(19)
(11) EP 0 265 744 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.05.1988  Patentblatt  1988/18

(21) Anmeldenummer: 87114778.1

(22) Anmeldetag:  09.10.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B01D 59/26, G21F 9/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 28.10.1986 DE 3636632

(71) Anmelder: NTG Neue Technologien GmbH & Co. KG
D-6460 Gelnhausen-Hailer (DE)

(72) Erfinder:
  • Ortmayer, Rudolf Maximilian, Ing. grad.
    D-6464 Linsegericht-Geislitz Krauerain (DE)
  • Weichselgartner, Heinrich, Dr., Dipl.-Chem.
    D-8000 München 83 (DE)

(74) Vertreter: Munderich, Paul (DE) 
Frankfurter Strasse 84
W-6466 Gründau-Rothenbergen
W-6466 Gründau-Rothenbergen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Organisches Feststoffgetter zur Absorption von Tritium (T) aus einem stömenden Gasgemisch


    (57) Die Erfindung betrifft ein organisches Fest­stoffgetter zur Absorption von Tritium (T) aus einem strömenden Gasgemisch, bei welchem das Tritium durch eine Hydrierungsreaktion mit einer einfach oder mehrfach ungesättigten, orga­nischen Verbindung, wie Linolsäure oder dgl., in einem Pd- oder Pt-Edelmetall-Katalysator (2) umgesetzt wird.
    Träger der Edelmetallschicht des Katalysator (2) ist ein aus Al₂O₃-Kugeln gleichmäßiger Größe bei dichtestmöglicher Packung hergestellter Keramikkörper, wobei die Kugeloberflächen bzw. die Freiräume zwischen den Kugeln außer der Beschichtung die ungesättigte organische Ver­bindung, d.h. die Linolsäure aufnehmen.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein organisches Fest­stoffgetter zur Absorption von Tritium (T) aus einem strömenden Gasgemisch, bei welchem das Tritium durch eine Hydrierungsreaktion mit einer einfach oder mehrfach ungesättigten, organischen Verbindung, vorzugsweise mit Linolsäure oder Li­nolensäure in einem Pd- oder Pt-Edelmetall-Kata­lysator herbeigeführt bzw. umgesetzt wird.

    [0002] Durch die Deutsche Patentschrift 30 25 494 ist ein Verfahren zum Entfernen von Tritium bekannt, bei welchem das Tritium durch eine chemische Reaktion in eine Verbindung umgesetzt und vom restlichen Gas­gemisch getrennt wird. Das Tritium wird hierbei durch eine Hydrierungsreaktion mit einer unge­sättigten, organischen Verbindung unter Anwesenheit eines Katalysators umgesetzt.

    [0003] Des weiteren ist ein Verfahren nach der US-PS 40 20 003 bekannt, bei dem das tritiumhaltige Wasser mit Calcium­carbid umgesetzt und das entstehende Ethin durch Strahlungspolymerisation in eine feste Substanz umgewandelt wird.

    [0004] Auch durch die DE-OS 24 34 876 ist die Entfernung von Tritium aus einem Gasgemisch bekannt. Nach diesem Verfahren wird das Tritium aus einem katalytischen Reaktor, der eine Pd- oder Pt-Edel­metallbeschichtung enthält, mit Sauerstoff zu tri­tiumhaltigem Wasser umgesetzt.

    [0005] Das hieraus entstehende Wasser wird anschlies­send in einem Trockenmittel, z.B. einem Moleku­larsieb, adsorbiert, wobei das System neben dem katalytischen Reaktor und dem Molekularsieb noch eine Heizvorrichtung und einen Wärmetauscher zum Kühlen benötigt.
    Hierbei ist es weitgehend unklar, von welchen Fak­toren die minimal zu erzielende T-Konzentration in der gereinigten Luft abhängt.
    Wesentlich ist vermutlich der Wasserdampfpartial­druck im Molekularsieb und die Ausbeute bei der katalytischen Oxidation.

