[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein neues Verfahren zur Herstellung von (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren
durch elektrochemische Oxidation von Polytetrahydrofuranen.
[0002] Aus der DE-OS 26 58 714 ist bekannt, daß man (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren
aus Polytetrahydrofuran durch Oxidation in Aceton mit einem Überschuß Chromsäurenanhydrid
in Gegenwart von Schwefelsäure und Wasser herstellen kann. Bei diesem Verfahren tritt
während der Oxidation eine Zersetzung des Ausgangsproduktes ein, so daß Reaktionsprodukte
mit kleinerem Molekulargewicht erhalten werden. Außerdem ist der Umgang mit dem toxischen
Chromsäureanhydrid von Nachteil.
[0003] (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren finden Interesse für die Synthese thermoplastischer
Polyetheramide und Polyetherester.
[0004] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu finden, das es gestattet,
(Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren auf technisch einfache und umweltfreundliche
Weise herzustellen. Außerdem waren an das neue Verfahren weitere Anforderungen zu
stellen, wie nahezu quantitativer Umsatz, vollständige Oxidation beider Hydroxylgruppen
(Monocarbonsäuren würden als Kettenterminatoren bei nachfolgender Polykondensation
die Bildung von Polymeren mit hohem Molekulargewicht verhindern), als auch Vermeidung
oxidativer Zersetzungs-und Abbaureaktionen.
[0005] Nach dem neuen Verfahren, das diese Anforderungen erfüllt, stellt man (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren
der allgemeinen Formel
HOOCC₃H₆(OC₄H₈)
n-OC₃H₆COOH (I),
in der n für eine ganze Zahl von 0 bis 20 steht, durch Oxidation von Polytetrahydrofuranen
der allgemeinen Formel
HOCH₂C₃H₆(OC₄H₈)
n-OC₃H₆CH₂OH (II)
in der n die obengenannte Bedeutung hat, dadurch her, daß man die Oxidation durch
Elektrolyse in wäßrig alkalischem Medium und in Gegenwart eines elektrochemisch regenerierbaren
Redoxkatalysators durchführt.
[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich durch die folgenden Reaktionsgleichungen
beschreiben:

[0007] Ein elektrochemisch regenerierbarer Redoxkatalysator, der z.B. auch als Redoxmediator
bezeichnet wird, kann im Elektrolyten gelöst oder in suspendierter Form vorliegen.
Bevorzugt befindet er sich als festhaftende Schicht auf der Anode. Redoxkatalysatoren
der genannten Art sind z.B. die Oxide des Eisens, Silbers, Cobalts, Nickels oder Kupfers,
oder Mischoxide wie z.B. zwischen Nickel und Cobalt. Bevorzugt wird jedoch Nickeloxid
(Nickelperoxid, Nickeloxidhydroxid).
[0008] Es ist bekannt, z.B. aus Synthesis 1979, 513, daß sich Alkohole an mit Nickeloxidhydroxid
beschichteten Anoden oxidieren lassen. In Tetrahedron 38, 3299 (1982) ist beschrieben,
daß die elektrochemische Oxidation an Nickeloxidhydroxid-Anoden von (Poly)ethylenglykolen
in erheblichen Maße zu oxidativen Etherspaltungen führt. So erhält man bei der Oxidation
von Tetraethylenglykol selbst unter sehr schonenden Bedingungen, wie sie durch potentialkontrollierte
Elektrolyse bei sehr niedrigen Stromdichten von 3,8 m A/cm² Elektrodenoberfläche und
einer Temperatur von 5°C erreicht werden, ein Produktgemisch, das nur zu 50 % aus
der gewünschten 3,6,9-Trioxaundecandisäure besteht und das aufgrund oxidativer Etherspaltungen
16 % 3,6-Dioxaoctandisäure und 3 % 3-Oxapentandisäure enthält.
[0009] Es ist daher überraschend, daß sich die (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren der
Formel I durch die elektrochemische Oxidation der Polytetrahydrofurane der Formel
II nach dem erfindungsgemäßen Verfahren so vorteilhaft herstellen lassen, und daß
es z.B. gelingt, die Elektrolyse technisch so vorteilhaft galvanostatisch bei Raumtemperatur
und bei Stromdichten zwischen 20 und 40 mA/cm² Elektrodenoberfläche durchführen zu
können, ohne daß oxidative Etherspaltungen nachweisbar sind (z.B. durch Molekulargewichtserniedrigung).
