(19)
(11) EP 0 275 816 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
27.07.1988  Patentblatt  1988/30

(21) Anmeldenummer: 87730164.8

(22) Anmeldetag:  11.12.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22B 1/248
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR LI NL

(30) Priorität: 19.12.1986 DE 3644348

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • von Hagen, Ingo, Dr. Ing.
    D-4150 Krefeld 11 (DE)
  • Kulgemeyer, Axel, Dr.-Ing.
    D-4150 Krefeld 11 (DE)
  • Pillmayer, Klaus
    D-5630 Remscheid (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Aufbereitung von feinteiligen Stahlabfällen


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung von in Form von Spänen und/oder Schleifstäuben anfallenden Stahlabfällen, bei dem durch Kaltverdichten Preßlinge erzeugt werden. Um die Wiedergewinnung einfach und kostengünstig durchführen zu können, wird vorgeschlagen, daß die nassen Stahlabfälle ohne vorherige Aufbereitung unter Anwendung eines Preßdrucks zwischen 200 und 400 N/mm² zu den Preßlingen verdichtet werden, wobei die Preßlinge eine Dichte von mindestens 2,5 g/cm³ bei einer Grünfestigkeit von mindestens 300 N/mm² erreichen und ihre Restfeuchte durch das Verdichten auf unter 10 Gew.-% gesenkt wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufbereitung von feinteiligen Stahlabfällen aus der abtragenden Stahlverarbeitung als Einsatzstoff für die Stahlerzeugung.

    [0002] Bei den feinteiligen Stahlabfällen handelt es sich um feine Späne, z.B. aus der Fräs- oder Drehbearbeitung (Länge unter ca. 30 mm, Durchmesser unter 3 mm), insbesondere um metallische Stäube aus der Schleifbearbeitung. Diese Abfallstoffe wurden bisher gesammelt, jedoch wegen ihrer schlechten Handhabbarkeit aufgrund der Feinteiligkeit und geringen Dichte häufig keiner Wiederverwertung zugeführt, sondern in Deponien endgelagert.

    [0003] Angesichts des gestiegenen Umweltbewußtseins erscheint die Deponierung dieser Stoffe heute nicht mehr vertretbar, da den Stahlpartikeln in der Regel Fremdstoffe aus dem Verarbeitungsprozeß (z.B. Kühlflüssigkeit) an­haften, die in der Deponie zu Schadstoff-Freisetzungen führen können. Aus diesem Grunde wären für eine umweltschonende Endlagerung derartiger Stahl­abfälle speziell geeignete Deponien (Sondermülldeponien) erforderlich, deren Benutzung mit entsprechend hohen Kosten verbunden ist. Neben dem Kostengesichtspunkt ist aber auch die Tatsache, daß wertvolle Rohstoffe ungenutzt bleiben, völlig unbefriedigend.

    [0004] Aus der DE-AS 21 51 819 ist es zwar bekannt, feuchte Metallspäne zum Wiedereinschmelzen dadurch aufzubereiten, daß die Späne zunächst zerkleinert, dann zentrifugiert und (z.B. mittels Heißluft) getrocknet und schließlich mittels einer Walzenbrikettiermaschine zu Formkörpern verpreßt werden. Dieses Verfahren ist jedoch durch die vor der Verpressung erforderlichen Aufbereitungsschritte aufwendig.

    [0005] Aufgabe der Erfindung ist es daher, ein Verfahren zur Aufbereitung von feinteiligen Stahlabfällen, insbesondere von Schleifstäuben, anzugeben, mit dem auf einfache und kostengünstige Weise eine Wiederverwendung dieser Abfallstoffe für die Stahlerzeugung ermöglicht wird.

    [0006] Gelöst wird diese Aufgabe gemäß der Erfindung durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1; vorteilhafte Weiterbildungen dieses Verfahrens sind in den Unteransprüchen 2 bis 8 angegeben.

    [0007] Die Erfindung basiert einerseits auf der Erkenntnis, daß sich die feinteiligen Stahlabfälle von der Materialzusammensetzung her in ähnlicher Weise für die Stahlerzeugung eignen wie Schrott, da kaum eine Reduktion von Eisenoxiden erforderlich und ein Reineisenanteil von mindestens 90 Gewichtsprozent (bezogen auf die Feststoffanteile) im allgemeinen sichergestellt ist. Andererseits hängt die Verwertbarkeit feinteiliger Stahlabfälle insbesondere von den Handhabungsmöglichkeiten ab.