    [0006] Zur grundsätzlichen Problemstellung wird bemerkt, daß Tritium das radioaktive Isotop des Wasser­stoffs mit einer Halbwertszeit von 12,3 a ist. Es ist ein β-Strahler und kommt in der Natur nur in winzigen Mengen (1 T-Atom auf 10¹⁸ H-Atome), ohne das Tritium aus Waffentests, vor.
    Aufgrund der geringen Reichweite der β-Strahlung (in Luft 6 mm) treten bei seiner Handhabung prak­tisch keine Abschirmprobleme auf. Da es jedoch, speziell bei höherer Konzentration, zu Oxydation und Austausch mit normalem Wasserstoff neigt, kommt es leicht zur Bildung von überschwerem Wasser THO, in welcher Form es leicht von Haut und Lunge aufgenommen wird.
    Es stellt daher eine ausgesprochene Gefahr dar und das Einatmen tritiumhaltiger Luft muß ver­hindert werden.

    [0007] Beim Umgang mit größeren Mengen an Tritium in Forschung und Technik sollen daher alle Appara­turen und Komponenten in Glove-boxen installiert werden. Bei Routine- oder Störfall-Freisetzungen wird das Tritium dann durch spezielle Absorptions­systeme unschädlich gemacht.

    [0008] Auf schon beinahe "klassische Weise" wird das Tritium in sog. T-Absorptionsanlagen dabei an Katalysatoren bei höheren Temperaturen mit Luft­sauerstoff zu THO "verbrannt" und das THO anschlies­send am Molekularsieb absorbiert.

    [0009] Diese Lösung hat eine Reihe von Nachteilen, deren wesentliche nachstehend genannt werden:
    - Umwandlung des Tritiums in das 10⁴-fach ge­fährlichere THO;
    - große Anzahl von Komponenten (Wärmetauscher, Kühler, Katalysator-Ofen, Steuerung);
    - ständig geheizte Katalysator-Öfen;
    - Beladung der Mol-Siebe nur bis ca. 0,1 % mög­lich, sonst zu hoher Partialdruck;
    - rasche Erschöpfung der Molsiebe durch normale Luftfeuchte.

    [0010] Trotzdem werden, zimindest partiell, auch heute noch die T-Absorptionsanlagen empfohlen und an­gewandt.

    [0011] Als Alternativlösung empfiehlt sich das TROC-­Verfahren, das von Dr.H. Weichselgartner am IPP entwickelt wurde, bei dem die Tritiumentfernung durch katalytische Bindung an ungesättigte Fett­säuren stattfindet.

    [0012] Als wesentliche Vorteile sind zu nennen:
    - wenige Komponenten,
    - keine Wärmetauscher, Kühler, usw.,
    - wesentliche geringere Abfallmenge,
    - Vermeidung der THO-Bildung.

    [0013] Problematisch ist beim TROC-Verfahren das Auf­treten dreier Phasen in der Reaktionskolonne, und zwar der feste Katalysator, das flüssige Medium und die gasförmige GB-Atmosphäre. Die verfahrenstechnischen Probleme und Regelungs­probleme sind noch nicht optimiert.

    [0014] Diese Sachlage berücksichtigend ist es Aufgabe dieser Erfindung, ein Verfahren nach der eingangs gegebenen Definition zu nennen, das insbesondere die flüssige Phase vermeidet und das über eine längere Zeit mit festen, ungesättigten, orga­nischen Verbindungen das Problem des Katalysator­einbaus befriedigend löst, wobei es letztlich das Ziel ist, ein organisches Feststoff-Tritium-Getter zu bilden, das als "Filter" anzusprechen ist.

    [0015] Die erfindungsgemäße Lösung dieser Aufgabe sieht vor,
    daß als Träger der Pd- oder Pt-Edelmetall­schicht des Katalysators ein aus Al₂O₃-Kugeln nahezu gleichmäßiger Größe bei technisch dichtest möglicher Packung gebildeter Keramikkörper dient, daß in die zwischen den mit Edelmetall beschichteten Kugeln verbleibenden Freiräume als ungesättigte, organische Verbindung Linolsäure C₁₇H₃₁COOH in einer solchen Menge zugegeben ist, daß die Pd- ­bzw. Pt-Kugeloberflächen einerseits noch frei zu­gänglich sind und andererseits hinreichend Linol­säure vorliegt, um, bei Aufrechterhaltung der quasi trockenen Charakteristik der Kugeln, diese ge­nügend Tritium aufnehmen können, und
    daß der oder die zu Feststoffgettern ausgebildete(n) Katalysator(en) in einem Gehäuse einzahlig oder in parallelen oder in hintereinander geschalteten Kolonnen angeordnet ist bzw. sind und die Strömung durch einen saugseitig an diesem angeordneten Ventilator einstellbar ist.

