[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von aus speziellen Zellstoffen,
Füllstoffen und chemischen Hilfsmitteln bestehenden Papierbahnen, die zusätzlich mit
einem Oberflächenauftrag versehen sind, der Zusätze stark hygroskopischer Substanzen
enthält.
[0002] Es ist bekannt, daß unter dem Einfluß von Licht, Wärme, Feuchtigkeit oder Chemikalien
bei allen gebleichten Zellstoffen und der daraus hergestellten Papiere eine mehr oder
weniger stark ausgeprägte Farbumkehr erfolgt. Diese Vergilbungsneigung, charakterisiert
durch einen unterschiedlichen Weißgradabfall, wurde allgemein als ein unabänderliches
negatives Qualitätsmerkmal angesehen. Erst in den letzten Jahren ist ein vermehrtes
Interesse an dem Problem der lichtinduzierten Vergilbung festzustellen, die als äußerst
komplexer Abbauvorgang verschiedener Zellulosebestandteile erkannt wurde. Verschiedene
Forschungsarbeiten hatten die Klärung dieser komplexen Ursachen und die Bewertung
der Vergilbungsneigung sowie die Möglichkeiten einer Weißgradstabilisierung oder zumindest
Vergilbungsreduzierung gebleichter Zellstoffe und daraus hergestellter Papiere zum
Inhalt.
[0003] Bisher muß die Vergilbungsproblematik von Holzstoffen in ihrer Gesamtheit als nicht
gelöst betrachtet werden (s. "Das Papier" (1985) 10 A, S. V 14 - V 23). Außerdem wurde
oft nicht unter licht-, hitze-, feuchte- oder chemikalieninduzierten Vergilbungsreaktionen
unterschieden, die unter unterschiedlichen Abbaumechanismen verlaufen.
[0004] Die Vergilbung von Papier wird üblicherweise unter Anwendung von meist energiereicher
UV-Strahlung und/oder von Temperatur im Labor beschleunigt nachvollzogen. Die üblichen
Behandlungstemperaturen liegen dabei zwischen 70 und 130°C, wobei bei tieferen Temperaturen
oftmals mit einer definierten relativen Feuchtigkeit gearbeitet wurde. Die Einwirkungsdauer
auf das Prüfmedium liegt dabei zwischen 4 und 168 Stunden ("Zellstoff und Papier"
(1976) 6, Seite 166 -170).
[0005] Zur Weißgradstabilisierung oder zumindest Vergilbungsreduzierung gebleichter Zellstoffe
wurden in der Fachliteratur zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, die die Optimierung
des Bleichprozesses zum Inhalt hatten (s. "Tappi" (1976) 6, Seite 1070 - 1074; "Das
Papier" (1985) 10 A, S. V 14 -V 23).
[0006] Trotzdem konnte bisher die Vergilbungsneigung gebleichter Zellstoffe nur teilweise
verhindert werden. Beispielsweise wurde der Zusatz spezieller chemischer Hilfsmittel
wie UV-Absorber auf Basis von Titandioxid oder Zinkoxid oder Natriumsulfit zur Reduzierung
der lichtinduzierten Vergilbung von Holzstoff empfohlen (Tappi Research and Development
Division Conference 1982, S. 55 - 60).
[0007] An anderer Stelle wurde die Verwendung v on Antioxidantien auf Basis
von Natriumzitraten und -ascorbaten bzw. das Natriumsalz der Thiodipropionsäure zur
Reduzierung der lichtinduzierten Vergilbung vorgeschlagen ("Tappi" (1969) 6, S. 1070
- 1074).
[0008] Durch Aufsprühen eines Reduktionsmittels auf Basis eines mit Formaldehyd stabiliserten
Dithionitsalzes auf die feuchte Zellstoffbahn wurde die hitzeinduzierte Vergilbung
nach einer Temperatureinwirkung von 120°C während 6 h deutlich verringert ("Zellstoff
und Papier" (1976) 6, Seite 166-170).
[0009] Eine umfassende Übersicht über den derzeitigen Erkenntnisstand der lichtinduzierten
Vergilbung von gebleichten Zellstoffen, deren Ursachen und Verhütung wurde erst vor
kurzem durch J.S. Gratzl in "Das Papier" (1985) 10 A, S. V 14 -V 23 gegeben.
