[0001] Die Erfindung betrifft ein kaltgegossenes Formteil, insbesondere dünnwandiges Maschinenelement
mit hoher dynamischer Belastbarkeit, bestehend aus einem von Zuschlagstoffen und
Bindemitteln hergestellten Gußteil, welches mit einer Bewehrung verstärkt ist, sowie
ein Verfahren zur Herstellung des Gußteiles.
[0002] Es gibt zahlreiche komplizierte, dünnwandige Maschinenelemente, wie Gehäuse, Maschinengestelle,
Werkzeuge etc., die heute überwiegend aus Stahl- oder Grauguß hergestellt werden.
Hierfür sind teure Gießereimodelle notwendig. Das Metall muß unter hohem Energieeinsatz
geschmolzen werden. Schließlich müssen die Gußteile geputzt werden. Der Aufwand
ist groß und erfordert zur Vermeidung von Ausschuß sorgfältiges Arbeiten.
[0003] Deshalb hat es nicht an Versuchen gefehlt, solche Teile beispielsweise aus Polymerbeton
durch Mischen von Zuschlagstoffen mit meist harzartigen Bindemitteln bei Raumtemperatur
zu gießen. Leider genügen die so hergestellten dünnwandigen Formteile den hohen statischen
und dynamischen Anforderungen nicht in allen Fällen, wie sie insbesondere bei Maschinenelementen
häufig anfallen.
[0004] Um die Festigkeit zu erhöhen, werden Spannglieder im Stahlbetonbau verwendet, die
im allgemeinen kleine Risse im Fertigteil bei selten vorkommender Höchstlast zulassen.
Diese Risse führen aber bei häufiger dynamischer Beanspruchung, wie sie im Maschinenbau
vorkommt, zur Zerstörung des Maschinenelements. Das gilt besonders für dünnwandige
Formteile, zumal dort die Überdeckung zwangsläufig gering ist. Auch ist es schwierig,
bei kleinen Abmessungen der Formteile die großen Abmessungen von mechanischen Verankerungsteilen
vernünftig unterzubringen.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Formteil - insbesondere ein Maschinenelement -
und ein Verfahren zu seiner Herstellung zu finden, welches die vorgenannten Nachteile
vermeidet.
[0006] Insbesondere soll das Formteil ein geringes Gewicht aufweisen und konstruktiv die
Ausbildung dünnwandiger Teile erlauben, ohne daß durch hohe statische bzw. häufige
dynamische Beanspruchungen eine Rißbildung auftritt bzw. Zerstörung eintritt.
[0007] Das Formteil soll gefällig im Aussehen sein und möglichst wenige Vorsprünge bzw.
Kanten zur Vermeidung von Verschmutzungen besitzen.
[0008] Das Verfahren soll auch bei Einzelfertigung wirtschaftlich sein, was nur bei einfacher
Arbeitsweise und geringem Investitionsaufwand möglich ist.
[0009] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß als Bewehrung einzelne Spannglieder
angeordnet sind, die bis auf die Verankerungsstellen auch nach der Verfestigung des
Gußmaterials in einer direkten Unhüllung aus Kunststoff gleitbar gelagert sind.
[0010] Durch die Gleitfähigkeit jedes einzelnen vorgespannten Stabes in seiner jeweiligen
Kunststoffumhüllung ist es möglich, örtlich auftretende dynamische Kräfte zwischen
den einzelnen Verankerungspunkten, die vorzugsweise am Ende der Spannglieder liegen,
über einen weiten Weg zu verteilen, so daß keine hohen örtlichen Spannungsspitzen
auftreten, wodurch Risse, insbesondere bei dünnwandigen Formteilen, vermieden werden.
Diese Risse können bei dynamischer Beanspruchung zum einen durch unmittelbares Versagen
der Materialfestigkeit oder zum anderen durch Gefügezerrüttung infolge der Sprödigkeit
der zur Anwendung kommenden Gußmaterialien entstehen. Weiter erlaubt die direkte Ummantelung
einzelner Spannglieder auch den Einbau innerhalb dünner Wände, so daß sie genau dort
angeordnet werden können, wo die Kräfte verlaufen. Hierdurch entsteht ein statisch
und dynamisch hoch belastbares Maschinenelement, dessen dynamische Dauerfestigkeit
um das drei- bis vierfache gesteigert werden kann.