    [0008] Erfindungsgemäß ist daher vorgesehen, daß die feinteiligen Stahlabfälle, ohne daß eine irgendwie geartete Vorbehandlung wie Zerkleinern, Zentrifugieren und Trocknen erforderlich ist, zunächst z.B. in einer üblichen Stempelpresse bei einem Preßdruck zwischen 200 und 400 N/mm² zu Festkörpern (Preßlinge) mit einer Dichte von mindestens 2,5 g/cm³ verdichtet werden, wobei die erzeugten Festkörper eine Größe von mindestens 1 cm³ haben. Aus der oberen, in Fig. 1 dargestellten Kurve geht hervor, wie bei einem exemplarischen Gemenge feinteiliger Stahlabfälle die Dichte mit zunehmendem Preßdruck ansteigt. Aus wirtschaftlichen Gründen sollte der Preßdruck nicht über 400 N/mm² liegen und die Größe des Preßlings 2000 cm³ nicht überschreiten, weil sich mit zunehmendem Preßdruck die erforderliche Presse verteuert und zunehmendes Preßlingsvolumen mit einem Anstieg des erforderlichen Preßdrucks bzw. mit ungleichmäßiger Dichte und sich verringender mechanischer Festigkeit im Inneren des Preßlings infolge eines Ausrichtens der Späne verbunden ist. Der Preßdruck und die Geometrie des Preßlings werden so aufeinander abgestimmt, daß der Preßling nicht nur eine Grünfestigkeit von mindestens 300 N/mm² erhält, sondern auch einen Feuchtigkeitsgehalt von 10 Gewichtsprozent nicht überschreitet. Überraschenderweise liegt der Feuchtigkeitsgehalt der erfindungsgemäß hergestellten Preßlinge im allgemeinen im Bereich von etwa 3 bis max. 10 Gewichtsprozent, d.h. allein durch das Pressen der Raumtemperatur aufweisenden Stahlabfälle findet bereits ein weitgehendes Austrocknen des Ausgangsmaterials statt, ohne daß es hierzu eines energieintensiven gesonderten Entfeuchtungs- oder Trocknungsschrittes bedarf. In Fig. 2 ist dieser Zusammenhang wiederum anhand eines exemplarischen Stahlabfallgemenges dargestellt. Die Restfeuchte des Preßlings nach dem Pressen beträgt bei einem Preßdruck oberhalb 250 N/mm² nur noch etwa 4 bis 5 % der ursprünglich im Ausgangsmaterial vorhandenen Feuchtigkeit und verringert sich durch weitere Druckerhöhung kaum noch.

    [0009] In dieser Form sind die Preßlinge ohne weiteres bereits für ein Einschmelzen, z.B. in einem Elektroofen, geeignet. Für einen Rohstoffeinsatz direkt in eine Metallschmelze, z.B. in einem Konverter, kann es jedoch notwendig sein, den Feuchtigkeitsgehalt vorab auf z.B. unter 1 Gewichtsprozent zu senken, um ein explosionsartiges Verdampfen der Flüssigkeitsreste und/oder eine unzulässige Wasserstoffaufnahme (infolge einer Dissoziation von Wasser) in der Schmelze zu vermeiden. Das Trocknen der Preßlinge wird vorzugsweise so durchgeführt, daß die Preßlinge einem Heißgasstrom (z.B. Luft) ausgesetzt werden, dessen Temperatur 300 Grad C möglichst nicht überschreiten sollte, um eine nachträgliche Oxidation der feinteiligen Stahlabfälle zu vermeiden.

    [0010] Die untere Kurve in Fig. 1 zeigt, wie sich durch eine zusätzliche Trocknung die Dichte in Abhängigkeit vom Preßdruck der Preßlingserzeugung verrin­gert.

    [0011] Die Grünfestigkeit (Druckfestigkeit) des Preßlings, die durch ein Ineinanderverhaken der Stahlpartikel infolge des Preßvorgangs zustande kommt, steigt, wie Fig. 3 zeigt, mit zunehmendem Preßdruck ab etwa 150 N/mm² zunächst stark an und erreicht bei etwa 270 N/mm² ihr Maximum, bevor sie wieder abfällt. Ein Preßdruck im Bereich 270 bis 330 N/mm² ist dementsprechend sowohl hinsichtlich des Restfeuchtegehaltes als auch hinsichtlich der Grünfestigkeit als besonders vorteilhaft anzusehen.

    [0012] Gemäß einer bevorzugten Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die Festkörper aus den Stahlabfällen zunächst als relativ großflächige, plattenförmige Preßlinge erzeugt. Dies ist für eine wirtschaftliche Durchführung des Preßschrittes vorteilhaft, weil z.B. das Befüllen der Preßform hierdurch völlig problemlos vor sich gehen kann und die Zahl der Preßvorgänge reduziert wird.

