[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines kunststoffgebundenen
Explosivstoffs, insbesondere in granulierter Form, bei dem der Explosivstoff, der
Kunststoff und ein Lösungsmittel für den Kunststoff vermischt werden, worauf das Lösungsmittel
entfernt und die zurückbleibende Masse gegebenenfalls granuliert wird.
[0002] Ein derartiges Verfahren ist bereits bekannt. Es wird als "Slurry-Verfahren" bezeichnet.
Dabei wird der Explosivstoff in wässriger Suspension vorgelegt und der in einem organischen
Lösungsmittel gelöste Kunststoff zugegeben. Das Ganze wird vermischt, worauf das Lösungsmittel
und das Wasser entfernt werden und die zurückbleibende Masse granuliert wird. Um die
elektrostatische Aufladung des Granulats zu verhindern und die Verpreßbarkeit zu erleichtern,
können während oder nach dem Mischen Anitstatika und Gleitmittel, wie Ruß oder Graphit,
zugegeben werden.
[0003] Bei dem "Slurry-Verfahren" sind große Spezialgeräte erforderlich, da die Explosivstoffsuspension
und die Kunststofflösung große Volumina einnehmen. Auch ist der Zeitaufwand, um den
Kunststoff zu lösen und das Lösungsmittel und das Wasser zu entfernen, beträchtlich.
[0004] Das Pressen des Granulats zu Explosivstoffladungen hat bei der Erweichungstemperatur
des Kunststoffs, also bei relativ hoher Temperatur, zu erfolgen.
[0005] Ferner ist es bekannt, anstelle von Kunststoff Wachs als Bindemittel einzusetzen.
Dabei wird ein Wachs-Explosivstoff-Gemisch oberhalb des Schmelzpunkts des Wachses
von etwa 60 bis 100°C in einem Kneter gemischt. Zwar kann dadurch das Volumen des
Gemischs auf ein Vielfaches, z. B. das 20-fache gegenüber dem Slurry-Verfahren reduziert
und ein handelsüberlicher Kneter, wie ein Planetenmischer, eingesetzt werden, jedoch
ist aufgrund des niedrigen Schmelzpunktes des Wachses die Einsatztemperatur der daraus
hergestellten Explosivstoffladungen begrenzt.
[0006] Um die Verarbeitung von Kautschuk zu vereinfachen, ist es bekannt, den Kautschuk
in Pulverform überzuführen. Dem Problem der Eigenklebrigkeit und dem sogenannten "cold
flow" des Kautschuks wird dabei dadurch begegnet, daß in dem Kautschuk ein Füllstoff
dispergiert wird ("Füllstoffhaltiges Kautschukpulver BUNA EM", Hüls-Hauszeitschrift
"Der Lichtbogen" Juni 1984 der Fa. Chemische Werke Hüls AG). Als Füllstoff wird dabei
Ruß oder Kieselsäure verwendet.
[0007] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren bereitzustellen, mit dem die Herstellung
kunststoffgebundener Explosivstoffe insbesondere hinsichtlich des apparativen Aufwandes
vereinfacht wird.
[0008] Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, daß als Kunststoff ein vorgefertigtes
Pulver aus einem Gemisch aus Kunststoff und einem Material hoher spezifischer Oberfläche
verwendet wird. Ein derartiges Pulver besitzt keine Eigenklebrigkeit und kann mit
dem Explosivstoff nach Zugabe einer geringen Menge eines Lösungsmittels für den Kunststoff
problemlos vermischt werden, d. h. es kann ein handelsüblicher Kneter oder ein sonstiger
Zwangsmischer verwendet werden.
[0009] Als Kunststoff wird vorzugsweise ein thermoplastischer Kunststoff verwendet, insbesondere
ein Kautschuk, wie Styrol-Butadien-Kautschuk.
[0010] Das Material hoher spezifischer Oberfläche ist ein Material mit einer spezifischen
Oberfläche von mindestens 5, vorzugsweise mindestens 20 m
2/g. Die Teilchen des Kunststoffpulvers, in die dieses Material dispergiert ist, besitzen
vorzugsweise eine Teilchengröße von weniger als 1000 u.m, vorzugsweise weniger als
500 u.m. Besonders bevorzugt ist eine eng begrenzte Teilchengrößenverteilung z. B.
zwischen 50 und 500 I.Lm.
[0011] Das Material hoher spezifischer Oberfläche führt zu einem schnellen Lösen des Kunststoffs
und einer homogenen Verteilung desselben auf dem Explosivstoff.
[0012] Als Material hoher spezifischer Oberfläche wird vorzugsweise Ruß verwendet, da Ruß
eine antistatische Wirkung besitzt. Auf den Einsatz weiterer Antistatika kann dann
häufig verzichtet werden. Außerdem wirkt Ruß als Preßhilfsmittel, so daß trotz einer
relativ hohen Erweichungstemperatur des Kunststoffs von z. B. 130 bis 200°C der Explosivstoff
bei einer relativ niedrigen Temperatur, d. h. einer Temperatur unterhalb 80°C und
gegebenenfalls sogar bei Raumtemperatur verpreßt werden kann.
