(19)
(11) EP 0 288 680 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.11.1988  Patentblatt  1988/44

(21) Anmeldenummer: 88102679.3

(22) Anmeldetag:  24.02.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C23C 8/22
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 29.04.1987 DE 3714283

(71) Anmelder: IPSEN INDUSTRIES INTERNATIONAL GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG
D-47533 Kleve (DE)

(72) Erfinder:
  • Edenhofer, Bernd, Dr. mont.
    D-7000 Stuttgart 30 (DE)
  • Pfau, Hans, Dipl.-Ing.
    D-4194 Bedburg-Hau (DE)

(74) Vertreter: Stenger, Watzke & Ring Patentanwälte 
Kaiser-Friedrich-Ring 70
40547 Düsseldorf
40547 Düsseldorf (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Gasaufkohlung von Stahl


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gasaufkohlung von Stahl, bei dem das aufzukohlende Werkstück in einer kohlen­stoffreichen Gasatmosphäre in einer ersten Kohlungsphase einem möglichst hohen C-Angebot an der Rußgrenze ausgesetzt wird und bei dem in einer sich anschließenden Diffusionsphase ein dem­gegenüber abgesenktes, dem angestrebten Randkohlenstoffgehalt entsprechendes C-Angebot eingestellt wird, wobei die Aufkoh­lung über die beiden Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und die Aufkohlungstiefe At geregelt wird. Um unabhängig von der Carbidgrenze eine Regelung vorzuschlagen, mit der es möglich ist, die gewünschte Kohlenstoffverlaufskurve (Kohlenstoffpro­fil) im Werkstück sicher und reproduzierbar in einfacher Weise zu erreichen, wird vorgeschlagen, daß zusätzlich zu den Ziel­größen Randkohlenstoffgehalt CR und Aufkohlungstiefe At der Regelung der Aufkohlung zumindest eine weitere, für die Koh­lenstoffverlaufskurve charakteristische Zielgröße vorgegeben wird, bei deren Erreichen der für die Kohlungsphase kennzeich­nende Kohlenstoffpegel abgesenkt und die Diffusionsphase ein­geleitet wird.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gasaufkohlung von Stahl, bei dem das aufzukohlende Werkstück in einer kohlenstoffreichen Gasatmosphäre in einer ersten Kohlungsphase einem möglichst hohen C-Angebot an der Rußgrenze ausgesetzt wird und bei dem in einer sich anschließenden Diffusionsphase ein demgegenüber abgesenktes, dem angestrebten Randkohlen­stoffgehalt entsprechendes C-Angebot eingestellt wird, wobei die Aufkohlung über die beiden Zielgrößen Randkohlenstoffge­halt CR und die Aufkohlungstiefe At geregelt wird.

    [0002] Bei der Aufkohlung von Stählen besteht grundsätzlich die Ziel­setzung, in einer Randschicht des aufzukohlenden Werkstücks eine Kohlenstoffanreicherung dadurch vorzunehmen, daß in der Werkstücksumgebung, insbesondere einer Ofenatmosphäre, ein er­höhtes Kohlenstoffangebot bei einer entsprechenden Temperatur vorliegt. Der Kohlenstoff aus der Umgebung diffundiert in das Werkstück und innerhalb des Werkstücks selbst aus der Rand­schicht heraus in das Werkstücksinnere hinein, wo sich in einer Entfernung vom Werkstücksrand bis zu einer Aufkohlungs­tiefe von etwa 3 mm die Aufkohlung durch einen gegenüber dem Grundwerkstoff deutlich erhöhten Kohlenstoffgehalt bemerkbar macht. Die Kohlenstoffverteilung im Werkstück vom Rand hin bis zum Kern läßt sich graphisch in Form eines sogenannten Koh­lenstoffprofils darstellen. Zielsetzung ist es, einen S-förmi­gen Kohlenstoffverlauf mit einem vorbestimmten Randkohlen­stoffgehalt und möglichst breitem Horizontalbereich am Rande durch die Prozeßführung zu erreichen.

