulverform
über Walzen, Vibrationsrinnen oder ähnlichen Dosiereinrichtungen in das Vlies eingestreut.
In einem nachgeschalteten, geschlossenen System muß durch Verwirbelung für eine intensive
und gleichmäßige Verteilung des Bindemittels im Vliesmaterial gesorgt werden. Anschließend
wird das jetzt bindemittelhaltige Fasergut unter Saugwirkung wieder auf den Querschnitt
der Faserbahn in einen zwischen Saugwalzen gebildeten Spalt zusammengeführt und erneut
zum Vlies abgelegt.
[0004] Die Härtung der Bindemittel und damit die endgültige Verfestigung der Faservliese
zum Vliesstoff kann ebenfalls nach verschiedenen Techniken vorgenommen werden. Vorzugsweise
wird das Vlies kontinuierlich zwischen zwei Drahtgewebe-Bändern durch einen langen
Härtungskanal gefahren, in dem mittels Heißluft von 160 bis 220 °C, die durch das
Vlies gesaugt bzw. geblasen wird, die Aushärtung erfolgt.
Dieses Verfahren liefert bahn- und plattenförmige Vliesstoffe.
[0005] Eine weitere Möglichkeit zur Verfestigung der Faservliese besteht in der Aushärtung
der Bindemittel durch Heißverpressung, die insbesondere zu Herstellung von stärker
verdichteten Platten und Formteilen angewendet wird. Dazu wird das Vlies im Härtungskanal
bei wesentlich niedrigeren Temperaturen nur vorgetrocknet und vorgehärtet und das
Material anschließend in Heißpressen entsprechend verformt.
[0006] Die so erhaltenen Textilvliesstoffe haben die unangenehme Eigenschaft, daß sie gelegentlich,
vor allem nach Einwirkung erhöhter Temperaturen (30 bis 60 °C) und Feuchtigkeit, einen
störenden Amingeruch verbreiten, der vom Härtungsmittel (Hexamethylentetramin) bzw.
dessen aminischen Zersetzungsprodukten herrührt.
[0007] Gemäß EP-A-76 429 wird dieses Problem dadurch gelöst, daß vor der Hitzebehandlung
auf die Oberfläche des Vlieses eine bei Hitze Ammoniak abspaltende Substanz, insbesondere
Harnstoff, aufgebracht wird. Abgesehen von dem zusätzlichen Arbeitsgang des Aufbringens
des Harnstoffs ist dieses Verfahren in seiner Wirkung äußerst begrenzt.
[0008] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein einfaches Verfahren zur Herstellung
phenolharzgebundener Vliesstoffe bereitzustellen, bei dem hochwertige Produkte entstehen,
die bei Gebrauch keinen vom Bindemittel herrührenden Amingeruch oder keine anderen
störenden Geruchsmerkmale aufweisen.
[0009] Die Lösung der Aufgabe erfolgt durch ein Verfahren gemäß der Ansprüche 1 bis 8.
[0010] Es wurde gefunden, daß auch bei längerer Feuchtigkeitseinwirkung die Bildung von
geruchsbelästigenden Aminoverbindungen in phenolharzgebundenen Textilvliesstoffen
unterbleibt, wenn diese Textilvliesstoffe mittels eines Bindemittels hergestellt werden,
das aus einem pulverförmigen Gemisch aus einem nicht wärmereaktiven Phenolharz, einem
oder mehreren wärmereaktiven Kondensationsprodukten aus der Gruppe der Phenol-, Amino-
oder Epoxidharze und gegebenenfalls einem Härtungsbeschleuniger besteht.
[0011] Andererseits haben die so hergestellten Textil-Vliesstoffe ein ausreichendes Festigkeitsniveau
und ein thermisches Verhalten, wie sie von den bislang üblichen mit Novolak und Hexamethylentetramin
gebundenen Vliesstoffen bekannt und geschätzt sind. Dies ist insofern überraschend,
als man bisher davon ausgegangen ist, daß man zur Erzielung eines ausreichenden Festigkeitsniveaus
größere Mengen von Hexamethylentetramin als Härter für Novolake benötigt.
[0012] Die erfindungsgemäß verwendeten Bindemittel sind ein Gemisch aus zumindest zwei pulverförmigen
Harzen, einem nicht wärmereaktiven Phenolharz und einem wärmereaktiven Harz. Das nicht
wärmereaktive Harz ist ein im sauren Medium kondensiertes Phenolharz der allgemeinen
Formel

wobei R und Rʹ gleich oder verschieden sind und Wasserstoff oder eine Alkylkette
mit 1 bis 9 C-Atomen bedeuten.