[0010] N. Minemura beschreibt schließlich in der japanischen Fachzeitschrift "Mokuzai Gakaishi"
(1978) 8, S. 587 - 588, den Vorteil einer Oberflächenbehandlung von Holzstoffen mit
einer wäßrigen Lösung von Polyethylenglykolen mit einem Molekulargewicht von 4000
zur weitgehenden Kontrolle der lichtinduzierten Vergilbung. Bei einem Strichauftrag
von 11 g/m² (fest gerechnet) auf ein aus Holzschliff gebildetes Papierblatt wurde
ein Weißgradabfall um ca 3 % absolut nach 100 h UV-Bestrahlung gegenüber einem Weißgradabfall
um ca. 13 % bei unbehandeltem Holzschliff erreicht.
[0011] Die licht- und hitzeinduzierte Vergilbung von Papier aus gebleichtem Zellstoff erfolgt
jedoch nach völlig unterschiedlichen physikochemischen Reaktionsmechanismen.
[0012] In der DE-OS 17 61 775 wird ebenfalls die Verwendung von Polyethylenglykolen mit
Molekulargewichten zwischen 1000 und 6000, vorzugsweise zwischen 2000 und 4000 zur
Herstellung von hitzebeständigem Sterilisations- und Backpapier empfohlen. Durch einen
Zusatz von 2 bis 25 % Polyethylenglykol, bezogen auf das Papiergewicht, wurde ein
geringerer Abfall der Festigkeitseigenschaften bei einer Temperatureinwirkung von
180 bis 200°C innrhalb von 40 bis 60 Minuten angestrebt. Die Spezialpapiere werden
hierzu mit wäßrigen Lösungen von Polyethylenglykolen imprägniert.
[0013] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein vergilbungsresistentes Papier,
insbesondere gegen praxisnahe Temperatureinwirkung herzustellen, das die Nachteile
der bisher verwendeten Trägerpapiere aus gebleichten Zellstoffen nicht aufweist, d.
h. daß der Weißgradabfall durch Hitzeeinwirkung, wobei Temperaturen über 140°C bis
250°C, vorzugsweise über 200°C, innerhalb relativ kurzer Zeit, vorzugsweise unter
1 Minute, auf das Papier einwirken, weitgehend unterdrückt und/oder eine weitgehende
Regenerierung des Ausgangsweißgrades durch geeignete Stoffrezeptierung ermöglicht
wird.
[0014] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß durch die in den Ansprüchen gekennzeichneten
Verfahrensmaßnahmen und Stoffe.
[0015] Erfindungsgemäß wird ein Polyethylenglykol mit einem Molekulargewicht unter 1000,
vorzugsweise zwischen 100 und 500, verwendet. Erst dadurch ist die Herstellung vergilbungsresistenter
Papiere bezüglich Hitzeeinwirkung möglich, die zusätzlich eine hervorragende Weißgradregeneration
nach Hitzeeinwirkung aufweisen.
[0016] Die in den beiden Literaturstellen beschriebenen Anwendungsfälle von Polyethylenglykol
betreffen solche Produkte, die ein Molekulargewicht von 1000 bis 6000, vorzugsweise
> 2000 bis 4000 aufweisen. Diese höheren Molargewichtsstufen haben jedoch geringe
Hygroskopizität, was die nachfolgenden Zahlen veranschaulichen. So verhält sich bei
Molekulargewichtsabstufungen von 200:400:600:1500:4000 die zugehörige Hygroskopizität
wie 1:0,83 :0,75 : 0,42: 0,08.
[0017] Bestandteil der später noch näher beschriebenen Erfindung ist jedoch die Verwendung
stark hygroskopischer Substanzen, wie Polyehtylenglykole mit einem Molekulargewicht
unter 1000, vorzugsweise zwischen 100 und 500. Erst dadurch ist die Herstellung vergilbungsresistenterer
Papiere bezüglich Hitzeeinwirkung möglich, die zusätzlich eine hervorragende WEißgradregeneration
nach Hitzeeinwirkung aufwei . Obwohl die dabei auftretenden
komplexen Abbau- und Regenerationsvorgänge theoretisch nur unvollständig gedeutet
werden können, scheint doch der Grad der Hygroskopitität des verwendeten Produktes,
wie z. B. Polyethylenglykol, den Feuchtigkeitsgehalt des Papiers und damit dessen
Weißgradstabilität bei Hitzeeinwirkung wesentlich zu beeinflussen. Darauf wird später
noch näher eingegangen.
