(19)
(11) EP 0 279 896 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
31.08.1988  Patentblatt  1988/35

(21) Anmeldenummer: 87112094.5

(22) Anmeldetag:  20.08.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21C 1/02, B66B 15/02, C21D 1/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB GR IT LI LU NL SE

(30) Priorität: 23.02.1987 HU 67887

(71) Anmelder: Szolnoki Ingatlankezelö Vallalat
H-5001 Szolnok (HU)

(72) Erfinder:
  • Kakuk, Bela, Dipl.-Ing.
    H-5001 Szolnok (HU)

(74) Vertreter: Lemcke, Rupert, Dipl.-Ing. et al
Patentanwälte Dipl.-Ing. R. Lemcke Dr.-Ing. H.J. Brommer, Postfach 40 26
76025 Karlsruhe
76025 Karlsruhe (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Herstellen der Treibscheiben von Aufzuganlagen aus Eisenguss


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung der Aufzug-Treibscheibe aus Gußeisen, bei welchem - nach dem Abzapfen des gewählten Baisroh­stoffes dieser in die Gußform gegossen, danach das Gußstück abgekühlt, dann gegebenenfalls normalisiert und schließlich das abgekühlte Gußstück durch Span­abhebearbeit fertig bearbeitet wird. Das Wesen der Erfindung besteht darin, daß man den Schwefelgehalt des Schmelzebades noch vor dem Schmelzen - vorteil­haft durch Zugabe von Magnesium - auf einen Wert unter 0,01 % vermindert. Mit dieser Maßnahme erreicht man dann, daß die Treibscheibenrillen bis zu einem oberen Grenzwert von HB = 500 kp/mm² für jeden beliebigen Oberflächen-Härtewert eingestellt werden können.


    Beschreibung


    [0001] 



    [0002] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Fertigen von Treibscheiben für Aufzuganlagen aus Eisenguß.

    [0003] Wie bekannt, werden diese Treibscheiben gegen­wärtig aus Blättergraphit enthaltenden Gußeisen (ÖV 200, bzw. ÖV 250) hergestellt. Als Fertigungs­grundstoff wird hierzu hämatitisches graues Rohguß­eisen mit einem Zuschlag von Ferrosilizium benützt. Nach dem Abgießen, d. h. nach dem Abkühlen des Guß­stückes folgt im allgemeinen eine entspannende Norma­lisierbehandlung. Danach wird die Treibscheibe aus dem Gußstück durch Entspannung fertig bearbeitet (Siehe z. B. das Buch von Dr. Verö und Dr. Káldor: "Metallurgie der Eisenlegierungen", Technischer Buch­verlag, Budapest, 1966, Seite 282-299; oder das Lehr­buch von Dr. Gillemot: Die Technologie der Konstruk­tions-Werkstoffe." Band I., Lehrbuch-Verlag, Budapest, 1954).

    [0004] Gemä3 den Betriebserfahrungen können die nach der obigen Technologie hergestellten Treibscheiben - selbst bei sehr sorgsamer Betriebsbedingung - eine akzeptable Lebensdauer nicht erreichen, da der allzu­schnelle Verschleiß der gußeisernen Seilnuten durch das Stahlseil einen vorzeitigen Seilaustausch erfor­derlich macht. Dadurch aber wird der Kostenaufwand für Erhaltung der Anlage beträchtlich erhöht; ganz abgesehen von den zwangsläufig anfallenden Stillstand­kosten der Aufzüge, die insbesondere bei vielstöckigen Wohngebäuden für die Bewohner geradezu unerträgliche Unbequemlichkeiten, Zeitverluste und Ärgernisse er­bringen. Für die Betreiber solcher Anlagen wäre es akzeptabel, wenn die Lebensdauer der Kombination "Treibscheibe - Stahlseil" wenigstens einen Benützungs­zyklus von etwa 10 Jahren gestatten würde. Leider kann dieser wünschenswerte Kennwert heute, mit den Treib­scheiben aus Blättergraphit-Gußeisen nichteinmal ange­nähert erzielt werden.

    [0005] Mit der vorliegenden Erfindung verfolgten wir deshalb das Ziel,für dieses Problem eine solche Lösung zu schaffen, bei welcher die bisherigen Mängel ver­mieden, und ein solches Treibscheiben-Fertigungs­verfahren geschaffen wird, mittels welchem für die Treibscheiben eine fast den Stahlseilen angenäherte Lebensdauer erzielt werden kann; ferner die Erhaltungs­kosten beträchtlich gesenkt, die zwangsläufigen Still­standszeiten, und damit verbundenen Unbequemlich­keiten auf ein Mindestbetrag reduziert werden.