    [0003] Es ist bekannt, bei der Aufkohlung von Stählen die Prozeßfüh­rung auf die beiden Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und die Aufkohlungstiefe At auszurichten. Praktisch wird dies der­art durchgeführt, daß zunächst in einer ersten Behandlungspha­se der C-Pegel auf einen Wert kurz unterhalb der Rußgrenze eingestellt und gehalten wird (Kohlungsphase) und anschließend in einer Endstufe (Diffusionsphase) ein niedrigerer Kohlen­stoff-Pegel zur Erzielung des gewünschten Kohlenstoffprofils verwendet wird. Hierzu werden Rechner eingesetzt, denen zumin­dest in gewissen Zeitabständen die für den Aufkohlungsvorgang beachtlichen Prozeßwerte, wie Temperatur, Sauerstoffpotential, C-Pegel, C-Strom und dgl. eingegeben und als Steuergrößen für die Regelung des Aufkohlungsvorgangs verwertet werden. Nachteiligerweise ist durch eine derartige Prozeßführung beim Aufkohlen, die allein auf die beiden Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und Aufkohlungstiefe At ausgerichtet ist, die gewünschte S-Kurvenform des Kohlenstoffprofils in der Randschicht des aufgekohlten Werkstückes nicht exakt und reproduzierbar festlegbar. Dies beruht darauf, daß der Zeitpunkt des Umschaltens von der Kohlungsphase in die Diffusionsphase entscheidenden Einfluß auf die Form des Kohlenstoffprofils im Werkstück hat. Wird dieser Zeitpunkt zu früh gewählt, erhält man vom Rand nach innen sehr schnell abfallende C-Profile, wohingegen bei zu spät gewähltem Zeitpunkt Kohlenstoffprofile mit Überkohlung (zeichnerisch: Buckelform) auftreten. Es wird versucht, durch mehrmalige Simulationsrechnungen den optimalen Umschaltzeitpunkt zu bestimmen, der zu dem gewünschten S-förmigen Kohlenstoffprofil führt. Trotz dieses zusätzlichen Rechnungs- und Ver­suchsaufwandes können in der Praxis Abweichungen, insbesondere bei Störungen im Kohlenstoffangebot, nicht vermieden werden, da die Steuerung nur die Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und Aufkohlungstiefe At berücksichtigt.

    [0004] Gemäß der DE-PS 31 39 622 wird als Weiterentwicklung dieses Verfahrens zur Gasaufkohlung von Stahlteilen vorgeschlagen, in der Kohlungsphase in Form einer der Endphase vorgeschalteten Zwischenphase den Kohlenstoffpegel langsam und geringfügig abzusenken, und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem der Randkohlen­stoffgehalt CR eine bestimmte Grenze CRmax erreicht. Als Gren­ze CRmax wird das Einsetzen der Carbidbildung vorgegeben.

    [0005] Trotz dieser die Durchführung der Kohlungsphase zur Vermeidung einer Carbidbildung hinzugefügten Regelgröße CRmax ist das ge­schilderte Problem des richtigen Zeitpunkts der Umschaltung von der Kohlungsphase auf die Diffusionsphase hiermit nicht gelöst. Weiterhin können Unter- bzw. Überkohlungen auftreten und ist die Einstellung des gewünschten S-förmigen Kohlen­stoffprofils nicht gewährleistet.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, unabhängig von der Carbidgrenze eine Regelung vorzuschlagen, mit der es möglich ist, die gewünschte Kohlenstoffverlaufskurve (Kohlenstoffpro­fil) im Werkstück sicher und reproduzierbar in einfacher Weise zu erreichen. Insbesondere soll es mit der Erfindung ermöglicht werden, bei der zweistufigen Prozeßführung das Ver­hältnis von Kohlungsdauer und Diffusionsdauer derart einzu­stellen, daß als Endresultat der gewünschte Kohlenstoffgehalt und Einsatzhärtetiefe erreicht werden und dabei die Kohlen­stoffverlaufskurve einen möglichst horizontalen Verlauf am Rand erhält.

    [0007] Die Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß zusätzlich zu den Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und Aufkohlungstie­fe At der Regelung der Aufkohlung zumindest eine weitere, für die Kohlenstoffverlaufskurve charakteristische Zielgröße vor­gegeben wird, bei deren Erreichen der für die Kohlungsphase kennzeichnende Kohlenstoffpegel abgesenkt und die Diffusions­phase eingeleitet wird.

