[0001] Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur umweltfreundlichen Vernichtung
von polychlorierten Abfallstoffen, insbesondere Dibenzodioxinen (PCDD), polychlorierten
Dibenzofuranen (PCDF) und polychlorierten Biphenylen (PCB). Die polychlorierten Abfallstoffe
gehören heute zu den besonders problematischen Abfallstoffen, da sie zum Teil auch
in geringen Mengen außerordentlich toxisch sind und zu langanhaltenden Schäden führen.
Es ist bekannt, daß diese Abfallstoffe in einfachen Verbrennungsanlagen oder Müllverbrennungsanlagen
nur unvollständig zerstört werden und daher eine nicht akzeptable Belastung und Gefährdung
der Umwelt darstellen.
[0002] Durch eingehende Untersuchungen wurde jetzt festgestellt, daß es möglich ist, diese
Abfallstoffe problemlos und sicher zu vernichten, wenn man diese Substanzen oder
mit diesen Substanzen verunreinigte, brennbare Reststoffe zusammen mit Abfallschwefelsäuren,
Säureteeren und ähnlichen Schwefel und Kohlenstoff enthaltenden Abfallprodukten unterschiedlicher
Zusammensetzung und Konsistenz in einem mehrstufigen Verbrennungsofen verbrennt,
wobei man
a) in einer ersten Stufe die Abfallschwefelsäure, Säureteere und ähnliche Schwefel
und Kohlenstoff enthaltende Abfallprodukte unterschiedlicher Zusammensetzung und
Konsistenz gegebenenfalls zusammen mit elementarem Schwefel in einem Drehrohrofen
auf ein Koksbett von mindestens 400°C aufgibt und 25 bis 55% der insgesamt für das
Verfahren erforderlichen Luft als Primärluft einbläst, so daß das entstehende reduzierende
Gemisch und der hintere Teil des Koks bettes sich auf 800 bis 1100°C erwärmen, wobei
der gegebenenfalls sich bildende überschüssige Koks am Ende des Drehrohrofens ausgetragen
wird, das Gasgemisch
b) in einer zweiten Stufe in einer Zwischenkammer mit weiteren 10 bis 15% der erforderlichen
Luft versetzt, wobei eine Raumgeschwindigkeit von 200 bis 400 Nmn Gas/mn Brennraum eingehalten wird und sich die Temperatur des Gasgemisches auf 1150 bis
1350°C erhöht,
c) in einer dritten Stufe am Anfang einer Nachbrennkammer weitere 20 bis 45% der
erforderlichen Luft zugibt, wobei eine Raumgeschwindigkeit von 50 bis 180 Nmn Gas/mn Brennraum eingehalten wird und sich das Gasgemisch auf 1000 bis 1200°C abkühlt, und
schließlich
d) in einer vierten Stufe etwa in der Mitte der Nachbrennkammer den Rest der erforderlichen
Luft zugibt, wobei sich im hinteren Teil der Nachbrennkammer Temperaturen von 1000
bis 1200°C einstellen und eine Raumgeschwindigkeit von 150 bis 400 Nmn Gas/mn Brennraum eingehalten wird,
woraufhin man das durchreagierte Gasgemisch in an sich bekannter Weise in einem Abhitzekessel
abkühlt und vorzugsweise in einem Schwefelsäure-Kontaktverfahren zu Schwefelsäure
aufarbeitet.
[0003] Das Verfahren zur Aufarbeitung von Abfallschwefelsäuren, Säureteeren und ähnlichen
Schwefel und Kohlenstoff enthaltenden Abfallprodukten unterschiedlicher Zusammensetzung
und Konsistenz ist Gegenstand der DE-OS 29 47 497 sowie des darauf erteilten deutschen
Patentes.
[0004] Dieses Verfahren hat sich in der Praxis als zuverlässig und wirtschaftlich erwiesen,
so daß es eine wesentliche Voraussetzung für die umweltfreundliche Vernichtung von
polychlorierten Abfallstoffen besitzt. Völlig ungeklärt war jedoch, wie sich die polychlorierten
Abfallstoffe unter den Verfahrensbedingungen des bekannten Verfahrens zur Aufarbeitung
von Abfallschwefelsäuren verhalten würden, so daß keinerlei Vorhersagen möglich waren,
ob die polychlorierten Abfallstoffe vollständig verbrennen und ob die dabei entstehenden
chlorhaltigen Produkte zu Störungen des Reaktionsablaufes führen würden.
[0005] Überraschenderweise hat sich gezeigt, daß weder Störungen auftreten noch unverbrannte
Reste der polychlorierten Abfallstoffe im Spaltgas oder in den festen Verbrennungsrückständen
gebildet werden.
[0006] Um dies festzustellen, waren umfangreiche Untersuchungen und Messungen nötig, wobei
auch die Meßmethoden zunächst darauf zu überprüfen waren, ob sie unter den Verfahrensbedingungen
zu zuverlässigen Werten führen. Schließlich war es notwendig, die Verfahrensbedingungen
zu variieren, um festzustellen, ob es durch Variation der Verfahrensbedingungen nicht
dennoch zum Austritt unzulässig hoher Mengen gebildeter oder unverbrannter polychlorierter
Abfallstoffe kommt. Weiterhin war es notwendig, in den einzusetzenden Abfallstoffen
die polychlorierten Anteile zu bestimmen.
