(19)
(11) EP 0 280 766 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
07.09.1988  Patentblatt  1988/36

(21) Anmeldenummer: 87114823.5

(22) Anmeldetag:  10.10.1987
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B22D 11/10, B22D 23/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI LU SE

(30) Priorität: 03.03.1987 AT 463/87

(71) Anmelder: Inteco Internationale Technische Beratung Gesellschaft mbH
A-8600 Bruck a.d. Mur (AT)

(72) Erfinder:
  • Holzgruber, Wolfgang, Dipl.-Ing. Dr. mont.
    A-8600 Bruck/Mur (AT)
  • Haissig, Manfred, Dipl.-Ing.
    California (US)

(74) Vertreter: Hiebsch, Gerhard F., Dipl.-Ing. 
Postfach 464
78204 Singen
78204 Singen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren und Vorrichtung zum Elektroschlacke-Stranggiessen von Stählen und Legierungen


    (57) Ein Verfahren zum kontinuierlichen Gießen von Stählen, inbesondere von Werkzeugstählen, aus einem Warmhalte- ­oder Verteilergefäß (1) in eine Kokille (6), aus welcher der teilweise erstarrte Strang kontinuierlich oder schritt­weise mittels einer Ausziehvorrichtung abgezogen wird, soll dadurch verbessert werden, daß der flüssige Metall­spiegel durch eine überhitzte elektrisch leitende flüssige Schlacke (8) vollkommen abgedeckt wird, die Schlacke zusätzlich beheizt und der flüssige Stahl (3) durch die flüssige Schlacke gegossen wird, wobei die Gießge­schwindigkeit so eingestellt wird, daß sie mindestens dem 1,5-fachen der üblichen Umschmelzraten beim Elektro­schlackeumschmelzen und maximal 50 % der üblichen Gieß­geschwindigkeit beim Stranggießen beträgt. Dabei soll die Schichtdicke der elektrisch leitenden, flüssigen Schlacke mindestens 20 mm betragen. Die elektrisch leitende, flüssige Schlacke wird durch eine oder mehrere an eine Stromquelle angeschlossene nichtverzehrbare Elektrode/n (9) aus beispielsweise Graphit, Molybdän, Wolfram oder sonstigen hochschmelzenden elektrisch leitenden Werkstoffen beheizt.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum kontinuier­lichen Gießen von Stählen, insbesondere von Werkzeug­stählen, wie beispielsweise Schnellarbeitsstählen, lede­buritischen Cr-Stählen, Stählen für Kalt- und Warmarbeit etc., aus einem Warmhalte- oder Verteilergefäß in eine -- insbesondere wassergekühlte, nach unten offene, ge­rade oder bogenförmige -- Kokille, aus welcher der teil­weise erstarrte Strang kontinuierlich oder schrittweise mittels einer Ausziehvorrichtung abgezogen wird. Zudem erfaßt die Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens.

    [0002] Bei der Herstellung von hochlegierten Werkzeugstählen, ledeburitischen Chromstählen und anderen stark seigern­den Stählen und Legierungen ist die Herstellung kontinu­ierlich gegossener Stränge mit kleinen bis mittleren Querschnitten mit Problemen verbunden.

    [0003] Beim konventionellen Stranggießverfahren müssen nämlich relativ hohe Gießgeschwindigkeiten angewendet werden, um eine annehmbare Oberflächenqualität zu erreichen, die für die Weiterverarbeitung geeignet ist. Die dafür er­forderlichen Gießgeschwindigkeiten haben -- zusammen mit der notwendigen Ueberhitzung des Metalls -- Sumpflängen von mehreren Metern zur Folge, die ihrerseits die Ursache für die Ausbildung starker Kernseigerungen, ge­paart mit Schwindungshohlräumen sind.

    [0004] Aus derartigen Gußsträngen hergestellter Stabstahl ist für einen großen Teil der Einsatzfälle nicht verwendbar.