[0018] Über den Einfluß chemischer Hilfsmittel auf die Vergilbung von Papier liegen dagegen
nur wenige Informationen vor. Es ist allgemein bekannt, daß die lichtinduzierte Vergilbung
von Papier durch optische Aufheller, kationische Hilfsmittel und saure Harzleimung
verstärkt, dagegen durch eine Neutralleimung, meist kombiniert mit dem Einsatz von
Kalziumkarbonat als Füllstoff, die Weißgradstabilität gefördert wird (s. z. B. Wochenblatt
für Papierfabrikation (1986) 2, S.41-43). Ebenso scheint die teilweise oder vollständige
Regenerierung des Weißgradabfalls bisher nur bei anorganisch pigmentierten Dekorschichtpreßstoffen,
die mit energiereicher UV-Strahlung behandelt wurden (lichtinduzierte Vergilbung),
bekannt zu sein. Regenerationsvorgänge an anderen durch Licht- oder sogar Hitzeeinwirkung
vergilbten Papieren sind bisher in der Fachliteratur nicht erwähnt worden. Die festgestellt
voll reversible Vergrauung von Dekorschichtpreßstoffen wurde anhand einer geschlossenen
Modellvorstellung des Kreidungszyklus von TiO₂-Oberflächen erklärt (s. Farbe und Lack
(1976) 9, S. 805 - 810).
[0019] Durch eine 24-stündige künstliche Belichtung im Xenotest erlitten alle geprüften
Schichtpreßstoffe einen mehr oder weniger starken Helligkeitsabfall, der jedoch nach
160 Tagen Dunkellagerung wieder eliminiert worden war (s. "Das Papier" (1985) 10,
S, - 491).
[0020] Während über Ursachen und Reduzierung der lichtinduzierten Vergilbung von Zellstoff
und Papier einschließlich Regenerierung zumindest teilweise wissenschaftlich gesicherte
Erkenntnisse vorliegen, ist die Problematik der hitzeinduzierten Vergilbung unter
dem Einfluß von Temperaturen bis weit über 130°C bisher noch nicht untersucht worden.
Erst recht gilt das für evtl. Regenerierungsvorgänge nach der hitzeinduzierten Vergilbung.
[0021] Bei verschiedenen Stepzialpapieren, u. a. Dekorroh-, Trennroh- und Tapetenrohpapieren
wirken jedoch bei der Beschichtung mit speziellen Kunststoffen und deren Trocknung
bedeutend höhere Temperaturen als 130°C innerhalb relativ kurzer Zeit, meist unter
einer Minute, auf das Material ein.
[0022] Beispielsweise erfolgt das Trocknen von mit aufschäumbaren PVC-Pasten beschichteten
Papieren bei der Herstellung von Schaumtapeten bei Temperaturen über 200°C innerhalb
von ca. 45 bis 60 Sekunden.
[0023] In diesem Temperaturbereich bewirkte beispielsweise die in "Zellstoff und Papier"
(1976) 6, S. 166 - 170 vorgeschlagene Behandlung der Papierbahn mit Dithionitsalz
bei eigenen Labortests keine Reduzierung der hitzeinduzierten Vergilbung mehr.
[0024] Wie die Abbildung 1 belegt, ist erst bei Temperaturen über 140°C bei praxisnahen
Einwirkungszheiten von 42 s ein spürbarer Weißgradabfall feststellbar. Bei diesen
Untersuchungen an einem Tapetenrohpapier (Duplexpapier, Oberlage holzfrei, Unterlage
holzhaltig) mit noch nicht bezüglich Vergilbungsresistenz optimierter Stoffrezeptur
wurde eine teilweise Regeneration des Weißgrades nach Hitzebehandlung in Abhängigkeit
von Temperatur sowie Lagerzeit unter Lagerung bei Tageslicht festgestellt. Eine Weißgradregeneration
von Papieren nach hitzeinduzierter Vergilbung war bisher in diesem Umfang nicht bekannt
und war auch nicht erwartet worden. Ursache ist vermutlich, daß bisher nur der Einfluß
wesentlich geringerer Temperaturen, also z. T. weit unter 130°C, auf den Zellstoff
oder auf das Papier untersucht wurden.
