(19)
(11) EP 0 270 769 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.06.1988  Patentblatt  1988/24

(21) Anmeldenummer: 87114773.2

(22) Anmeldetag:  09.10.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B24B 1/00, B24B 7/17
(84) Benannte Vertragsstaaten:
FR GB IT

(30) Priorität: 11.12.1986 DE 3642304

(71) Anmelder: Van Nelle - Lassie B.V.
NL-3044 BC Rotterdam (NL)

(72) Erfinder:
  • Schmitz, Heinz Günter
    D-5632 Wermelskirchen (DE)

(74) Vertreter: Dreiss, Fuhlendorf & Steimle Patentanwälte 
Gerokstrasse 6
70188 Stuttgart
70188 Stuttgart (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Schleifen planparalleler Kreisringflächen an scheibenförmigen Werkstücken


    (57) Beschrieben wird ein Verfahren zum Schleifen planparalleler Kreisringflächen an scheibenförmigen Werkstücken, insbesondere an Bremsscheiben (1) von Kraftfahrzeugscheibenbremsen, bei dem die Werkstücke auf ihren zu bearbeitenden Flächen, bezogen auf deren Soll-Lage, unterschiedliche Schleifzugaben aufweisen, von beiden Seiten mit Seitenschleifscheiben (6,7) im Stirnschleifverfahren bearbeitet werden und die Bearbeitung in mehreren Phasen mit unterschiedlicher Vorschubgeschwindigkeit erfolgt. Die Bearbeitung erfolgt in einem Verfahrensabschnitt mit unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten (v₃, v₃ʹ) und zwar von Punkt (P₂, P₂ʹ) des ersten Kontaktes der Schleifscheiben (6,7) mit dem Werkstück (1) bis zu einem Punkt (P₃), an dem beidseitig des Werkstücks (1) dieselbe Restschleifzugabe (S₀), bezogen auf die Soll-Lage der zu bearbeitenden Flächen (2,3), gegeben ist. Die unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten (V₃;V₃ʹ) sind derart abgestimmt, daß der Punkt (P₃), an dem beidseitig dieselbe Restschleifzugabe (S₀) gegeben ist, von beiden Seiten her im selben Zeitpunkt (t₃) erreicht wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfingung betrifft ein Verfahren zum Schleifen planparalleler Kreisringflächen an scheibenförmigen Werkstücken, insbesondere an Bremsscheiben von Kraftfahrzeugscheibenbremsen, bei dem die Werkstücke auf ihren zu bearbeitenden Flächen, bezogen auf deren Soll-Lage unterschiedliche Schleifzugaben aufweisen, von beiden Seiten mit Seitenschleifscheiben bearbeitet werden und die Bearbeitung in mehreren Phasen mit unterschiedlicher Vorschubgeschwindigkeit erfolgt.

    [0002] Ein derartiges Verfahren ist aus der DE-AS 21 22 798 bekannt. Dabei werden die Schleifscheiben beim Abschalten des Vorschubes in ihren Stellungen blockiert und das Werkstück ausgefeuert. Durch Wiederholung dierser Arbeitsschritte mit gleichem oder reduziertem Vorschub wird das Werkstück bis zum Fertigmaß abgeschliffen. Dabei ist es bekannt, das Werkstück derart vorzuschleifen, daß sich auf beiden Seiten gleiche Aufmaße, bezogen auf die Soll-Lage der Flächen, ergeben. Dieses Vorschleifen (aaO Spalte 3, Z. 26) erfolgt bei gleichen Vorschubgeschwindigkeiten, jedoch unterschiedlichen Schleifzugaben also ggf. mit unterschiedlicher Dauer. Es ist also möglich, daß die eine Scheibe schon schleift, während die andere schon anhält, weil die Schleifzugabe auf deren Seite bereits abgearbeitet ist. Eine elastische Verformung kann also nicht ausgeschlossen werden. Die weitere Bearbeitung erfolgt schrittweise nach dem Stop-and-Go-Verfahren, jeweils unter Zwischenschalten des Ausfeuerns. Dies schließt jedoch ein Rückfedern der im ersten Bearbeitungsschritt elastisch verformten Oberflächen und damit gewisse Ungenauigkeiten nicht aus Außerdem ist das mehrfache Anhalten und Ausfeuern zeitraubend und schließt nicht aus, daß bei Wiederbeginn des Vorschubs kurzfristig beidseitig unterschiedliche Anpressdrücke auftreten. Sie können zu elastischer Verformung des Werkstücks führen, die nach Wegnahme des Anpressdruckes zu einer Rückfederung in den Ausgangszustand und damit zu Ungenauigkeiten führen kann.

