[0002] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Fertigen von Treibscheiben für Aufzuganlagen
aus Eisenguß.
[0003] Wie bekannt, werden diese Treibscheiben gegenwärtig aus Blättergraphit enthaltenden
Gußeisen (ÖV 200, bzw. ÖV 250) hergestellt. Als Fertigungsgrundstoff wird hierzu
hämatitisches graues Rohgußeisen mit einem Zuschlag von Ferrosilizium benützt. Nach
dem Abgießen, d. h. nach dem Abkühlen des Gußstückes folgt im allgemeinen eine entspannende
Normalisierbehandlung. Danach wird die Treibscheibe aus dem Gußstück durch Entspannung
fertig bearbeitet (Siehe z. B. das Buch von Dr. Verö und Dr. Káldor: "Metallurgie
der Eisenlegierungen", Technischer Buchverlag, Budapest, 1966, Seite 282-299; oder
das Lehrbuch von Dr. Gillemot: Die Technologie der Konstruktions-Werkstoffe." Band
I., Lehrbuch-Verlag, Budapest, 1954).
[0004] Gemä3 den Betriebserfahrungen können die nach der obigen Technologie hergestellten
Treibscheiben - selbst bei sehr sorgsamer Betriebsbedingung - eine akzeptable Lebensdauer
nicht erreichen, da der allzuschnelle Verschleiß der gußeisernen Seilnuten durch
das Stahlseil einen vorzeitigen Seilaustausch erforderlich macht. Dadurch aber wird
der Kostenaufwand für Erhaltung der Anlage beträchtlich erhöht; ganz abgesehen von
den zwangsläufig anfallenden Stillstandkosten der Aufzüge, die insbesondere bei vielstöckigen
Wohngebäuden für die Bewohner geradezu unerträgliche Unbequemlichkeiten, Zeitverluste
und Ärgernisse erbringen. Für die Betreiber solcher Anlagen wäre es akzeptabel, wenn
die Lebensdauer der Kombination "Treibscheibe - Stahlseil" wenigstens einen Benützungszyklus
von etwa 10 Jahren gestatten würde. Leider kann dieser wünschenswerte Kennwert heute,
mit den Treibscheiben aus Blättergraphit-Gußeisen nichteinmal angenähert erzielt
werden.
[0005] Mit der vorliegenden Erfindung verfolgten wir deshalb das Ziel,für dieses Problem
eine solche Lösung zu schaffen, bei welcher die bisherigen Mängel vermieden, und
ein solches Treibscheiben-Fertigungsverfahren geschaffen wird, mittels welchem für
die Treibscheiben eine fast den Stahlseilen angenäherte Lebensdauer erzielt werden
kann; ferner die Erhaltungskosten beträchtlich gesenkt, die zwangsläufigen Stillstandszeiten,
und damit verbundenen Unbequemlichkeiten auf ein Mindestbetrag reduziert werden.
[0006] Bei der Erarbeitung der Erfindung gingen wir von der Erkenntnis aus, daß bei den
Treibscheiben der zuläßige maximale Rillendruck von der Härte des Nutenwerkstoffs
abhängig ist. Eine Vergrößerung der herkömmlichen Werkstoffhärte der aus Blättergraphit
als Gußeisenstück hergestellten Seilnut von HB - 180 kp/mm² wäre auch schon deshalb
unumgänglich erforderlich, da nach den heute gültigen Grundprinzipien der Treibscheibenbemessung
das Seil als kontinuierliche Fläche, der Rillendruck aber als gleichmäßig verteilte
Last angenommen werden muß. Das aber entspricht nicht ganz der wirklichen Lage, da
ja die Belastung des Stahlseils keineswegs "gleichmäßig verteilt" zu betrachten ist,
sodaß in den Berührungspunkten (der Scheibennut - - Stahlseil) auch "Herz-ische Spannungen"
auftreten.
[0007] Ferner ist der Verschleiß der Treibscheibenrille - bei ansonst richtiger Planung,
Fertigung, Einbau und vorschriftmäßigem Betrieb - ausschlaggebend abhängig eine Folge
des Seilgleitens bzw. des Seilschlüpfens. Die relative Geschwindigkeit des Gleitens
bzw. Schlüpfens zwischen Nut und Seil könnte prinzipiell durch eine Erhöhung der Treibfähigkeit
verhindert werden, diesem aber setzt maximal der zuläßige Rillendruckwert eine Grenze,
der wiederum eine Funktion der Treibscheibenhärte ist.
