[0001] Die Erfindung betrifft durch hydrolytische Polykondensation von Lactamen in Gegenwart
kleiner Mengen von α-Amino-ε-caprolactam (ACL) und etwa äquivalenter Mengen an Polycarbonsäuren
(vorzugsweise Dicarbonsäuren) hergestellte, thermoplastisch verformbare, verzweigte
aliphatische Polyamide, sowie ein Verfahren zur ihrer Herstellung, das sich durch
erheblich verkürzte Polykondensationszeiten auszeichnet, ohne daß sich vernetzte
Produkte bilden. Das Verfahren benutzt gegebenenfalls zusätzlich eine Festphasen-Nachkondensation,
wobei eine schnelle Weiterkondensation zu zwar verzweigten, aber m-Kresol-löslichen
Produkten mit erhöhter Schmelzviskosität erfolgt.
[0002] Polyamide sind eine seit vielen Jahren für eine Vielzahl praktischer Anwendungen
bewährte Klasse von Polymeren, die nach verschiedenen Verfahren hergestellt werden
können, die aus sehr unterschiedlichen Polyamid-bildenden Bausteinen synthetisiert
werden können und die im speziellen Anwendungsfall allein oder auch in Kombination
mit Verarbeitungshilfsmitteln, polymeren Legierungspartnern oder auch mineralischen
Verstärkungsmaterialien (wie z.B. Füllstoffe oder Glasfasern) zu Werkstoffen mit
speziell eingestellten Eigenschaftskombinationen ausgerüstet werden können. So werden
Polyamide in großen Mengen zur Herstellung von Fasern, Kunststoff-Formteilen und Folien,
aber auch z.B. als Schmelzkleber und Hilfsmittel in einer Vielzahl von Anwendungen
technisch verwendet.
[0003] Während Lactame kationisch, hydrolytisch (mit Wasserzusatz) oder auch anionisch
zu Polyamiden umgewandelt werden können, kommt für die Polyamid-Herstellung aus polyamidbildenden
Monomeren wie Diaminen, Dicarbonsäuren bzw. geeigneten Derivaten und Aminocarbonsäuren,
auch in Kombination mit Lactamen, im wesentlichen nur die Polykondensations-Reaktion
in Frage (s. Vieweg, Müller; Kunststoff-Handbuch, Bd. VI, S. 11 ff, Carl-Hanser Verlag,
München 1966).
[0004] Auch bei der Herstellung von Polyamiden aus Lactamen, z. B. von Polyamid-6 aus ε-Caprolactam,
hat die "hydrolytische Polymerisation" die größte Bedeutung.
[0005] Zur Herstellung der Polyamide sind eine Vielzahl von Verfahrensweisen bekannt geworden,
wobei je nach gewünschtem Endprodukt unterschiedliche Monomerbausteine zur Bestimmung
der Matrixnatur, verschiedene Kettenregler zur Einstellung eines angestreben mittleren
Molgewichts oder auch Monomere mit "reaktiven"Gruppen für später beabsichtigte Nachbehandlungen
(z. B. Aminogruppen oder Sulfonatgruppen zur besseren Anfärbbarkeit von Fasern mit
sauren bzw. basischen Farbstoffen) eingesetzt werden.
[0006] Kontinuierliche Herstellungsverfahren sind ebenso bekannt wie die diskontinuierliche
Produktion, z. B. in Autoklaven.
[0007] Bei allen Methoden zur Herstellung von (Co)Polyamiden durch Polykondensation bzw.
durch hydrolytische Polymerisation der Lactame ist jedoch gemeinsam, daß ausgehend
von geeigneten Monomermischungen die Herstellung der (Co)Polyamide mindestens 6, vorzugsweise
6 - 12 Stunden Reaktionszeit in Anspruch nimmt, bis die Polyamide zum Abspinnen von
Strängen aus der Polymerschmelze ausreichend hohe Molgewichte erreicht haben bzw.
die Molgewichte für den geplanten Praxiseinsatz ausreichend hoch sind.
