[0001] Die Erfindung betrifft ein Mittel zum Reinigen von Verarbeitungsanlagen für reaktive
isocyanathaltige Mehrkomponentengemische.
[0002] Bei der Herstellung von schnell erhärtenden Kunststoffen und Kunststoffschäümen auf
Basis Polyurethan und Polyisocyanurat werden Verarbeitungsanlagen verwendet, bei
denen die zur Herstellung des Endproduktes benötigten reaktiven, isocyanathaltigen
Gemische den Formen über Mischköpfe zugeführt werden. Diese Mischköpfe, die mit Rührwerken
ausgestattet sein können, neigen zum Verstopfen und müssen deshalb periodisch, meist
nach jedem Schuß, mit geeigneten Spülmitteln durchgängig gehalten werden. Auch die
den Mischköpfen vorgeschalteten Vorratsbehälter, Ventile und Leitungen sind von
Zeit zu Zeit mit Hilfe eines Spülmittels zu reinigen.
[0003] Die Reinigung geschieht bisher meist mit Lösungsmitteln oder Lösungsmittelgemischen,
in denen die zu entfernenden Substanzen gut löslich sind. Dies sind normalerweise
Chlorkohlenwasserstoffe wie Dichlormethan, Trichlorethen, 1,1,1-Trichlorethan, Tetrachlorethen
oder carboxylgruppenhaltige, leicht flüchtige Lösungsmittel wie Aceton, Methylethylketon,
Ethylacetat, Pentylacetat oder Gemische daraus. Solche Mittel sind in DE-OS 34 44
293 beschrieben.
[0004] Der Nachteil dieser Mittel liegt darin, daß sie entweder gesundheits- und umweltschädlich
sind und wegen ihres Halogengehaltes kostenaufwendig entsorgt werden müssen, oder
daß sie leicht flüchtig und leicht entflammbar sind, weshalb besondere, aufwendige
Einrichtungen zum Explosionsschutz vorgesehen werden müssen. So besitzen Äthylacetat
und Methylethylketon Flammpunkte von -4°C und Aceton von unter -20°C, n-Butylacetat
einen Flammpunkt von 25°C.
[0005] Die chlorierten Kohlenwasserstoffe sind Leber- und Nervengifte, z.T. kanzerogen,
und unterliegen deshalb besonderen gesetzlichen Bestimmungen bezüglich Gebrauch und
Kennzeichnung. Ferner sind diese Stoffe im Boden schwer abbaubar.
[0006] Unter diesem Aspekt wurde bereits in DE-OS 35 17 170 ein Reinigungsmittel vorgeschlagen,
welches nicht-aromatische, hochsiedende Kohlenwasserstoffe und alkylierte aromatische
Verbindungen mit 8 bis 18 Kohlenstoffatomen enthält. Solche Zusammensetzungen besitzen
auch ausreichend hohe Flammpunkte; für den Einsatz in Verarbeitungsanlagen für reaktive,
isocyanathaltige Mehrkomponentensysteme haben sie sich jedoch als unwirksam erwiesen.
[0007] Ferner wurde in DE-PS 26 05 984 eine wäßrige Emulsion eines mehrwertigen Alkohols
mit einem Öl-in-Wasser-Emulgator vorgeschlagen. Dieses Mittel hat jedoch den entscheidenden
Nachteil, daß, wenn auch nur geringste Mengen davon in den Verarbeitungsanlagen zurückbleiben
- was sich nur selten verhindern läßt -, chemische Wechselwirkungen mit der Isocyanatkomponente
auftreten und es zu Rückstandsbildungen und damit zu Störungen in der Apparatur kommt.
Ferner ist dieses Mittel nur anwendbar bei niedrigviskosen, gut dispergierbaren Verunreinigungen.
[0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin, ein Reinigungsmittel gemäß
dem Oberbegriff des Hauptanspruches anzugeben, welches bei guter Reinigungswirkung
nur schwer entflammbar, nicht kanzerogen und in bezug auf Arbeitssicherheit und Entsorgung
ohne hohe Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt werden kann. Das Mittel soll die reaktiven
Komponenten, die sogenannten Addukte, wie auch die Produkte der beginnenden Reaktion,
die noch nicht hoch vernetzt sind, vollständig ablösen bzw. dispergieren, ohne daß
erhöhte Scherkräfte anzuwenden sind. Lösungsmittelrückstände in den Anlagen müssen
sicher vermieden werden.