    [0006] Bei der Erarbeitung der Erfindung gingen wir von der Erkenntnis aus, daß bei den Treibscheiben der zuläßige maximale Rillendruck von der Härte des Nuten­werkstoffs abhängig ist. Eine Vergrößerung der her­kömmlichen Werkstoffhärte der aus Blättergraphit als Gußeisenstück hergestellten Seilnut von HB - 180 kp/mm² wäre auch schon deshalb unumgänglich erforderlich, da nach den heute gültigen Grundprinzipien der Treib­scheibenbemessung das Seil als kontinuierliche Fläche, der Rillendruck aber als gleichmäßig verteilte Last angenommen werden muß. Das aber entspricht nicht ganz der wirklichen Lage, da ja die Belastung des Stahl­seils keineswegs "gleichmäßig verteilt" zu betrachten ist, sodaß in den Berührungspunkten (der Scheibennut - - Stahlseil) auch "Herz-ische Spannungen" auftreten.

    [0007] Ferner ist der Verschleiß der Treibscheiben­rille - bei ansonst richtiger Planung, Fertigung, Einbau und vorschriftmäßigem Betrieb - ausschlag­gebend abhängig eine Folge des Seilgleitens bzw. des Seilschlüpfens. Die relative Geschwindigkeit des Gleitens bzw. Schlüpfens zwischen Nut und Seil könnte prinzipiell durch eine Erhöhung der Treibfähigkeit verhindert werden, diesem aber setzt maximal der zuläßige Rillendruckwert eine Grenze, der wiederum eine Funktion der Treibscheibenhärte ist.

    [0008] Mit Inbetrachtnahme der obigen Gesichtspunkte ist die Grundlage der Erfindung jene Erkenntnis, daß die gestellte Aufgabe zu lösen ist, wenn das Treiben dem jeweiligen Bedarf entsprechend ist, d. h. wenn eine Treibscheibe gebaut und betrieben wird, deren Nut über eine Oberfläche von erhöhter Härte und Verschleißbeständigkeit besitzt, indem die Gewebe­struktur des Gußeisens entsprechend umgestaltet wird.

    [0009] Die gestellte Aufgabe wurde also durch eine solche Fortentwicklung des Fertigungverfahrens für gußeiserne Treibscheiben gelöst, bei welchem nach der Abzapfung des geschmolzenen Basisroheisen die Gußform gegossen wird, dann das Gußstück abgekühlt, danach gegebenenfalls normalisiert, schließlich aber das abgekühlte und normalisierte Gußstück durch Zerspanung fertigbearbeitet wird. Dies wird erfindungs­gemäß dadurch fortentwickelt, d. h. das Wesen der Erfindung darin besteht, daß vor der Gießprozedur der Schwefelgehalt des Schmelze-Bades - vorzugsweise durch Hinzugabe eines Magnesiumzuschlags - auf einen Wert unter 0,01 % gesenkt wird.

    [0010] Durch die obige Maßnahme wird durch das Abbinden des Schwefels eine kugelgraphitische Gewebe­struktur des Gußeisens zustande gebracht.

    [0011] Ferner ist es zweckmäßig, wenn Magnesium­zuschlag in das Schmelzebad bei einer Temperatur von 1480 bis 1550 °C unter den Spiegel des Schmelzbades - vorteilhaft in Form von Magnesiumkoks zugegeben wird. Damit lässt sich nämlich, der ansonst bei den plötzlichen Reaktionen des Magnesiums unweigerlich erfolgende "Spritz-Effekt" vermeiden.

    [0012] Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung ist es bei größeren Inanspruchnehmen von Vorteil, wenn nach der Fertigbearbeitung der seilaufnehmenden Nut­oberflächen, diese einem Härtungsverfahren, vorzugs­weise einem Flammenverfahren aunterzogen werden. Dieser Maßnahme ist es z. B. zu verdanken, daß bei Treibscheiben von gleichen Abmessungen und gleicher Gußtechnologie - der verschiedenen Belastung ent­sprechend - Seilrillen von verschiedener Oberflächen­härte ausgestaltet werden können, noch dazu mit einem relativ geringen Kostenaufwand.

    [0013] Die Erfindung soll nun anhand der folgenden Beispiele eingehender erläutert werden. In diesen zwei Beispielen ist nämlich das Verfahren gemäß der Erfindung nach Art und Weise seiner Durchführung beschrieben.

    Beispiel I.