Ausgangsprodukte sind Phenol, Kresole, Xylenole oder längerkettige Alkylphenole, die
mit Formaldehyd oder einer unter Kondensationsbedingungen Formaldehyd abspaltenden
Verbindung im sauren Medium kondensiert werden, wobei das Phenol/Formaldehydverhältnis
im Bereich von 1,06 bis 1,09 liegt.
[0013] Die wärmereaktiven Harze, die einzeln oder kombiniert eingesetzt werden können, können
drei verschiedenen Gruppen entstammen: den Phenol-, Amino- und den Epoxidharzen.
Das nicht wärmereaktive Phenolharz wird mit einem oder mehreren dieser wärmereaktiven
Kondensationsprodukte im Gewichtsverhältnis von 30 : 70 bis 90 : 10 vermischt und
diese Mischung als Bindemittel eingesetzt.
[0014] Wärmereaktive Phenolharze sind Reaktionsprodukte aus der alkalischen Kondensation
einer phenolischen Komponente mit Formaldehyd oder einer unter Kondensationsbedingung
Formaldehyd abspaltenden Verbindung. Als phenolische Komponente können ein- oder mehrkernige
Phenole oder Gemische der genannten Verbindungsklassen eingesetzt werden, und zwar
sowohl ein- als auch mehrkernige Phenole.
[0015] Beispiele hierfür sind das Phenol selbst, sowie dessen alkyl-substituierte Homologe,
wie o-, m- oder p-Kresol, Xylole oder höher alkylierte Phenole, außerdem halogensubstituierte
Phenole wie Chlor- oder Bromphenol und mehrwertige Phenole wie Resorcin oder Brenzkatechin,
sowie mehrkernige Phenole wie Naphthole, Bisphenol A oder Bisphenol F.
[0016] Die phenolischen Komponenten und Formaldehyd werden bevorzugt im molaren Verhältnis
1 : 1,0 bis 1 : 4,0 eingesetzt.
[0017] Die erfindungsgemäß einzusetzenden Phenolharze, die wärmereaktiven sowie die nicht
wärmereaktiven, müssen einen Gehalt an freiem Phenol von weniger als 1 % haben, und
sie müssen in pulverförmiger Form vorliegen.
[0018] Als wärmereaktive Aminoharze sind sowohl Melamin- als auch Benzoguanamin- oder Harnstoff-Formaldehyd-Kondensationsprodukte
sowie deren Mischkondensate einzusetzen.
Sie können alleine, bevorzugt aber mit im Gemisch (in beliebigem Mischungsverhältnis)
mit den Phenolresolen, als wärmereaktive Bindemittelkomponente verwendet werden.
Als Epoxidharze können alle handelsüblichen festen Epoxidharze auf der Basis von Bisphenol
A und Bisphenol F eingesetzt werden.
[0019] Alle verwendeten Harze werden trocken und pulverförmig eingesetzt. Die verschiedenen
Harzkomponenten werden als Pulver miteinander gemischt.
[0020] Den so erhaltenen Bindemittelgemischen, insbesondere solchen, die als wärmereaktive
Komponente Epoxidharz enthalten, können 0,1 bis 2 Gew.-% eines Härtungsbeschleunigers,
wie z. B. Dicyandiamid oder Imidazolderivate, zugegeben werden.
[0021] Es ist weiterhin möglich, den Bindemitteln 0,1 bis 1 Gew.-% eines Geruchsmarkierungsmittels
zuzugeben. Insbesondere garantieren die handelsüblichen Dauerduftstoffdepots eine
über längere Zeit gleichbleibende Duftnote des fertiggestellten Textilvliesstoffes.
[0022] Die erfindungsgemäßen Bindemittel werden mit üblichen Verfahren in das Fasergut eingearbeitet.
Das Verhältnis von Bindemittel zu Fasergut variiert je nach Anwendungszweck zwischen
10 bis 40 zu 90 bis 60; vorzugsweise liegt der Harzgehalt im Rahmen von 20 bis 40
%. Die Harzbindung im Vlies besteht im wesentlichen in punktförmigen Verknüpfungen
der Fasern an ihren Kreuzungsstellen.
[0023] Diese werden erreicht durch ein Aufschmelzen des Harzes während des Herstellungsprozesses
des Vliesstoffes. Um eine optimale Verknüpfung zu erzielen, ist es angebracht, daß
die einzelnen Bindemittelkomponenten im gleichen Temperaturbereich schmelzen. Es ist
vorteilhaft, wenn das nicht wärmereaktive Phenolharz und das wärmereaktive Kondensationsprodukt
im Temperaturbereich von 60 bis 100 °C schmelzen.
[0024] Die nachstehenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern.