[0008] Unabhängig von der langen Reaktionszeit ist in vielen Fällen noch eine Nachkondensation
- z. B. in der Festphase - erforderlich, um noch höhere Molgewichte zu erzielen.
Diese bedingt zwangsläufig - wegen der relativ geringeren Reaktionsgeschwindigkeit
- verhältnismäßig lange Nachkondensationszeiten bei relativ hohen Temperaturen, welche
oft schädigend (Farbe, Oxidation, Gelteilchenbildung) wirken.
[0009] Die zur Herstellung der (Co)Polyamide erforderlichen langen Reaktionszeiten begrenzen
somit gravierend die Kapazität der Herstellanlagen und sind insbesondere, da die Reaktion
bei Temperaturen von über 200°C, meist über 250°C, immer aber oberhalb des Schmelzpunktes
des herzustellenden Produktes erfolgen muß, in hohem Maße energieverbrauchend und
kostspielig.
[0010] Eine wesentliche Verkürzung der Reaktionszeiten bei der Herstellung von (Co)Polyamiden
- ohne Verzicht auf die bekannten guten anwendungstechn. Eigenschaften der Produkte
- wäre somit als großer, insbesondere kosten- und energie-sparender Fortschritt anzusehen.
[0011] Überraschend wurde nun gefunden, daß die Polykondensationszeit zur Herstellung von
(Co)Polyamiden aus Lactamen drastisch verkürzt werden kann, wenn man den polyamidbildenden
Ausgangsmonomeren kleine Mengen von α-Amino-ε-caprolactam und etwa äquimolare Mengen
einer (Poly)carbonsäure zusetzt. Bei niedrigen Polykondensationstemperaturen werden
dabei niedrige Gehalte an Caprolactam-Monomeren/Oligomeren im Polyamid erhalten.
[0012] Unabhängig von der eigentlichen Herstellung der Polyamide ist allerdings für viele
Anwendungen, welche noch höhermolekulare Produkte erfordern, z.B. die Extrusion zu
Folien oder Halbzeug, eine weitere Steigerung des Molekulargewichts erforderlich.
Diese kann in den üblicherweise eingesetzten Polykondensationsanlagen, z.B. Autoklaven
bei diskontinuierlicher Produktion oder VK- Rohren bzw. Rohrreaktoren bei kontinuierlicher
Produktion, nur schlecht erfolgen, da die stark ansteigende Schmelzviskosität zu
verschiedenen Problemen führt. So wird die Temperaturführung sowie die Entfernung
des Reaktionswassers immer schwieriger, und die große Reaktionszeit bei den notwendigen
hohen Temperaturen führt in verstärktem Maß zu Nebenreaktionen und Gelteilchenbildung,
die die Qualität des Endprodukts drastisch verschlechtern können. Auch das Abspinnen
wird zunehmend schwieriger bei sehr hohen Schmelzviskositätswerten.
[0013] Hier bietet die Festphasennachkondensation entscheidende Vorteile. Aufgrund der weitaus
geringeren Reaktionstemperaturen (ca. 180 - 220°C, je nach Polyamid, im Vergleich
zu 250 bis 280°C bei der Schmelzekondensation) wird die Gefahr unerwünschter Nebenreaktionen
und Vergelung reduziert; die Tatsache, daß es sich bei dem nachzukondensierenden Material
um definierte Partikel mit vorhandenem Zwischenteilchenvolumen handelt, erleichtert
zusammen mit der Variante, das Granulat kontinuierlich zu bewegen, z.B. in Taumeltrocknern,
die Aufrechterhaltung einer gleichmäßigen Reaktionstemperatur sowie die Entfernung
des Reaktionswassers. Da es sich um Partikel handelt, kommt es auch nicht zu Abspinnproblemen.