    [0003] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, demgegenüber, das Verfahren der eingangs genannten Art derart zu verbessern, daß die Genauigkeit der Planparallelität dadurch weiter erhöht wird, daß beim Abarbeiten unterschiedlich dicker Schleifzugaben zu deren beiden Seiten elastische Verformungen der Werkstücke vermieden werden, und zwar insbesondere in der Endphase. Das Verfahren soll ferner im Ablauf einfacher und schneller sein.

    [0004] Diese Aufgabe ist dadurch gelöst, daß dann, wenn der gesamte Bearbeitungsvorgang so weit fortgeschritten ist, daß sich beide Schleifscheiben mit dem Werkstück im Kontakt befinden, in der folgenden Phase die Bearbeitung bis zu einem gewählten Zwischenpunkt, in dem das Werkstück - bezogen auf die Soll-Lage der bearbeitenden Fläche - beidseitig eine gleich große Restschleifzugabe aufweist, mit unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten erfolgt, die derart abgestimmt sind, daß der Zwischenpunkt auf beiden Seiten im selben Zeitpunkt erreicht wird und danach der Abtrag beidseitig mit gleicher und erhöhter Vorschubgeschwindigkeit erfolgt.

    [0005] Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen definiert.

    [0006] Es wird also bis zu einer beidseitig des Werkstücks gleichen Schleifzugabe (s₀) mit unterschiedlichen
    Vorschubgeschwindigkeiten gearbeitet, die so aufeinander abgestimmt sind, daß man im selben Zeitpunkt von beiden Seiten einen Zwischenpunkt erreicht, der beidseitig des Werkstücks eine gleich große Restschleifzugabe aufweist. Von dort an wird beidseitig mit gleichen Geschwindigkeiten kontinuierlich bis zum gewünschten Fertigmaß geschliffen. Das "Schruppen", d.h. das Abarbeiten des größten Teils der Schleifzugabe, die insgesamt abzuarbeiten ist, erfolgt erst, wenn die unterschiedlichen Aufmaße auf beiden Seiten und die Formfehler unter Aufwendung nicht zu großer Schleifkräfte besitigt sind. Damit ist absolut sichergestellt, daß keine elastischen Verformungen des Werkstücks durch unterschiedliche Anpressdrücke der Schleifscheiben auftreten können.

    [0007] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist im folgenden unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher beschrieben und es stellen dar:

    Figur 1 eine schematische Darstellung der Bearbeitung einer Bremsscheibe;

    Figur 2 ein Weg- bzw. Geschwindigkeits-Zeitdiagramm bei der Bearbeitung nach Fig. 1



    [0008] Figur 1 zeigt als Werkstück eine Bremsscheibe 1. Ihre beiden im Abstand h verlaufenden Seitenflächen 2 und 3 sollen so bearbeitet werden, daß sie in hohem Maße eben, zueinander exakt parallel und exakt rechwinklig zur Drehachse A sind. Die Kontur der Bremsscheibe 1 vor dem Schleifen ist extrem übertrieben dargestellt und mit 2ʹ bzw. 3ʹ bezeichnet. Diese überstehende Kontur 2ʹ, 3ʹ muß bis zur in dicker Linie eingezeichneten Soll-Lage der Seitenflächen 2, 3 abgearbeitet werden. Während des Schleifens soll keine elastische Verformung durch unterschiedliches Andrücken der Schleifwerkzeuge auftreten, die nach Wegnahme des Anpreßdruckes, ein Rückfedern in die Ausgangslage und dann eine bleibende Unebenheit oder Ungenauigkeit in der Planparallelität ergeben würde.

    [0009] Zur Bearbeitung wird die Bremsscheibe 1 zwischen Spannbacken 4 und 5 aufgenommen und um die Drehachse A gedreht. Die Seitenflächen 2, 3 werden mit Seitenschleifscheiben 6, 7 bearbeitet, die sich drehen und in Richtung der eingezeichneten Pfeile auf die Seitenflächen 2, 3 bzw. deren Konturen 2ʹ, 3ʹ vorgeschoben werden.

    [0010] In der in Fig. 1 dargestellten Position befinden sich die Schleifscheiben 6, 7 in Vorschubrichtung an den Punkten P₁. Ausgehend von diesen Punkten P₁ soll von beiden Schleifscheiben 6, 7 eine Länge 1 bis zum Fertigmaß (= Soll-Lage der Seitenflächen 2, 3 wie eingezeichnet) abgearbeitet werden.