[0025] Eine theoretische Deutung dieser Regenerationsvorgänge ist nur bedingt möglich. Durch
stärkere Hitzeeinwirkung wird dem Papier vermutlich auch das Restwasser entzogen,
das in den Hohlräumen der Zellulosefasern gebunden ist. Dadurch fallen
die Faserschläuche in sich zusammen, und der Lichtabsorptionskoeffizient sinkt. Durch
die relativ hohe Temperatur tritt eine teilweise Verhornung der quellfähigen Zellulosebestandteile
ein, so daß bei anschließender Lagerung des hitzebehandelten Papiers die Fähigkeit
zur Feuchteaufnahme aus der Umgebung reduziert ist. Zusätzlich müssen jedoch auch
noch kurzwelliges Licht und Sauerstoff zu den komplexen Regenerationsvorgängen an
der Zelluloseoberfläche bzw. Papieroberfläche beitragen. Anders ist die stärkere Regenerierung
des vergilbten Papies bei Tageslichtlagerung im Vergleich zur Dunkellagerung nicht
zu erklären, wie nachfolgend in Beispielen noch dargestellt wird.
[0026] Besonders günstig im erfindungsgemäßen Sinne hat sich die Herstellung des Rohpapiers
im pH-Bereich von 5 bis 10, vorzugsweise 6,5 bis 9,5 erwiesen, unter Zusatz von nicht
ionischen, schwach anionischen oder schwach kationischen Retentionsmitteln auf der
Basis von Polyacrylamiden bzw. schwach kationischen Retentionsmitteln auf der Basis
von Polyamidaminen ode Polyethyleniminen, formaldehydreien Naßfestmitteln auf der
Basis von Polyamidamin-Epichlorhydrinharzen und schwach kationischen Leimungsmitteln
auf der Basis von Diketendimeren in üblichen bekannten Mengen, bezogen auf den Zellstoff,
zur Erzielung ihrer optimalen Wirkung als jeweiliges chemisches Hilfsmittel. Anstatt
der üblicherweise verwendeten Neutralleimungsmittel auf der Basis der Diketendimere
können ebenfalls weitere Leimungsmittel, wie spezielle Harzleime für den sauren bis
schwach alkalischen pH-Bereich, oder Leimungsmittel, vorzugsweise für den neutralen
bis alkalischen pH-Bereich, z. B. auf der Basis von Bernsteinsäureanhydriden, Polyurethanen,
Maleinsäureanhydriden oder Acrylsäureestern, verwendet werden. Als Füllstoffe können
erfindungsgemäß zusätzlich übliche Weißpigmente, wie z. B. Kalziumkarbonat, Kaolin
oder Titandioxid in Anteilen von 5 bis 40 %, vorzugsweise 20 bis 30 %, bezogen auf
Zellstoff, zugesetzt werden.
[0027] Durch diese erfindungsgemäße Stoffrezeptur in Verbindung mit dem oder den hygroskopischen
Zusätzen wird eine Lösung des Problems der Herstellung eines weitgehend vergilbungsresistenten
Rohpapiers gegenüber relativ hoher Temperatur bzw. eines bezüglich Weißgrad teilweise
reversiblen Papiers nach Hitzeeinwirkung möglich. Erst durch einen zusätzlichen unpigmentierten
oder pigmentierten Oberflächenauftrag, der stark hygroskopische Zusätze enthält, wird
ein hitzeresistentes Papier erhalten.
[0028] Als stark hygroskopische Zusätze kommen chemische Hilfsmittel auf der Basis von Polyethylenglykolen
mit einem Molekularge wicht unter 1000, vorzugsweise zwischen 100 und 500, Glycerin,
Glykol, Sorbit oder Glukose bzw. hygroskopische Salze, wie Chlorkalzium, Chlormagnesium,
Kalium- oder Natriumlaktat in Frage. Besonders günstig im erfindungsgemäßen Sinne
hat sich der Zusatz von Polyethylenglykol erwiesen, der in Mengen von 0,5 bis 8 g/m²
(fest gerechnet), vorzugsweise 1 bis 5 g/m², entweder in Kombination mit üblichen
Oberflächenleimungsmitteln, wie z. B. modifizierte Stärken, Karboxymethylzellulose,
Polyvinylalkohol oder synthetischen Produkten auf Basis von z. B. Polyurethanen, Maleinsäureanhydriden
oder Acrylsäureestern, oder allein auf das Rohpapier aufgebracht wird. Der Anteil
an Polyethylenglykol kann dabei zwischen 5 bis 100 %, vorzugsweise 50 bis 100 % der
Gesamtmenge derunpigmentierten Beschichtung betragen. Als Beschichtungseinrichtungen
können bekannte Auftragswerke, wie z. B. Walzen- (u. a. Leimpresse) oder Luftbürstenauftragswerk,
die vorzugsweise innerhalb der Papiermaschine installiert sind, Anwendung finden.