[0014] Das Festphasen-Nachkondensationsverfahren wird zwar industriell in großem Maße zur
Herstellung höhermolekularer Polyamide eingesetzt, dennoch beinhaltet auch dieses
Verfahren eine Reihe von Nachteilen, die ihre Ursache in der relativ niedrigen Nachkondensationsgeschwindigkeit
haben. So erfordert das übliche Nachkondensationsverfahren immer noch einen hohen
Zeit- und Energieaufwand. Aufgrund der beträchtlichen Verweilzeit bei Reaktionstemperatur
ist das Verfahren außerdem in hohem Maße anlagenintensiv.
[0015] Es wäre somit als großer technologischer, insbesondere kostensparender Fortschritt
anzusehen, wenn die Festphasennachkondensation von Polyamiden wesentlich beschleunigt
und/oder bei tieferen Temperaturen durchgeführt werden könnte, ohne daß Nachteile
bei den Polyamideigenschaften in Kauf genommen werden müßten.
[0016] Überaschend wurde nun gefunden, daß die erfindungsgemäßen, mit α-Amino-ε-caprolactam
(ACL)-modifizierten Polyamide sich ungewöhnlich rasch selbst zu sehr hochmolekularen
Produkten in der festen Phase nachkondensieren lassen, wobei gleichzeitig auch noch
die Reaktionstemperatur gesenkt werden kann.
[0017] Dieser Effekt ist trotz der Tatsache, daß die eigentliche Schmelzepolykondensation
durch ACL beschleunigt wird, unerwartet und nicht vorhersehbar gewesen, da bekanntlich
die Schmelzepolykondensation und die Festphasennachkondensation ganz verschiedenen
Gesetzmäßigkeiten und Mechanismen folgen (siehe z.B. R.J. Gaymans, J. Amirtharaj,
H. Kamp, J. Appl. Polym. Sci.
27, 2513-2526 (1984); L.B. Sokolov; Solid Phase Polymerization, Syntheses by Polycondensation
Publ. Israel Programm for Scientific Translation, 1968).
[0018] Weiter wurde gefunden, daß hochmolekulare, wahrscheinlich verzweigte (Co)Polyamide
mit deutlich erhöhter Schmelzviskosität gegenüber ACL-freien (Co)Polyamiden erhalten
werden, wenn man eine Festphasen-Nachkondensation mit erheblich verkürzter Reaktionszeit
und relativ niedrigen Temperaturen durchführt.
[0019] Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Herstellung von (Co)Polyamiden
aus einem oder mehreren Lactamen, dadurch gekennzeichnet, daß der zu polymerisierenden,
polyamidbildenden Mischung 0,02 -2 Gew.-%, vorzugsweise 0,1 - 1,0 % α-Amino-ε-caprolactam
(im folgenden als ACL bezeichnet) und in etwa äquimolare Mengen einer Polycarbonsäure
(und gegebenenfalls ω-Aminocarbonsäure) zugesetzt werden und daß gegebenenfalls
diese ACL-modifizierten (Co)Polyamide in der Festphase zu verzweigt aufgebauten, aber
noch in m-Kresol löslichen (Co)Polyamiden mit erhöhter Schmelzviskosität nachkondensiert
werden.
[0020] Gegenstand der Erfindung sind auch die so erhältlichen ACL-modifizierten Polyamide
mit veränderter Struktur (offensichtlich verzweigtem Aufbau und veränderter Fließeigenschaft),
sowie daraus hergestellte Formkörper. Eine besondere Erhöhung der Anfärbbarkeit wird
nicht beobachtet, jedoch tragen die Polyamide etwas erhöhte Aminoendgruppen-Gehalte.
[0021] Es sind viele Versuche beschrieben worden, durch Cokondensation mit basische Gruppen
enthaltenden, polyamidbildenden Bausteinen basische Polyamide zu erhalten, die insbesondere
bei Einsatz als Fasern mit sauren Farbstoffen leichter anfärbbar sind.