[0013] Das Material hoher spezifischer Oberfläche wirkt zugleich als Verfestigungsmittel
in der gepreßten Ladung. D. h. es verhindert weitgehend ein Nachfedern, also eine
Ausdehnung der Ladung durch Druckabbau nach dem Pressen sowie eine irreversible Quellung
nach Temperaturbelastung oder bei Einfluß von Feuchtigkeit.
[0014] Neben Ruß kann das Material hoher spezifischer Oberfläche bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren auch eine andere Art von Graphit oder z. B. Kieselsäure und dergleichen
sein.
[0015] Der Anteil des Material hoher spezifischer Oberfläche in dem vorgefertigten Kunststoffpulver
beträgt in der Regel mehr als 10 Gew.-%. Häufig sind jedoch auch mehr, z. B. 40 Gew.-%
oder mehr dieses Materials erforderlich, um ein nichtklebriges, rieselfähiges Pulver
guter Lagerbeständigkeit zu erhalten.
[0016] Um die Leistung der Explosivstoffladung möglichst wenig zu beeinträchtigen, soll
der Anteil des Kunststoffpulvers nicht zu groß sein. Demgemäß beträgt die Menge des
vorgefertigten Kunststoffpulvers, bezogen auf das Gewicht des Explosivstoffs in der
Regel 2 bis 15 Gew% und im allgemeinen 3 bis 8 Gew.-%. Als vorgefertigtes Kunststoffpulver
kann z. B. das von der Fa. Chemische Werke Hüls AG gelieferte Ruß-Kautschukpulver
verwendet werden.
[0017] Das Kneten erfolgt bei einer Temperatur, die zweckmäßigerweise unter der Siedetemperatur
des Lösungsmittels liegt. D. h. das Kneten kann auch bei Raumtemperatur erfolgen.
[0018] Als Explosivstoffe können bei dem erfindungsgemäßen Verfahren sämtliche gängigen
Explosivstoffe verwendet werden, also z. B. Nitramine, wie Oktogen oder Hexogen, Nitroverbindungen,
wie Trinitrobenzol, oder Nitratester, wie Pentaerythrittetranitrat. Weiterhin kann
der kunststoffgebundene Explosivstoff Sauerstoffträger, wie Chlorate oder Perchlorate
sowie Metallpulver, wie Aluminiumpulver, enthalten.
[0019] Das zum Vermischen erforderliche Lösungsmittel hat die Aufgabe das Kunststoffpulver
anzulösen. Es ist also ein Nichtlösungsmittel für den Explosivstoff und ein gutes
Lösungsmittel für den Kunststoff, um die Lösungsmittelmenge so gering wie mögich zu
halten. Bei Kautschuk als Kunststoff ist Toluol als Lösungsmittel besonders geeignet.
[0020] Das Lösungsmittel wird nach dem Mischen entfernt, z. B. durch Verdampfen, vorzugsweise
in Vakuum. Um das Volumen beim Mischen nicht zu groß werden zu lassen, soll die Menge
des eingesetzten Lösungsmittels höchstens 50 Gew.-%, vorzugsweise höchstens 30 Gew:
%, bezogen auf das Gewicht des Explosivstoffs bestragen.
[0021] Nach dem Entfernen des Lösungsmittel bleibt bei dem erfindungsgemäßen Verfahren meist
ein rieselfähiges Granulat zurück, d. h. es kann von einem gesonderten Granuliervorgang
abgesehen werden, wodurch die Herstellung weiter vereinfacht wird. Falls jedoch eine
kompakte Masse anfällt, kann dieselbe in üblicher Art und Weise granuliert werden.
[0022] Das erfindungsgemäße Verfahren kann diskontinuierlich oder kontinuierlich durchgeführt
werden.
[0023] Beim diskontinuierlichen Verfahren kann ein handelsüblicher Kneter, z. B. ein Planetenmischer
oder ein anderer Zwangsmischer verwendet werden. Der Explosivstoff, das vorgefertigte
Kunststoffpulver und das Lösungsmittel können dabei in beliebiger Reihenfolge in den
Kneter gegeben werden.
[0024] Zur kontinuierlichen Herstellung kann ein Extruder eingesetzt werden, z. B. ein Extruder
mit zwei ineinander kämmenden Schnecken.