[0029] Wird eine pigmentierte Beschichtung des Papiers aus zusätzlichen Erwägungen, wie
verbesserte Bedruckbarkeit, verbesserte Oberflächendichtigkeit gegenüber Wasser und/oder
Lösungsmittel o. a. vorgezogen, so hat sich erfindungsgemäß ebenfalls besonders der
Zusatz von Polyethylenglykol in Anteilen von 5 bis 100 %, vorzugsweise von 10 bis
60 %, bezogen auf die verwendete Bindemitte lmenge in bekannten Streichmassenrezepturen,
als vorteilhaft erwiesen. Bekannte Streichmassenzusammensetzungen sind Pigment-Bindemittel-Systeme
mit z. B. Kaolin und/oder Kalziumkarbonat als Streichpigment und z. B. synthetische
Bindemittel auf Basis wäßriger Copolymerdispersionen von Acrylsäure, Acrylsäureester,
Acrylnitril, Vinylacetat, Butadien und Styren allein oder in Kombination mit natürlichen
Bindemitteln, wie modifizierte Stärken oder Karboxymethylzellulose.
[0030] Als Beschichtungseinrichtungen können bekannte Auftragswerke, wie z. B. Walzen- (u.
a. Leimpresse) oder Rakelauftragswerke, wie Messer- oder Rollrakelauftragswerke, Anwendung
finden.
[0031] Das erfindungsgemäß hergestellte, mit einem zusätlichen Oberflächenauftrag versehene
Papier hoher Vergilbungsresistenz, vorzugsweise gegenüber relativ starker Temperatureinwirkung
und guter Weißgradregeneration nach Hitzeeinwirkung ist besonders geeignet als Trägermaterial
für spezielle Tapeten mit vor allem nicht vollflächigem PVC-Schaumauftrag, mehrfach
verwendbare Trennpapiere für Kunstlederbahnen oder für andere unbeschichtete bzw.
beschichtete Spezialpapiere, die besonders hohen Temperaturen während ihrer Weiterverarbeitung
ausgesetzt sind.
[0032] Die Erfindung wird nun anhand von Beispielen näher erläutert.
Beispiel 1
[0033] Erfindungsgemäß wurde ein Rohpapier variierter Zellstoff-Zusammensetzung und -beschaffenheit
hergestellt:
75 % Kiefernsulfat-Zellstoff
25 % Eukalyptus-Zellstoff bzw. Birkensulfat-Zellstoff
Mahlgrad 35 °SR (Schopper-Riegler)
pH-Wert 8,5
[0034] Dem Zellstoffgemisch wurden in weiteren Versuchen jeweils wirkungsgleiche Mengen
(auf atro Zellstoff gerechnet) an Retentionsmitteln, formaldehydfreien Naßfestmitteln
und Neutralleimungsmitteln unterschiedlicher Ionenladung zugegeben und dann erst das
Papierblatt gebildet.
[0035] Die Papiere wurden anschließend in einem speziellen Labortrockner vom Typ LTF der
Werner Mathis AG/Niederhasli einer konstanten praxisnahen Hitzebehandlung von 220°C
während 42 s unterworfen. Der o. g. Labortrockner gestattet es, das auf einem Stützrahmen
befestigte Prüfmaterial direkt in den Trockenkanal einzufahren und damit exakt die
gewählte Temperatur einzuhalten. Die hitzeinduzierte Papiervergilbung wurde als Vergilbungsfaktor
VF erfaßt.
[0036] Der Vergilbungsfaktor wurde errrechnet als Quotient aus der Weißgraddifferenz vor
und sofort nach Hitzebehandlung des Papiers und dem Ausgangsweißgrad nach folgender
Gleichung:

WG₁ = Ausgangsweißgrad des Prüfmediums (Papier)
WG₂ = Weißgrad nach Behandlung des Prüfmediums (Papier)
[0037] Der Weißgrad wurde nach der ASTM-Methode E 313-73 auf der Grundlage einer Farbdifferenzformel
errechnet mittels eines bekannten Hunterlab-Farbmeßgerätes.
[0038] Ein geringerer Vergilbungsfaktor bedeutet demnach eine stärkere Vergilbungsresistenz.
[0039] Folgende Ergebnisse mit den verschiedenen verwendeten Hilfsmitteln wurden erhalten
(in Klammer zum Vergleich die nach UV-Bestrahlung erhaltenen Vergilbungsfaktoren,
s. Beispiel 2):

Alle untersuchten Retentionsmittel verschlechterten die Vergilbungsresistenz der Papiere.
Den geringsten negativen Einfluß haben nicht ionische, schwach ionische, schwach anionische
bzw. schwach kationische Retentionsmittel.