[0022] So wird in der DE-A 1 770 754 z. B. offenbart, daß mit einer Reihe von verschiedenen
derartigen Zusatzstoffen eine verbesserte Anfärbbarkeit von Polyamidfasern und eine
höhere Farbintensität erreichbar ist. Als eines von mehreren Beispielen zu verwendender
Zusatzstoffe wird dort auch ACL genannt, wobei das im aufgeführten Beispiel (VIII)
beschriebene Polyamid sich von den anderen nicht charakteristisch unterscheidet.
[0023] Ein Hinweis auf eine reaktionsverkürzende Eigenschaft speziell ausgewählter ACL/Dicarbonsäure-Zusätze
fehlt völlig; die Polykondensationszeit betrug dort 16 Stunden. Dies ist umso verständlicher,
da bei allen anderen genannten Zusatzstoffen eine entsprechende reaktionsverkürzende
Wirkung, wie in der vorliegenden Erfindung beschrieben, nicht sichtbar ist. (Siehe
auch Vergleichsversuch im Beispielteil der Anmeldung).
[0024] In der EP-A 0 013 553 wird beschrieben, daß ein Polymer aus ACL bisher nicht bekannt
sei und man vermutet dazu, daß wegen der Reaktionsmöglichkeiten der Aminogruppe Vernetzung
resultieren müsse. Laut EP 0 013 553 werden daher besser anfärbbare Polyamide aus
N,N-Dialkyl-substituierten α-Amino-ε-Caprolactamen, die sich durch spezielle Löslichkeitseigenschaften
auszeichnen, aufgebaut. Diese Dialkyl-substituierten ACL zeigen jedoch in kleinen
Mengen keinerlei positiven Einfluß auf die Polymerisation von Lactamen und wirken
in größerer Menge als Polymerisationsverzögerer.
[0025] Es wurde gefunden, daß ACL bei der Polymerisation von Lactamen als alleiniger Zusatz
als Molekulargewichtvermindernder Kettenregler wirkt und dementsprechend bei Konzentrationen
von etwa >1 % sogar den Aufbau hochmolekularer Polyamide verhindert.
[0026] Es war somit völlig unvorhersehbar und überraschend, daß die erfindungsgemäß beanspruchte
Kombination an ACL und Polycarbonsäuren, vorzugsweise Dicarbonsäuren, zum Reaktionsbeginn
dem Monomeransatz zugesetzt, zu einer drastischen Beschleunigung der Polyamidbildung
bei trotzdem erzielbaren hohen Molekulargewichten im resultierenden Polyamid führt.
[0027] Als Lactame in Sinne der Erfindung sind Lactame mit 5 - 13 Ringgliedern wie z. B.
Pyrrolidon, ε-Caprolactam, Önanthlactam, Capryllactam und Laurinlactam allein oder
im Gemisch geeignet, vorzugsweise ε-Caprolactam und Laurinlactam. Ganz bevorzugt wird
ε-Caprolactam eingesetzt.
[0028] α-Amino-ε-caprolactam (ACL) ist eine bekannte Substanz und kann nach bekannten Verfahren
hergestellt werden (Herstellung s. CAS-Nr. 671/42/1).
[0029] Geeignete Polycarbonsäuren zur Kombination mit ACL sind vorzugsweise aliphatische
Dicarbonsäuren mit 6 - 12 C-Atomen, aromatische Dicarbonsäuren mit 8 - 18 C-Atomen,
so z. B. Adipinsäure, Trimethyladipinsäure, Suberinsäure, Azelainsäure, Sebacinsäure,
Dodecandisäure, Isophthalsäure, Terephthalsäure. Besonders bevorzugt werden Adipinsäure,
Azelainsäure und Isophthalsäure eingesetzt. In Mengen bis 20 Äquivalentprozent der
Carbonsäuregruppen können auch Monocarbonsäuren wie Essigsäure oder Benzoesäure eingesetzt
werden. Die aromatischen Dicarbonsäuren werden in untergeordneten Mengen (maximal
etwa 40 Mol-% der Dicarbonsäuren) eingesetzt.
[0030] Da der Reaktionszeit-verkürzende Effect des ACL völlig überraschenderweise nur in
Gegenwart der Polycarbonsäuren wirksam ist, kann vermutet werden, daß protoniertes
ACL die aktive Species ist.