[0009] Die Lösung der genannten Aufgabe besteht in einem Reinigungsmittel mit der Zusammensetzung,
wie sie im kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 angegeben ist. Die Unteransprüche
betreffen vorteilhafte Varianten.
[0010] Der Weichmacheranteil des erfindungsgemäßen Reinigungsmittels ist bisher nur aus
der PVC-Verarbeitung und in der Lackherstellung bekannt. Geeignete Weichmacher sind
Ester der Phthalsäure mit kürzer- bis mittelkettigen (C₂ bis C₁₃) aliphatischen Alkoholen,
besonders Diethyl- oder Dioctylphthalat, oder es sind kürzer- bis mittelkettige Alkylsulfonsäureester
von Phenolen. Letztere sind als fertige Handelsprodukte erhältlich.
[0011] Geeignete Mineralölprodukte sind Mineralölfraktionen mit Kohlenstoffzahlen von 8
bis 17 aus aliphatischen, naphthenischen oder aromatischen Kohlenwasserstoffen oder
Mischungen daraus. Der Siedebereich der Fraktionen muß zwischen 120°C und 300°C liegen.
Aus Gründen der unbedenklichen Verarbeitet ist es vorteilhaft, Fraktionen mit Siedebereichen
über 180°C bei Flammpunkten über 55°C einzusetzen. Bewährt haben sich hierbei Petroleum
und/oder Testbenzin.
[0012] Besonders vorteilhaft, auch in toxikologischer Hinsicht, sind aromatenfreie Mineralölfraktionen,
deren Siedebereich zwischen 230 und 260°C und deren Flammpunkt über 100°C liegt.
[0013] Wesentlich ist, daß die Mischungsverhältnisse dieser Fraktionen völlig unkritisch
sind, also auf die Wirkung des erfindungsgemäßen Reinigungsmittels keine qualitativen
Einflüsse haben. Solche Gemische von Kohlenwasserstofffraktionen sind ebenfalls
unter verschiedenen Bezeichnungen im Handel erhältlich.
[0014] Die Flammpunkte der Weichmacher liegen oberhalb 150°C; diese sind daher ebenfalls
unproblematisch verwendbar.
[0015] Die Beseitigung verbrauchter Reste des Reinigungsmittels ist leicht und gefahrlos
möglich. Falls sie in das Betriebsabwasser gelangen, können sie aus diesem mittels
eines - in der Regel vorhandenen - Leichtflüssigkeits-Abscheiders abgetrennt werden.
Reste noch reaktiver Isocyanat-Komponenten können durch entsprechenden Wasser-, Ammoniak-
und/oder Alkoholzusatz danach in unschädliche, ausreagierte Produkte umgewandelt
werden.
[0016] Die erfindungsgemäße Rezeptur des Lösungsmittels war nicht naheliegend, da beide
Komponenten für sich allein nicht die geforderte Reinigungswirkung zeigen. Ihr Mischungsverhältnis
ist innerhalb der erfindungsgemäßen Grenzen durch einfache Vorversuche für die jeweils
zu entfernenden Rückstände optimierbar. Typische Inhaltsstoffe dieser Rückstände
sind z. B.: 4,4ʹ-Diphenylmethandiisocyanat, auch in modifizierter Form; Toluylen-diisocyanat;
die in der Polyurethanchemie üblichen linearen und verzweigten Polyether und Polyester,
wie z. B. von Naphthylen-1,5-Diisocyanat mit einem linearen Polyester aus Adipinsäure
und Ethylenglycol.
[0017] Die Verwendung des erfindungsgemäßen Spülmittels geschieht in bekanter Weise dadurch,
daß es anstelle der Reaktionskomponenten die Verarbeitungsanlage durchläuft, gegebenenfalls
unterstützt durch Pumpen. Anschließend kann beschleunigt mit einem Luftstrom von
6 bar Überdruck getrocknet bzw. das Reinigungsmittel abgeblasen werden.