[0040] Da der Einsatz von Retentionsmittel aus wirtschaftlichen Gründen bei der Papierherstellung
erforderlich ist, sollten o. g. Retentionsmittel geringer Ionenstärke Anwendung finden.

[0041] Im Vergleich zur Zellstoffrezeptur in der Versuchsreihe a) machte sich der Austausch
von Eukalyptus-Zellstoff durch Birken-Zellstoff negativ auf die Vergilbungsresistenz
bemerkbar.
[0042] Auch die Naßfestmittel verschlechtern die Vergilbungsresistenz der Papiere. Falls
ein Einsatz von formaldehydfreien Naßfestmitteln im Papier aus zusätzlichen Qualitäts
anforderungen nicht vermeidbar ist, sollten schwach kationische Naßfestmittel Anwendung
finden.

[0043] Im Vergleich zur Zellstoffrezeptur in der Versuchsreihe a) wird die Vergilbungsresistenz
durch den Zusatz an Kalziumkarbonat als Füllstoff verbessert.
[0044] Auch Neutralisationsmittel auf Basis von Diketendimeren verschlechtern die Vergilbungsresistenz
der Papiere. Wiederum ist der geringste Einfluß bei diesen chemischen Hilfsmitteln
gegeben, wenn nur schwache Kationaktivität vorliegt.
Beispiel 2
[0045] Die gemäß Beispiel 1 hergestellten Papiere aus Zellstoff-Hilfsmittel-Gemischen wurden
statt einer Hitzebehandlung (hitzeinduzierte Vergilbung) einer Bestrahlung mit energiereichem
ultravioletten Licht (lichtinduzierte Vergilbung) unterworfen und ebenfalls der Vergilbungsfaktor
gemäß Beispiel 1 ermittelt.
[0046] Die UV-Bestrahlung der Papiere erfolgte in einem bekannten Schnellbelichtungstischgerät
"Suntest" der Quarzlampen GmbH, Hanau während 64 Stunden. In diesem "Suntest" ist
ein hochintensiver Xenonstrahler eingebaut, der in Verbindung mit einem Filtersystem
ein Spektrum abstrahlt, das dem Sonnenlicht angepaßt ist. Die dabei sich bildende
Ozonmenge liegt weit unterhalb der von der Gesundheitsbehörde zugelassenen MAK-Grenzwerte.
Mit diesem Gerät ist eine zeitliche Raffung von Belichtungsvorgängen möglich.
[0047] Es galt nun zu ermitteln, ob ein statistisch gesicherter Zusammenhang zwischen der
hitze- und lichtinduzierten Papiervergilbung bei den o. g. Prüfbedingungen besteht.
Dazu wurden Korrelationsberechnungen zwischen den verschiedenen Vergilbungsfaktoren
vorgenommen. Erwartungsgemäß wurde keine Korrelation festgestellt. Die ermittelten
Korrelationskoeffizienten betrugen zwischen 0,34 und 0,02 für die betrachteten Papiere
gemäß Beispiel 1, Versuchsreihen a) bis c). Die Zahl der Einzelwerte für die Korrelationsbetrachtungen
war 10 bis 15, je nach Versuchsreihe.
[0048] Daraus kann die Schlußfolgerung gezogen werden, daß die licht- und hitzeinduzierte
Vergilbung von Papierblättern aus gebleichten Zellstoffen und chemischen Hilfsmitteln
nach völlig unterschiedlichen physikochemischen Reaktionsmechanismen erfolgt. Gleiches
wurde auch für die Weißgradregeneration nach Behandlung mit Licht oder Temperatur
ermittelt.
[0049] Auf dieser Erkenntnis aufbauend wird in den weiteren Beispielen die erfindungsgemäße
Lösung der Aufgabe der Herstellung eines weitgehend hitzeresistenten Papiers durch
Zusatz hygroskopischer Substanzen am Beispiel von Polyethylenglykol mit einem Molekulargewicht
unter 500 dargestellt.
Beispiel 3
[0050] Erfindungsgemäß wurde ein Rohpapier folgender Zusammensetzung und Beschaffenheit
hergestellt:
75 % Kiefernsulfat-Zellstoff
25 % Eukalyptus-Zellstoff
+ 20 % Kalziumkarbonat
Mahlgrad 35 °SR
pH-Wert 8,5
[0051] Dieses Rohpapier enthielt erfindungsgemäß ein schwach anionisches Retentionsmittel
auf der Basis von Polyacrylamid, ein schwach kationisches formaldehydfreies Naßfestmittel
auf der Basis von Polyamidamin-Epichlorhydrinharz und ein schwach kationisches Neutralleimungsmittel
auf der Basis von Diketendimer.