[0031] Zur Beschleunigung der Lactampolymerisation sind 0,1 - 2 Gew.-%, vorzugsweise 0,2
- 1 Gew.-%, besonders bevorzugt 0,3 - 0,7 Gew.-% ACL sowie die etwa äquivalenten
Mengen Dicarbonsäure erfindungsgemäß einzusetzen. Die Zugabe der ACL-Dicarbonsäure-Komponenten
kann getrennt oder gemeinsam, gegebenenfalls in wäßriger Lösung, erfolgen, in jedem
Falle aber vorteilhaft vor oder zu Beginn der Reaktion. Während äquivalente Mengen
an Carbonsäuregruppen (bezogen auf die α-Aminogruppe in ACL) bevorzugt sind, können
etwa 0,75 - 1,10 Äquivalente, bevorzugt 0,85 -1,03 Äquivalente, insbesondere 0,90
-1,00 Äquivalente an Carbonsäuregruppen verwendet werden.
[0032] Die Polykondensationszeit läßt sich dabei z. B. bei 270°C von ca. 6 - 10 h auf 0,5
- 3 h reduzieren. Bevorzugt werden Polykondensationszeiten von 1 bis 3 Stunden bei
Temperaturen von 240 - 285°C, wobei die längeren Zeiten vorzugsweise den niedrigeren
Temperaturen zuge ordnet sind, die kurzen Zeiten vorzugsweise den höheren Temperaturen.
Es ist möglich, die Polykondensationsreaktion - sowohl diskontinuierlich als auch
in kontinuierlicher Form, z. B. in Röhrenreaktoren, Ein- oder Zweiwellenextrudern
- gegebenenfalls unter Nachschaltung von Nachkondensationsgefäßen oder -Reaktoren,
durchzuführen.
[0033] Erfindungsgemäß läßt sich die Polykondensationszeit (in Abhängigkeit von der jeweiligen
Polykondensationstemperatur) auf weniger als die Hälfte der üblichen Polykondensationszeit
bei ACL-freien (Co)Polyamiden reduzieren, um zu Polyamiden der gewünschten Schmelzviskosität
zu gelangen.
[0034] Es ist ebenso möglich, die Reaktionsbeschleunigung durch Polyamid-Synthese bei niedrigerer
Temperatur zu nutzen. Dies führt z. B. bei der Polyamid-6-Herstellung aus ε-Caprolactam
zu höheren Polyamid-Ausbeuten bzw. der Temperatur entsprechend niedrigeren Monomer-Gehalten,
Die entstehenden Polyamide haben im Vergleich zu bekannten Vergleichsprodukten bei
vergleichbarer Lösungsviskosität (η
rel, 1 %ig in m-Kresol bei 25°C) charakteristisch höhere Schmelzviskositäten und zeigen
eine ausgeprägte Strukturviskosität, vermutlich eine andere (verzweigte ?) Struktur.
[0035] Die erfindungsgemäß hergestellten Polyamide können in bekannter Weise aus der Schmelze,
vorzugsweise in ein Wasserbad, ausgetragen, gehäckselt, extrahiert und getrocknet
werden.
[0036] Aus den Polyamiden können ebenso in bekannter Weise durch thermoplastische Verarbeitung
Formkörper, Fasern und Folien hergestellt werden.
[0037] Gegebenenfalls können die so erhaltenen, ACL-modifizierten (Co)Polyamide in fester
Phase und bei Temperaturen unter deren Schmelzpunkt nachkondensiert werden, um das
Molekulargewicht bei relativ niedrigen Reaktionstemperaturen zu erhöhen, wobei im
allgemeinen auch eine deutliche Erhöhung der Schmelzviskosität eintritt.