[0018] Zusammensetzung, Anwendung und Vorteile des erfindungsgemäßen Reinigungsmittels
werden durch die folgenden Beispiele näher erläutert:
Beispiel 1
[0019] Eine Mischung aus 61 Gewichtsprozent Dibutylphthalat und 39 Gewichtsprozent Testbenzin
(Siedebereich 180 bis 210°C) wird zur Reinigung einer Gießmaschine mit Mischkammer
und Rührwerk verwendet, in welcher Polyurethanschaumteile aus einem verzweigten Polyether
auf Basis Polyethylen/Prolypropylenglycol, modifiziertem Diphenylmethandiisocyanat
und mit üblichen Zusatzmitteln hergestellt werden. Nach dem Misch- und Ausstoßvorgang
bleiben ca. 20 ml reaktives Gemisch in der Mischkammer zurück.
[0020] Diese wird mit 60 ml der genannten Reinigungsmittelmischung während 6 Sekunden aus
dem Vorratstank durchgespült. Anschließend wird 3 Sekunden lang mit strömender Luft
(6 bar Luftüberdruck) getrocknet. Das Mischaggregat ist danach zum nächsten Mischvorgang
bereit. Spülmittel- oder Reaktions-Komponenten sind in der Anlage nicht mehr vorhanden.
Beispiel 2
[0021] Eine Mischung aus 70 Gewichtsprozent Dioctylphthalat und 30 Gewichtsprozent einer
nicht-aromatischen Kohlenwasserstofffraktion (Siedebereich 240 bis 260°C, ein Handelsprodukt)
wird hergestellt. Eine Anlage, auf der Polyurethan-Elastomerteile aus einem Addukt
aus Naphthylen-1,5-Diisocyanat und einem linearen Polyester aus Adipinsäure und Ethylenglycol
bei 90°C hergestellt werden, wird mit 100 ml Reinigungsmischung während 3 Sekunden
gespült und 2 Sekunden mit Preßluft von 6 bar Überdruck ausgeblasen. Die Anlage läuft
reinigungslos über die Dauer einer Schicht, wie dies vorher nur bei der Verwendung
von Dichlormethan der Fall war.
Beispiel 3
[0022] Eine Mischung aus 66 Gewichtsprozent Alkylsulfonsäureestern von Phenolen (Handelsprodukt)
und 34 Gewichtsprozent Petroleum (Siedebereich 180 bis 245°C) wird zur Reinigung
einer Anlage wie in Beispiel 1 verwendet. Das Reinigungsergebnis ist gleichwertig
demjenigen von Beispiel 1.
[0023] Die verschmutzten Reinigungsmittelreste der Beispiele 1 bis 3 werden mit Wasser ausreagieren
gelassen, wodurch die Isocyanat-Komponenten in unschädliche Produkte überführt werden.
Falls erforderlich, können Ammoniak und/oder ein Alkohol zugesetzt werden.
[0024] Die gebildeten Feststoffe werden durch Absitzenlassen von der flüssigen Phase getrennt.
Diese kann erneut zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Reinigungsmittels eingesetzt
werden.
1. Mittel zum Reinigen von Verarbeitungsanlagen für reaktive isocyanathaltige Mehrkomponentengemische,
dieses Mittel bestehend aus einem Weichmacher und einem Lösungsmittel, gekennzeichnet
durch folgende Zusammensetzung:
50 bis 75 Gewichtsprozent eines Esters aus a) Phthalsäure und einem aliphatischen
Alkohol mit einer Kettenlänge von C₂ bis C₁₃ oder
b) einer kürzer- bis mittelkettigen Alkylsulfonsäure und einem Phenol;
25 bis 50 Gewichtsprozent Mineralölfraktionen mit Kohlenstoffzahlen von C₈ bis C₁₇
aus aliphatischen, naphthemischen oder aromatischen Kohlenwasserstoffen, oder deren
Mischungen, wobei der Siedebereich der Fraktionen zwischen 120°C und 300°C liegt.
2. Reinigungsmittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Weichmacher
Diethyl- oder Dioctylphthalat ist.
3. Reinigungsmittel nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die enthaltenen
Mineralölfraktionen einen Siedebereich über 180°C bei einem Flammpunkt über 55°C aufweisen.
4. Reinigungsmittel nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß es als Mineralölfraktion
Petroleum und/oder Testbenzin enthält.
5. Reinigungsmittel nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß es aromatenfreie
Mineralölfraktionen mit einem Siedebereich von 230°C bis 260°C bei einem Flammpunkt
über 100°C enthält.