(19)
(11) EP 0 278 897 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.08.1988  Patentblatt  1988/33

(21) Anmeldenummer: 88810022.9

(22) Anmeldetag:  18.01.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B21D 24/08
(84) Benannte Vertragsstaaten:
DE FR GB IT

(30) Priorität: 13.02.1987 CH 559/87

(71) Anmelder: SIG Schweizerische Industrie-Gesellschaft
CH-8212 Neuhausen am Rheinfall (CH)

(72) Erfinder:
  • Beer, Hanspeter
    CH-8222 Beringen (CH)

(74) Vertreter: White, William (CH) et al
NOVATOR AG Patentanwaltsbüro Zwängiweg 7
CH-8038 Zürich
CH-8038 Zürich (CH)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Presse zum spanlosen Bearbeiten eines flachen Halbzeuges


    (57) Die Presse hat einen Niederhalter (2), einen Gegenhalter (3) und ein Werkzeug (4), z.B. einen Tiefziehstempel. Nie­derhalter (2) und Werkzeug (4) werden durch je ein Hydraulik­zylinderaggregat (5,6) betätigt. Die beiden Aggregate (5,6) sind mit je einem Servoventil (8,9) mit Wegrückführung des Kolbenhubes verbunden. Die Ventile (8,9) werden durch eine programmierbare Steuereinheit (7) betätigt. Durch diese Aus­bildung der Presse kann der bei bekannten Pressen übliche Lärm vermieden und die Materialbeanspruchung reduziert wer­den. Die Umstellung auf andere Materialstärken des Halb­zeuges (1) oder z.B. andere Ziehtiefen ist sehr einfach durch Umprogrammieren der Steuereinheit (7) möglich.




    Beschreibung


    [0001] Beim spanlosen Bearbeiten von Halbzeug, z.B. einem Blech oder einer Folie, wird meist das Halbzeug mittels eines Nie­derhalters gegen einen Gegenhalter angepresst und hierauf mittels eines Bearbeitungswerkzeuges, z.B. eines Ziehstem­pels, eines Stanzdorns oder eines Drück- oder Biegewerk­zeuges bearbeitet. Aus der DE-OS 3'039'351, gegen welche der Anspruch 1 abgegrenzt ist, ist eine Presse dieser Art bekannt, bei welcher der Niederhalter mit einem durch ein erstes Hydraulikventil angesteuerten ersten Hydraulikzylin­deraggregat verbunden ist. Ein im Kolben des ersten Zylin­deraggregates angeordnetes zweites Zylinderaggregat ist kolbenseitig mit der Kolbenseite des ersten Zylinderaggre­gates und stangenseitig mit einem Druckregelventil verbun­den. Damit lässt sich die auf das Werkzeug wirkende Kraft im Verhältnis zur Anpresskraft des Niederhalters einstel­len.

    [0002] Bei diesen bekannten Pressen fährt der Niederhalter mit vol­ler Geschwindigkeit gegen den Gegenhalter und wird hier über eine sehr kurze Distanz abgebremst. Dies hat unange­nehmen Lärm und grosse Materialbeanspruchung sowohl der Presse, als auch des Halbzeuges zur Folge.

    [0003] Zur Vermeidung dieser Nachteile ist schon vorgeschlagen wor­den, den Gegenhalter federnd zu lagern, so dass er den Schlag des Niederhalters elastisch auffängt (z.B. DE-OS 2'332'522). Dies bringt jedoch nur bedingt Abhilfe, weil an die Stelle der Verzögerung des Niederhalters die Be­schleunigung des ebenfalls recht massiven Gegenhalters tritt. EP-A 74'421 versucht dieses Problem dadurch zu lö­sen, dass der Gegenhalter unmittelbar vor dem Auftreffen des Niederhalters mittels eines Hydraulikkolbens nach unten beschleunigt wird. Dieser Vorschlag führt jedoch zu sehr aufwendigen Einstellarbeiten und langen Umrüstzeiten.

    [0004] Ein weiteres Problem, z.B. beim Tiefziehen in bekannten Pressen, besteht darin, dass der Hub des Tiefziehstempels mechanisch begrenzt wird, z.B. im Betätigungszylinder oder durch die Form des Gesenkes. Sollen z.B. Behälter unter­schiedlicher Tiefe hergestellt werden, so sind jeweils auf­wendige Umrüstarbeiten erforderlich.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Presse ge­mäss Oberbegriff des Anspruchs 1 derart weiterzubilden, dass die Umrüstzeit drastisch reduziert werden kann. Diese Aufgabe wird durch die kennzeichnenden Merkmale des An­spruchs 1 gelöst.

    [0006] Die Ausbildung des ersten Hydraulikventils als Servoventil mit Wegrückführung hat den Vorteil, dass der Niederhalter im Eilgang mit erheblich grösserer Geschwindigkeit als bei bekannten Pressen bis unmittelbar vor die Anlage am Halb­zeug gefahren und dort hydraulisch abgebremst werden kann, so dass er sanft aufsetzt. Dadurch können Lärm und hohe Materialbeanspruchungen vermieden werden. Die Umstellung auf andere Materialstärken ist sehr einfach und rasch durch Umprogrammieren der Steuereinheit möglich. Die Ausbildung des zweiten Hydraulikventils als Servoventil mit Wegrück­führung hat ebenfalls den Vorteil, dass die Werkzeugbewe­gung so programmiert werden kann, dass das Werkzeug sanft aufsetzt und damit Lärm vermieden wird. Ausserdem kann mit dieser Ausbildung z.B. beim Tiefziehen erreicht werden, dass die Ziehgeschwindigkeit regelbar ist. Dies führt bei geringfügig variierenden Materialstärken des Halbzeuges zu besser konstanten Arbeitsresultaten als bei der über den Druck regelbaren Ziehkraft. Beim Tiefziehen von z.B. Be­chern kann die Bechertiefe sehr rasch durch Umprogrammieren des Stempelhubes verändert werden, so dass sich geringe Um­rüstzeiten ergeben.

    [0007] Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung an­hand der Zeichnung erläutert. Die einzige Figur zeigt einen Axialschnitt durch eine Tiefziehpresse.

    [0008] Im dargestellten Ausführungsbeispiel wird die Erfindung in der Anwendung bei einer Tiefziehpresse zum Herstellen von Verpackungsbechern aus einer Aluminiumfolie 1 erläutert. Die Presse umfasst einen Niederhalter 2, einen Gegenhalter 3 und einen Tiefziehstempel 4. Der Niederhalter 2 wird durch ein erstes Hydraulikzylinderaggregat 5, der Stempel 4 durch ein zweites Zylinderaggregat 6 betätigt. Beide Zylinder­aggregate 5, 6 sind mit je einem durch eine Steuereinheit 7 angesteuerten Servoventil 8, 9 mit Wegrückführung verbun­den. Die beiden Zylinderaggregate 5, 6 sind koaxial angeord­net, wobei der mit dem Niederhalter 2 über eine hohle Kolben­stange 14 verbundene Kolben des Aggregates 5 als Ringkolben 15 ausgebildet ist, der auf dem Zylinder 16 des Zylinder­aggregates 6 geführt ist. Der Kolben 17 des inneren Zylinder­aggregates 6 ist über eine Kolbenstange 18 mit dem Stempel 4 verbunden. Die beiden Servoventile 8, 9 sind gleich auf­gebaut, so dass nachfolgend lediglich der Aufbau und die Betriebsweise des Ventils 9 beschrieben ist.