    [0008] Durch den Vorschlag, neben den bisherigen Zielgrößen der Rege­lung der Aufkohlung eine weitere Zielgröße zugrundezulegen, die charakteristisch für die gewünschte S-förmige Kohlenstoff­verlaufskurve ist, ist es möglich geworden, das optimale Verhältnis von Kohlungsdauer zu Diffusionsdauer zu erhalten, damit als Endresultat der gewünschte Randkohlenstoffgehalt, die gewünschte Einsatzhärtetiefe und außerdem eine Kohlenstoffverlaufskurve im Werkstück erreicht werden, die einen weitgehend horizontalen Verlauf am Rand aufweist. Dabei kann es zweckmäßig sein, mehrere, vorzugsweise drei für die Kohlenstoffverlaufskurve charakteristische Zielgrößen der Regelung zusätzlich vorzugeben, um die Übereinstimmung zwischen Soll- und Ist-Kohlenstoffprofil sicherzustellen.

    [0009] Hierzu kann es ebenfalls von Vorteil sein, die Aufkohlung aus der Diffusionsphase heraus erneut in die Kohlungsphase zu fah­ren, sobald die Kohlenstoffverlaufskurve unter die zusätzliche Zielgröße fällt, wobei bei deren erneutem Erreichen wieder auf die Diffusionsphase zurückgeschaltet wird. Häufig kann eine mehrmalige zyklische Umschaltung zwischen Kohlungsphase und Diffusionsphase zu einer kürzeren und genaueren Aufkohlung führen.

    [0010] Gemäß einem bevorzugten Lösungsvorschlag der Erfindung ist die zusätzliche Zielgröße ein Kohlenstoffgehalt CV mit Randabstand = x auf der berechneten Kohlenstoffverlaufskurve, der zwischen 15 % und 90 % der Aufkohlungstiefe At liegt und bei dessen Erreichen von einem Kohlungspegel an der Rußgrenze, beispielsweise bei 1,2 Gew. % C, auf die Diffusionsphase mit beispielsweise 0,8 Gew. % C umgeschaltet wird. Es kann auch zweckmäßig sein, mehrere Kohlenstoffgehalte CV¹ bis CVn mit entsprechenden Randabständen x₁ bis xn auf der Kohlenstoffverlaufskurve als zusätzliche Zielgröße der Regelung zugrundezulegen, um eine größere Sicherheit und Genauigkeit zu erzielen.

    [0011] Bei diesem Verfahren wird vorzugsweise die erfindungsgemäße C-Profilregelung durchgeführt, indem die angestrebte Kohlen­stoffverlaufskurve rechnerisch definiert wird, die zusätzliche Zielgröße bzw, Zielgrößen CV aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt wird, die im Prozeßrechner abgelegt sind, wobei dann in der Kohlungsphase des Aufkohlungsprozesses mit einem möglichst hohen C-Pegel kurz unterhalb der Rußgrenze der Auf­kohlungsprozeß begonnen wird, dabei der in das Werkstück ein­diffundierende Kohlenstoff über die Zunahme des Randkohlen­stoffgehalts CR durch den Prozeßrechner rechnerisch verfolgt wird und der C-Pegel solange konstantgehalten wird, solange die errechnete Kohlenstoffverlaufskurve die vorgegebene Zielgröße CV noch nicht tangiert, daß bei Erreichen der Ziel­größe CV durch die Kohlenstoffverlaufskurve der C-Pegel auf einen Wert herabgesetzt wird, der dem vorgegebenen Randkohlenstoffgehalt CR entspricht und daß mit diesem herab­gesetzten C-Pegel in der Diffusionsphase der Kohlungsprozeß solange fortgesetzt wird, bis die gewünschte Aufkohlungstiefe erreicht ist. Fällt im Rahmen dieses Kohlungsprozesses die er­mittelte Kohlenstoffverlaufskurve in der Diffusionsphase wie­der unter den Wert der Zielgröße CV, wird vorgeschlagen, den C-Pegel wieder auf den Wert der Kohlungsphase anzuheben, wobei dieser Vorgang der zyklischen Schaltung des C-Pegels zwischen den zwei Zielgrößen CR und CVsolange forgesetzt wird, bis die vorgegebene Aufkohlungstiefe erreicht ist. Mit diesem Verfahren ist es möglich, die Kohlenstoffverlaufskurve in einem Punkt immer nahe der zusätzlichen Zielgröße CV zu hal­ten, während die Eindringtiefe des Kohlenstoffs immer mehr zu­nimmt, bis die vorgegebene Aufkohlungstiefe erreicht ist.