[0052] Auf das erfindungsgemäß hergestellte Rohpapier wurden 2 bzw. 5 g/m² (fest gerechnet)
Polyethylenglykol (PEG) mit einem Molekulargewicht von 400 in einer Laborstreichanlage
(Drahtrakel) aufgebracht und diese so beschichteten Papiere einer Hitzebehandlung
gemäß Beispiel 1 unterworfen. Der jeweilige Vergilbungsfaktor (VF) wurde nach Beispiel
1 ermittelt:

[0053] Wie Abbildung 2 zeigt, ist die Vergilbungsresistenz gegenüber Hitzeeinwirkung durch
steigende PEG-Zusätze wesentlich verbessert. Unerwartet ist die starke Weißgradregeneration
des hitzebehandelten Papiers bei Lagerung unter Tageslicht. Nach 36 Tagen Lagerung
wies das mit 5 g/m² PEG beschichtete Papier sogar ein en um ca. 1,5 %
absolut höheren Weißgrad als der Ausgangsweißgrad des Papiers, also vor Hitzebehandlung,
auf. Aber auch bei Dunkellagerung regeneriert sich der Weißgrad der mit PEG beschichteten
Papiere stärker. Erst nach 150 d Lagerung unter Tageslicht erhöht sich dann wieder
erwartungsgemäß durch Alterungsprozesse der Vergilbungsfaktor. Aber auch hierbei weisen
die mit PEG behandelten Papiere eindeutige Vorteile im Regenerationsverhalten gegenüber
dem unbehandelten Rohpapier aus.
[0054] Ähnliche Ergebnisse wurden ebenfalls mit den bereits gennannten anderen hygroskopischen
Mitteln erhalten.
[0055] Korrelationsbetrachtungen analog Beispiel 2 zwischen den Ergebnissen einer licht-
und hitzeinduzierten Vergilbung des gemäß Beipsiel 3 hergestellten Papiers ergaben
wiederum keinen statistisch gesicherten Zusammenhang. Demnach gelten auch für mit
PEG behandelte Papiere die bereits unter Beispiel 2 vermuteten unterschiedlichen physikochemischen
Reaktionsmechanismen.
Beispiel 4
[0056] Das gemäß Beispiel 3 erfindungsgemäß zusammengesetzte Rohpapier wurde in einer Laborstreichanlage
(Drahtrakel) mit einer pigmentierten Streichmasse folgender Zusammensetzung beschichtet:
100 Teile (fest) Kalziumkarbonat
10 Teile (fest, auf Pigment berechnet) Acrylsäureester-Copolymerdispersion
+ 1 bzw. 5 Teile (fest, auf Pigment berechnet) Polyethylenglykol mit einem Molekulargewicht
von 400
[0057] Der Strichauftrag auf dem Rohpapier betrug konstant 12 g/m² (fest gerechnet).
[0058] Die Papiere wurden wiederum einer Hitzebehandlung analog Beispiel 1 unterworfen.
Der jeweilige Vergilbungsgrad wurde nach Beispiel 1 ermittelt:

[0059] Durch den Pigmentstrich wird die Vergilbungsresistenz im Vergleich zum Rohpapier
etwas verbessert.
[0060] Die Vergilbungsfaktoren der mit PEG-Zusätzen gestrichenen Papiere sind sofort nach
Hitzebehandlung etwas höher als die der gestrichenen Papiere ohne PEG-Zusatz. Das
ist begründet durch das prozentual geringere Hohlraumvolumen der Pigmentschicht, die
zusätzlich noch PEG-Zusätze enthalten.
[0061] Der Vorteil eines PEG-Zusatzes macht sich dagegen wiederum bei der Weißgradregeneration
bemerkbar. Bei 12 g/m² Strichauftrag hat das Rohpapier erfahrungsgemäß noch einen
beacht lichen Einfluß auf die Vergilbung gestrichener Papiere. Deshalb sind auch nach
einer Regenerationsdauer der hitzebehandelten Papiere von 14 Tagen keine Unterschiede
in den Vergilbungsfaktoren von Rohpapier und pigmentgestrichenem Papier ohne PEG-Zusatz
feststellbar. Dagegen verbessert sich mit wachsendem PEG-Anteil im Strich die Weißgradregeneration,
charakterisiert durch einen niedrigeren Vergilbungsfaktor.