[0010] Man elektrolysiert die Polytetrahydrofurane nach dem erfindungsgemäßen Verfahren
in wäßrig-alkalischem Medium vorzugsweise bei einem pH-Wert von 9 bis 14, insbesondere
von 12 bis 14.
[0011] Zur Einstellung des pH-Wertes gibt man zum Elektrolyten z.B. Alkali und/oder Erdalkalimetallhydroxide,
-carbonate, -hydrogencarbonate, -phosphate, -hydrogenphosphate und -borate, bevorzugt
aber die Hydroxide und/oder Carbonate des Natriums oder des Kaliums. Da Hydroxylionen
in äquimolaren Mengen zur Bildung der Dicarbonsäuren verbraucht werden, sollte das
Molverhältnis Polytetrahydrofuran zum Alkali- bzw. Erdalkalisalz zwischen 1:2,0 und
1:3,0 liegen. Es können aber auch höhere Alkali- bzw. Erdalkalikonzentrationen angewendet
werden.
[0012] Geeignete Elektrolyten sind demnach wäßrige alkalische Lösungen des Polytetrahydrofurans,
die z.B. einen Gehalt an Polytetrahydrofuran von 1 bis 40, vorzugsweise 3 bis 20 Gew.%
und einen Gehalt an Alkali bzw. Erdalkali aufweisen, wie er dem geforderten Molverhältnis
und dem gewünschten Umsatz entspricht. Man kann dem Elektrolyten zur Verbesserung
der Löslichkeit vor allem bei höher molekularem Polytetrahydrofuranen ein inertes
organisches, mit Wasser mischbares Lösungsmittel zusetzen. Geeignete Lösungsmittel
sind Nitrile wie Acetonitril, Ether, wie Tetrahydrofuran, oder Alkohole wie tert.-Butanol.
[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren erfordert keine besondere Elektrolysezelle. Vorteilhaft
kann man es in einer ungeteilten Durchflußzelle durchführen. Als Kathoden können alle
an sich üblichen Kathodenmaterialien verwendet werden, die unter den Elektrolysebedingungen
stabil sind, wie Edelstahl, Nickel, Kupfer oder Edelmetalle wie Platin. Bevorzugtes
Kathodenmaterial sind Stahl und Nickel.
[0014] Nickeloxidhydroxid befindet sich als dünne Schicht auf Anodenträgermaterialien wie
Kohlenstoff, Stahl oder Kupfer. Solche Anoden lassen sich z.B. nach dem in J. Appl.
Electrochem. 9, 707 (1979) beschriebenen Verfahren herstellen. Bevorzugt werden jedoch
Nickeloxidhydroxid-Schichten auf Nickel als Anodenträgermaterial. Nach den Angaben
z.B. in Tetrahedron 38, 3299 (1982) wird eine derartige Nickeloxidhydroxid-Anode dadurch
hergestellt, daß man eine Nickelelektrode in einer wäßrigen Lösung mit 0,1 N Nickelsulfat,
0,1 N Natriumacetat und 0,005 N Natriumhydroxid bei Stromdichten zwischen 5 mA/cm²
und 1 mA/cm² kurzzeitig mehrmals umpolt.
[0015] Die Elektrolyse wird vorzugsweise mit 8 bis 10 F/mol Polytetrahydrofuran durchgeführt.
Die Stromdichte beträgt z. B. 0,5 bis 6 A/dm² Elektrodenoberfläche, vorzugsweise
1 bis 4 A/dm² Elektrodenoberfläche. Man führt das erfindungsgemäße Verfahren bei Temperaturen
durch, die z.B. höchstens 10°C unter dem Siedepunkt des eingesetzten Elektrolyten
liegen. Vorzugsweise elektrolysiert man im Temperaturbereich zwischen 20 und 70°C,
insbesondere zwischen 20 und 40°C. Die Elektrolyse kann sowohl diskontinuierlich als
auch kontinuierlich durchgeführt werden.
[0016] Die Aufarbeitung der alkalischen Elektrolyseausträge zur Isolierung der (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren
kann auf übliche Weise durchgeführt werden. So wird beispielsweise die elektrolysierte
Lösung mit einer anorganischen Säure, wie Salzsäure oder Schwefelsäure auf einen pH-Wert
von 1 bis 2 gebracht und die freigesetzten (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren mit
einem Lösungsmittel, wie einem aliphatischen Ether extrahiert. Aus diesem Extrakt
lassen sich die (Poly)oxatetramethylendicarbonsäuren durch Abdestillieren des Lösungsmittels
in einer Reinheit von > 95 % isolieren.
