(19)
(11) EP 0 278 219 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.08.1988  Patentblatt  1988/33

(21) Anmeldenummer: 88100145.7

(22) Anmeldetag:  08.01.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C25B 3/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 13.01.1987 DE 3700709

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Steiniger, Michael, Dr.
    D-6730 Neustadt (DE)
  • Halbritter, Klaus, Dr.
    D-6800 Mannheim 1 (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Herstellung von (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren


    (57) Verfahren zur Herstellung von (Poly)oxatetramethylen-dicarbonsäuren der allgemeinen Formel
        HOOCC₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆COOH      (I)
    in der n eine ganze Zahl von 0 bis 20 bedeutet, durch elektrolytische Oxidation von Polytetrahydrofuranen der allgemeinen Formel
    HOCH₂C₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆CH₂OH      (II)
    in wäßrig-alkalischem Medium und in Gegenwart eines elektrochemisch regenerierbaren Redoxkatalysators.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung von (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren durch elektrochemische Oxidation von Polytetrahydrofuranen.

    [0002] Aus der DE-OS 26 58 714 ist bekannt, daß man (Poly)oxatetramethylen­dicarbonsäuren aus Polytetrahydrofuran durch Oxidation in Aceton mit einem Überschuß Chromsäurenanhydrid in Gegenwart von Schwefelsäure und Wasser herstellen kann. Bei diesem Verfahren tritt während der Oxidation eine Zersetzung des Ausgangsproduktes ein, so daß Reaktionsprodukte mit kleinerem Molekulargewicht erhalten werden. Außerdem ist der Umgang mit dem toxischen Chromsäureanhydrid von Nachteil.

    [0003] (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren finden Interesse für die Synthese thermoplastischer Polyetheramide und Polyetherester.

    [0004] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu finden, das es gestattet, (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren auf technisch einfache und umweltfreundliche Weise herzustellen. Außerdem waren an das neue Verfahren weitere Anforderungen zu stellen, wie nahezu quantitativer Umsatz, vollständige Oxidation beider Hydroxylgruppen (Monocarbonsäuren würden als Kettenterminatoren bei nachfolgender Polykondensation die Bildung von Polymeren mit hohem Molekulargewicht verhindern), als auch Vermeidung oxidativer Zersetzungs-und Abbaureaktionen.

    [0005] Nach dem neuen Verfahren, das diese Anforderungen erfüllt, stellt man (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren der allgemeinen Formel
        HOOCC₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆COOH      (I),
    in der n für eine ganze Zahl von 0 bis 20 steht, durch Oxidation von Polytetrahydrofuranen der allgemeinen Formel
        HOCH₂C₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆CH₂OH      (II)
    in der n die obengenannte Bedeutung hat, dadurch her, daß man die Oxidation durch Elektrolyse in wäßrig alkalischem Medium und in Gegenwart eines elektrochemisch regenerierbaren Redoxkatalysators durchführt.

    [0006] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich durch die folgenden Reaktions­gleichungen beschreiben:



    [0007] Ein elektrochemisch regenerierbarer Redoxkatalysator, der z.B. auch als Redoxmediator bezeichnet wird, kann im Elektrolyten gelöst oder in suspendierter Form vorliegen. Bevorzugt befindet er sich als festhaftende Schicht auf der Anode. Redoxkatalysatoren der genannten Art sind z.B. die Oxide des Eisens, Silbers, Cobalts, Nickels oder Kupfers, oder Mischoxide wie z.B. zwischen Nickel und Cobalt. Bevorzugt wird jedoch Nickeloxid (Nickelperoxid, Nickeloxidhydroxid).

    [0008] Es ist bekannt, z.B. aus Synthesis 1979, 513, daß sich Alkohole an mit Nickeloxidhydroxid beschichteten Anoden oxidieren lassen. In Tetrahedron 38, 3299 (1982) ist beschrieben, daß die elektrochemische Oxidation an Nickeloxidhydroxid-Anoden von (Poly)ethylenglykolen in erheblichen Maße zu oxidativen Etherspaltungen führt. So erhält man bei der Oxidation von Tetraethylenglykol selbst unter sehr schonenden Bedingungen, wie sie durch potentialkontrollierte Elektrolyse bei sehr niedrigen Stromdichten von 3,8 m A/cm² Elektrodenoberfläche und einer Temperatur von 5°C erreicht werden, ein Produktgemisch, das nur zu 50 % aus der gewünschten 3,6,9-Trioxaundecandisäure besteht und das aufgrund oxidativer Etherspaltungen 16 % 3,6-Dioxaoctandisäure und 3 % 3-Oxapentan­disäure enthält.