[0011] Die weiteren Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen erwähnt.
[0012] Der Einsatz von Spanngliedern mit geringem EModul (- 50000 N/mm²) zum Beispiel Polystal®,
welcher aus ungesättigtem Polyesterharz mit unidirektionalen Glasfasern bei einem
Glasgehalt von mehr als 70 Gew.-% mit mindestens einer Umwicklung aus Synthesefasern
besteht, wird eine Dehnung erreicht, die besonders geeignet ist, auch größere Längenänderungen
von Polymerbeton oder Mineralguß ohne wesentlichen Spannungsverlust auszugleichen.
[0013] Die Kunststoffumhüllung des Spannglieds benötigt nur eine geringe Dicke, da sie im
Augenblick des Gießens nur den direkten Verbund verhindern soll. Nach der Verfestigung
des Gußmaterials kann sich dann das unter der Zugkraft kontrahierende Spannglied frei
in dem vom Kunststoff umgebenen Kanal bewegen.
[0014] Durch Einbau mehrerer Schichten, insbesondere mit guten Gleiteigenschaften, läßt
sich die Gleitfähigkeit noch verbessern. Insbesondere sind ein Luftspalt evtl. mit
Abstandshalter oder eine Gleitschicht beispielsweise aus Vaseline bzw. Silicon vorteilhaft.
Trotz Schrumpfungen bzw. Schwindungen des Gußmaterials ist dadurch einwandfreies
Gleiten beim Spannen bzw. bei der dynamischen Beanspruchung gewährleistet.
[0015] Durch den Einbau von Kontrolleitern kann jederzeit geprüft werden, ob das Spannglied
noch seine Funktionen erfüllt.
[0016] Schließlich kann durch einfaches Entfernen der Kunststoffumhüllung über eine Länge
von mindestens dem 20fachen, insbesondere 30fachen, des Durchmessers des Spanngliedes
dieses beispielsweise in Polymerbeton oder in Polymergußmasse verankert werden. Die
dadurch zu erzielende Haftfestigkeit ist so hoch, daß etwa 50-60 % der Bruchfestigkeit
des Spanngliedes als Verankerung erreicht werden. Gleichzeitig erlauben die Polymermassen
eine saubere korrosionsunempfindliche, schmutzeckenfreie Anpassung an das Formteil,
insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen.
[0017] Die Formteile, die aus dünnwandigen Schalen bestehen können, werden aus einer kalthärtende
Gußmasse hergestellt, welche aus Bindemitteln (Wasser + Zement, Reaktionsharze) und
Zuschlagstoffen (Mineralien) gegossen sind. Erfindungsgemäß fallen hierunter alle
bekannten Gußmassen wie beispielsweise zementgebundene Betone, polymermodifizierte
Betone, Reaktionsharzbeton und Mineralguß.
[0018] Als Polymervergußmassen können Polyester-, Acryl-, Polyurethan-, Phenol-, Epoxid-Harze
mit Feinfüllstoffen aus silanisierten Quarz- und/oder Baryt-Mehlen eingesetzt werden.
[0019] Die Spannglieder bestehen aus Reaktionsharzen, z.B. Epoxidharzen, Polyesterharzen,
Polyurethanharzen mit unidirektional ausgerichteten Verstärkungsfasern zum Beispiel
Glasfasern (EGlas, SGlas) mit einem E-Modul von 40 - 60 000 N/mm² oder Aramidfasern
mit einem E-Modul von 50 - 70 000 N/mm².
[0020] Für den Kunststoffmantel können Polyolefine, Polyamide, thermoplastische Polyester,
Polycarbonate, thermoplastische Elastomere und Polyvinylchlorid verwendet werden.