[0038] Zur Herstellung dieser hochmolekularen, verzweigten Polyamide durch Festphasenkondensation
können beliebige, durch Schmelzpolykondensation hergestellte ACL-modifizierte (Co)Polyamide
wie hier gleichfalls beansprucht, eingesetzt werden; besonders geeignet sind z.B.
solche auf Basis von Polyamid 6, 11 oder 12.
[0039] Die Reaktionszeit in der festen Phase bis zum Erreichen einer gewünschten Schmelzviskosität
ist gegenüber nicht ACL-modifizierten Polyamiden drastisch reduziert; die Nachkondensation
kann auch bei deutlich tieferen Temperaturen durchgeführt werden.
[0040] Geeignete Reaktionstemperaturen für die Nachkondensation liegen im Bereich von 140
bis 240°C, bevorzugt 150 bis 210°C, insbesondere 150 bis 200°C. Auf alle Fälle sollte
die Reaktion mindestens 10°C, bevorzugt mindestens 20°C, unterhalb des Schmelzpunktes
des jeweiligen Polyamids durchgeführt werden.
[0041] Die Kondensationszeit kann zwischen wenigen Minuten und ca. 30 Stunden, bevorzugt
zwischen 0,5 und 20 Stunden, gewählt werden. Sie beträgt insbesondere 1 bis 15 Stunden.
Die längeren Reaktionszeiten sind dabei besonders bei den niedrigeren Nachkondensationstemperaturen
zu verwenden, die kürzeren Reaktionszeiten entsprechen vorzugsweise den höheren Nachkondensationstemperaturen.
[0042] Alle, üblicherweise für eine Festphasennachkondensation eingesetzten Vorrichtungen
sind zur Herstellung der erfindungsgemäßen Polyamide geeignet. Bevorzugt werden bei
diskontinuierlicher Arbeitsweise Taumeltrockner und Wendelmischer eingesetzt. Auch
kontinuierliche Feststoff-Nachkondensationsverfahren sind zur Herstellung der erfindungsgemäßen
Polyamide geeignet.
[0043] Die hochmolekularen, verzweigten Polyamide haben im Vergleich zu bekannten Vergleichsprodukten
bei ähnlicher Lösungsviskosität (η
rel, 1 %ig in m-Kresol bei 25°C) charakteristisch höhere Schmelzviskositätswerte und
zeigen eine ausgeprägte Strukturviskosität.
[0044] Die hochmolekularen, verzweigten Polyamide sind geeignet für alle Anwendungen hochmolekularer
Polyamide, insbesondere jedoch für die Extrusion zu Folien oder Halbzeug, oder auch
zur Herstellung von Fasern und Borsten, oder als Basis zur Herstellung besonders schlagzäher,
tieftemperaturfester Polyamid-Mischungen mit an sich bekannten Schlagzäh-Modifikatoren.
[0045] Die nachfolgenden Beispiele dienen zur Erläuterung der Erfindung ohne sie in irgendeiner
Weise darauf einzuschränken.
[0046] Die Schmelzviskositätswerte wurden mit einem Contravis RM 300 Platte-Kegel-Viskosimeter
bei den angegebenen Temperaturen gemessen.
Beispiel 1
[0047] 9,8 kg ε-Caprolactam, 200 g einer 50 %igen wäßrigen Lösung von α-Amino-ε-caprolactam
(ACL) (entspricht 1 Gew.-%, bezogen auf ε-Caprolactam-Menge), 50 g Azelainsäure und
1 l destilliertes Wasser werden in einem 25 l Druckautoklaven eingewogen. Durch dreimaliges
Aufdrücken von 3 bar Stickstoff und anschließendes Entspannen wird eine Stickstoffatomosphäre
im Autoklaven erreicht. Man heizt zügig (ca. 1 Stunde) auf 200°C auf und rührt unter
Eigendruck 1 Stunde bei 200°C. Dann wird in ca. 1 Stunde auf Normaldruck entspannt,
zügig auf 270°C aufgeheizt und dann 1 Stunde bei 270°C polykondensiert, wobei 40
l N₂/h übergeleitet werden.