    [0011] In Figur 2 bezeichnet die Ordinate der Weg s beider Schleifscheiben 6, 7 in Vorschubrichtung und die Geschwindigkeit v beider Schleifscheiben 6, 7 in Vorschubrichtung in Abhängigkeit von der Zeit die auf der Abszisse eingezeichnet ist. Die Vorschubgeschwindigkeiten der beiden Schleifscheiben 6, 7 sind mit v1, v2, v3 bzw. v3ʹ, v4, v5, v6 bezeichnet. Die Vorschubgeschwindigkeiten sind für beide Schleifscheiben 6,7 bis zum Zeitpunkt t2 gleich; sie sind ferner von t3 bis zum Schluß der Bearbeitung bei t6 jeweils gleich; sie sind jedoch zwischen t2 und t3 unterschiedlich, nämlich v3 bzw. v3ʹ.

    [0012] Die vom Ursprung des Diagramms nach Fig. 2 ausgehende Linie zeigt den Weg s in Abhängigkeit von der Zeit t. Der Weg von P1 bis P6 entspricht dem Abstand 1, der auch in Fig. 1 eingezeichnet ist.

    [0013] Die Schleifscheiben 6, 7 fahren zunächst aus einer in Fig. 1 nicht dargestellten Ausgangslage mit gleicher Geschwindigkeit v₁ in die Ausgangslage P₁, die sie im Zeitpunkt t₁ erreichen. In P₁ darf sich noch kein Kontakt mit den Konturen 2ʹ, 3ʹ ergeben. Dieser Weg kann im Eilgang gefahren werden.

    [0014] Von P₁ an erfolgt der Vorschub mit der geringeren Geschwindigkeit v₂, und zwar von beiden Seiten gleich solange bis bei P₂ im Zeitpunkt t₂ der erste punktuelle Kontakt der Schleifscheibe 6 mit der Kontur 2ʹ stattfindet. Ein solcher punktueller Kontakt kann dadurch bedingt sein, daß die bearbeitete Fläche schräg liegt, d.h. einen sog. Planschlag hat. Sie kann aber auch daher herrühren, daß die Oberfläche praktisch kleine Wellen in Umfangsrichtung, also "Hügel" und "Täler" aufweist. Ein solcher punktueller Kontakt wird einfach dadurch festgestellt, daß man den Cosinus phi, d.h. den Winkel zwischen Spannung und Strom im Antriebsmotor der Schleifscheiben 6, 7 mißt. Der Cosinus phi ist lastabhängig und gibt ein hervorragend sensibles Maß für das Auftreffen der Schleifscheiben 6, 7 auf das Werkstück 1.

    [0015] Das Auftreffen der Schleifscheiben 6, 7 auf die Konturen 2ʹ, 3ʹ erfolgt an den Punkten P₂ bzw. P₂ʹ. Der Abstand von P₁ zu P₂ beträgt a; der Abstand von P₁ auf der linken Seite von Fig. 1 zu P₂ʹ beträgt aʹ. a und aʹ sind verschieden.

    [0016] Jeweils im Augenblick des Kontaktes der Schleifscheiben 6, 7 mit den Konturen 2ʹ bzw. 3ʹ, also in den Punkten P₂ bzw. P ändert sich die Vorschubgeschwindigkeit wiederum. Sie wird vermindert, sobald Kontakt gegeben ist, also zu den Zeitpunkten t₂ bzw. t₂ʹ. Es erfolgt eine Umstellung der Vorschubgeschwindigkeit auf v₃ bzw. v₃ʹ. Sie ist für beide Schleifscheiben 6, 7 unterschiedlich. Sie ist für die Schleifscheibe 6, die zuerst im Zeitpunkt t₂ im Punkt P₂ auf die Kontur 2ʹ trifft, v₃. Sie ist für die Schleifscheibe 7, die als zweite im Zeitpunkt t₂ʹ im Punkt P₂ʹ auf die Kontur 3ʹ trifft, v₃ʹ. Die Bearbeitung erfolgt jetzt auf beiden Seiten über unterschiedliche Strecken, nämlich auf der rechten Seite in Fig. 1 von P₂ bis P₃ über die Strecke b und auf der linken Seite in Fig. 1 von P₂ʹ bis P₃ über die Strecke bʹ. Die Länge dieser Strecken b, bʹ ist so bestimmt, daß dann, wenn beidseitig die Punkte P₃ ereicht sind, die beidseitig verbleibende Restschleifzugabe s₀, die bis zum Fertigmaß noch abgearbeitet werden muß, gleich groß ist. Das ist der Fall, wenn in dieser Phase die Schleifzugaben b und bʹ so bestimmt werden, daß aʹ+bʹ = a+b ist.