    [0013] Wie im Verfahrensschema in Fig. 4 dargestellt ist, wird in einem nachfolgenden Zerkleinerungsschritt, der z.B. mit Hilfe einer Dornrolle (Brechwalze) auf sehr einfache Weise durchführbar ist, der Preßling in kleinere Bruchstücke aufgeteilt, damit eine relativ große Oberfläche der Bruchstücke entsteht, die für eine schnelle Trocknung der Bruchstücke vorteilhaft ist.

    [0014] Mit besonderem Vorteil läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren betreiben, wenn die Möglichkeit besteht, das zu verarbeitende Abfallmaterial nach Werkstoffqualitäten differenziert auszuwählen, wenn also das Abfallmaterial am Entstehungsort gezielt erfaßt wurde. Hierdurch können die bei der Stahlerzeugung vielfach unerwünschten Gehalte an Kupfer, Blei, Zinn oder ähnlichem minimiert werden.

    [0015] Beim Einsatz von Schrott besteht diese Möglichkeit praktisch nicht, da die Quellen des Schrottanfalls im allgemeinen sehr unterschiedlich und nicht kontrollierbar sind.

    [0016] Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens ist es, daß es in besonderer Weise geeignet ist, auf einer mobilen, d.h. auf einem Fahrzeug angeordneten Presse durchgeführt zu werden, da keine zusätzlichen Aggregate für eine Vorbehandlung der Stahlabfälle erforderlich sind. Dadurch wird eine Entsorgung am Ort der Abfallentstehung möglich, die zu einem kompakten verkaufsfähigen Aufbereitungsprodukt führt, ohne daß am Abfallentstehungsort eine (in der Regel schlecht ausgelastete) Aufbereitungsanlage fest installiert sein muß. Der aus den Stahlabfällen abgesonderte Feuchtigkeitsanteil (z.B. Bohrflüssigkeit) kann am Entstehungsort rezykliert werden.

    [0017] Anhand des nachfolgenden Ausführungsbeispiels wird die Erfindung näher erläutert.

    [0018] Ein Schleifstaubgemenge mit einer chemischen Zusammensetzung (Ge­wichtsprozent)

    wurde mit einem Preßdruck von 330 N/mm² zu einem Preßling von 5 cm³ und einer Dichte von 3,31 g/cm³ verdichtet. Der Feuchtegehalt war nach dem Verdichten auf ca. 8 % (bezogen auf das Gesamtgewicht) abgesunken. Der Preßling wurde dann 30 s lang einem Heißluftstrom von 200 Grad C ausgesetzt. Hierdurch sank der Feuchtegehalt auf deutlich unter 1 % ab. Der so hergestellte Preßling (Grünkörper) hatte eine Druckfestigkeit von 768 N/mm² und war damit für eine Verwendung als Schrottersatz in einem Elektroofen bzw. einem Konverter geeignet.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Aufbereitung von in Form von Spänen und/oder Schleifstäuben in der abtragenden Stahlverarbeitung anfallenden Stahlabfällen, bei dem durch Kaltverdichtung Preßlinge von mindestens 1 cm³ Rauminhalt erzeugt werden und den Stahlabfällen Feuchtigkeit entzogen wird,
    dadurch gekennzeichnet
    daß die nassen Stahlabfälle ohne vorherige Aufbereitung unter Anwendung eines Preßdrucks zwischen 200 und 400 N/mm² zu den Preßlingen verdichtet werden, wobei die Preßlinge eine Dichte von mindestens 2,5 g/cm³ bei einer Grünfestigkeit von mindestens 300 N/mm² erreichen und ihre Restfeuchte durch das Verdichten auf unter 10 Gew-% gesenkt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Preßdruck im Bereich von 270 bis 330 N/mm² gehalten wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Preßlinge mit einer Dichte im Bereich 2,5 bis 4,5 g/cm³ erzeugt werden.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1, 2 oder 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß nach der Verdichtung die Preßlinge einer Trocknung, insbesondere einer Trocknung auf unter 1 Gew-% Restfeuchte unterzogen werden.
     
    5. Verfahren nach Anspruch 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Trocknung unter Vermeidung jeglicher Oxidation mittels eines Heißgasstromes unterhalb 300 °C vorgenommen wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß durch die Verdichtung flache Preßlinge erzeugt werden, die vor dem Trocknen in Stücke von über 1 cm³ Rauminhalt zerkleinert werden.
     
    7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 - 6,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Größe der Preßlinge auf einen Rauminhalt von 2000 cm³ beschränkt wird.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Zerkleinern mittels Brechwalzen durchgeführt wird.
     




    Zeichnung













    Recherchenbericht