[0048] Man läßt absetzen und drückt das Polyamid mit Überdruck als Strang durch das Bodenventil
in ein Wasserbad.
[0049] Nach Granulierung und Extraktion mit destilliertem Wasser erhält man 8,74 kg Polyamid-6
mit einer relativen Viskosität (1 %ig in m-Kresol bei 25°C) von 3,5. Das Produkt hat
eine sehr hohe Schmelzviskosität (siehe Abb. 1).
Beispiel 2
[0050] Analog Beispiel 1 wird ein Polyamid hergestellt aus 10,0 kg ε-Capolactam, 100 g (390
mMol) α-Amino-ε-caprolactam (als 50 %ige wäßrige Lösung) und 35 g (186 mMol) Azelainsäure.
Das Polyamid hat eine relative Viskosität von 3,1. Die Schmelzviskosität entspricht
in etwa derjenigen bekannter Polyamid-6-Produkte mit einer relativen Viskosität von
3,8.
Vergleichsversuch 1
[0051] Analog Beispiel 1 wird ein Polyamid hergestellt, ohne die Zusätze von α-Amino-ε-caprolactam
und Azelainsäure. Man erhält ein Polyamid mit einer relativen Viskosität von 2,1,
das sich wegen sehr niedriger Schmelzviskosität kaum abspinnen läßt.
Vergleichsversuch 2
[0052] Analog Vergleichsversuch 1 wird ein Polyamid hergestellt, aber 6 Stunden bei 270°C
polykondensiert. Man erhält ein Polyamid mit einem η
rel 3,0, dessen Schmelzviskosität erheblich niedriger als die des Produktes von Beispiel
2 ist.
Vergleichsversuch 3
[0053] Beispiel 1 wird wiederholt mit dem Unterschied, das die Zusätze an ACL und Azelainsäure
erst nach der Entspannung bei 200°C zugesetzt wird. Das nach 1 Stunde Polykondensationszeit
erhaltene Produkt hat eine relative Viskosität von 2,2, nach 6 Stunden einer solchen
von 3,0. Es ist also vorteilhafter, die Zusätze von Aminocarbonsäure und Dicarbonsäure
bereits zu Beginn der polyamidbildenden Umsetzungen einzumischen.
Beispiel 3
[0054] 90 g ε-Caprolactam, 10,4 g 6-Amino-hexansäure, 1 g ACL und 0,70 g Azelainsäure werden
in einem 250 ml Rundkolben eingewogen. Nach zweimaligem Evakuieren und Entspannen
mit Stickstoff wird unter Rühren in 15 Minuten auf 200°C aufgeheizt und 1 Stunde
bei 200°C gehalten. Dann wird in 10 Minuten auf 270°C erhitzt und 2 Stunden polykondensiert.
Das Granulat wird mit destilliertem Wasser extrahiert. Das Polyamid hat eine relative
Viskosität von 4,2.
Vergleichsversuch 4
[0055] Beispiel 3 wird wiederholt mit dem Unterschied, daß keine Azelainsäure zugesetzt
wird. Nach 2 Stunden bei 270°C ist die Schmelze noch dünnflüssig. Nach 6 Stunden Kondensationszeit
erhält man ein Produkt mit einem η
rel-Wert von 3,2.
Vergleichsversuch 5
[0056] Unter den Bedingungen des Vergleichsversuches 4 erhält man ohne ACL und ohne Azelainsäure
nach 6 Stunden ein Polyamid mit einem η
rel-Wert von 3,9.
[0057] Aus den vorgelegten Vergleichsversuchen ergibt sich, daß ACL alleine als Kettenabbrecher
bei der Polyamidsynthese wirkt.
Beispiel 4
[0058] Beispiel 3 wird wiederholt, wobei die Polykondensationstemperatur mit 240°C gewählt
wurde (statt 270°C) und 0,80 g ACL zusammen mit 0,40 g Adipinsäure zugesetzt wurden.
Man erhält nach 3 Stunden/240°C ein Polyamid mit hoher Schmelzviskosität und einer
relativen Viskosität von 2,9.