    [0017] Liegen b und bʹ fest, so muß v₃ : v₃ʹ = b : bʹ gelten, damit die Restschleifzugabe s₀ (Punkt P₃) von beiden Seiten zum selben Zeitpuntk t₃ erreicht wird.

    [0018] Sind nun die Punkte P₃ von beiden Seiten her erreicht, so daß die noch bis zum Fertigmaß (Soll-Lage) der Seitenflächen 2, 3 abzuarbeitende Restschleifzugabe s₀ beidseitig gleich ist, so ist von dieser Stelle an nunmehr bei exakt gleichen Vorschubgeschwindigkeiten und daher auch gleichen Anpressdrücken von beiden Seiten her sichergestellt, daß auch das Fertigmaß schließlich von beiden Seiten her exakt im selben Zeitpunkt, nämlich zum Zeitpunkt t₆ erreicht wird und jegliche elastische Verformungen der Bremsscheibe 1 während der Bearbeitung ausgeschlossen werden können.

    [0019] Von P₃ an wird zunächst mit voller Leistung und höchstmöglicher, im Vergleich mit v₃ bzw. v₃ʹ wieder erhöhter Vorschubgeschwindigkeit v₄ geschruppt und nach Erreichen des Punktes P4 nach Abarbeitung des Schleifaufmaßanteils c und im Zeitpunkt t4 erneut umgeschaltet, und zwar auf die verringerte Schlichtgeschwindigkeit v₅, die auch wieder für beide Schleifscheiben 6, 7 gleich ist. Mit ihr erfolgt eine Abarbeitung des Schleifaufmaßanteils d bis zum Punkt P₅ im Zeitpunkt t₅. Schließlich erfolgt vom Punkt P₅ bis zum Punkt P₆ das sog. Ausfeuern über eine Strecke e bis zum Zeitpunkt t₆.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Schleifen planparalleler Kreisringflächen an scheibenförmigen Werkstücken, insbesondere an Bremsscheiben von Kraftfahrzeugscheibenbremsen, bei dem die Werkstücke auf ihren zu arbeitenden Flächen, bezogen auf deren Soll-Lage, unterschiedliche Schleifzugaben aufweisen, von beiden Seiten mit Seitenschleifscheiben bearbeitet werden und die Bearbeitung in mehreren Phasen mit unterschiedlicher Vorschubgeschwindigkeit erfolgt, dadurch gekennzeichnet, daß dann, wenn der gesamte Bearbeitungsvorgang so weit fortgeschritten ist, daß sich beide Schleifscheiben (6;7) mit dem Werkstück (1) in Kontakt befinden, in der folgenden Phase die Bearbeitung bis zu einem gewählten Zwischenpunkt (P₃), in dem das Werkstück (1) - bezogen auf die Soll-Lage der zu bearbeitenden Flächen (2; 3) - beidseitig eine gleich große Restschleifzugabe (s₀) aufweist, mit unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten (V₃; V₃ʹ) erfolgt, die derart abgestimmt sind, daß der Zwischenpunkt (P₃) auf beiden Seiten im selben Zeitpunkt (T₃) erreicht wird und danach der Abtrag beidseitig mit gleicher und erhöhter Vorschubgeschwindigkeit (v₄) erfolgt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis V₃:V₃ʹ der genannten unterschiedlichen Vorschubgeschwindigkeiten (V₃; V₃ʹ) gleich ist dem Verhältnis b:bʹe der Abstände (b;bʹ) der Schleifscheiben (6;7) im Punkt (P₂;P₂ʹ) deren ersten Kontaktes mit der unbearbeitenden Kontur (2ʹ;3ʹ) der zu bearbeitenden Flächen (2;3) von dem Zwischenpunkt (P₃).
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Zeitpunkt des Kontaktes einer Schleifscheibe (6;7) mit der unbearbeitenden Kontur (2ʹ;3ʹ) der zu bearbeitenden Flächen (2;3) durch Messung der Veränderung einer dem Phasenwinkel (phi) zwischen Strom und Spannung der Antriebsmotoren entsprechenden Größe (cos phi) erfolgt.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht