[0001] Die Erfindung betrifft einen Penetrator aus einem Schwermetall, wie zum Beispiel
Wolfram oder abgereicherten Uran, mit über seine Länge hinweg unterschiedlich ausgebildeter
Festigkeit und Zähigkeit.
[0002] Penetratoren, welche als Wuchtgeschosse zur Panzerbekämpfung verwendet werden, sind
bereits seit langem bekannt. Sie sind als lange schlanke Körper aus einem schweren
Material gefertigt und werden mit einem Treibkäfig verschossen. Zur Stabilisierung
weisen sie an ihrem Heck ein Leitwerk auf. Aus der EP 0 143 775 A 2 ist bereits ein
Penetrator dieser Art bekannt, welcher über den Bereich seiner Länge hinweg unterschiedliche
Festigkeit und Zähigkeit aufweist. Eine derartige Ausbildung des Penetrators wurde
aus der Erkenntnis heraus vorgeschlagen, daß der Penetrator in seinem vorderen Bereich
vor allem eine hohe Festigkeit, in seinem mittleren Bereich hingegen eine hohe Zähigkeit
und in seinem Heckbereich wieder eine zunehmende Festigkeit aufweisen muß. Diese Ausbildung
dient insgesamt zur Erhöhung der Durchschlagsleistung des Penetrators. Die hohe Festigkeit
an der Spitze ist erforderlich, damit sich der Penetrator beim Eindringen in das Ziel
nicht zu sehr verformt, sein Zähigkeit im mittleren Bereich soll verhindern, daß
der Penetrator bei schrägem Aufprall auf das Ziel nicht in der Mitte abbricht und
die zunehmende Festigkeit im Heckteil ist für die dort während des Abschusses auftretenden
Kräfte erforderlich.
[0003] Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es Aufgabe der Erfindung, einen Penetrator
und ein Verfahren zu seiner Herstellung vorzuschlagen, bei dem die unterschiedlichen
Materialeigenschaften über seine Länge hinweg mit einer guten Variationsbreite einstellbar
sind.
[0004] Zur Lösung der der Erfindung gestellten Aufgabe wird vorgeschlagen, daß der Penetrator
aus einem Einkristall des Schwermetalls besteht.
[0005] Der Penetrator kann aus einem einzigen Element, vorzugsweise Wolfram bestehen, er
kann in bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung jedoch aus einer Legierung bestehen,
deren Hauptbestandteil Wolfram ist, dem Rhenium zulegiert ist.
[0006] Eine Weiterbildung der Erfindung sowie mögliche Herstellungsverfahren für den Penetrator
sind in den Unteransprüchen gekennzeichnet. Eine Legierung aus Wolfram und Rhenium
hat den Vorteil, daß sie bereits bei niedrigeren Temperaturen duktiler ist als reines
Wolfram. Dadurch ergibt sich eine geringere Sprödigkeit, das heißt höhere Zähigkeit
des Materials, die vor allem für den mittleren Teil des Penetrators wichtig ist. Ein
Einkristall hat, da er keine Korngrenzen besitzt, bei der Hochgeschwindigkeitsverformung
ein deutlich besseres Verhalten als übliche polykristalline Materialien. Darauf soll
nachstehend noch näher eingegangen werden.
[0007] Einkristalle sind Körper aus chemischen Elementen, Legierungen und chemischen Verbindungen,
die nach besonderen Verfahren gezüchtet werden und im Gegensatz zu den in der Technik
und im täglichen Leben vorliegenden polykristallinen Körpern nur aus einem einzigen,
jedoch gegebenenfalls großen Kristall bestehen. Es handelt sich dabei um chemisch
hochreine Körper, die in ihrem Verhalten dem des theoretischen Verhaltens des reinen
Kristalls des betreffenden Elementes weitgehend entsprechen. Diese einkristallinen
Körper sind anisotrop, haben keine Korngrenzen, wie dies bei polykristallinen Körpern
der Fall ist, und ihre Festigkeit sowie ihr Elastizitätsmodul sind in bestimmten Kristallrichtungen
deutlich höher als dies bei polykristallinem Material der Fall ist.
[0008] Einkristalle können nicht nur aus reinen Elementen, sie können auch aus legierten
Metallen hergestellt werden. Sie weisen eine je nach Element bzw. Legierung mehr oder
weniger stark ausgeprägte Anisotropie auf, das heißt ihre Eigenschaften sind entlang
der Kristallrichtungen [100], [110] und [111] verschieden. Diese Eigenschaften sind
beispielsweise der E-Modul, die Festigkeit oder die Verformungsgrenzspannung. Bei
Kupfer, welches als Beispiel eine sehr ausgeprägte Anisotropie besitzt, sind die E-Module
bei Belastung in Richtung der vorgenannten Kristallrichtungen etwa 6800, 12000 und
18000 kp/mm².