    [0016] Die Verwendung von Al₂O₃-Kugeln von praktisch gleicher Größe, bei optimaler Packungsdichte, zur Bildung eines Keramikkörpers für die Pd- ­oder die Pt-Edelmetallschicht, ermöglicht nicht nur die Einstellung eines nahezu gleichmäßigen Durchgangswiderstandes bei etwa einheitlichem Querschnitt, sondern sie ermöglicht die Bildung einer großen Oberfläche für die Belegung mit der Edelmetallschicht.

    [0017] Darüber hinaus sichern die verbleibenden Frei­räume eine ausreichende Belegung mit der vorge­schlagenen Linolsäure, wobei der Belag bei Auf­rechterhaltung seiner "Trockenheit" über einen langen Zeitraum genügend Tritium aufnehmen kann.

    [0018] Der apparative Aufbau ist einfach. Als vorerst einziger Nachteil stellt sich dar, daß der be­ladene Katalysator insgesamt als aktiver Abfall anzusehen ist, d.h. als relativ teures Material verworfen werden muß. Dieser Nachteil wird jedoch durch den einfachen Aufbau der T-Absorptionsanlage kompensiert.

    [0019] Insgesamt stellt der erfindungsgemäße Katalysator ein "Tritium-Filter" dar, das keinerlei Über­wachung, Steuerung, Heizung oder Kühlung bedarf. Es wird in den zu reinigenden Gasstrom als Einmal­einheit installiert.

    [0020] Zur Dimensionierung wird vermerkt, daß die Al₂O₃-­Kugeln des Keramikkörpers einen Durchmesser zwischen 4 mm und 6 mm aufweisen, wobei es des Ziel ist, möglichst gleichmäßige Kugeldurch­messer um 5 mm zu erhalten.

    [0021] Eine Kugelpackung aus solchen Kugeln entspricht nahezu der dichtesten erreichbaren Kugelpackung, wobei die in einer Ebene liegenden Mittelpunkte ein Netz aus gleichseitigen Dreiecken bilden. Jede Kugel hat dabei sechs sich berührende Nachbarn.

    [0022] Schichten dieser Art lassen sich zu einem Raum­gitter zusammensetzen, wobei die beiden Schichten, die der zunächst betrachteten Schicht benachbart sind, in der Lager der Kugeln übereinstimmen oder um 60° gegeneinander gedreht sind. In beiden Fällen ist jede Kugel von zwölf sie berührenden Nachbarn umgeben.

    [0023] Im ersten Fall weist die Umgebung eine dreizählige Symmetrieachse auf, so daß ein hexagonales Gitter entsteht. Im zweiten Fall liegen die zwölf Nachbar­kugeln auf den Mitten der zwölf Kanten eines Würfels, so daß sich ein kubisch flächenzentriertes Gitter ergibt.

    [0024] Der zwischen den anliegenden Kugeln jeweils entstehen­der "Raum-Zwickel" bietet genügend Platz für die anschließende Beschickung mit Edelmetall und die nachfolgende Belegung mit Linolsäure.

    [0025] Es ist vorgesehen, daß die Menge des Beschichtungs­materials zwischen 0,1 und 5,0 Gew.%, bezogen auf das Schüttgewicht des Al₂O₃, bemessen ist, wobei die Edelmetallschicht aus Palladium (Pd) besteht, vor­zugsweise zwischen 0,4 und 0,6 Gew.%, bezogen auf das Schüttgewicht Al₂O₃, aufgegeben ist, und die Menge an ungesättigten organischen Verbindungen (Linol­säure) zwischen 4 und 20 Gew.%, entsprechend einer Belegung der Kugeloberfläche von 65 bis 72 %, zu­gemessen ist.

    [0026] Als besonders vorteilhaft hat sich die Zugabe ungesättigter organischer Verbindung in Form von Linolsäure in Höhe von 14 Gew.% bestätigt.

    [0027] Zum Aufbau des Getters wird vorgeschlagen, daß gaseintrittsseitig in das die Katalysatoren aufnehmende Gehäuse eine Trocknungspatrone vor­geschaltet ist, um eine Blockierung der Kataly­satoren zu vermeiden, während das austrittsseitig aus dem die Katalysatoren aufnehmenden Gehäuse ein Aktivkohlenfilter vorgesehen ist, um eine druckbedingte Verschleppung organischer Anteile zu verhindern.

