(19)
(11) EP 0 257 480 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.03.1988  Patentblatt  1988/09

(21) Anmeldenummer: 87111798.2

(22) Anmeldetag:  14.08.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B28B 23/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 27.08.1986 DE 3629051

(71) Anmelder: BAYER AG
51368 Leverkusen (DE)

(72) Erfinder:
  • Neumann, Michael, Dr.
    D-5462 Bad Hönningen (DE)
  • Preis, Lothar, Dr.
    D-5060 Bergisch Gladbach 2 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Herstellen eines kaltgegossenen Formteils


    (57) Ein kaltgegossenes, dünnwandiges Maschinenelement mit dynamischer Beanspruchung ist mit Glasfaserverbundstäben als Spannglieder 3 vorgespannt, welche bis auf die Verankerungsstellen 5, 6 in einer Umhüllung 4 aus Kunststoff gleitbar gelagert sind.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein kaltgegossenes Formteil, ins­besondere dünnwandiges Maschinenelement mit hoher dyna­mischer Belastbarkeit, bestehend aus einem von Zuschlag­stoffen und Bindemitteln hergestellten Gußteil, welches mit einer Bewehrung verstärkt ist, sowie ein Verfahren zur Herstellung des Gußteiles.

    [0002] Es gibt zahlreiche komplizierte, dünnwandige Maschinen­elemente, wie Gehäuse, Maschinengestelle, Werkzeuge etc., die heute überwiegend aus Stahl- oder Grauguß her­gestellt werden. Hierfür sind teure Gießereimodelle not­wendig. Das Metall muß unter hohem Energieeinsatz ge­schmolzen werden. Schließlich müssen die Gußteile ge­putzt werden. Der Aufwand ist groß und erfordert zur Vermeidung von Ausschuß sorgfältiges Arbeiten.

    [0003] Deshalb hat es nicht an Versuchen gefehlt, solche Teile beispielsweise aus Polymerbeton durch Mischen von Zu­schlagstoffen mit meist harzartigen Bindemitteln bei Raumtemperatur zu gießen. Leider genügen die so herge­stellten dünnwandigen Formteile den hohen statischen und dynamischen Anforderungen nicht in allen Fällen, wie sie insbesondere bei Maschinenelementen häufig anfallen.

    [0004] Um die Festigkeit zu erhöhen, werden Spannglieder im Stahlbetonbau verwendet, die im allgemeinen kleine Risse im Fertigteil bei selten vorkommender Höchstlast zulas­sen. Diese Risse führen aber bei häufiger dynamischer Beanspruchung, wie sie im Maschinenbau vorkommt, zur Zerstörung des Maschinenelements. Das gilt besonders für dünnwandige Formteile, zumal dort die Überdeckung zwangsläufig gering ist. Auch ist es schwierig, bei kleinen Abmessungen der Formteile die großen Abmessungen von mechanischen Verankerungsteilen vernünftig unter­zubringen.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Formteil - insbeson­dere ein Maschinenelement - und ein Verfahren zu seiner Herstellung zu finden, welches die vorgenannten Nach­teile vermeidet.

    [0006] Insbesondere soll das Formteil ein geringes Gewicht auf­weisen und konstruktiv die Ausbildung dünnwandiger Teile erlauben, ohne daß durch hohe statische bzw. häufige dy­namische Beanspruchungen eine Rißbildung auftritt bzw. Zerstörung eintritt.

    [0007] Das Formteil soll gefällig im Aussehen sein und mög­lichst wenige Vorsprünge bzw. Kanten zur Vermeidung von Verschmutzungen besitzen.

    [0008] Das Verfahren soll auch bei Einzelfertigung wirtschaft­lich sein, was nur bei einfacher Arbeitsweise und ge­ringem Investitionsaufwand möglich ist.

    [0009] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß als Bewehrung einzelne Spannglieder angeordnet sind, die bis auf die Verankerungsstellen auch nach der Verfestigung des Gußmaterials in einer direkten Unhüllung aus Kunst­stoff gleitbar gelagert sind.