[0007] Die Ergebnisse haben schließlich gezeigt, daß auch bei erheblichem Zusatz von polychlorierten
Abfallstoffen diese weder im Spaltgas noch in den Reingasen auffindbar sind, das
heißt zumindest auf Mengen reduziert worden sind, die unterhalb der Nachweisgrenze
liegen.
[0008] So gilt beispielsweise derzeit für 2,3,7,8-TCDD im Spaltgas de Nachweisgrenze von
ca. 0,02 µg/m
n. Das Verfahren gemäß DE-OS 29 47 497 kann daher problemlos auch für die Vernichtung
von polychlorierten Abfallstoffen eingesetzt werden.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren ist in dem nachfolgenden Beispiel näher erläutert:
Beispiel
[0010] Verwendet wurde die vorhandene Anlage zur Spaltung von Abfallschwefelsäuren im Haus
der Anmelderin. Sie besteht aus zwei baugleichen Drehrohröfen mit jeweils einer Zwischen-
und zwei Nachbrennkammern sowie einem nachgeschalteten Abhitzekessel. Die Prozeßgase
aus beiden Öfen werden hinter den Abhitzekesseln vereinigt und in zwei Waschanlagen
und einem Elektrofilter gereinigt. In jeweils einer aus vier hintereinander geschalteten
Absorbern bestehenden Waschbatterie wird das Schwefeldioxid aus dem Abgas entfernt
und anschließend einem Weiterverarbeitungsbetrieb zugeführt. Das Abgas wird nach einer
alkalischen Wäsche über einen Kamin ins Freie abgeleitet.
[0011] Im Drehrohrofen wird eine Koksbett-Temperatur von etwa 1000°C aufrechterhalten. Der
Koksgrus wird am Ende des Drehrohrofens kontinuierlich abgezogen. Das im Drehrohrofen
in reduzierender Atmosphäre erzeugte Gasgemisch, das Schwefeldampf, Schwefelwasserstoff,
Kohlenoxidsulfid, Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffe enthält, verläßt den Drehrohrofen
mit einer Temperatur von 900 bis 1000°C und gelangt in eine Zwischenkammer. Hier werden
bei 1200 bis 1300°C die noch vorhandenen H₂SO₄-Dämpfe und Schwefeltrioxid vollständig
zu SO₂ reduziert sowie höhere Kohlenwasserstoffe gekrackt und in niedrigermolekulare
Verbindungen umgewandelt, die in den Nachbrennkammern schneller verbrennen können.
In den Nachbrennkammer erfolgt die weitere vollständige Verbrennung aller brennbaren
Gase und Dämpfe, wobei ein Sauerstoffüberschuß von 1 bis 2% angestrebt wird und das
Endgas die Nachbrennkammer mit einer Temperatur von 1080 bis 1200°C verläßt.
[0012] Das Prozeßgas wird anschließend auf etwa 350°C abgekühlt unter Gewinnung von Dampf.
Das Gas wird dann der Abgasreinigung zugeführt.
[0013] Die Überwachung der Verbrennungstemperaturen erfolgt an insgesamt sieben Temperaturmeßstellen
durch Thermoelemente.
[0014] Die Druckverhältnisse werden am Gaseintritt der Zwischenkammer, am Gasaustritt des
Abhitzekessels und in der Gasleitung nach dem Heißgasgebläse gemessen und registriert.
Im Abhitzekessel befindet sich eine Sonde zur Entnahme von Probegas zur Bestimmung
des Gehaltes an Sauerstoff, Schwefeldioxid, Kohlendioxid und Kohlenmonoxid. Die Konzentrationen
werden kontinuierlich gemessen, angezeigt und registriert.
[0015] Es wurden insgesamt vier Meßreihen erstellt, nämlich eine Nullmessung ohne Altöl,
die Messung I mit 100 kg/h und Ofen Altöl, enthaltend 500 ppm PCB, die Messung II
mit 100 kg/h und Ofen Altöl, enthaltend 1000 ppm PCB, und die Messung III mit 250
kg/h und Ofen Altöl, enthaltend 1000 ppm PCB.
[0016] Außer den üblichen Messungen der Gasbestandteile wurden Gasproben entnommen und nach
der Methode des Rheinisch-Westfälischen Technischen Überwachungsvereins unter sucht.
Dazu werden repräsentative Proben des Abgases bei Temperaturen bis zu 773 K entnommen
und auf Temperaturen unterhalb von 323 K abgekühlt. Hierbei kondensieren dampfförmige
Verbindungen aus und werden teilweise an vorhandene Festkörperteilchen absorbiert.
