(19)
(11) EP 0 283 716 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.09.1988  Patentblatt  1988/39

(21) Anmeldenummer: 88102349.3

(22) Anmeldetag:  18.02.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4F42B 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 20.02.1987 DE 3705381

(71) Anmelder: DIEHL GMBH & CO.
D-90478 Nürnberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Stadler, Hansjörg, Dr.
    D-8501 Rückersdorf (DE)
  • von Laar, Klaus, Dr.
    D-8501 Espenau-Hohenkirchen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Einlage für Hohlladung


    (57) Die Erfindung betrifft eine Sprengladung mit einer projektilbildenden metallischen Einlage sowie gegebenen­falls einem Körper zur Detonationswellenlenkung. Zwecks billiger Herstellung der Einlage sowie des Körpers sollen diese aus einem Kupfereinkristall bestehen. Auf­grund der Anisotropie der Einkristalle ergibt sich nach ihrer Sprengung eine Faltung der Einlage mit ausge­prägten Stabilisierungsflügeln, die, abhängig von der Kristallachsenorientierung des Einkristalls, [100] oder [111], vierzählig oder dreizählig ist.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Sprengladung mit einer projektilbildenden metallischen Einlage, welche im wesentlichen die Form einer Kugelkalotte aufweist.

    [0002] Derartige Sprengladungen sind bereits aus der DE-PS 33 17 352 bekannt. Sie bestehen aus einem zy­lindrischen Behälter, der mit Sprengstoff gefüllt ist. An seiner Vorderseite ist eine metallische Einlage an­geordnet, welche im wesentlichen die Form einer Kugel­kalotte besitzt. An seiner anderen Seite ist eine Zünd­vorrichtung zur Anzündung des Sprengstoffs angeordnet. Der Wirkungsmechanismus einer derartigen Sprengladung, im Unterschied zur Schneidladung als sogenannte P-Ladung bezeichnet, besteht darin, daß die Einlage bei Zündung des Sprengstoffs gefaltet wird zu einem mehrere Zenti­meter langen Geschoß, welches aufgrund seiner großen Fluggeschwindigkeit und seiner Masse eine panzerbrechende Wirkung besitzt. Der Unterschied zur Schneidladung be­steht darin, daß bei der letzteren ein schlanker, lang­gezogener metallischer Strahl erzeugt wird, welcher das in kurzer Entfernung befindliche Ziel durch Hitze­einwirkung regelrecht aufschneidet. Das P-Ladungsgeschoß soll hingegen über eine größere Distanz wie ein normales Geschoß fliegen und das Ziel aufgrund seiner Wucht durchschlagen. Die Temperatur des fliegenden Körpers spielt dabei keine Rolle.

    [0003] Bei der Faltung der Einlage zur Erzeugung eines Ge­schosses besteht das Problem, daß das Geschoß nicht rotationssymmetrisch sein soll, sondern wegen guter Flugeigenschaften nach Möglichkeit kleine Stabili­sierungsflügel erhalten soll. Dies geschieht bei dem vorstehend zitierten Stand der Technik dadurch, daß die Einlage über ihre Kreisfläche hinweg Regionen unterschiedlicher Dicke aufweist, so daß bei der Faltung der Einlage ein nicht rotationssymmetrischer Körper entstehen kann. Die Herstellung derartiger Ein­lagen ist aufgrund ihrer komplizierten flächenartigen Ausbildung nicht billig.

    [0004] Aufgabe der Erfindung ist es, eine Sprengladung mit einer projektilbildenden Einlage vorzuschlagen, welche die gleiche Wirkung im Ziel besitzt, aber in ihrer Herstellung billiger ist als die Sprengladung nach dem Stand der Technik. Dabei soll eine gute Ausformung der Stabilisierungsflügel gewährleistet sein.

    [0005] Zur Lösung der der Erfindung gestellten Aufgabe wird in einer ersten Alternative vorgeschlagen, daß die Einlage aus einem Körper aus Einkristall besteht. Gemäß einer zweiten Alternative zur Lösung der ge­stellten Aufgabe wird bei einer Sprengladung der eingangs genannten Art, welche zusätzlich einen Körper zur Detonationswellenlenkung besitzt, vorgeschlagen, daß dieser Körper aus Einkristall besteht.