    [0009] Das Ventil 9 hat als Eingangsglied einen Schrittmotor 22. Dieser ist mit der Steuereinheit 7 verbunden. Der Dreh­winkel und die Winkelgeschwindigkeit seiner Abtriebswelle 23 entsprechen dem durch die Steuereinheit 7 vorgegebenen Hub und der Hubgeschwindigkeit des Stempels 4. Die Abtriebswelle 23 des Schrittmotors 22 trägt einen Flansch 24, mit welchem rotationssteif, aber axial beweglich ein Flansch 25 einer Steuerwelle 26 gekoppelt ist. Die Steuerwelle 26 hat an ihrem gegenüberliegenden Ende ein Gewinde 27. In dieses greift eine Mutter 28 ein, die im Gehäuse 29 des Ventils 9 drehbar, aber axial unverschiebbar gelagert ist. Die Mutter 28 ist starr mit einer Gewindespindel 30 mit Steilgewinde verbunden, in die eine Mutter 31 des Kolbens 17 des Zylin­deraggregates 6 eingreift. Das Ventil 9 hat einen im Gehäuse 29 axial verschiebbar gelagerten Schieber 32. Der Schieber 32 hat zwei Flansche 33, 34, die mit Steuerkanten im Gehäuse 29 den Zufluss von Oel aus einem Druckraum 35, der unter Speisedruck P steht, in Arbeitskammern 36, 37, sowie den Abfluss aus den Arbeitskammern 36, 37 in Rücklaufräume 38 steuern. Die Arbeitskammern 36, 37 sind mit je einem der Arbeitsräume 39, 40 des Zylinderaggregates 6 verbunden. Der Schieber 32 ist mittels einer Feder 41 gegen eine Schulter der Steuerwelle 26 gedrückt, so dass er den Axialbewegungen der Steuerwelle 26 folgt.

    [0010] Im Betrieb arbeitet der Stempelantrieb wie folgt: Wird die Abtriebswelle 23 des Schrittmotors 22 in Abtriebsrichtung betrachtet um einen bestimmten Winkel im Uhrzeigersinn ge­dreht, so nimmt sie über die Kupplung 24, 25 die Steuer­welle 26 mit. Diese schraubt sich in die Mutter 28 ein und verschiebt sich axial nach unten. Der Schieber 32 folgt dieser Axialverschiebung und öffnet die Verbindung zwischen dem Druckraum 35 und der Arbeitskammer 37, sowie zwischen der Arbeitskammer 36 und dem Rücklaufraum 38. Der Kolben 17 bewegt sich nach unten. Dessen Axialverschiebung bewirkt über die Mutter 31 und die Gewindespindel 30 eine Drehung der Mutter 28 im Drehsinn der Abtriebswelle 23. Die Steuer­welle 26 mit dem Schieber 32 wird dadurch wieder nach oben verschoben. Der Schieber 32 befindet sich wieder in der dar­gestellten Neutrallage, wenn die Drehung der Abtriebswelle 23 und der Mutter 28 betragsmässig gleich sind. Die Axial­lage des Kolbens 17 folgt also dem Drehwinkel der Abtriebs­welle 23.

    [0011] Das Servoventil 8 ist gleich aufgebaut wie das Servoventil 9, nur dass hier die Mutter 31ʹ zur Wegrückführung des Ring­kolbens 15 direkt mit dem Niederhalter 2 verbunden und die Gewindespindel 30ʹ entsprechend länger ist.

    [0012] Zum Tiefziehen der das Halbzeug bildenden Folie 1 wird zu­nächst der Niederhalter 2 abgesenkt. Dazu ist die Steuer­einheit 7 so programmiert, dass der Ringkolben 15 mit der durch die maximale Oeffnung des Ventils 8 und den Speise­druck P vorgegebenen Maximalgeschwindigkeit im Eilgang bis unmittelbar oberhalb der Anlage an der Folie 1 bewegt wird. An dieser Stelle wird die Absenkgeschwindigkeit verlangsamt, der Niederhalter also hydraulisch gebremst. Er setzt dann mit sehr geringer Geschwindigkeit und daher kleiner kinetischer Energie auf die auf dem Gegenhalter 3 aufliegende Folie 1 auf. Dadurch wird sowohl die Folie 1, als auch der Nieder­halter 2 und der Gegenhalter 3 geschont und der bei herkömm­lichen Pressen übliche Lärm wird vollständig vermieden. Der durch die Steuereinheit 7 vorgewählte Endhub des Niederhal­ters 2 wird um wenige Zehntelsmillimeter grösser gewählt als der tatsächlich erreichbare Hub. Dadurch bleibt der Schieber 32ʹ des Ventils 8 in der Endstellung etwas ausge­lenkt, so dass der volle Speisedruck P auf den Ringkolben 15 wirkt. Bei einer Aenderung der Materialstärke der Folie 1 muss an der Steuereinheit 7 lediglich die Endstellung des Niederhalters 2 sowie die Stellung umprogrammiert werden, in welcher der Niederhalter 2 abgebremst wird. Diese Umstellung ist daher sehr rasch möglich.