    [0005] Im Gegensatz zum Stranggießen ermöglicht das Elektro­schlacke-Umschmelzen selbstverzehrbarer Elektroden die Herstellung von Umschmelzblöcken mit guter Oberfläche bei langsamer Blockaufbaugeschwindigkeit. Die dabei auf­tretenden geringen Sumpftiefen führen zu einem gleich­mäßigen Erstarren zwischen Rand und Kern und damit zu einer guten Innenqualität der umgeschmolzenen Blöcke. Die Anwendung kurzer Kokillen mit absenkbaren Bodenplat­ten und Elektrodenwechsel erlaubt auch hier die Herstel­lung relativ langer Stränge. Bei der Herstellung kleiner Abmessungen wird jedoch die Erzeugung der erforderlichen Abschmelzelektroden schwierig, die Verfahrenskosten auf­grund der dann geringen Umschmelzraten werden hoch.

    [0006] Während beim Stranggießen von Formaten zwischen 100 und 200 mm runden oder quadratischen Querschnittes selbst beim langsamen Gießen Gießleistungen von mindestens 5 bis 10 t je Stunde und Strang erforderlich sind, betragen die Abschmelzraten beim ESU-Verfahren maximal 100 bis 200 kg je Stunde bei denselben Formaten. Beim Stranggießen ergeben sich damit Sumpftiefen zwischen 4 und 8 m. Die Sumpftiefen beim ESU-Verfahren betragen dagegen nur 100 bis 300 mm.

    [0007] Wünschenswert wäre es, Stränge aus hochlegierten Stählen mit gegenüber dem Stranggießen wesentlich geringeren Gießgeschwindigkeiten zu gießen, um eine verbesserte Kernzone zu erreichen, ohne dabei Nachteile hinsichtlich der Ausbildung der Oberfläche aufgrund zu starker Abküh­lung in Kauf nehmen zu müssen. Dabei wird vorausgesetzt, daß das flüssige Metall über längere Zeit mit konstanter Temperatur aus einer beheizbaren Pfanne verfügbar ge­macht werden kann.

    [0008] Das Hauptproblem beim starken Absenken der Gießgeschwin­digkeit beim Stranggießen liegt darin, daß dann die Erstarrung von der Kokillenwand über den Meniskus fort­schreitet und es zur Ausbildung von Rillen und Ueber­lappungen kommt. Derartige Stränge sind für eine direkte Weiterverarbeitung ungeeignet.

    [0009] Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, durch ge­eignete Maßnahmen die jeweiligen Nachteile der oben ge­schilderten Verfahren zu vermeiden und möglichst deren Vorteile auszunutzen. Ziel ist dabei die kontinuierliche Herstellung von Strängen mit guter Oberfläche bei Gieß­geschwindigkeiten, die wesentlich unter denen beim Stranggießen erforderlichen und üblichen liegen, womit auch eine ausreichend gute Kernzone erwartet werden kann.

    [0010] Zur Lösung dieser Aufgabe führt nun, daß der flüssige Metallspiegel durch eine überhitzte elektrisch leitende flüssige Schlacke vollkommen abgedeckt wird, die Schlacke zusätzlich beheizt und der flüssige Stahl durch die flüssige Schlacke gegossen wird, wobei die Gießge­schwindigkeit so eingestellt wird, daß sie mindestens dem 1,5-fachen der üblichen Umschmelzraten beim Elektro­schlackeumschmelzen und maximal 50 % der üblichen Gießgeschwindigkeit beim Stranggießen beträgt.

    [0011] Der Erfinder hat sich zum Absenken der Gießgeschwindig­keit beim Stranggießen die Erkenntnis zunutze gemacht, daß beim Elektroschlacke-Umschmelzen bei noch erheblich geringen Blockaufbaugeschwindigkeiten ausgezeichnete Blockoberflächen erzielbar sind, da die Oberfläche des flüssigen Stahles in der Kokille durch beheizte Schlacke warmgehalten wird, so daß ein Fortschreiten der Erstar­rung über den Meniskus verhindert wird.

    [0012] Erfindungsgemäß sollte die Gießrate in kg/h mindestens gleich sein dem 1,5-fachen des Durchmessers bei Rund­strängen oder der Länge der Seite bei Quadrat bzw. dem Mittel aus der kurzen und langen Seitenlänge bei Rechtecksträngen in mm. Die maximale Gießrate sollte je­doch so niedrig sein, daß eine Tiefe des flüssigen Sumpfes von 4 m nicht überschritten wird.

    [0013] Um eine gleichmäßige Erwärmung des Metallspiegels in der Kokille zu gewährleisten, soll nach einem weiteren Merk­mal der Erfindung die Schichtdicke der elektrisch leitenden Schlacke mindestens 20 mm betragen.