    [0014] Für normale Inanspruchnahme, d. h. als Aufzug für ein Wohngebäude mittlerer Bauhöhe wurde eine sechsrillige Treibscheibe von 638 mm Nenndurchmesser fabriziert. Als Basiswerkstoff gingen wir in bekannter Weise vom hämatitischen Grundroheisen aus, das 4,3 - 4,6 % Kohle, 0,0015 - 0,05 % Mangan;
    2,26 - 2,75 % Silizium und 0,035 - 0,11 % Phosphor enthielt.

    [0015] Dem geschmolzenen Basisroheisen wurde im vor­liegenden Falle Ferrosilizium als Legierungswerkstoff zugegeben, welcher 73 % Silizium, 0,7 % Mangan, 0,1 % Phosphor und 0,08 % Schwefel enthielt.

    [0016] Als nächstfolgenden Schritt des Verfahrens wurde der Schwefelgehalt des Schmelzbades erfindungs­gemäß unter 0,01 %, - im vorliegenden Falle auf 0,008 % - vermindert, bzw. eingestellt. Dazu wurde Magnesiumkoks benützt, den wir bei 1480 °C Temperatur in das Schmelzbad gelangen ließen. Die Einführung des Magnesiumkokses in das Schmelzbad erfolgte erfindungs­gemäß in der Weise, daß dieser Zuschlag unter den Spiegel des Schmelzbades eingebracht wurde.

    [0017] Unmittelbar vor dem Gießen führten wir die sekundäre Modifizierung mit Ferrosilizium durch, zur Verbesserung der Homogenität des Grundgewebes.

    [0018] Hierauf folgte das Gießen in die Gußform bei 1320 °C Temperatur. Die vollständige Abkühlung er­folgte in der Sandform in ca. 9 Stunden.

    [0019] Danach wurde das abgekühlte Gußstück zwecks Entspannung normalisiert. Dabei wurde zunächst das Gußstück im Ofen in bekannter Weise auf 920 °C vorge­wärmt, und - nach 4 Stunden Warmhalten bei dieser Temperatur im Ofen - auf 900 °C gekühlt. Danach wird das abgekühlte Gußstück in bekannter Weise auf die Nennbemessungen fertigbearbeitet.

    [0020] Nach den Ergebnissen der mit den in obiger Weise befertigten Treibscheiben durchgeführten Prüfungen wurde am Seilführungsmantel Härtewerte: HB 210-260 kp/mm² gemessen, (mit einer Kugel von 10 mm Durchmesser, bei 30 kN Belastung). Die Material­prüfung wies nach, daß der Werkstoff des Gußstücks eine ferritische - perlitische Basis hat (mit ca. 30 % Ferrit, Werkstoffgüte: F 30; die Feinheit des Perlits: Pf 1,4), somit ein Kugelgraphit-Gußeisen mit gleich­bleibender Graphitform und Graphitverteilung ist (die Kennwerte für die Graphitform lauten: Ga 9-10; Graphitgröße: Gm 45; (dessen Festigkeitseigenschafaten die auf GÖV 500 bezüglichen Standardvorschriften überschreiten, d. h. Rp 0,2 = 406 - 459 MPa; Rm = 602 - 658 MPa; A₅ = 2,3 - 3,6 %).

    [0021] Das erfindungsgemäße Kugelgraphit-Eisen ent­hielt: 2,8 - 3,15 % Kohle; 2,8 - 3,1 Silizium; max. 0,3 % Mangan; max. 0,2 % Phosphat; sowie 0,008 % Schwefel.

    [0022] Nach unseren Betriebsergebnissen haben die nach dem obigen Verfahren hergestellten Aufzugtreibscheiben bei Normalbeanspruchung, d. h . bei einem mittelhohen Wohngebäude (also die z. B. die in weitem umfangein­gesetzten "SCHINDLER"schen Aufzüge) eine - im Ver­gleich zu den herkömmlichen Aufzugtreibscheiben - wesentlich erhöhte Verschleißfestigkeit und können demzufolge wesentlich länger betrieben werden. Demzu­folge aber kann die Summe der Zwangsstillstandszeiten wesentlich verkürzt werden.

    [0023] Ein zusätzlicher Vorteil der Treibscheiben gemäss der Erfindung besteht noch darin, daß ein solches Gußstück leichter zerspant werden kann, wie das herkömmliche Gußeisen aus Blättergraphit, was für die spanabhebenden Werkzeuge z. B. eine um 30 % län­gere Lebensdauer ergibt. Hierdurch aber wird der Kostenaufwand für eine längere Lebensdauer der Werk­zeuge weiter vermindert.