    [0012] Zweckmäßigerweise wird die Aufkohlung erst beendet, wenn neben dem Erreichen des Randkohlenstoffgehalts CR, der Aufkohlungs­tiefe At und der zusätzlichen Zielgröße CV auch keine höheren Kohlenstoffgehalte als CR im Kurvenverlauf zwischen CR und CV vorhanden sind. Hierdurch wird ein völlig gerader Kohlenstoff­verlauf in der äußersten Randschicht erzielt und wird auch die kleinste Wölbung der Kohlenstoffverlaufskurve in diesem Be­reich nach oben verhindert.

    [0013] Anstelle der Regelung über einen oder mehrere zusätliche Pro­filpunkte des Kohlenstoffprofils kann auch derart vorgegangen werden, daß die zusätzliche Zielgröße durch den Vergleich des Inhalts zweier Flächen F₁ und F₂ bestimmt ist, die durch die Flächen zwischen dem zum jeweiligen Zeitpunkt erzielten Ist-C-Profil und dem angestrebten Soll-C-Profil gegeben sind, wobei mit F₁ die Fläche definiert ist, die oberhalb des ange­strebten C-Soll-Profils und mit F₂ die Fläche, die unterhalb des angestrebten C-Soll-Profils liegt, wobei das Umschalten von der Kohlungsphase in die Diffusionsphase vorgenommen wird, sobald F₁ ≧ K x F₂ ist, wobei der Faktor K Werte zwischen 1,0 und 1,3 aufweisen kann.

    [0014] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird eine erhebliche Zeit­ersparnis im Vergleich zu bekannten Verfahren zur Gasaufkoh­lung erreicht und erstmals sichergestellt, daß die rechnerisch festgelegte Kohlenstoffverlaufskurve durch ein Regelverfahren am Werkstück eingehalten wird. Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile des Gegenstandes der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung der zugehörigen Zeichnung, in der das erfindungsgemäße Verfahren schematisch unter Bezugnahme auf verschiedene Ausführungsbeispiele dargestellt ist. In der Zeichnung ziegt:

    Fig. 1 verschiedene Kohlenstoffverlaufskurven (Kohlenstoff­profile) mit Prozeßführung nach dem Stand der Tech­nik,

    Fig. 2 eine Kohlenstoffverlaufskurve nach der Erfindung mit der Regelgröße CV für Aufkohlungstiefen At < 1,0 mm,

    Fig. 3 eine Kohlenstoffverlaufskurve mit der Regelgröße CV für große Aufkohlungstiefen At > 1 mm,

    Fig. 4 ein Ausführungsbeispiel für eine erfindungsgemäß durchgeführte Gasaufkohlung eines Stahles 20 Mn Cr 5,

    Fig. 5 eine zu einem weiteren Ausführungsbeispiel gehörende Kohlenstoff-Verteilung,

    Fig. 6 eine zu einem dritten Ausführungsbeispiel gehörende Kohlenstoff-Verteilung,

    Fig. 7 eine C-Profilregelung über mehrere zusätzliche Ziel­größen und

    Fig. 8 eine C-Profilregelung durch Flächenvergleich.



    [0015] In Fig. 1 der Zeichnung ist gemäß Stand der Technik verdeut­licht, daß Kohlenstoffprofile sehr unterschiedliche Formen bei falscher Prozeßführung, insbesondere bei falscher Wahl der Zy­kluszeiten von Kohlungs- und Diffusionsphasen bei zweistufigen Aufkohlungs-Behandlungen annehmen können. Dabei treten Kohlen­stoffprofile ähnlich den Verlaufskurven 1 und 3 beim Aufkohlen in nicht geringer Häufigkeit auf. Sie haben zur Folge, daß die Qualität der Einsatzhärteschicht solcher Teile durch zu hohen Restaustenitgehalt (Kurve 3) oder Unterhärtung, d.h. zu ge­ringe Härtung (Kurve 1) erheblich gemindert ist. Aus diesem Grund ist ein S-förmiges Kohlenstoffprofil mit einem möglichst breiten horizontalen Bereich am Rand, wie ihn die Kohlenstoff­verlaufskurve 2 in Fig. 1 der Zeichnung zeigt, bei der Aufkoh­lung prozeßtechnisch anzustreben.

    [0016] Zur Erreichung dieses Ziels wird als dritte Zielgröße neben dem Randkohlenstoffgehalt CR und der Aufkohlungstiefe At ein Punkt auf der angestrebten Kohlenstoffverlaufskurve (Kurve 2) ausgewählt, der zwischen 15 % und 90 % der gewünschten Aufkoh­lungstiefe At liegt und mit CV bezeichnet ist, wie in Fig. 2 der Zeichnung schematisch dargestellt ist. Dabei verdeutlicht Fig. 2 im Vergleich zu Fig. 3 die Lage der Zielgröße CV für kleine Aufkohlungstiefen At < 1 mm, während bei schematisch gleichem S-förmigen Verlauf Fig. 3 eine Aufkohlungskurve mit einer Zielgröße CV verdeutlicht, die für große Aufkohlungstie­fen At > 1 mm mit Vorteil angewandt werden kann. In beiden Fällen wird der Aufkohlungsprozeß mit Hilfe eines Pro­zeßrechners so gesteuert, daß alle drei Zielgrößen CR, CV und At und damit der vorgegebene S-förmige C-Verlauf erreicht wer­den.

    [0017] Dazu wird die angestrebte Zielkurve des C-Profils definiert und der zusätzliche Zielpunkt CV im genannten Bereich des Pro­fils festgelegt. Die Festlegung des Punktes CV erfolgt auf­grund von Erfahrungswerten, die geeigneterweise im Prozeßrech­ner abgelegt sind. Im Falle der C-pegelgesteuerten Gasaufkoh­lung erfolgt dann die erste Phase des Aufkohlungsprozesses auf konventionelle Art durch Einstellung und Regelung eines möglichst hohen C-Pegels knapp unterhalb der Rußgrenze. Der eindiffundierende Kohlenstoff wird zusammen mit der Zunahme des Randkohlenstoffgehaltes CR durch den Prozeßrechner rechne­risch verfolgt und der C-Pegel solange konstantgehalten, solange die errechnete C-Verlaufskurve den vorgegebenen Ziel­größenwert CV noch nicht tangiert.

    [0018] Bei Erreichen des Zielgrößenwertes CV durch die errechnete C-Verlaufskurve wird der C-Pegel-Sollwert auf einen Wert her­abgesetzt, der dem vorgegebenen Randkohlenstoffgehalt CR ent­spricht und dort geregelt, bis die C-Verlaufskurve wieder un­ter den Wert der Zielgröße CV fällt.

    [0019] Ab diesem Moment wird der C-Pegel wieder auf seinen ursprüng­lichen Sollwert, d.h. knapp unterhalb der Rußgrenze, angehoben. Dadurch steigt die C-Verlaufskurve wieder an. Erreicht sie in einem Punkt wieder den Wert der Zielgröße CV, so wiederholt sich der oben beschriebene Vorgang.

    [0020] Durch die zyklische Schaltung des C-Pegels zwischen zwei Sollwerten in dieser Phase der Behandlung gelingt es, die C-Verlaufskurve immer nahe dem Zielgrößenwert CV zu halten, während die Eindringtiefe des Kohlenstoffs immer mehr zunimmt, bis die vorgegebene Aufkohlungstiefe At erreicht ist.

    [0021] Bei oder kurz vor Erreichen der Aufkohlungstiefe At hält der Prozeßrechner den C-Pegel auf dem unteren Sollwert, damit der Randkohlenstoffgehalt CR eingestellt wird.