    [0028] Der apparative Aufwand für die Erfindung wird durch die beigefügte Skizze einer beispiels­weisen Ausführungsform in partieller Darstel­lung näher erläutert.

    [0029] Das Gehäuse 1 ist durch einen Zwischenboden 1.1 mit Ausnehmungen für den Einsatz der Katalysatoren 2 in jeweils eine Aufgabekammer und eine Abgabe­kammer geteilt, wobei die Gase im Saugzug durch den Ventilator 3 durch das Gehäuse 1 geführt werden.

    [0030] Aufgabeseitig ist eine Trockenpatrone 4 vorgeord­net, um eine unnötige Dampfbeladung und damit eine Blockierung der Katalysatoren 2 zu vermeiden. Die Katalysatoren 2 sind in diesem Fall paralle geschal­tet, und die abgereinigten Dämpfe verlassen das Gehäuse 1 über ein drucksenkendes Aktivkohlenfilter 5, um eine Verschleppung der Linolsäure zu vermei­den.


    Ansprüche

    1. Organisches Feststoffgetter zur Absorption von Tritium (T) aus einem strömenden Gasgemisch, bei welchem das Tritium durch eine Hydrierungs­reaktion mit einer einfach oder mehrfach unge­sättigten, organischen Verbindung, vorzugsweise mit Linolsäure oder Linolensäure in einem Pd- ­oder Pt-Edelmetall-Katalysator herbeigeführt bzw. umgesetzt wird, dadurch gekennzeichnet,

    daß als Träger der Pd- oder Pt-Edelmetall­schicht des Katalysators ein aus Al₂O₃-Kugeln nahezu gleichmäßiger Größe bei technisch dichtest möglicher Packung gebildeter Keramik­körper dient,

    daß in die zwischen den mit Edelmetall be­schichteten Kugeln verbleibenden Freiräume als ungesättigte, organische Verbindung Linolsäure C₁₇H₃₁COOH in einer solchen Menge zugegeben ist, daß die Pd- bzw. Pt-Kugeloberflächen einerseits noch frei zugänglich sind und andererseits hin­reichend Linolsäure vorliegt, um, bei Aufrecht­erhaltung der quasi trockenen Charakteristik der Kugeln, diese genügend Tritium aufnehmen können, und

    daß der oder die zu Feststoffgettern aus­gebildete(n) Katalysator(en) (2) in einem Ge­häuse (1) einzahlig oder in parallelen oder in hintereinander geschalteten Kolonnen angeordnet ist bzw. sind und die Strömung durch einen saug­seitig an diesem angeordneten Ventilator (3) ein­stellbar ist.
     
    2. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß die Al₂O₃-Kugeln des Keramikkörpers einen Durchmesser zwischen 4 mm und 6 mm auf­weisen.
     
    3. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß die Menge des Beschichtungsmaterials zwischen 0,1 und 5,0 Gew.%, bezogen auf das Schüttgewicht des Al₂O₃, bemessen ist.
     
    4. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß die Edelmetallschicht aus Palladium (Pd) besteht und zwischen 0,4 und 0,6 Gew.%, bezogen auf das Schüttgewicht Al₂O₃, bemessen ist.
     
    5. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß die Menge an ungesättigten, organischen Verbindungen zwischen 4 und 20 Gew.% entsprechend einer Belegung der Kugeloberfläche von 65 bis 72% gegeben ist.
     
    6. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 5,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß als ungesättigte organische Verbindung Linolsäure in Höhe von 14 Gew.% zugegeben wird.
     
    7. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß gaseintrittsseitig in das die Katalysa­toren aufnehmende Gehäuse eine Trocknungspatrone (4) vorgeschaltet ist, um eine Blockierung der Katalysatoren zu vermeiden.
     
    8. Organisches Feststoffgetter nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,

    daß gasaustrittsseitig aus dem die Katalysa­toren aufnehmenden Gehäuse ein Aktivkohlenfilter (5) vorgesehen ist, um eine druckbedingte Ver­schleppung organischer Anteile zu verhindern.
     




    Zeichnung