[0008] Mit Inbetrachtnahme der obigen Gesichtspunkte ist die Grundlage der Erfindung jene
Erkenntnis, daß die gestellte Aufgabe zu lösen ist, wenn das Treiben dem jeweiligen
Bedarf entsprechend ist, d. h. wenn eine Treibscheibe gebaut und betrieben wird, deren
Nut über eine Oberfläche von erhöhter Härte und Verschleißbeständigkeit besitzt, indem
die Gewebestruktur des Gußeisens entsprechend umgestaltet wird.
[0009] Die gestellte Aufgabe wurde also durch eine solche Fortentwicklung des Fertigungverfahrens
für gußeiserne Treibscheiben gelöst, bei welchem nach der Abzapfung des geschmolzenen
Basisroheisen die Gußform gegossen wird, dann das Gußstück abgekühlt, danach gegebenenfalls
normalisiert, schließlich aber das abgekühlte und normalisierte Gußstück durch Zerspanung
fertigbearbeitet wird. Dies wird erfindungsgemäß dadurch fortentwickelt, d. h. das
Wesen der Erfindung darin besteht, daß vor der Gießprozedur der Schwefelgehalt des
Schmelze-Bades - vorzugsweise durch Hinzugabe eines Magnesiumzuschlags - auf einen
Wert unter 0,01 % gesenkt wird.
[0010] Durch die obige Maßnahme wird durch das Abbinden des Schwefels eine kugelgraphitische
Gewebestruktur des Gußeisens zustande gebracht.
[0011] Ferner ist es zweckmäßig, wenn Magnesiumzuschlag in das Schmelzebad bei einer Temperatur
von 1480 bis 1550 °C unter den Spiegel des Schmelzbades - vorteilhaft in Form von
Magnesiumkoks zugegeben wird. Damit lässt sich nämlich, der ansonst bei den plötzlichen
Reaktionen des Magnesiums unweigerlich erfolgende "Spritz-Effekt" vermeiden.
[0012] Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung ist es bei größeren Inanspruchnehmen von
Vorteil, wenn nach der Fertigbearbeitung der seilaufnehmenden Nutoberflächen, diese
einem Härtungsverfahren, vorzugsweise einem Flammenverfahren aunterzogen werden.
Dieser Maßnahme ist es z. B. zu verdanken, daß bei Treibscheiben von gleichen Abmessungen
und gleicher Gußtechnologie - der verschiedenen Belastung entsprechend - Seilrillen
von verschiedener Oberflächenhärte ausgestaltet werden können, noch dazu mit einem
relativ geringen Kostenaufwand.
[0013] Die Erfindung soll nun anhand der folgenden Beispiele eingehender erläutert werden.
In diesen zwei Beispielen ist nämlich das Verfahren gemäß der Erfindung nach Art und
Weise seiner Durchführung beschrieben.
Beispiel I.
[0014] Für normale Inanspruchnahme, d. h. als Aufzug für ein Wohngebäude mittlerer Bauhöhe
wurde eine sechsrillige Treibscheibe von 638 mm Nenndurchmesser fabriziert. Als Basiswerkstoff
gingen wir in bekannter Weise vom hämatitischen Grundroheisen aus, das 4,3 - 4,6 %
Kohle, 0,0015 - 0,05 % Mangan;
2,26 - 2,75 % Silizium und 0,035 - 0,11 % Phosphor enthielt.
[0015] Dem geschmolzenen Basisroheisen wurde im vorliegenden Falle Ferrosilizium als Legierungswerkstoff
zugegeben, welcher 73 % Silizium, 0,7 % Mangan, 0,1 % Phosphor und 0,08 % Schwefel
enthielt.