    [0013] Sobald der Niederhalter 2 gegen die Folie 1 angepresst ist, wird der Stempel 4 abgesenkt, und zwar ebenfalls mit maxi­maler Zustellgeschwindigkeit bis unmittelbar vor seinem Auftreffen auf die Folie 1. Hier wird die Zustellgeschwin­digkeit auf das für das Tiefziehen gewünschte Mass reduziert. Der Stempel 4 setzt daher ebenfalls sanft und ohne Lärm auf die Folie 4 auf und zieht aus ihr einen Becher, dessen Tiefe durch den mittels der Steuereinheit 7 vorprogrammierten Hub des Stempels 4 gegeben ist. Eine Aenderung der Bechertiefe ist daher sehr einfach und rasch durch Umprogrammieren der Steuereinheit 7 möglich, ohne dass Werkzeuge oder Anschläge ausgewechselt oder verstellt werden müssen.

    [0014] Durch den Einsatz von anderen Werkzeugen auf die beiden Kol­benstangen 14, 18 kann z.B. der Niederhalter 2 mit einer Schneide versehen werden, so dass bei entsprechender Ausbil­dung des Gegenhalters 3 zuerst ein Formstück aus einem Fo­lienband ausgestanzt und dann das ausgestanzte Teil tiefge­zogen wird.

    [0015] Je nach Aufgabe und Art des Werkzeuges kann es zweckmässig sein, weitere koaxiale Zylinderaggregate um die Aggregate 5, 6 herum anzuordnen, wobei die weiteren Zylinderaggregate wiederum Ringkolben und hohle Kolbenstangen haben und zweck­mässig ebenfalls durch je ein separates Servoventil mit Weg­rückführung des Kolbenhubes angesteuert werden.

    [0016] Die dargestellte Presse eignet sich nicht nur zum Tief­ziehen, sondern bei Einsatz entsprechender Werkzeuge auch zum Stanzen, Prägen, Biegen, Lochen usw. sowie Kombinationen davon.


    Ansprüche

    1. Presse zum spanlosen Bearbeiten eines flachen Halbzeuges (1), umfassend ein über ein erstes Hydraulikven­til (8) angesteuertes erstes Hydraulikzylinderaggregat (5), das mit einem Niederhalter (2) verbunden ist zum Anpressen des Niederhalters (2) gegen das auf einem Gegenhalter (3) aufgelegte Halbzeug (1), sowie ein über ein zweites Hydrau­likventil (9) angesteuertes zweites Hydraulikzylinderaggre­gat (6), das mit einem Bearbeitungswerkzeug (4) zum Bear­beiten des Halbzeuges (1) verbunden ist, dadurch gekennzeich­net, dass mindestens eines der Ventile als Servoventil (8,9) mit einer Wegrückführung des Hubes des zugehörigen Zylinder­aggregates (5,6) ausgebildet ist, und dass das Servoventil (8,9) mit einer Steuereinheit (7) verbunden ist, über welche mindestens der Hub des zugehörigen Zylinderaggregates (5,6) vorwählbar ist.
     
    2. Presse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Servoventil (8,9) durch einen Schrittmotor (22) angesteuert ist.
     
    3. Presse nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, dass die Wegrückführung eine Gewindespindel (30) umfasst.
     
    4. Presse nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Gewindespindel (30) in eine Mutter (31) am beweg­ten Glied (15,17) des zugehörigen Zylinderaggregates (5,6) eingeschraubt ist.
     
    5. Presse nach einem der Ansprüche 1 bis 4, da­durch gekennzeichnet, dass die beiden Zylinderaggregate (5,6) koaxial angeordnet sind, wobei das äussere erste Zy­linderaggregat (5) einen Ringkolben (15) und eine hohle Kolbenstange (14) hat.
     
    6. Presse nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Ringkolben (15) des ersten Zylinderaggregates (5) auf dem Zylinder (16) des zweiten Zylinderaggregates (6) geführt ist.
     
    7. Presse nach Anspruch 5 jeder 6, dadurch gekenn­zeichnet, dass sie mindestens ein weiteres koaxiales Zylin­deraggregat mit einem weiteren Ringkolben und einer weite­ren hohlen Kolbenstange aufweist.
     




    Zeichnung