    [0010] Durch die Gleitfähigkeit jedes einzelnen vorgespannten Stabes in seiner jeweiligen Kunststoffumhüllung ist es möglich, örtlich auftretende dynamische Kräfte zwi­schen den einzelnen Verankerungspunkten, die vorzugs­weise am Ende der Spannglieder liegen, über einen weiten Weg zu verteilen, so daß keine hohen örtlichen Span­nungsspitzen auftreten, wodurch Risse, insbesondere bei dünnwandigen Formteilen, vermieden werden. Diese Risse können bei dynamischer Beanspruchung zum einen durch unmittelbares Versagen der Materialfestigkeit oder zum anderen durch Gefügezerrüttung infolge der Sprödigkeit der zur Anwendung kommenden Gußmaterialien entstehen. Weiter erlaubt die direkte Ummantelung einzelner Spann­glieder auch den Einbau innerhalb dünner Wände, so daß sie genau dort angeordnet werden können, wo die Kräfte verlaufen. Hierdurch entsteht ein statisch und dynamisch hoch belastbares Maschinenelement, dessen dynamische Dauerfestigkeit um das drei- bis vierfache gesteigert werden kann.

    [0011] Die weiteren Ausführungsformen sind in den Unteransprü­chen erwähnt.

    [0012] Der Einsatz von Spanngliedern mit geringem EModul (- 50000 N/mm²) zum Beispiel Polystal®, welcher aus ungesättigtem Polyesterharz mit unidirektionalen Glas­fasern bei einem Glasgehalt von mehr als 70 Gew.-% mit mindestens einer Umwicklung aus Synthesefasern besteht, wird eine Dehnung erreicht, die besonders geeignet ist, auch größere Längenänderungen von Polymerbeton oder Mineralguß ohne wesentlichen Spannungsverlust auszu­gleichen.

    [0013] Die Kunststoffumhüllung des Spannglieds benötigt nur eine geringe Dicke, da sie im Augenblick des Gießens nur den direkten Verbund verhindern soll. Nach der Verfe­stigung des Gußmaterials kann sich dann das unter der Zugkraft kontrahierende Spannglied frei in dem vom Kunststoff umgebenen Kanal bewegen.

    [0014] Durch Einbau mehrerer Schichten, insbesondere mit guten Gleiteigenschaften, läßt sich die Gleitfähigkeit noch verbessern. Insbesondere sind ein Luftspalt evtl. mit Abstandshalter oder eine Gleitschicht beispielsweise aus Vaseline bzw. Silicon vorteilhaft. Trotz Schrumpfungen bzw. Schwindungen des Gußmaterials ist dadurch einwand­freies Gleiten beim Spannen bzw. bei der dynamischen Be­anspruchung gewährleistet.

    [0015] Durch den Einbau von Kontrolleitern kann jederzeit ge­prüft werden, ob das Spannglied noch seine Funktionen erfüllt.

    [0016] Schließlich kann durch einfaches Entfernen der Kunst­stoffumhüllung über eine Länge von mindestens dem 20fa­chen, insbesondere 30fachen, des Durchmessers des Spann­gliedes dieses beispielsweise in Polymerbeton oder in Polymergußmasse verankert werden. Die dadurch zu er­zielende Haftfestigkeit ist so hoch, daß etwa 50-60 % der Bruchfestigkeit des Spanngliedes als Verankerung erreicht werden. Gleichzeitig erlauben die Polymer­massen eine saubere korrosionsunempfindliche, schmutz­eckenfreie Anpassung an das Formteil, insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen.

    [0017] Die Formteile, die aus dünnwandigen Schalen bestehen können, werden aus einer kalthärtende Gußmasse herge­stellt, welche aus Bindemitteln (Wasser + Zement, Reaktionsharze) und Zuschlagstoffen (Mineralien) ge­gossen sind. Erfindungsgemäß fallen hierunter alle bekannten Gußmassen wie beispielsweise zementgebundene Betone, polymermodifizierte Betone, Reaktionsharzbeton und Mineralguß.

    [0018] Als Polymervergußmassen können Polyester-, Acryl-, Poly­urethan-, Phenol-, Epoxid-Harze mit Feinfüllstoffen aus silanisierten Quarz- und/oder Baryt-Mehlen eingesetzt werden.

    [0019] Die Spannglieder bestehen aus Reaktionsharzen, z.B. Epoxidharzen, Polyesterharzen, Polyurethanharzen mit unidirektional ausgerichteten Verstärkungsfasern zum Beispiel Glasfasern (EGlas, SGlas) mit einem E-Modul von 40 - 60 000 N/mm² oder Aramidfasern mit einem E-Modul von 50 - 70 000 N/mm².

    [0020] Für den Kunststoffmantel können Polyolefine, Polyamide, thermoplastische Polyester, Polycarbonate, thermopla­stische Elastomere und Polyvinylchlorid verwendet werden.