Beispiele
[0017] Die Elektrooxidationen wurden in einer ungeteilten Elektrolysezelle mit Stahl und/oder
Nickelelektroden galvanostatisch durchgeführt. Während der Elektrolyse wurde der Elektrolyt,
dessen Zusammensetzung den Beispielen zu entnehmen ist, mit 150 bis 200 l/h über einen
Wärmetauscher durch die Zelle gepumpt.
[0018] Zur Aktivierung der Nickel-Anode bzw. Beschichtung der Stahl-Anode mit einer dünnen
Nickeloxidhydroxid-Schicht wurden die Anoden in einer wäßrigen Lösung der Zusammensetzung
0,1 N Nickel(II)sulfat, 0,1 N Natriumacetat und 0,005 N Natriumhydroxid bei einer
Stromdichte von 1 mA/cm² alternierend als Anode und Kathode geschaltet (5 bis 10 sec).
Nach Durchgang einer Ladungsmenge von 0,5 A sec/cm² wurden die Anoden, die sich mit
einem schwarzen, fest haftenden Belag von Nickel(II)oxidhydroxid überzogen hatten,
mit destilliertem Wasser gespült und zur Elektrolyse eingesetzt.
Beispiel 1
[0019] In einer mit Stahl-Kathoden und Nickeloxidhydroxid-Anoden bestückten Elektrolysezelle
wurde eine Emulsion aus 353 g Polytetrahydrofuran vom Molekulargewicht 250, 176 g
Natriumhydroxid und 3 000 g Wasser bei einer Stromdichte von 2 A/dm² und einer Temperatur
von 25°C mit 9 F/mol Polytetrahydrofuran elektrolysiert. Der Elektrolyt hatte einen
pH von zwischen 13,7 und 12,8.
[0020] Durch Extraktion des alkalischen Elektrolyseaustrages mit Methyl-tert.-butylether
wurden 7,2 g Polytetrahydrofuran isoliert. Daraus errechnet sich ein Umsatz von 98,0
%. Ansäuern des Elektrolyten mit Schwefelsäure auf pH 1 und Extraktion mit Methyl-tert.-buthylether
ergab nach Abziehen des Ethers im Vakuum 338 g (Poly)oxatetramethylendicarbonsäure
in einer Reinheit > 95 % mit einem Molekulargewicht von 304 (bestimmt aus Hydroxyzahl
= 0 und einer Säurezahl von 374 mg KOH/g Substanz). Die Materialausbeute betrug somit
79 %.
Beispiel 2
[0021] Die im Beispiel 1 beschriebene Elektrolyse wurde bei einer Temperatur von 40°C, einer
Stromdichte von 4 A/dm² und bei 9,5 F/mol Polytetrahydrofuran durchgeführt. Die in
Beispiel 1 beschriebene Aufarbeitung des Elektrolyseaustrages ergab 6,7 g Polytetrahydrofuran,
entsprechend einem Umsatz von 98 %, und 346 g (Poly)oxatetramethylendicarbonsäure
hoher Reinheit mit einem Molekulargewicht von 296 entsprechend einer Ausbeute von
83 %.
1. Verfahren zur Herstellung von (Poly)oxatetramethylen-dicarbonsäuren der allgemeinen
Formel
HOOCC₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆COOH (I)
in der n eine ganze Zahl von 0 bis 20 bedeutet, durch 0xidation von Polytetrahydrofuranen
der allgemeinen Formel
HOCH₂C₃H₆(OC₄H₈)n-OC₃H₆CH₂OH (II)
in der n die oben genannte Bedeutung hat, dadurch gekennzeichnet, daß man die Oxidation
durch Elektrolyse in wäßrig-alkalischem Medium und in Gegenwart eines elektrochemisch
regenerierbaren Redoxkatalysators durchführt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sich der elektrochemisch
regenerierbare Redoxkatalysator als festhaftende Schicht auf der Anode befindet.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als elektrochemisch
regenerierbaren Redoxkatalysator ein Metalloxid verwendet.
4. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß man als elektrochemisch
regenerierbaren Redoxkatalysator ein Metalloxidhydroxid verwendet.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1, 2 und 4, dadurch gekennzeichnet, daß man als Redoxkatalysator
NiOOH verwendet.
6. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß man einen wäßrig-alkalischen
Elektrolyten mit einem Gehalt an Polytetrahydrofuran von 1 bis 40 Gew.% und einem
pH-Wert von 9 bis 14 verwendet.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß man die Elektrolyse
bei einer Stromdichte von 0,5 bis 6 A/dm² durchführt.