    [0014] Die Beheizung der Schlacke kann erfindungsgemäß durch eine oder mehrere nichtverzehrbare Elektroden aus Graphit, Wolfram, Molybdän oder anderen hochschmelzenden elektrisch leitenden Werkstoffen erfolgen, die an eine Stromquelle angeschlossen sind.

    [0015] Anstelle der nichtverzehrbaren Elektroden können auch arteigene verzehrbare Elektroden Verwendung finden. Im prinzip kann das Schlackenbad auch durch einen Plasma­brenner beheizt werden.

    [0016] Grundsätzlich können für die Durchführung des Verfahrens Kokillen, wie sie beim Stranggießen üblich sind, Verwen­dung finden. Bei der Herstellung von kleinen Querschnit­ten -- wie beispielsweise 100 mm und darunter -- wird es jedoch schwierig, neben dem Gießstrahl in der Kokille noch eine oder mehrere Elektroden anzuordnen.

    [0017] Dieses Problem kann durch den Einsatz an sich bekannter, nach oben erweiterter Trichterkokillen gelöst werden. Beim Gießen wird der Spiegel des Metalls erfindungsgemäß im unteren engen Teil gehalten, während die Schlacke bis in den erweiterten oberen Teil reicht, wo dann aus­reichend Platz für die Anordnung der Elektroden besteht.

    [0018] Für die Anordnung der Elektroden sind im Rahmen der Er­findung verschiedene Möglichkeiten denkbar, die in den Patentansprüchen beschrieben sind.

    [0019] Während ein Pol durch eine in die in der Kokille befind­lichen Schlacke eintauchende Elektrode gebildet wird, kann der zweite Pol an den abgezogenen Strang gelegt werden.

    [0020] Der zweite Pol kann auch durch das aus einem vorgeschal­teten Verteiler laufende flüssige Metall gebildet wer­den, wobei die Stromzufuhr dazu über in die Verteiler­wand eingebaute Elektroden zu erfolgen vermag.

    [0021] Eine andere Möglichkeit besteht darin, auch den Ver­teiler mit einer elektrisch leitenden Schlacke abzu­decken und auch dort die Stromzufuhr über eine in die Schlacke eintauchende Elektrode herzustellen.

    [0022] Der zweite Pol kann aber auch durch eine zweite in das Schlackenbad in der Kokille eintauchende Elektrode ge­bildet werden.

    [0023] Der Strangabzug aus der Kokille kann kontinuierlich oder schrittweise erfolgen.

    [0024] Ueblicherweise wird bei feststehender Kokille ein schrittweiser Strangabzug gewählt, wobei an jeden Ab­zugsschritt ein Rückhubschritt angeschlossen werden kann.

    [0025] Wird mit kontinuierlichem Strangabzug gearbeitet, so führt die Kokille eine oszillirende Bewegung in der Weise aus, daß bei Bewegung in Strangabzugsrichtung der Strang kurzfristig von der Kokille überholt wird.

    [0026] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfin­dung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels sowie anhand der Zeichnung. Deren einzige Figur zeigt einen Teillängs­schnitt durch eine Vorrichtung.

    [0027] Aus einem ausgemauerten Verteilergefäß 1, in welchem sich unter einer Deckschicht aus Abdeckschlacke 2 flüssiges Metall 3 befindet, läuft ein Gießstrahl 4 aus einem Ausguß 5 in eine wassergekühlte nach unten offene Trichterkokille 6. In dieser überlagert einen Metall­spiegel 7 eines Stranges 12 eine elektrisch leitende, überhitzte Schlacke 8, in welche eine rohrförmige Graphitelektrode 9 eintaucht. Diese ist an eine Strom­quelle 10 angeschlossen.