Erklärungen zu der Tabelle:
[0025] Als Phenolnovolak wurde ein Phenol-Formaldehyd-Kondensationsprodukt mit einem Phenol-Formaldehyd-Verhältnis
von 1 : 0,77 verwendet, das unter den üblichen technischen Bedingungen hergestellt
wurde und einen Schmelzpunkt nach DIN 53181 (Kapillarmethode) von 90 bis 95 °C sowie
einen Gehalt an freiem Phenol nach DIN 16916-02-L2 von ca. 0,3 % aufwies.
[0026] Als Phenolresol wurde ein wasserfreies alkalisch kondensiertes Phenol-Formaldehyd-Kondensationsprodukt
mit einem Phenol-Formaldehyd-Verhältnis von 1 : 2,0 und einem Schmelzpunkt von ca.
98 °C (Sinterpunkt) sowie einem Gehalt an freiem Phenol von ca. 1,5 % verwendet.
[0027] Das verwendete Melaminharz ist ein Melamin-Formaldehyd-Kondensationsprodukt mit einem
Melamin-Formaldehyd-Verhältnis von 1 : 2,5 und einem Schmelzpunkt von 69 - 72 °C.
[0028] Die verwendeten Epoxidharze sind handelsübliche Produkte (z. B. Rütapox 0194 oder
Epikote 1004) auf Basis von Bisphenol A mit einem Epoxidäquivalent von 900 bis 1000
g/Äquivalent.
[0029] Als Beschleuniger wurde 2-Phenylimidazol verwendet.
[0030] Als Geruchsmaskierungsmittel diente ein Polymerpulver (Polypropylen), das mit einem
Blumenöl (60 %) ausgestattet war.
[0031] Die Biegefestigkeit wurde aus Gründen der besseren Reproduzierbarkeit an Sandkörpern
(140 × 20 × 15 mm) gemessen, die durch Heißverpressen (2 min bei 170 °C) eines Gemisches
aus 90 Gew.-T. Quarzsand und 10 Gew.-T. Pulverharz hergestellt wurden (Einwaage pro
Stab: ca. 75 g).
[0032] Die Geruchsnote (1 = kein Geruch; 2 = nicht störend; 3 = störend; 4 = äußerst störend)
ist als relative Beurteilung festgelegt und wird nach dem folgenden Verfahren bestimmt.
[0033] Ein mit 30 % Pulverharz hergestellter Vliesstoff auf Basis Textilfasergemisch wird
bei 180 °C zu ca. 10 mm starken, quadratischen Platten (Abmessung 250 × 250 mm) verpreßt.
Aus den Platten werden je 3 Prüfkörper (90 × 200 mm) ausgestanzt und jeweils gemeinsam
in verschlossenen 3-Liter-Glasgefäßen, in denen sich 30 ml Wasser befindet, 16 Stunden
bei 40 °C gelagert und danach die Gefäße geöffnet und von einem Geruchsteam beurteilt.
[0034] Separat zu der Einstufung nach Geruchsnote wird beurteilt, ob Amingeruch (fischartig)
festgestellt wird oder nicht.

1. Verfahren zur Herstellung von phenolharzgebundenen Textilvliesstoffen, dadurch
gekennzeichnet, daß als Bindemittel ein pulverförmiges Gemisch aus einem nicht wärmereaktiven
Phenolharz und einem oder mehreren wärmereaktiven Kondensationsprodukten aus der Gruppe
der Phenol-, Amino- oder Epoxidharze eingesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das nicht wärmereaktive
Phenolharz mit dem wärmereaktiven Kondensationsprodukt im Gewichtsverhältnis von 30
: 70 bis 90 : 10 eingesetzt wird.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß als wärmereaktive
Kondensationsprodukte pulverförmige alkalisch kondensierte Produkte aus phenolischen
Komponenten und Formaldehyd im molaren Verhältnis von 1 : 1,0 bis 1 : 4,0 eingesetzt
werden.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß als wärmereaktive
Kondensationsprodukte pulverförmige alkalisch kondensierte Produkte aus phenolischen
Komponenten und Formaldehyd molaren im Verhältnis von 1 : 1,0 bis 1 : 4,0 im Gemisch
mit pulverförmigen wärmereaktiven Aminoharzen eingesetzt werden.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Phenolharze
nur solche eingesetzt werden, die einen Phenolgehalt von weniger als 1 % aufweisen.
6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß den Bindemitteln
0,1 bis 1 Gew.-% Härtungsbeschleuniger zugesetzt werden.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß den Bindemitteln
0,1 bis 1 Gew.-% Geruchsmarkierungsmittel zugesetzt werden.
8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Bindemittelkomponenten
in einem Kneter oder Knetextruder unter teilweiser Vorvernetzung homogen miteinander
gemischt werden.