    [0009] Es ist daher überraschend, daß sich die (Poly)oxatetramethylendicarbon­säuren der Formel I durch die elektrochemische Oxidation der Polytetra­hydrofurane der Formel II nach dem erfindungsgemäßen Verfahren so vorteilhaft herstellen lassen, und daß es z.B. gelingt, die Elektrolyse technisch so vorteilhaft galvanostatisch bei Raumtemperatur und bei Stromdichten zwischen 20 und 40 mA/cm² Elektrodenoberfläche durchführen zu können, ohne daß oxidative Etherspaltungen nachweisbar sind (z.B. durch Molekulargewichtserniedrigung).

    [0010] Man elektrolysiert die Polytetrahydrofurane nach dem erfindungsgemäßen Verfahren in wäßrig-alkalischem Medium vorzugsweise bei einem pH-Wert von 9 bis 14, insbesondere von 12 bis 14.

    [0011] Zur Einstellung des pH-Wertes gibt man zum Elektrolyten z.B. Alkali und/oder Erdalkalimetallhydroxide, -carbonate, -hydrogencarbonate, -phosphate, -hydrogenphosphate und -borate, bevorzugt aber die Hydroxide und/oder Carbonate des Natriums oder des Kaliums. Da Hydroxylionen in äquimolaren Mengen zur Bildung der Dicarbonsäuren verbraucht werden, sollte das Molverhältnis Polytetrahydrofuran zum Alkali- bzw. Erdalkali­salz zwischen 1:2,0 und 1:3,0 liegen. Es können aber auch höhere Alkali- ­bzw. Erdalkalikonzentrationen angewendet werden.

    [0012] Geeignete Elektrolyten sind demnach wäßrige alkalische Lösungen des Polytetrahydrofurans, die z.B. einen Gehalt an Polytetrahydrofuran von 1 bis 40, vorzugsweise 3 bis 20 Gew.% und einen Gehalt an Alkali bzw. Erdalkali aufweisen, wie er dem geforderten Molverhältnis und dem gewünschten Umsatz entspricht. Man kann dem Elektrolyten zur Verbesserung der Löslichkeit vor allem bei höher molekularem Polytetrahydrofuranen ein inertes organisches, mit Wasser mischbares Lösungsmittel zusetzen. Geeignete Lösungsmittel sind Nitrile wie Acetonitril, Ether, wie Tetrahydrofuran, oder Alkohole wie tert.-Butanol.

    [0013] Das erfindungsgemäße Verfahren erfordert keine besondere Elektrolysezelle. Vorteilhaft kann man es in einer ungeteilten Durchflußzelle durchführen. Als Kathoden können alle an sich üblichen Kathodenmaterialien verwendet werden, die unter den Elektrolysebedingungen stabil sind, wie Edelstahl, Nickel, Kupfer oder Edelmetalle wie Platin. Bevorzugtes Kathodenmaterial sind Stahl und Nickel.

    [0014] Nickeloxidhydroxid befindet sich als dünne Schicht auf Anodenträger­materialien wie Kohlenstoff, Stahl oder Kupfer. Solche Anoden lassen sich z.B. nach dem in J. Appl. Electrochem. 9, 707 (1979) beschriebenen Verfahren herstellen. Bevorzugt werden jedoch Nickeloxidhydroxid-Schichten auf Nickel als Anodenträgermaterial. Nach den Angaben z.B. in Tetrahedron 38, 3299 (1982) wird eine derartige Nickeloxidhydroxid-Anode dadurch hergestellt, daß man eine Nickelelektrode in einer wäßrigen Lösung mit 0,1 N Nickelsulfat, 0,1 N Natriumacetat und 0,005 N Natriumhydroxid bei Stromdichten zwischen 5 mA/cm² und 1 mA/cm² kurzzeitig mehrmals umpolt.

    [0015] Die Elektrolyse wird vorzugsweise mit 8 bis 10 F/mol Polytetrahydrofuran durchgeführt. Die Stromdichte beträgt z. B. 0,5 bis 6 A/dm² Elektroden­oberfläche, vorzugsweise 1 bis 4 A/dm² Elektrodenoberfläche. Man führt das erfindungsgemäße Verfahren bei Temperaturen durch, die z.B. höchstens 10°C unter dem Siedepunkt des eingesetzten Elektrolyten liegen. Vorzugsweise elektrolysiert man im Temperaturbereich zwischen 20 und 70°C, insbesondere zwischen 20 und 40°C. Die Elektrolyse kann sowohl diskontinuierlich als auch kontinuierlich durchgeführt werden.