[0009] An Penetratoren sind grundsätzlich die nachfolgenden Forderungen zu stellen, welche
von einkristallinen Körpern besonders günstig erfüllt werden können. Diese Forderungen
sind ein guter E-Modul, um möglichst viel elastische und weniger plastische Verformung
beim Aufprall zu erhalten, es sind weiterhin hohe Festigkeit an der Spitze sowie
eine hohe Fließspannung.
[0010] Da Einkristalle im Gegensatz zu polykristallinen Metallen nicht durch die üblichen
Verformungsverfahren, sondern durch Züchtung hergestellt werden, ergeben sich, wenn
man das Züchtungsverfahren entsprechend ausgestaltet, breitere Möglichkeiten, die
Einstellung der Eigenschaften des Materials über die Länge des Körpers hinweg vorzunehmen.
Diese Möglichkeiten bestehen zum einen in der Ausnutzung der Anisotropie des Einkristalls,
also die unterschiedliche Ausprägung seiner Eigenschaften in den verschiedenen Kristallrichtungen,
weiterhin in der Zulegierung weiterer Materialien über einen Teil der Länge des Körpers
oder in der Zulegierung mit einem linearen oder variablen Gradienten des zulegierten
Materials. Es ist somit also wichtig, bei der Züchtung von Einkristallen, die zunächst
vorliegende Kristallrichtung des Körpers ändern zu können oder aber durch Zulegierung
von einem oder gegebenenfalls auch mehrerer Elemente eine Legierung zu erzeugen, welche
einen gleitenden Übergang zu jenem Teil des Körpers bildet, der aus dem reinen Hauptbestandteil
des Metalls oder einem niedriger legierten Teil besteht.
[0011] Im Nachfolgenden soll die Erfindung anhand der Zeichnung noch näher erläutert werden.
[0012] Es zeigen:
Fig. 1 einen Penetrator in schematischer Darstellung ohne Treibkäfig und Leitwerk;
Fig. 2 in schematisierter Darstellung ein Werkzeug zur Herstellung des Penetrators
nach einem ersten Herstellungsverfahren;
Fig. 3 eine mögliche Form des Penetrators aus Einkristall als Zwischenprodukt;
Fig. 4 eine Teilansicht des Werkzeugs im Schnitt zur Herstellung eines Penetrators
nach einem zweiten Herstellungsverfahren.
[0013] In Fig. 1 ist ein Penetrator 1 schematisch dargestellt, welcher entweder aus reinem
Wolfram oder aber aus einer Legierung aus Wolfram und Rhenium besteht. Im Sinne der
Erfindung würde sich auch abgereichertes Uran eignen. Die Besonderheit besteht darin,
daß dieser Penetrator als Einkristall gezüchtet ist und über seine Länge in den Bereichen
1, 2 und 3 unterschiedliche Eigenschaften hinsichtlich seiner Festigkeit und Zähigkeit
besitzt.
[0014] In Fig. 2 ist ein Werkzeug zur Herstellung eines Penetrators aus Einkristall dargestellt,
bei welchem der Penetrator in seinem mittleren Bereich B2 aus einer Legierung von
Wolfram und Rhenium besteht. Das in stark schematisierter Form dargestellte Werkzeug
besteht aus einem hitzebeständigen Tiegel 2, dessen Innenform dem Penetrator entspricht
und einem Werkzeug 2a im Bodenbereich des Tiegels. In diesem Tiegel befindet sich
ein Hohlkörper 3 aus reinem Wolfram und in diesen sind 3 stangenförmige Körper 4,
5 und 6 eingeschoben, deren Zusammensetzung entsprechend dem gewünschten Ergebnis
variieren kann. Im vorliegenden Falle bestehen die Stangen 4 und 6 aus reinem Wolfram,
die Stange 5 aus einer Vorlegierung aus Wolfram und Rhenium. Denkbar wäre auch, daß
die Stangen 4 und 6 aus einer Vorlegierung mit niedrigerem Rheniumgehalt bestehen.
[0015] Diese Möglichkeit wird man dann wählen, wenn man dem Penetrator an seiner Spitze
und seinem Heck eine höhere Zähigkeit geben will, als dies mit reinem Wolfram möglich
wäre. Die Stange 6 ist mit einer Halterung 6a in der Spitze des Tiegels 2 verankert.
[0016] Am Boden des Tiegels ist ein Impfling 7 in einem Werkzeug 2a angeordnet, der aus
Wolfram-Einkristall besteht und jene Kristallachsenorientierung, beispielsweise [100],
aufweist, welche der spätere Einkristall-Formkörper haben soll. Mit 8 sind schließlich
die Windungen einer Spule bezeichnet, an die ein HF-Feld zur Aufheizung des Tiegels
angelegt wird. Diese HF-Spule 8 ist in Richtung der Pfeile 9 entlang dem Tiegel 2
verschiebbar und bewirkt ein Schmelzen des Hohlkörpers 3 sowie der Stangen 4 bis
6. Der Einschmelzvorgang beginnt in der gezeichneten Grundstellung der Spule und führt
dazu, daß der unterste Teil des Hohlkörpers 3 sowie der obere Teil des Impflings
7 schmilzt. Dabei nimmt der Körper 3 von unten beginnend die Kristallorientierung
des Impflings 7 an, wobei diese Kristallfront nach oben fortschreitet. Es bildet sich
an dieser Stelle bereits der Einkristall aus. Entsprechend dem Fortschreiten der Wachtstumsfronst
wird die Spule 8 in Pfeilrichtung 9 nach oben geführt und damit die Wachstumsfronst
immer weiter in Richtung der Spitze des Hohlkörpers 3 verschoben. Durch das angelegte
HF-Feld verwirbelt sich das Material der Stangen 4 bis 6 mit jenem des Hohlkörpers
3 gleichmäßig in waagerechter Richtung. Im vorliegenden Falle ist somit im Bereich
B2 der gesamte Penetrator aus einer Legierung von Wolfram und Rhenium aufgebaut. An
den Grenzen zwischen den Bereichen B1 und B3 erfolgt ein gleitender Übergang in der
Zusammensetzung des Materials. Der Tiegel 2 taucht während des Verschiebens der Spule
8 zunehmend aus der Spule heraus und erkaltet. Sobald dies geschehen ist, wird der
Impfling 7 entfernt und der Tiegel 2 geöffnet. Die entsprechende Technologie bei solchen
Werkzeugen ist bekannt und bedarf hier keiner näheren Erläuterung. Der entstandene
Penetrator liegt bereits in seiner endgültigen Form vor und bedarf keiner weiteren
Bearbeitung. Durch aufeinanderfolgendes Schmelzen, bei welchem die Spule jeweils in
gleicher Richtung bewegt, der Tiegel jedoch um 180° geschwenkt wird, ist die Veränderung
der Eigenschaften über die Länge hinweg ebenfalls beeinflußbar.
[0017] Wenn es erwünscht ist, daß die Spitze des Penetrators eine besonders hohe Festigkeit
erhält, ist es möglich, den Tiegel 2 im Bereich seiner Spitze in seiner Form so auszubilden,
daß ein Penetrator mit einer Formgebung entsprechend Fig. 3 entsteht. In diesem Falle
ist eine Verdichtung der Spitze des Penetrators erforderlich, was beispielsweise durch
vorsichtiges Hämmern oder Schmieden geschehen kann. In diesem Falle verliert der Einkristall
im Bereich seiner Spitze jedoch an der Oberfläche seine einkristalline Ausbildung,
ohne daß Korngrenzen entstehen, wodurch ein Teil der durch die Verdichtung bzw.
Verformung erzielten höheren Festigkeit durch die verschlechterten Kristalleigenschaften
wieder wettgemacht wird.
[0018] In Fig. 4 ist eine weitere Möglichkeit der Herstellung eines Penetrators aus Einkristall
dargestellt, bei welchem der in das Werkzeug 10 eingelegte Körper 11 entweder aus
dem reinen Metall oder aber aus einer Vorlegierung zum Beispiel also Wolfram-Rhenium
besteht. Die Besonderheit ist in diesem Falle, daß die Tiegelwandung in den drei
Bereichen B1, B2 und B3 unterschiedlich ausgebildet ist. Im Bereich B1 ist die Tiegelwandung
gleich jener des Werkzeugs nach Fig. 2. Im Bereich B2 hat die Tiegelwandung eine aktive
Oberfläche erster Art, welche verursacht, daß das geschmolzene Material von der
Wandung des Tiegels epitaktisch aufwächst und die Orientierung der Tiegelwandung
annimmt. Wenn die Orientierung der Tiegelwandung im Bereich B2 beispielsweise einer
Kristallrichtung [100] entspricht und der im Bereich B1 aufwachsende Kristall, wie
im Falle der Fig. 2 eine Kristallrichtung [111] besitzt, so bildet sich eine Orientierungsfront
12 aus, an der ein Orientierungsübergang des Kristalls von [111] auf [100] erfolgt.
[0019] Im Bereich B3 ist die Tiegelwandung ebenfalls als aktive Oberfläche, aber eine solche
zweiter Art, ausgebildet. Im Hinblick auf die gewünschte Festigkeit des Penetrators
an der Spitze ist die Orientierung der Tiegelfläche entsprechend der Kristallrichtung
[111] ausgebildet und bewirkt, daß sich der wachsende Kristall nach der Orientierungsfront
13 von einer Kristallrichtung [100] in eine Kristallrichtung [111] ändert. Das Aufschmelzen
des Kristalls erfolgt dabei in gleicher Weise wie bei der Anordnung nach Fig. 2.
[0020] Durch die Variation der Tiegelwandung kann somit das Kristallwachstum in seiner Orientierung
geändert und somit die Festigkeitseigenschaften des Kristalls über seine Länge geändert
werden.
[0021] Neben einem Herstellungsverfahren entsprechend den Fig. 2 und 4, welches in seiner
Grundform von Bridgman entwickelt wurde, ist es im Sinne der Erfindung auch möglich,
das bekannte Zonenschmelzverfahren vorzusehen, bei welchem der Tiegel entfällt und
die HF-Spule an dem Metallkörper unmittelbar entlang zu führen.
1. Penetrator aus einem Schwermetall, wie z.B. Wolfram oder abgereichertes Uran, mit
über seine Länge hinweg unterschiedlich ausgebildeter Festigkeit und Zähigkeit,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Penetrator aus einem Einkristall des Schwermetalls besteht.
2. Penetrator nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Einkristall aus einer Legierung mit dem Hauptbestandteil Wolfram besteht.
3. Penetrator nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß als zulegiertes Element Rhenium verwendet ist.
4. Penetrator nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Penetrator aus 80 - 99,8 Gewichtsprozent Wolfram und 20 - 0,2 % Gewichtsprozent
Rhenium besteht.
5. Penetrator nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß er bei der Züchtung des Einkristalls eine verdickte Spitze zwecks anschließender
Verdichtung erhält.
6. Verfahren zur Herstellung eines Penetrators nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Hohlkörper aus Wolfram mit etwa den äußeren Abmaßen und der Form des Penetrators,
mit einer Vorlegierung aus Wolfram und Rhenium gefüllt ("chargiert") wird, mit einem
im mittleren Teil des Penetrators höheren Anteil des Rheniums, daß der Hohlkörper
in einem tiegelförmigen Werkzeug mit einer Innenform entsprechend dem Penetrator vom
im Werkzeugboden angeordneten Impfling ausgehend in Richtung Spitze durch ein HF-Feld
geführt und eingeschmolzen wird, und daß er nach dem Austauchen aus dem HF-Feld langsam
abgekühlt und anschließend vom Impfling abgetrennt wird.
7. Verfahren zur Herstellung eines Penetrators nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein Körper aus einer Legierung aus Wolfram und Rhenium in ein tiegelartiges Werkzeug
mit einer Innenform entsprechend dem Penetrator eingebracht wird, wobei an der Bodenseite
des Werkzeuges ein Einkristallimpfling der Kristallachsenorientierung [111] angebracht
ist, daß eine HF-Spule relativ zu dem Werkzeug zum Einschmelzen des Körpers entlang
dem Werkzeug vom Impfling aus geführt wird und daß die Tiegelwand über einen Teil
ihrer Länge (Bereich 2 und 3) derart auf das Kristallwachstum einwirkt, daß bei diesem
nach einem zuerst vom Impfling beeinflußten Wachstum in Achsrichtung [111], ausgehend
von der Ausbildung der Tiegelwand im Bereich 2 eine gleitende Umorientierung der Kristallachse
des Einkristalls in Richtung [100] und im Bereich 3 durch eine unterschiedliche Ausbildung
der Tiegelwand eine weitere gleitende Umorientierung in Richtung der Kristallachse
[111] erfolgt und daß nach Austauchen aus der HF-Spule das Werkzeug mit dem Penetrator
langsam abgekühlt und der Impfling entfernt wird.