    [0022] Um einen völligen horizontalen Kohlenstoffverlauf in der äußersten Randschicht des Werkstücks zu erzielen, wird dem Prozeßrechner als zusätzliche Bedingung aufgegeben, die Auf­kohlung erst zu beenden, wenn neben dem Erreichen von CR, At und CV auch keine höheren Kohlenstoffgehalte als CR im Kurven­verlauf zwischen CR und CV vorhanden sind. Diese Zusatzbe­dingung ist geeignet, auch die kleinste Wölbung der Kohlen­stoffverlaufskurve nach oben zu verhindern.

    [0023] Am Beispiel der C-pegelgesteuerten Gasaufkohlung eines Werk­stückes aus Stahl 20 Mn Cr 5 sei die erfindungsgemäße C-Pro­filregelung nachfolgend für drei verschiedene Aufkohlungstie­fen von 0,2 mm, 0,9 mm und 2,0 mm erläutert.

    1. Ausführugsbeispiel gemäß Fig. 4:



    [0024] Die Figur zeigt den Fall der niedrigen Aufkohlungstiefe von 0,2 mm. Die Kohlungstemperatur ist mit 900° C und der C-Pegel mit 1,10 % C unterhalb der Rußgrenze zu Beginn des Prozesses eingestellt. Die vorgegebenen Zielgrößen sind:

    a. CR = 0,80 % C

    b. At = 0,2 mm bei 0,35 % C

    c. S-förmige Kohlenstoffverlaufskurve.



    [0025] Zur Durchführung des Gasaufkohlungsverfahrens mit obigen Ziel­größen wird die Lage des Regelpunktes CV auf der C-Verlaufs­kurve mit 0,65 % C bei 0,08 mm Randabstand im Werkstück fest­gelegt. Anschließend führt der Prozeßrechner die Aufkohlung bei dem C-Pegel von 1,10 % C solange durch, bis der errechnete Kohlenstoffverlauf den Punkt CV erreicht. Es wird dann der C-Pegel auf den Wert 0,8 % C, nämlich der Zielgröße des Rand­kohlenstoffgehalts, erniedrigt. Weitere Werte ergeben sich aus der Zeichnung.

    [0026] Nach insgesamt 21 min. Behandlung ist der Randkohlenstoffge­halt mit 0,79 % C, die Aufkohlungstiefe At mit 0,20 mm und CV mit 0,66 % C erreicht.

    2. Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 5:



    [0027] Die Figur zeigt den Fall der mittleren Aufkohlungstiefe von 0,9 mm. Die vorgegebenen Zielgrößen sind:

    a. CR = 0,80 % C

    b. At = 0,90 mm

    c. S-förmiges C-Profil.



    [0028] Die Kohlungstemperatur wird zu 940° C und der Kohlungs-C-Pegel zu 1,20 % C gewählt. Die Lage der dritten Zielgröße CV auf dem angestrebten S-förmigen C-Profil wird mit 0,68 % C bei 0,40 mm vorgegeben.

    [0029] Die erfindungsgemäße Prozeßführung erreicht die drei Ziel­größen CR, At, CV nach einer gesamten Aufkohlungsdauer von genau 188 min.

    3. Ausführungsbeispiel gemäß Fig. 6:



    [0030] Die Figur zeigt den Fall der großen Aufkohlungstiefe von 2,0 mm. Die vorgegebenen Zielgrößen lauten:

    a. CR = 0,80 % C

    b. At = 2,00 mm

    c. S-förmiges C-Profil.



    [0031] Die Kohlungstemperatur wird zu 950° C und der Kohlungs-C-Pegel zu 1,20 % C gewählt. Die Lage der dritten Zielgröße CV auf dem angestrebten S-förmigen C-Profil wird mit 0,60 % C bei 1,20 mm vorgegeben.

    [0032] Die erfindungsgemäße Prozeßführung erreicht diese Werte nach einer gesamten Aufkohlungsdauer von 847 min. Die Zielgrößen At und CV sind mit 2,01 mm (statt 2,00 mm) und mit 0,62 % C (statt 0,60 % C) leicht überschritten. Dies kommt daher, daß der Prozeßrechner die Aufkohlung solange weitergeführt hat, bis zwischen CR und CV kein höherer C-Wert als CR mehr war.