[0016] Als nächstfolgenden Schritt des Verfahrens wurde der Schwefelgehalt des Schmelzbades
erfindungsgemäß unter 0,01 %, - im vorliegenden Falle auf 0,008 % - vermindert, bzw.
eingestellt. Dazu wurde Magnesiumkoks benützt, den wir bei 1480 °C Temperatur in das
Schmelzbad gelangen ließen. Die Einführung des Magnesiumkokses in das Schmelzbad erfolgte
erfindungsgemäß in der Weise, daß dieser Zuschlag unter den Spiegel des Schmelzbades
eingebracht wurde.
[0017] Unmittelbar vor dem Gießen führten wir die sekundäre Modifizierung mit Ferrosilizium
durch, zur Verbesserung der Homogenität des Grundgewebes.
[0018] Hierauf folgte das Gießen in die Gußform bei 1320 °C Temperatur. Die vollständige
Abkühlung erfolgte in der Sandform in ca. 9 Stunden.
[0019] Danach wurde das abgekühlte Gußstück zwecks Entspannung normalisiert. Dabei wurde
zunächst das Gußstück im Ofen in bekannter Weise auf 920 °C vorgewärmt, und - nach
4 Stunden Warmhalten bei dieser Temperatur im Ofen - auf 900 °C gekühlt. Danach wird
das abgekühlte Gußstück in bekannter Weise auf die Nennbemessungen fertigbearbeitet.
[0020] Nach den Ergebnissen der mit den in obiger Weise befertigten Treibscheiben durchgeführten
Prüfungen wurde am Seilführungsmantel Härtewerte: HB 210-260 kp/mm² gemessen, (mit
einer Kugel von 10 mm Durchmesser, bei 30 kN Belastung). Die Materialprüfung wies
nach, daß der Werkstoff des Gußstücks eine ferritische - perlitische Basis hat (mit
ca. 30 % Ferrit, Werkstoffgüte: F 30; die Feinheit des Perlits: Pf 1,4), somit ein
Kugelgraphit-Gußeisen mit gleichbleibender Graphitform und Graphitverteilung ist
(die Kennwerte für die Graphitform lauten: Ga 9-10; Graphitgröße: Gm 45; (dessen Festigkeitseigenschafaten
die auf GÖV 500 bezüglichen Standardvorschriften überschreiten, d. h. R
p 0,2 = 406 - 459 MPa; R
m = 602 - 658 MPa; A₅ = 2,3 - 3,6 %).
[0021] Das erfindungsgemäße Kugelgraphit-Eisen enthielt: 2,8 - 3,15 % Kohle; 2,8 - 3,1
Silizium; max. 0,3 % Mangan; max. 0,2 % Phosphat; sowie 0,008 % Schwefel.
[0022] Nach unseren Betriebsergebnissen haben die nach dem obigen Verfahren hergestellten
Aufzugtreibscheiben bei Normalbeanspruchung, d. h . bei einem mittelhohen Wohngebäude
(also die z. B. die in weitem umfangeingesetzten "SCHINDLER"schen Aufzüge) eine -
im Vergleich zu den herkömmlichen Aufzugtreibscheiben - wesentlich erhöhte Verschleißfestigkeit
und können demzufolge wesentlich länger betrieben werden. Demzufolge aber kann die
Summe der Zwangsstillstandszeiten wesentlich verkürzt werden.
[0023] Ein zusätzlicher Vorteil der Treibscheiben gemäss der Erfindung besteht noch darin,
daß ein solches Gußstück leichter zerspant werden kann, wie das herkömmliche Gußeisen
aus Blättergraphit, was für die spanabhebenden Werkzeuge z. B. eine um 30 % längere
Lebensdauer ergibt. Hierdurch aber wird der Kostenaufwand für eine längere Lebensdauer
der Werkzeuge weiter vermindert.
Beispiel II
[0024] Auch zu Hochverkehrsliften z. B. für stark in Anspruch genommene Aufzüge in zehnstöckigen
Bürogebäuden fabrizierten wir Treibscheiben. Hier wichen wir von dem Verfahren in
Beispiel I darin ab, daß der Magnesiumkoks bei 1550 °C vor dem Abgießen der Schmelze
unter den Schmalzspiegel zugegeben wurde. Ein weiterer Unterschied war, daß im vorliegenden
Falle das Arbeitsstück nach der Fertigbearbeitung einer nachträglichen Wärmebehandlung
unterzogen wurde. Diese nachträgliche Wärmebehandlung hatte das Ziel, wegen der gesteigerten
Beanspruchungen die Oberflächenhärte der Rillen noch weiter zu erhöhen.