1. Verfahren zur Herstellung von vergilbungsresistenten Papierbahnen aus Zellstoff
unter Zusatz von Leimungsmitteln, Füllstoffen, Retentionsmittel und Naßfestmittel,
dadurch gekennzeichnet, daß die Papierbahn aus Sulfatzellstoff von Pappel-, Eukalyptus-
und Kiefernholz im Verhältnis von 15:85 bis 85:15 besteht mit einem Mahlgrad von 15
bis 60° SR und daß die Papierbahn mit einem Oberflächenauftrag aus einem stark hygroskopischen
Zusatz versehen wird, der 5 bis 100 % der Bindemittelmenge ausmacht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der ph-Wert des Zellstoffgemisches
vorzugsweise 6,5 bis 9,5 beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß dem Zellstoffgemisch
nichtionische, schwach anionische oder schwach kationische Retentionsmittel auf der
Basis von Polyacrylamiden bzw. schwach kationische Retentionsmittel auf der Basis
von Polyethylenimin oder Polyamidiminen, schwach kationische formaldehydfreie Naßfestmittel
auf der Basis von Polyamidamin-Epichlorhydrinharzen und schwach kationische Leimungsmittel
auf der Basis von Diketendimeren zugesetzt werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Leimungsmittel
im schwach sauren oder alkalischen Bereich Leimungsmittel auf der Basis von Bernsteinsäureanhydriden,
Polyurethanen, Maleinsäureanhydriden, Acrylksäureestern sowie Harzleime Anwendung
finden.
5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß dem Zellstoff zusätzlich
Füllstoffe, wie Kalziumkarbonat, Kaolin oder Titandioxid in Anteilen von 5 bis 40
%, vorzugsweise 20 bis 30 %, bezogen auf den Zellstoff, zugesetzt werden.
6. Verfahren anch Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Oberflächenauftrag
pigmentiert ist und der Anteil der hygroskopischen Zusätze 10 bis 60 % der Bindemittelmenge
beträgt.
7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß der unpigmentierte
Oberflächenauftrag mit bekannten üblichen Beschichtungseinrichtungen, wie Walzenauftragswerk,
z. B. Leimpresse, oder Luftbürstenauftragswerk und vorzugsweise mit Zusätzen von Polyethylenglykolen
erfolgt bei Auftragsmengen von 1 bis 5 g/m² (fest gerechnet), entweder in Kombination
mit üblichen Oberflächenleimungsmitteln, wie modifizierte Stärken, Karboxymethylzellulose,
Plyvinylalkohol oder synthetische Produkte, oder als alleinige Beschichtung von Polyethylenglykol.
8. Verfahren nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der pigmentierte Oberlfächenauftrag
mit bekannten üblichen Beschichtungseinrichtungen, wie Walzen-, Messer- oder Rollrakel-Auftragswerk,
und vorzugsweise mit Zusätzen von Polyethylenglykolen zu bekannten üblichen Streichmassen-Zusammensetzungen,
wie Pigment-Bindemittel-Systemen mit z. B. Kaolin und/oder Kalziumkarbonat als Streichpigm
ent und z. B. synthetischen Bindemitteln auf Basis wäßriger Copolymerdispersionen
von Acrylsäure, Acrylsäureester, Acrylnitril, Vinylacetat, Butadien und Styren allein
oder in Kombination mit natürlichen Bindemitteln, wie z. B. modifizierte Stärken oder
Karboxymethylzellulose, erfolgt.
9. Verwendung der mit zusätzlichem Oberflächenauftrag versehenen, getrockneten Papierbahn,
hergestellt nach Anspruch 1 bis 8, als vergilbungsresistentes Trägermaterial, insbesondere
gegenüber Hitzeeinwirking in einem Temperaturintervall von 100 bis 250°C, vorzugsweise
über 150°C, z. B. für spezielle Tapeten mit PVC-Schaumauftrag, mehrfach verwendbares
Trennpapier für Kunstlederbahnen oder für andere unbeschichtete bzw. beschichtete
Spezialpapiere.
10. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Papierbahn vorzugsweise
aus Sulfatzellstoff von Kiefernund Eukalyptusholz besteht mit einem Mahlgrad von 25
bis 45° SR im Verhältnis von 75:25 bis 50:50.
11. Verfahren nach Anspruch 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, daß das Polyethylenglykol
ein Molekulargewicht unter 1000 hat, vorzugsweise zwischen 100 und 500.