    [0033] Fig. 7 der Zeichnung zeigt eine C-Profilregelung über mehrere zusätzliche Zielgrößen CV¹, CV² und CV³, die auf der Kohlen­stoffverlaufskurve liegen. Dabei wird die Steuerung des Auf­kohlungsprozesses wie folgt vorgenommen:

    a. Aufkohlen bei hohen Werten CP¹ solange, bis die Zielgröße CV¹ erreicht ist.

    b. Absenken des Kohlenstoffpegels von CP¹ auf CP² ungefähr gleich CR + 1/2 x (CP¹ - CR), d.h. auf einen Wert, der > CR ist und < CP¹ ist und Aufkohlen solange, bis die zusätzliche Zielgröße CV² erreicht ist.

    c. Absenken des Kohlenstoffpegels von CP² auf CP³ = CR und Aufkohlen, bis die zusätzliche Zielgröße CV³ erreicht ist, womit gleichzeitig auch die Aufkohlungstiefe At eingestellt ist.

    d. Fällt das C-Profil vorher unter eine der Zielgrößen CV¹ und CV² wird der Kohlenstoffpegel CP noch einmal auf das nächsthöhere Niveau heraufgesetzt, z.B. von CP³ auf CP² (oder von CP² auf CP¹), je nachdem welches CV als zusätzliche Zielgröße unterschritten wurde. Auf diesem CP-Wert wird solange gehalten, bis das vorher unterschrittene CV wieder überschritten ist. Anschließend wird die Aufkohlung nach obiger Anweisung fortgesetzt, bis die Endwerte erreicht sind.



    [0034] Fig. 8 der Zeichnung zeigt eine C-Profilregelung durch Flä­chenvergleich. Dabei wird die Kohlung bei hohem C-Pegel in der Kohlungsphase durchgeführt bis die Fläche F₁ ≧ K x F₂ ist, wo­bei die K-Werte zwischen 1,0 und 1,3 liegen können. Es erfolgt dann das Umschalten auf die Diffusionsphase mit abgesenktem Kohlenstoffpegel CP (z. B.: CP = CR). DIe Diffusionsphase wird durchgeführt bis F₁ = 0 und F₂ = 0 eingestellt sind. Dies wird durch den Prozeßrechner ermittelt.

    [0035] Wird F₁ = 0, ohne daß F₂ ungefähr gleich 0 ist, d.h. wenn F₂ noch deutlich > 0 ist, dann soll der Kohlenstoffpegel CP noch einmal etwas erhöht werden, womit auch F₁ wieder > 0 wird. Die Kohlung bei hohem C-Pegel wird dann gemäß Aufangsphase fortge­setzt.

    [0036] Wird dagegen F₂ = 0, ohne daß F₁ bereits ungefähr gleich 0 ist, d.h. wenn F₁ noch deutlich > 0 ist, dann wird noch so­lange in der Diffusionsphase weiter gearbeitet, bis F₁ unge­fähr gleich 0 eingestellt ist.