    [0016] Die Aufarbeitung der alkalischen Elektrolyseausträge zur Isolierung der (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren kann auf übliche Weise durchgeführt werden. So wird beispielsweise die elektrolysierte Lösung mit einer anorganischen Säure, wie Salzsäure oder Schwefelsäure auf einen pH-Wert von 1 bis 2 gebracht und die freigesetzten (Poly)oxatetramethylen­dicarbonsäuren mit einem Lösungsmittel, wie einem aliphatischen Ether extrahiert. Aus diesem Extrakt lassen sich die (Poly)oxatetramethylen­dicarbonsäuren durch Abdestillieren des Lösungsmittels in einer Reinheit von > 95 % isolieren.

    Beispiele



    [0017] Die Elektrooxidationen wurden in einer ungeteilten Elektrolysezelle mit Stahl und/oder Nickelelektroden galvanostatisch durchgeführt. Während der Elektrolyse wurde der Elektrolyt, dessen Zusammensetzung den Beispielen zu entnehmen ist, mit 150 bis 200 l/h über einen Wärmetauscher durch die Zelle gepumpt.

    [0018] Zur Aktivierung der Nickel-Anode bzw. Beschichtung der Stahl-Anode mit einer dünnen Nickeloxidhydroxid-Schicht wurden die Anoden in einer wäßrigen Lösung der Zusammensetzung 0,1 N Nickel(II)sulfat, 0,1 N Natrium­acetat und 0,005 N Natriumhydroxid bei einer Stromdichte von 1 mA/cm² alternierend als Anode und Kathode geschaltet (5 bis 10 sec). Nach Durchgang einer Ladungsmenge von 0,5 A sec/cm² wurden die Anoden, die sich mit einem schwarzen, fest haftenden Belag von Nickel(II)oxidhydroxid überzogen hatten, mit destilliertem Wasser gespült und zur Elektrolyse eingesetzt.

    Beispiel 1



    [0019] In einer mit Stahl-Kathoden und Nickeloxidhydroxid-Anoden bestückten Elektrolysezelle wurde eine Emulsion aus 353 g Polytetrahydrofuran vom Molekulargewicht 250, 176 g Natriumhydroxid und 3 000 g Wasser bei einer Stromdichte von 2 A/dm² und einer Temperatur von 25°C mit 9 F/mol Poly­tetrahydrofuran elektrolysiert. Der Elektrolyt hatte einen pH von zwischen 13,7 und 12,8.

    [0020] Durch Extraktion des alkalischen Elektrolyseaustrages mit Methyl-tert.-­butylether wurden 7,2 g Polytetrahydrofuran isoliert. Daraus errechnet sich ein Umsatz von 98,0 %. Ansäuern des Elektrolyten mit Schwefelsäure auf pH 1 und Extraktion mit Methyl-tert.-buthylether ergab nach Abziehen des Ethers im Vakuum 338 g (Poly)oxatetramethylendicarbonsäure in einer Reinheit > 95 % mit einem Molekulargewicht von 304 (bestimmt aus Hydroxyzahl = 0 und einer Säurezahl von 374 mg KOH/g Substanz). Die Materialausbeute betrug somit 79 %.

    Beispiel 2



    [0021] Die im Beispiel 1 beschriebene Elektrolyse wurde bei einer Temperatur von 40°C, einer Stromdichte von 4 A/dm² und bei 9,5 F/mol Polytetrahydrofuran durchgeführt. Die in Beispiel 1 beschriebene Aufarbeitung des Elektrolyse­austrages ergab 6,7 g Polytetrahydrofuran, entsprechend einem Umsatz von 98 %, und 346 g (Poly)oxatetramethylendicarbonsäure hoher Reinheit mit einem Molekulargewicht von 296 entsprechend einer Ausbeute von 83 %.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Herstellung von (Poly)oxatetramethylen-dicarbonsäuren der allgemeinen Formel
          HOOCC₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆COOH      (I)
    in der n eine ganze Zahl von 0 bis 20 bedeutet, durch 0xidation von Polytetrahydrofuranen der allgemeinen Formel
    HOCH₂C₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆CH₂OH      (II)
    in der n die oben genannte Bedeutung hat, dadurch gekennzeichnet, daß man die Oxidation durch Elektrolyse in wäßrig-alkalischem Medium und in Gegenwart eines elektrochemisch regenerierbaren Redoxkatalysators durchführt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich der elektrochemisch regenerierbare Redoxkatalysator als festhaftende Schicht auf der Anode befindet.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als elektrochemisch regenerierbaren Redoxkatalysator ein Metalloxid verwendet.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als elektrochemisch regenerierbaren Redoxkatalysator ein Metalloxid­hydroxid verwendet.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß man als Redoxkatalysator NiOOH verwendet.
     
    6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man einen wäßrig-alkalischen Elektrolyten mit einem Gehalt an Polytetra­hydrofuran von 1 bis 40 Gew.% und einem pH-Wert von 9 bis 14 verwendet.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß man die Elektrolyse bei einer Stromdichte von 0,5 bis 6 A/dm² durchführt.