Die im Mischgas enthaltenen Teilchen werden auf entsprechenden Filtern abgeschieden
und die Feinstpartikel und leichtflüchtigen Verbindungen in einem nachgeschalteten
Feststoffbett absorbiert. Als Sorbens wurde bei der Nullmessung und den Meßreihen
I und III Florisil und bei der Meßreihe II XAD-2 verwendet. Vergleichsmessungen mit
den Sorbentien Parapak PS, XAD-2 und Florisil zeigten, daß die sorptive Abscheidung
von PCDD und PCDF gleich groß ist und daher gleichwertige Ergebnisse liefert. Die
Volumenströme im Abgas und der Kühlluft wurden über einen Rechner gesteuert, mit
elektronischer Meßwerterfassung und -auswertung der Filtertemperatur, des Sondenquerschnittes
und des Abgaszustandes, so daß isokinetische Teilstromentnahmen gewährleistet waren.
Bei der Reingas-Messung wurden Filtertemperaturen von 301 K eingehalten, bei einer
abgesaugten Teilgasmenge von 3,5 m³/h und einem Verdünnungsfaktor von etwa 1:5. Die
Filtertemperatur bei der Rohgas-Messung betrug 313 K, die abgesaugte Teilgasmenge
durchschnittlich 2,2 m³/h bei einem Verdünnungsfaktor von 1:10. Die Kühlluft wurde
in einem Gegenstrom-Wärmeaustauscher durch Wasser vorgekühlt. Die Probenahmefraktionen,
Filter und Feststoffsorbentien wurden nach Beendigung der Messung geschützt gegen
Wärme und Lichteintrahlung verpackt und der Analyse zugeführt.
[0017] Allen Proben wurde vor der Extraktion eine Mischung folgender ¹³C-markierter PCDD
zugesetzt: 5 ng 2,3,7,8-TCDD, 5 ng 1,2,3,7,8-PentaCDD, 5 ng 1,2,3,6,7,8-HexaCDD,
10 ng 1,2,3,4,6,7,8-HeptaCDD und 10 ng OCDD. Die Filter der Roh- und Reingasproben
wurden extrahiert und chromatographisch analysiert. Die Analysenergebnisse zeigten,
daß in den Reingasen keine polychlorierten Abfallstoffe mehr auffindbar waren und
somit in Mengen deutlich unterhalb der Nachweisgrenze liegen. Die Nachweisgrenze
der Analysenverfahren betrug für 2,3,7,8-TCDD ca 0,02 ng/m³. Von der Umweltbehörde
zugelassen werden als Emissionen zur Zeit 0,1 ng/m³.
Verfahren zur umweltfreundlichen Vernichtung von polychlorierten Abfallstoffen wie
Dibenzodioxinen (PCDD), polychlorierten Dibenzofuranen (PCDF) und polychlorierten
Biphenylen (PCB), dadurch gekennzeichnet, daß diese Substanzen oder mit diesen Substanzen
verunreinigte, brennbare Reststoffe zusammen mit Abfallschwefelsäuren, Säureteeren
und ähnlichen Schwefel und Kohlenstoff enthaltenden Abfallprodukten unterschiedlicher
Zusammensetzung und Konsistenz in einem mehrstufigen Verbrennungsofen verbrannt
werden, wobei man
a) in einer ersten Stufe die Abfallschwefelsäure, Säureteere und ähnliche Schwefel
und Kohlenstoff enthaltende Abfallprodukte unterschiedlicher Zusammensetzung und
Konsistenz gegebenenfalls zusammen mit elementarem Schwefel in einem Drehrohrofen
auf ein Koksbett von mindestens 400°C aufgibt und 25 bis 55% der insgesamt für das
Verfahren erforderlichen Luft als Primärluft einbläst, so daß das entstehende reduzierende
Gemisch und der hintere Teil des Koksbettes sich auf 800 bis 1100°C erwärmen, wobei
der gegebenenfalls sich bildende überschüssige Koks am Ende des Drehrohrofens ausgetragen
wird, das Gasgemisch
b) in einer zweiten Stufe in einer Zwischenkammer mit weiteren 10 bis 15% der erforderlichen
Luft versetzt, wobei eine Raumgeschwindigkeit von 200 bis 400 Nmn Gas/mn Brennraum eingehalten wird und sich die Temperatur des Gasgemisches auf 1150 bis
1350°C erhöht,
c) in einer dritten Stufe am Anfang einer Nachbrennkammer weitere 20 bis 45% der
erforderlichen Luft zugibt, wobei eine Raumgeschwindigkeit von 50 bis 180 Nmn Gas/mn Brennraum eingehalten wird und sich das Gasgemisch auf 1000 bis 1200°C abkühlt, und
schließlich
d) in einer vierten Stufe etwa in der Mitte der Nachbrennkammer den Rest der erforderlichen
Luft zugibt, wobei sich im hinteren Teil der Nachbrennkammer Temperaturen von 1000
bis 1200°C einstellen und eine Raumgeschwindigkeit von 150 bis 400 Nmn Gas/mn Brennraum eingehalten wird,
woraufhin man das durchreagierte Gasgemisch in an sich bekannter Weise in einem Abhitzekessel
abkühlt und vorzugsweise in einem Schwefelsäure-Kontaktverfahren zu Schwefelsäure
aufarbeitet.