    [0037] Mit den beschriebenen 2-stufigen Prozeßführungen, bestehend aus Kohlungsphase und Diffusionsphase ist es über die zusätz­liche Zielgröße möglich, das optimale Verhältnis von Kohlungsdauer zu Diffusionsdauer zu erhalten oder im Kohlungsprozeß zu korrigieren, damit als Endresultat der gewünschte Randkohlenstoffgehalt bei der vorgegebenen Einsatzhärtetiefe erreicht wird, wobei die Kohlenstoffverlaufskurve einen horizontalen Randverlauf aufweist.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur Gasaufkohlung von Stahl, bei dem das aufzu­kohlende Werkstück in einer kohlenstoffreichen Gasatmosphä­re in einer ersten Kohlungsphase einem möglichst hohen C-Angebot an der Rußgrenze ausgesetzt wird und bei dem in einer sich anschließenden Diffusionsphase ein demgegenüber abgesenktes, dem angestrebten Randkohlenstoffgehalt ent­sprechendes C-Angebot eingestellt wird, wobei die Aufkohlung über die beiden Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und Aufkohlungstiefe At geregelt wird,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß zusätzlich zu den Zielgrößen Randkohlenstoffgehalt CR und Aufkohlungstiefe At der Regelung der Aufkohlung zumin­dest eine weitere, für die Kohlenstoffverlaufskurve charakteristische Zielgröße vorgegeben wird, bei deren Erreichen der für die Kohlungsphase kennzeichnende Kohlen­stoffpegel abgesenkt und die Diffusionsphase eingeleitet wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere, vorzugsweise drei, für die Kohlenstoffverlaufskurve charakteristische Zielgrößen der Regelung zusätzlich vorgegeben werden.
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, d daß die Aufkohlung aus der Diffusionsphase heraus erneut in die Kohlungsphase gefahren wird, sobald die Kohlenstoffverlaufskurve unter die zusätzliche Zielgröße fällt, wobei bei deren erneutem Erreichen wieder auf die Diffusionsphase zurückgeschaltet wird.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 3, gekennzeichnet durch eine mehr­malige zyklische Umschaltung zwischen Kohlungsphase und Diffusionsphase.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß die zusätzliche Zielgröße ein Kohlenstoffge­halt CV mit Randabstand x auf der berechneten Kohlenstoffverlaufskurve ist, der zwischen 15 % und 90 % der Aufkohlungstiefe At liegt und bei dessen Erreichen von einem Kohlungspegel an der Rußgrenze, beispielsweise bei 1,2 Gew. % C, auf die Diffusionsphase mit beispielsweise 0,8 Gew. % C umgeschaltet wird.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß mehrere Kohlenstoffgehalte CV¹ bis CVn mit entsprechenden Randabständen x₁ bis xn auf der Kohlenstoffverlaufskurve als zusätzliche Zielgröße der Regelung zugrundegelegt werden.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 5 und 6, dadurch gekennzeichnet, daß die angestrebte Kohlenstoffverlaufskurve rechnerisch definiert wird, die zusätzliche Zielgröße bzw. Zielgrößen CV aufgrund von Erfahrungswerten festgelegt wird, die im Prozeßrechner abgelegt sind, wobei dann in der Kohlungsphase des Aufkohlungsprozesses mit einem möglichst hohen C-Pegel kurz unterhalb der Rußgrenze der Aufkohlungs­prozeß begonnen wird, dabei der in das Werkstück eindiffun­dierende Kohlenstoff über die Zunahme des Randkohlenstoff­gehalts CR durch den Prozeßrechner rechnerisch verfolgt wird und der C-Pegel konstantgehalten wird, solange die er­rechnete Kohlenstoffverlaufskurve die vorgegebene Zielgröße CV noch nicht tangiert, daß bei Erreichen der Zielgröße CV durch die Kohlenstoffverlaufskurve der C-Pegel auf einen Wert herabgesetzt wird, der dem vorgegebenen Randkohlen­ stoffgehalt CR entspricht und daß mit diesem herabgesetzten C-Pegel in der Diffusionsphase der Kohlungsprozeß solange fortgesetzt wird, bis die gewünschte Aufkohlungstiefe er­reicht ist.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß bei einem Fallen der Kohlenstoffverlaufskurve in der Diffu­sionsphase unter den Wert der Zielgröße CV der C-Pegel wie­der auf den Wert der Kohlungsphase angehoben wird, wobei dieser Vorgang der zyklischen Schaltung des C-Pegels zwi­schen den zwei Zielgrößen CR und CV solange fortgesetzt wird, bis die vorgegebene Aufkohlungstiefe At erreicht ist.
     
    9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß die zusätzliche Zielgröße durch den Vergleich des Inhalts zweier Flächen F₁ und F₂ bestimmt wird, die durch die Flächen zwischen dem zum jeweiligen Zeitpunkt er­zielten Ist-C-Profil und dem angestrebten Soll-C-Profil ge­geben sind, wobei mit F₁ die Fläche definiert ist, die oberhalb des angestrebten C-Soll-Profils und mit F₂ die Fläche, die unterhalb des angestrebten C-Soll-Profils liegt.
     
    10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekenn­zeichnet, daß die Aufkohlung erst beendet wird, wenn neben dem Erreichen von CR, At und CV keine höheren Kohlenstoff­gehalte als CR in der Kohlenstoffverlaufskurve zwischen CR und CV vorhanden sind, insbesondere die Abbruchbedingung % CR ≧ % Cx₁ ≧ % Cx₂ ... ≧ % CV gegeben ist.
     




    Zeichnung