    Beispiel II



    [0024] Auch zu Hochverkehrsliften z. B. für stark in Anspruch genommene Aufzüge in zehnstöckigen Büroge­bäuden fabrizierten wir Treibscheiben. Hier wichen wir von dem Verfahren in Beispiel I darin ab, daß der Magnesiumkoks bei 1550 °C vor dem Abgießen der Schmelze unter den Schmalzspiegel zugegeben wurde. Ein weiterer Unterschied war, daß im vorliegenden Falle das Arbeitsstück nach der Fertigbearbeitung einer nachträglichen Wärmebehandlung unterzogen wurde. Diese nachträgliche Wärmebehandlung hatte das Ziel, wegen der gesteigerten Beanspruchungen die Ober­flächenhärte der Rillen noch weiter zu erhöhen.

    [0025] Diese Wärmebehandlung der Rillenoberfläche wurde von uns durch Ätzung, d. h. in diesem Falle durch eine, bei 850 °C verrichteten Flammenätzung durchgeführt. Dabei wurde die mit regulierbarer Dreh­zahl rotirte Treibscheibe, bzw. deren Rillen mit einem spezialen Gasbrennerkopf auf einmal zugleich erhitzt. Der wärmebehandelte Rillenbereicht wurde danach sofort abgekühlt, durch Verdrehen der Treib­scheibe. Durch die Rotationsgeschwindigkeit, d. h. durch die Drehzahl der Treibscheibe konnten wir die Schichtendicke der überätzten Rillenoberfläche re­gulieren, die wir bei unseren Versuchen mit 1 - 1,5 mm wählten. Der gewünschte Glühwärmegrad aber konnte von dem Ätzer auf Grund der Farbe (Sauerkirschenrot) in der Praxis festgestellt und identifiziert werden.

    [0026] Wir betonen, daß auf diese nachträgliche Wärme­behandlung gleichfalls die mit dem erfindungsgemässen Verfahren ausgestalteten Kugelgraphit-Stoffstruktur die Möglichkeit gibt, da ja die Körnungvergröberung und die Volumzunahme hier insgesamt nur 25 - 30 % des grauen blättergraphitischen Gußeisens beträgt.

    [0027] Die gemessenen Rillenhärtewerte ergaben sich mit HB = 480-500 kp/mm². Solche Werte ergeben bei den in der Praxis vorkommenden Inanaspruchnahmen für die Betreiber eine sie befriedigende, lange Lebens­dauer, und die Sicherung eines wirtschaftlichen Betriebes.

    [0028] Über ihre im obigen bereits erwähnten Vorteile hinausgehend ist noch ein wichtiger Vorteil dieser Erfindung, daß wir für die verschiedenen Belastungs­verhältnisse mit der gleichen, universal anwendbaren Technologie Treibscheiben herstellen können, welche dann nötigenfalls nach der Fertigbearbeitung den oben beschriebenen Oberflächenätzverfahren unterzogen werden können. Damit aber kann die jeweilige optimale Oberflächenhärte und Verschleißbeständigkeit einge­stellt werden, da ja die mit dem Verfahren gemäss der Erfindung zustandegebrachte Kugelgraphit-Stoffstruktur hierzu die Möglichkeit bietet. Ferner: Zufolge Einsatz einer Treibscheibe mit erfindungsgemäss längerer Lebensdauer und verbesserter Verschleiß­beständigkeit kann auch eine Gewichtseinsparung erzielt werden.

    [0029] Schliesslich sei noch erwähnt, daß der Schwefel­gehalt des Schmelzbades vor dem Gießen - au3er mit Magnesium - auch mit anderen Zuschlägen z. B. auch mit Cerium unter den vorgeschriebenen Grenzwert ver­mindert werden kann. Es kann gegebenenfalls auch die Normalisierungsoperation nach erfolgten Gießen ganz weggelassen werden.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Herstellen von Aufzug-Treib­scheiben aus Gußeisen, bei welchem das geschmolzene Basisroheisen nach dem Abzapfen in die Gißform ge­gossen wird, dann das Gußstück abgekühlt, danach aber gegebenenfalls normalisiert wird, schließlich das abgekühlte Gußstück fertigbearbeitet wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwefel - gehalt des Schmelzbades noch vor dem Gießen - vorzugs­weise durch Zugabe von Magnesium - auf einen Wert unter 0,01 % vermindert wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Magnesium in das Schmelzbad bei 1480-1550 °C Temperatur, unter den Spiegel des Schmelzbades - vorzugsweise in der Form von Magnesiumkoks - zugegeben werden soll.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß nach der Fertigbearbeitung des Gußstückes wenigstens die seilführenden Rillenoberflächen einer Ätzung - vor­zugsweise einer Flammenätzung - unterzogen werden.
     





    Recherchenbericht