    [0006] Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird vorgeschlagen, daß sowohl die projektbildende Einlage als auch der Körper für die Detonationswellen­lenkung jeweils aus einem Einkristall besteht.

    [0007] Als Material für die metallische Einlage hat sich vor­zugsweise reines Kupfer bewährt, es ist jedoch auch die Verwendung von Kupferlegierungen, soweit sie einkristall­fähig sind, möglich. Weiterhin ist die Verwendung von Tantal und Eisen möglich.

    [0008] Zur Erzeugung des Geschoßkörpers in einer nicht rotations­symmetrischen Ausbildung wird gemäß einer Weiterbildung der Erfindung vorgeschlagen, daß die Kristallachsen­orientierung des Einkristalls [100] ist. In diesem Falle erhält man einen 4-zähligen Geschoßkörper, das heißt 4 Stabilisierungsflügel.

    [0009] Will man hingegen einen Geschoßkörper mit 3-zähliger Ausbildung erzeugen, so muß man gemäß einem weiteren Vorschlag der Erfindung eine Kristallachsenorientierung [111] des Einkristalls wählen.

    [0010] Einkristalle sind Körper, vorzugsweise aus Metall, die nach besonderen Verfahren gezüchtet werden und im Gegen­satz zu den in der Technik und im täglichen Leben vor­liegenden polykristallinen Körpern nur aus einem einzigen, jedoch gegebenenfalls großen Kristall bestehen. Es han­delt sich dabei um chemisch hochreine Körper, die in ihrem Verhalten dem des theoretischen Verhaltens des reinen Kristalls des betrefffenden Elementes weitgehend entsprechend. Diese einkristallinen Körper sind anisotrop, haben keine Korngrenzen, wie dies bei polykristallinen Körpern der Fall ist, und ihre Festigkeit ist in be­stimmten Kristallachsen deutlich höher als dies bei polykristallinem Material der Fall ist.

    [0011] Einkristalle können nicht nur aus reinen Elementen, sie können auch aus legierten Metallen hergestellt werden. Sie weisen eine je nach Element bzw. Legierung mehr oder weniger stark ausgeprägte Anisotropie auf, das heißt ihre Eigenschaften sind entlang der Kristall­achsen [100] , [110] und [111] verschieden. Diese Eigen­schaften sind beispielsweise der E-Modul, die Festigkeit oder die Verformungsgrenzspannung. Bei Kupfer, welches als Beispiel eine sehr ausgeprägte Anisotropie besitzt, sind die E-Module bei Belastung in Richtung der vorge­nannten Kristallachsen etwa 6800, 12000 und 18000 kp/mm².

    [0012] Die ausgeprägte Anisotropie von Einkristallen, ins­besondere Kupfereinkristallen, mach man sich bei der Erfindung dahingehend zunutze, daß bei einer Belastung des Einkristalls durch den Sprengstoff dieser bei einer vorgegebenen Orientierung seiner Kristallachsen, zum Beispiel [100] , entsprechend seiner Gitterstruktur eine unterschiedliche Zerfallgeschwindigkeit und -intensität besitzt, so daß ein zylindrischer einkristalliner Körper bei entsprechend starker Verformung durch Druck oder Zug anschließend eine ausgeprägte Asymmetrie hinsichtlich seiner Rotationsachse besitzt, wobei diese Asymmetrie jedoch reproduzierbar abhängig von der Gitterstruktur ist. In der Prüftechnik hat man festgestellt, daß bei der Zugprüfung von Einkristallen der Kristallachsen­orientierung [100] ein runder Einkristallstab an der Einschnürungsstelle die Form ähnlich einem vier­blättrigen Kleeblatt annimmt. Bei Einkristallstäben der Kristallachsenorientierung [111] erhält man bei der Verformung einen Körper entsprechend einem drei­blättrigen Kleeblatt. Auch diese Verformung ist re­produzierbar und ergibt sich nur bei Einkristallen der Orientierung [111].

    [0013] Unter Anwendung dieser Erkenntnisse soll gemäß der Erfindung eine einkristalline Einlage in Form einer Kugelkalotte verwendet werden, bei welcher der Ein­kristall eine Kristallachsenorientierung [100] oder [111] besitzt. Damit erhält man bei der Faltung der Einlage Geschoßkörper mit 4 oder 3 Stabilisierungsflügeln, wobei durch die Formgebung der Einlage beispielsweise hin­sichtlich ihrer Dicke sichergestellt werden muß, daß die Stabilisierungsflügel nicht bereits am Kopf des Geschosses beginnen, sondern erst in dessen hinteren Teil.

    [0014] Durch die Verwendung eines Körpers zur Detonations­wellenlenkung kann der vorgenannte Zweck ebenfalls erreicht oder sogar noch verstärkt werden. Verwendet man für einen derartigen Körper einen Einkristall, für die Einlage hingegen konventionelles Material, so muß die Einlage in etwa derart ausgebildet sein, wie dies der eingangs genannte Stand der Technik zeigt. Durch den Körper für die Detonationswellen-Lenkung wird auf­grund dessen Zerfalls eine Beeinflussung der nachfol­genden Faltung der Einlage möglich. Dabei muß der genannte Körper räumlich der Einlage so zugeordnet sein, daß die Linien seiner schwachen Kristallstruktur zusammenwirken mit den Regionen der Einlage, welche ebenfalls eine schwache Struktur, zum Beispiel geringe Materialstärke, besitzen.

    [0015] Im Sinne der Erfindung ist die Verwendung eines einkristallinen Körpers zur Detonationswellen-Lenkung jedoch besonders vorteil­haft, wenn auch die Einlage einkristallin und aus dem gleichen Metall ausgebildet ist. In diesem Falle sollte die Kristallachsenorientierung der Einlage und des Körpers gleich sein und eine räumliche Zuordnung beider in der vorher beschriebenen Weise erfolgen.

    [0016] Nachfolgend soll die Erfindung anhand der Zeichnung noch näher erläutert werden.

    [0017] Es zeigen:

    Fig. 1 in schematisierter Darstellung eine Sprengladung im Schnitt;

    Fig. 2 eine gefaltete Einlage nach der Sprengung;

    Fig. 3 eine typische Faltung bei verschiedenen Kristallachsenorientierungen;

    Fig. 4 in schematischer Form ein Werkzeug zur Herstellung einer Einkristalleinlage.



    [0018] In Fig. 1 ist eine Sprengladung in schematisierter Form im Schnitt dargestellt. Man erkennt einen Behälter 1, der mit Sprengstoff 2 gefüllt ist. An der einen Seite ist eine Einlage aus Kupfereinkristall 3 vorgesehen. An der anderen Seite des Behälters ist eine Zündvor­richtung 4 angeordnet. Schließlich ist noch ein Körper 5 zur Detonationswellenlenkung vorgesehen, der im Sinne der Erfindung vorteilhaft ist, aber nicht zwangsweise eingesetzt werden muß. Die Einlage 3 besitzt beispiels­weise einen Durchmesser von 5 cm und kann über ihre gesamte Fläche von konstanter Materialstärke sein, im Sinne der Erfindung ist jedoch auch eine Verdickung nach innen oder nach außen denkbar.

    [0019] Ein Geschoßkörper, wie er nach der Sprengung in Richtung Ziel fliegt, ist in Fig. 2 in idealisierter Form darge­stellt. Je nach Durchmesser und Dicke der Einlage 3 kann dieser Geschoßkörper 6 im Verhältnis von Länge zu Dicke variieren.

    [0020] In Fig. 3 ist dargestellt, wie sich ein runder einkristal­liner Stab bei Verformung abhängig von seiner Kristall­achsenorientierung verhält. Im Falle der Achsrichtung [100] ergibt sich ein 4-zählig ausgebildeter Körper ähnlich einem 4-blättrigen Kleeblatt. Hat der Einkristall hin­gegen eine Orientierung entsprechend [111], so ergibt sich nach der Verformung ein 3-zähliger Körper, ähnlich einem 3-blättrigen Kleeblatt. Nachdem die Verformung der Einlage 3 bei der Sprengung keine ideale Verformung darstellt, wird auch die Ausbildung der Stabilisierungs­flügel 7 in Fig. 2 mehr oder weniger stark von den Formen nach Fig. 3 abweichen, aber im Prinzip mit ihrer 4-Zähligkeit oder 3-Zähligkeit erhalten bleiben.

    [0021] Anhand der Fig. 4 soll noch ein mögliches Herstellungs­verfahren für eine Einlage 3 erläutert werden. Ein Körper 5 für eine Detonationswellenlenkung, der im wesentlichen eine ebene Kreisfläche darstellt, kann in grundsätzlich gleicher Weise wie die Einlage 3 ge­züchtet werden. In einen Werkzeuggrundkörper 8 ist ein Einkristallimpfling 9 der Kristallachsenorientierung eingesetzt, den der spätere Einkristall erhalten soll. Auf dem Grundkörper 8 sitzt ein tiegelartiger Behälter 10, in welchen der Impfling 9 hineinragt. Dieser Behälter 10 hat in seiner Bodenfläche eine Ausformung wie sie die einkristalline Einlage erhalten soll. Zur Abdeckung des Behälters 10 dient ein federbelasteter Stempel 11, der so ausgebildet ist, daß er bei Aufsitzen seiner Außenringfläche 12 auf dem Behälter 10 mit seiner End­fläche 13 einen solchen Abstand zu der Bodenfläche des Behälters 10 besitzt, daß die einkristalline Einlage im Endzustand den vorhandenen Zwischenraum gerade aus­füllen kann. Eine HF-Spule 14 ist mit ihren Windungen so um den Behälter 10 herum angeordnet, daß sie in der Grundstellung - wie dargestellt - die Einlage erhitzen und schmelzen kann. Als zu schmelzendes Material wird ein reiner Kupferkörper aus polykristallinem Material verwendet, der bereits in etwa eine Form wie die spätere Einlage aufweist. Dieser Körper wird nun durch ein HF-­Feld der Spule 14 erwärmt und schmilzt auf. Gleichzeitig schmilzt auch der oberste Teil des Impflings 9 an und teilt seine Kristallorientierung dem untersten Teil der geschmolzenen Einlage mit. Nunmehr wird der Grundkörper 8 und der Behälter 10 in Pfeilrichtung 15 langsam ab­gesenkt und nunmehr auch der obere Teil der Einlage 3 eingeschmolzen. Dabei schreitet in der Einlage von unten nach oben eine Kristallwachstumsfront mit der Kristall­achsenorientierung des Impflings fort. Der Grundkörper 8 und der Behälter 10 werden weiterhin langsam abgesenkt und aus der HF-Spule herausgefahren. Das Schmelzgut der Einlage 3 erstarrt nunmehr langsam zu einem Ein­kristall. Sobald der Einkristall ausreichend abgekühlt ist, wird der Stempel 11 aus dem Behälter 10 entfernt und der fertige Einkristall 3 kann nach Trennung von dem Impfling 9 aus dem Behälter 10 entnommen werden. Eine weitere Verarbeitung des Einkristalls ist nicht mehr erforderlich.


    Ansprüche

    1. Sprengladung mit einer projektilbildenden metallischen Einlage, welche im wesentlichen die Form einer Kugelkalotte aufweist,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Einlage (3) aus einem Körper aus Ein­kristall besteht.
     
    2. Sprengladung mit einer projektilbildenden metallischen Einlage, welche im wesentlichen die form einer Kugelkalotte aufweist, und mit einem Körper zur Detonationswellenlenkung,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Körper (5) für die Detonationswellen­lenkung aus Einkristall besteht.
     
    3. Sprengladung nach den Ansprüchen 1 und 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die projektilbildende Einlage (3) und der Körper (5) für die Detonationswellenlenkung jeweils aus einem Einkristall bestehen.
     
    4. Sprengladung nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der einkristalline Körper (3, 5) aus reinem Kupfer oder einer Kupferlegierung besteht.
     
    5. Sprengladung nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der einkristalline Körper (3, 5) eine Kirstall­achsenorientierung [100] besitzt.
     
    6. Sprengladung nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der einkristalline Körper (3, 5) eine Kristall­achsenorientierung [111] besitzt.
     
    7. Sprengladung nach den Ansprüchen 3 und 5 oder 6,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Einlage (3) und der Körper (5) für die De­tonationswellenlenkung die gleiche Kristallachsen­orientierung besitzen und hinsichtlich ihrer Gitter­struktur zueinander im Sinne gleicher Wirkungs­richtungen ausgerichtet sind.
     




    Zeichnung