    [0028] Der zweite Pol der Stromquelle 10 liegt einer im Vertei­ler eingebauten Elektrode 11, von wo der Stromfluß über das flüssige Metall 3 in die Trichterkokille 6 und durch die Schlacke 8 zur Graphitelektrode 9 läuft. Der in der Trichterkokille 6 gebildete Strang 12 wird nach unten abgezogen.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum kontinuierlichen Gießen von Stählen, insbesondere von Werkzeugstählen, wie beispielsweise Schnellarbeitsstählen, ledeburitischen Cr-Stählen, Stählen für Kalt- und Warmarbeit etc., aus einem Warmhalte- oder Verteilergefäß in eine Kokille, aus welcher der teilweise erstarrte Strang kontinuier­lich oder schrittweise mittels einer Ausziehvorrich­tung abgezogen wird,

    dadurch gekennzeichnet,

    daß der flüssige Metallspiegel durch eine überhitzte elektrisch leitende flüssige Schlacke vollkommen ab­gedeckt wird, die Schlacke zusätzlich beheizt und der flüssige Stahl durch die flüssige Schlacke ge­gossen wird, wobei die Gießgeschwindigkeit so einge­stellt wird, daß sie mindestens dem 1,5-fachen der üblichen Umschmelzraten beim Elektroschlackeum­schmelzen und maximal 50 % der üblichen Gießge­schwindigkeit beim Stranggießen beträgt.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet daß die Schichtdicke der elektrisch leitenden, flüs­sigen Schlacke mindestens 20 mm beträgt,und/oder daß die elektrisch leitende, flüssige Schlacke durch eine oder mehrere an eine Stromquelle angeschlossene nichtverzehrbare Elektrode/n aus beispielsweise Graphit, Molybdän, Wolfram oder sonstigen hoch­schmelzenden elektrisch leitenden Werkstoffen be­heizt wird.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die elektrisch leitende, flüssige Schlacke durch eine oder mehrere verzehrbare Elektroden beheizt wird, die aus derselben Legierung wie der zu ver­gießende Stahl bestehen, oder daß die elektrisch leitende, flüssige Schlacke durch einen Plasma­brenner beheizt wird.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Spiegel des flüssigen Me­talls in einer sich nach oben trichterförmig er­weiternden Kokille im engen Teil gehalten wird, während die flüssige, elektrisch leitende Schlacke bis in den trichterförmig erweiterten Teil reicht und in diesem Teil beheizt wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß bei feststehender Kokille und schrittweisem Abzug an jeden Abzugshubschnitt ein Rückschritt angeschlossen wird, oder daß bei konti­nuierlichem Strangabzug mit der Kokille eine oszil­lierende Bewegung ausgeführt sowie bei der Bewegung in Strangabzugsrichtung der Strang kurzfristig von der Kokille überholt wird.
     
    6. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens mit wassergekühlter, nach unten offener, gerader oder bogenförmiger Kokille, nach wenigstens einem der An­sprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine an eine Stromquelle (10) angeschlossene Elektrode (9) in das Schlackenbad (8) in der Kokille (6) eintaucht und der zweite Pol mit dem abgezogenen Strang (12) leitend verbunden ist.
     
    7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens mit wassergekühlter,nach unten offener, gerader oder bogenförmiger Kokille nach wenigstens einem der An­sprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine an eine Stromquelle (10) angeschlossene Elektrode (9) in das Schlackenbad (8) in der Kokille (6) eintaucht und der zweite Pol durch das flüssige Metall (3) ge­bildet ist, wobei die Zuleitung über in die Wand eines vorgeschalteten Verteilers (1) eingebaute Elektroden erfolgt.
     
    8. Vorrichtung zur Durchführung des Vrfahrens mit wassergekühlter, nach unten offener, gerader oder bogenförmiger Kokile nach wenigstens einem der An­sprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß eine an eine Stromquelle (10) angeschlossene Elektrode (9) in das Schlackenbad (8) in der Kokille (6) eintaucht und der zweite Pol durch eine Elektrode gebildet wird, die in ein sich auf dem Metall (3) in einem vorgeschalteten Verteiler (1) befindliches, elek­trisch leitendes Schlackenbad eintaucht.
     
    9. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 6 bis 8, da­durch gekennzeichnet, daß die Elektrode (9) den vom Verteiler (1) zugeführten Gießstrahl (4) umgibt.
     
    10. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens mit einer Kokille nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Beheizung des Schlackenbades (8) in der Kokille (6) durch zwei in die Schlacke eintauchende, an die Pole einer ein­phasigen Stromquelle angeschlossene Elektroden er­folgt oder daß die Beheizung des Schlackenbades (8) in der Kokille (6) durch drei in die Schlacke ein­tauchende, an die Pole einer dreiphasigen Strom­quelle angeschlossene Elektroden erfolgt.
     




    Zeichnung