[0025] Diese Wärmebehandlung der Rillenoberfläche wurde von uns durch Ätzung, d. h. in diesem
Falle durch eine, bei 850 °C verrichteten Flammenätzung durchgeführt. Dabei wurde
die mit regulierbarer Drehzahl rotirte Treibscheibe, bzw. deren Rillen mit einem
spezialen Gasbrennerkopf auf einmal zugleich erhitzt. Der wärmebehandelte Rillenbereicht
wurde danach sofort abgekühlt, durch Verdrehen der Treibscheibe. Durch die Rotationsgeschwindigkeit,
d. h. durch die Drehzahl der Treibscheibe konnten wir die Schichtendicke der überätzten
Rillenoberfläche regulieren, die wir bei unseren Versuchen mit 1 - 1,5 mm wählten.
Der gewünschte Glühwärmegrad aber konnte von dem Ätzer auf Grund der Farbe (Sauerkirschenrot)
in der Praxis festgestellt und identifiziert werden.
[0026] Wir betonen, daß auf diese nachträgliche Wärmebehandlung gleichfalls die mit dem
erfindungsgemässen Verfahren ausgestalteten Kugelgraphit-Stoffstruktur die Möglichkeit
gibt, da ja die Körnungvergröberung und die Volumzunahme hier insgesamt nur 25 - 30
% des grauen blättergraphitischen Gußeisens beträgt.
[0027] Die gemessenen Rillenhärtewerte ergaben sich mit HB = 480-500 kp/mm². Solche Werte
ergeben bei den in der Praxis vorkommenden Inanaspruchnahmen für die Betreiber eine
sie befriedigende, lange Lebensdauer, und die Sicherung eines wirtschaftlichen Betriebes.
[0028] Über ihre im obigen bereits erwähnten Vorteile hinausgehend ist noch ein wichtiger
Vorteil dieser Erfindung, daß wir für die verschiedenen Belastungsverhältnisse mit
der gleichen, universal anwendbaren Technologie Treibscheiben herstellen können, welche
dann nötigenfalls nach der Fertigbearbeitung den oben beschriebenen Oberflächenätzverfahren
unterzogen werden können. Damit aber kann die jeweilige optimale Oberflächenhärte
und Verschleißbeständigkeit eingestellt werden, da ja die mit dem Verfahren gemäss
der Erfindung zustandegebrachte Kugelgraphit-Stoffstruktur hierzu die Möglichkeit
bietet. Ferner: Zufolge Einsatz einer Treibscheibe mit erfindungsgemäss längerer Lebensdauer
und verbesserter Verschleißbeständigkeit kann auch eine Gewichtseinsparung erzielt
werden.
[0029] Schliesslich sei noch erwähnt, daß der Schwefelgehalt des Schmelzbades vor dem Gießen
- au3er mit Magnesium - auch mit anderen Zuschlägen z. B. auch mit Cerium unter den
vorgeschriebenen Grenzwert vermindert werden kann. Es kann gegebenenfalls auch die
Normalisierungsoperation nach erfolgten Gießen ganz weggelassen werden.
1. Verfahren zum Herstellen von Aufzug-Treibscheiben aus Gußeisen, bei welchem das
geschmolzene Basisroheisen nach dem Abzapfen in die Gißform gegossen wird, dann das
Gußstück abgekühlt, danach aber gegebenenfalls normalisiert wird, schließlich das
abgekühlte Gußstück fertigbearbeitet wird, dadurch gekennzeichnet, daß der Schwefel - gehalt des Schmelzbades noch vor dem Gießen - vorzugsweise durch
Zugabe von Magnesium - auf einen Wert unter 0,01 % vermindert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Magnesium in das Schmelzbad bei 1480-1550 °C Temperatur, unter den Spiegel
des Schmelzbades - vorzugsweise in der Form von Magnesiumkoks - zugegeben werden soll.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß nach der Fertigbearbeitung des Gußstückes wenigstens die seilführenden Rillenoberflächen
einer Ätzung - vorzugsweise einer Flammenätzung - unterzogen werden.