    [0021] Ein Beispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dar­gestellt. Es zeigen

    Fig. 1 kaltgegossenes Formteil

    Fig. 2 Form mit eingebautem Spannglied

    Fig. 3 Formteil zur Zeit der Vorspannung



    [0022] In Fig. 1 ist ein Formteil 1 dargestellt, welches aus dem eigentlichen Gußteil 2 besteht. Innerhalb dieses Gußteiles sind einzelne vorgespannte Spannglieder 3 aus ungesättigtem Polyester mit unidirektionalen Glasfasern angeordnet, welche im Mittelbereich mit einer Umhüllung aus Kunststoff versehen sind und an den unverhüllten Enden als Verankerungsstellen 5, 6 direkt im kaltge­gossenen Gußmaterial 7 aus Bindemitteln und Zuschlag­stoffen oder über eine Vergußmasse 8 beispielsweise aus Polybeton fixiert sind.

    [0023] In Fig 2 ist eine leere Form 9 mit einem Spannglied 3 gezeichnet, welches an beiden Enden in der Wand 10 der Form 9 mit einer Klemmvorrichtung 11 gehalten wird. An den Verankerungsstellen 5, 6 ist die Umhüllung 4 aus Kunststoff auf mindestens einer Länge von 30 x Draht-φ zwecks späterer Verankerung entfernt worden.

    [0024] In Fig. 3 ist an einer Seite des rohen Gußteils 2 eine Spannvorrichtung 12 angeordnet, mit der das Spannglied 3 spannbar ist. Über einen Kanal 13 wird aus einer Presse 14 die Vergußmasse 8 direkt in die Kammer 15 in­jiziert und ausgehärtet.

    [0025] Bei dem beanspruchten Verfahren werden also in einer Form 9 einzelne Spannglieder 3, deren Verankerungs­stellen 5, 6 von der Umhüllung 4 freigelegt sind, ange­ordnet. Das eigentliche Gußteil 2 wird aus einer kalt angemachten Mischung von Bindemitteln und Zuschlag­stoffen gegossen. Nach dem Erhärten bzw. Erreichen eines geeigneten Zustandes für die Vorspannung wird jedes ein­zelne Spannglied 3 über eine Spannvorrichtung 12 vorge­spannt und über eine Vergußmasse 8 in der innerhalb des Gußteils 2 liegenden Kammer 15 direkt vergossen.


    Ansprüche

    1. Kaltgegossenes Formteil, insbesondere dünnwandiges Maschinenelement mit hoher dynamischer Belastbar­keit, bestehend aus einem von Zuschlagstoffen und Bindemitteln hergestellten Gußteil, welches mit einer Bewehrung verstärkt ist, dadurch gekenn­zeichnet, daß als Bewehrung einzelne Spannglieder (3) angeordnet sind, die bis auf die Verankerungs­stellen (5, 6) auch nach der Verfestigung des Guß­materials (7) in einer direkten Umhüllung (4) aus Kunststoff gleitbar gelagert sind.
     
    2. Kaltgegossenes Formteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Spannglied (3) aus einem Harz mit unidirektionalen Verstärkungsfasern von mehr als 70 Gew.-% besteht.
     
    3. Kaltgegossenes Formteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Spannglied (3) aus einem kaltgezogenen Stahldraht mit einer Bruchfestigkeit größer als 1000 N/mm² besteht.
     
    4. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-3, da­durch gekennzeichnet, daß die Umhüllung (4) aus Kunststoff eine Stärke von 0,1 - 3,0 mm, insbeson­dere von 0,5 - 1,3 mm, besitzt.
     
    5. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-4, da­durch gekennzeichnet, daß die Umhüllung (3) aus mindestens zwei Schichten besteht.
     
    6. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-5, da­durch gekennzeichnet, daß das Spannglied (3) mit mindestens einem Strom- oder Lichtwellenleiter versehen ist.
     
    7. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-6, dadurch gekennzeichnet, daß die Verankerungsstelle (6) nach der Vorspannung mit einer Vergußmasse (8), insbesondere aus Polymerbeton, umgeben wird.
     
    8. Verfahren zur Herstellung eines kaltgegossenen Formteils, in dem vor dem Gießen des Formteils Spannglieder lagegerecht in der Form angeordnet werden und daß nach dem Verfestigen diese gegen das Formteil gespannt sowie verankert werden, dadurch gekennzeichnet, daß die Spannglieder (3) einzeln in ihrer aus Kunststoff bestehenden Umhüllung (4) gespannt werden und nur an den von der Umhüllung (4) freigelegten Verankerungsstellen (5, 6) durch Vergußmasse (8) fixiert werden.
     




    Zeichnung