[0025] Vorzugsweise wird der Explosivstoff mit dem zum Lösen des Kunststoffs erforderlichen
Lösungsmittel in einem vorgeschalteten Arbeitsgang versetzt. Der mit dem Lösungsmittel
phlegmatisierte Explosivstoff, das Kunststoffpulver sowie bei Bedarf weiteres Lösungsmittel
können mit geeigneten Dosiervorrichtungen zugeführt werden. Durch Dosieren der Ausgangsstoffe
wird die . gewünschte Zusammensetzung des Explosivstoffgranulates gewährleistet. Das
Lösungsmittel kann durch in den Verfahrensgang integrierte Evakuiereinheiten bzw.
durch Trocknen in einem nachgeschalteten Arbeitsgang entfernt werden.
[0026] Zugute kommt dem kontinuierlichen Verfahren also die hohe Dosiergenauigkeit des vorgefertigten
Kunststoffpulvers sowie das schnelle. Lösen des Kunststoffpulvers.
[0027] Das erfindungsgemäß hergestellte Explosivstoffgranulat ist zur Herstellung von Explosivstoffladungen
hervorragend geeignet, da es bei einer Temperatur von weniger als 80°C; vorzugsweise
weniger als 40
°C verpreßbar ist. Der Druck beim Pressen beträgt dabei 500 bis 3500, vorzu
gs-weise 1.200 bis 2.500 bar.
[0028] Dennoch ist die so hergestellte Ladung auch bei hohen Temperaturen einsetzbar, d.
h. der thermische Einsatzbereich der Ladungen wird von der Erweichungstemperatur des
Kunststoffs bestimmt, welche bei 160
0C und mehr liegen kann.
Beispiel
[0029] In einen Planetenmischer werden 95 Gewichtsteile Oktogen, 5 Gewichtsteile handelsübliches
Ruß-Kautschuk-Pulver der Fa. Chemische Werke Hüls AG und 30 Gewichtsteile Toluol gegeben
und bei iOO °C homogen vermischt. Nach Entfernen des Toluols durch Abdampfen im Vakuum
erhält man ein rieselfähiges Granulat.
[0030] Das Granulat wird bei Raumtemperatur mit einem Druck von 2000 bar zu Ladungen gepreßt.
Die Ladungen weisen eine Dichte auf, die mehr als 97 % der theoretisch maximalen Dichte
beträgt. Der Oberflächenwiderstand der Ladungen liegt bei ca. 10
6 Ohm, also weit unterhalb der kritischen Grenze für die antistatische Aufladung.
[0031] Die Ladungen oder Formkörper werden wechselweise auf + 150
°C und - 40°C temperiert. Nach Beendigung von 5 Zyklen und Temperieren der Körper auf
Raumtemperatur sind deren Abmessungen um weniger als 0,1 % verändert. Auch sind die
Körper frei von Rissen.
I. Verfahren zur Herstellung eines kunststoffgebundenen Explosivstoffs, bei dem der
Explosivstoff, der Kunststoff und ein Lösungsmittel für den Kunststoff vermischt werden,
worauf das Lösungsmittel entfernt und die zurückbleibende Masse gegebenenfalls granuliert
wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Kunststoff als vorgefertigtes Pulver aus einem
Gemisch aus dem Kunststoff und einem Material mit einer hohen spezifischen Oberfläche
von mindestens 5 m2/g eingesetzt wird und das Vermischen des Explosivstoffs, des Lösungsmittels und des
vorgefertigten Pulvers durch Kneten erfolgt.
2. Verfahren nach Anspruch I, dadurch gekennzeichnet, daß als Material hoher spezifischer
Oberfläche ein Material mit einer spezifischen Oberfläche von wenigstens 20 m2/g verwendet wird.
3. Verfahren nach Anspruch I oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Teilchengröße
des vorgefertigten Kunststoffpulvers weniger als 1000 um beträgt.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das
vorgefertigte Kunststoffpulver mindestens 10 Gew.-% des Materials hoher spezifischer
Oberfläche enthält.
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als
Material hoher spezifischer Oberffäche Ruß verwendet wird.
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekenzeichnet, daß als
Kunststoff ein Kautschuk verwendet wird.
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Kautschuk ein Styrol-Butadien-Kautschuk
ist.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die
Menge des eingesetzten Kunststoffpulvers 2 bis 15 Gew.- %, bezogen auf den Explosivstoff,
beträgt.
9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die
Menge des eingesetzten Lösungsmittels höchstens 50 Gew.-%, bezogen auf den Explosivstoff,
beträgt.
IO.Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß zum
Kneten ein Planetenmischer verwendet wird.
ILVerfahren nach einem der Ansprüche I bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß zum Kneten
ein Extruder verwendet wird.
12.Verfahren nach Anspruch II, dadurch gekennzeichnet, daß der Explosivstoff vor der
Zufuhr zum Extruder zunächst mit wenigstens einem Teil des Lösungsmittels versetzt
wird
13.Verwendung des nach einem der vorstehenden Ansprüche hergestellten kunststoffgebundenen
Explosivstoffs zum Pressen von Ladungen bei einer Temperatur unterhalb 80°C.