[0021] Ein Beispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt. Es zeigen
Fig. 1 kaltgegossenes Formteil
Fig. 2 Form mit eingebautem Spannglied
Fig. 3 Formteil zur Zeit der Vorspannung
[0022] In Fig. 1 ist ein Formteil 1 dargestellt, welches aus dem eigentlichen Gußteil 2
besteht. Innerhalb dieses Gußteiles sind einzelne vorgespannte Spannglieder 3 aus
ungesättigtem Polyester mit unidirektionalen Glasfasern angeordnet, welche im Mittelbereich
mit einer Umhüllung aus Kunststoff versehen sind und an den unverhüllten Enden als
Verankerungsstellen 5, 6 direkt im kaltgegossenen Gußmaterial 7 aus Bindemitteln
und Zuschlagstoffen oder über eine Vergußmasse 8 beispielsweise aus Polybeton fixiert
sind.
[0023] In Fig 2 ist eine leere Form 9 mit einem Spannglied 3 gezeichnet, welches an beiden
Enden in der Wand 10 der Form 9 mit einer Klemmvorrichtung 11 gehalten wird. An den
Verankerungsstellen 5, 6 ist die Umhüllung 4 aus Kunststoff auf mindestens einer Länge
von 30 x Draht-φ zwecks späterer Verankerung entfernt worden.
[0024] In Fig. 3 ist an einer Seite des rohen Gußteils 2 eine Spannvorrichtung 12 angeordnet,
mit der das Spannglied 3 spannbar ist. Über einen Kanal 13 wird aus einer Presse 14
die Vergußmasse 8 direkt in die Kammer 15 injiziert und ausgehärtet.
[0025] Bei dem beanspruchten Verfahren werden also in einer Form 9 einzelne Spannglieder
3, deren Verankerungsstellen 5, 6 von der Umhüllung 4 freigelegt sind, angeordnet.
Das eigentliche Gußteil 2 wird aus einer kalt angemachten Mischung von Bindemitteln
und Zuschlagstoffen gegossen. Nach dem Erhärten bzw. Erreichen eines geeigneten Zustandes
für die Vorspannung wird jedes einzelne Spannglied 3 über eine Spannvorrichtung 12
vorgespannt und über eine Vergußmasse 8 in der innerhalb des Gußteils 2 liegenden
Kammer 15 direkt vergossen.
1. Kaltgegossenes Formteil, insbesondere dünnwandiges Maschinenelement mit hoher dynamischer
Belastbarkeit, bestehend aus einem von Zuschlagstoffen und Bindemitteln hergestellten
Gußteil, welches mit einer Bewehrung verstärkt ist, dadurch gekennzeichnet, daß als
Bewehrung einzelne Spannglieder (3) angeordnet sind, die bis auf die Verankerungsstellen
(5, 6) auch nach der Verfestigung des Gußmaterials (7) in einer direkten Umhüllung
(4) aus Kunststoff gleitbar gelagert sind.
2. Kaltgegossenes Formteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Spannglied
(3) aus einem Harz mit unidirektionalen Verstärkungsfasern von mehr als 70 Gew.-%
besteht.
3. Kaltgegossenes Formteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Spannglied
(3) aus einem kaltgezogenen Stahldraht mit einer Bruchfestigkeit größer als 1000 N/mm²
besteht.
4. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-3, dadurch gekennzeichnet, daß die Umhüllung
(4) aus Kunststoff eine Stärke von 0,1 - 3,0 mm, insbesondere von 0,5 - 1,3 mm, besitzt.
5. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-4, dadurch gekennzeichnet, daß die Umhüllung
(3) aus mindestens zwei Schichten besteht.
6. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-5, dadurch gekennzeichnet, daß das Spannglied
(3) mit mindestens einem Strom- oder Lichtwellenleiter versehen ist.
7. Kaltgegossenes Formteil nach Ansprüchen 1-6, dadurch gekennzeichnet, daß die Verankerungsstelle
(6) nach der Vorspannung mit einer Vergußmasse (8), insbesondere aus Polymerbeton,
umgeben wird.
8. Verfahren zur Herstellung eines kaltgegossenen Formteils, in dem vor dem Gießen
des Formteils Spannglieder lagegerecht in der Form angeordnet werden und daß nach
dem Verfestigen diese gegen das Formteil gespannt sowie verankert werden, dadurch
gekennzeichnet, daß die Spannglieder (3) einzeln in ihrer aus Kunststoff bestehenden
Umhüllung (4) gespannt werden und nur an den von der Umhüllung (4) freigelegten Verankerungsstellen
(5, 6) durch Vergußmasse (8) fixiert werden.