Vergleich
[0059] Ohne die Zusätze entsteht unter den gleichen Bedingungen nur eine sehr niedrigviskose
Polyamidschmelze mit einem η
rel-Wert von 1,5.
Beispiel 5
[0060] Analog Beispiel 1 werden 7,0 kg Laurinlactam, 100 g einer 50 %igen wäßrigen ACL-Lösung,
28 g Adipinsäure und 1,5 l destilliertes Wasser in den Autoklaven eingeführt. Es wird
unter Rühren auf 210°C aufgeheizt (20 bar) entspannt, auf 240°C erhitzt (14 bar),
entspannt und auf 270°C aufgeheizt (2 bar). Unter Eigendruck wurde 2 Stunden bei
270°C gerührt, in 15 Minuten entspannt und dann sofort, ohne weitere Polykondensation
bei 270°C, das Polyamid als Strang ausgetragen. Das extrahierte Polyamid (6,7 % Laurinlactamextrakt
mit Methanol) hatte eine relative Viskosität von 3,5. Die Viskosität der Schmelze
in Abhängigkeit von der Schubspannung (gemessen bei 280°C) beträgt
300 Pa/4000 Pa.s bzw.
1000 Pa/3600 Pa.s bzw.
5000 Pa/1900 Pa.s.
Vergleichsversuch 6
[0061] Beispiel 5 wird ohne ACL/Adipinsäure wiederholt. Man erhält ein Polyamid mit einer
relativen Viskosität von 2,8 (nach Extraktion mit Methanol:6,5 % Laurinlactam). Die
Vergleichswerte zur Schmelzviskosität bei 280°C sind
300 Pa/130 Pa.s bzw.
1000 Pa/125 Pa.s bzw.
5000 Pa/110 Pa.s.
[0062] Nach weiteren 4 Stunden Polykondensation bei 270°C erhält man ein Polyamid mit einer
relativen Viskosität von 3,7, dessen Schmelzviskosität jedoch noch immer geringer
ist als die des Produktes aus Beispiel 5:
300 Pa/2000 Pa.s bzw.
1000 Pa/1900 Pa.s.
[0063] In der Fig. 1 wird die Viskosität in Abhängigkeit von der Meßzeit dargestellt. Kurve
1 bedeutet Meßkurven von Beispiel 1, Kurve 2 bedeutet Meßkurven vom Beispiel 2 und
Kurve 2′ bedeutet Meßkurven vom Vergleichsversuch 2. Kurve V entspricht den Meßkurven
an handelsüblichem Polyamid-6 mit einer relativen Viskosität von 3,9 (Durethan® B
40 F der BAYER AG/D 5090 Leverkusen).
Beispiel 6
[0064] In einen 250 ml Rundkolben wurden 92,5 g Caprolactam, 9,4 g 6-Aminocapronsäure, 1,02
g 50 %ige wäßrige ACL-Lösung und 0,38 g Azelainsäure eingewogen. Nach Inertisierung
mit N₂ wurde eine Stunde bei 200°C vorkondensiert, anschließend innerhalb von ca.
15 Minuten auf 270°C aufgeheizt und bei dieser Temperatur die Reaktion für eine gewünschte
Zeit laufen gelassen. Anschließend wurde das Heizbad entfernt, der Kolben abgenommen,
das Polymere nach Erkalten gehäckselt und 24 Stunden lang mit Wasser extrahiert.
[0065] In der Tabelle 1 sind Lösungs- und Schmelzviskositäten zweier Ansätze, die unterschiedliche
Zeiten gelaufen waren, zugegeben. Als Vergleichswerte werden Ansätze, die nicht ACL-modifiziert
sind, angeführt (Ansätze 1 und 3).

Beispiel 7 bis 14
[0066] Jeweils ca. 100 g ACL-modifiziertes PA-6-Granulat wurden an einem Rotationsverdampfer
im N₂-Strom verschiedene Zeiten nachkondensiert. Die Bedingungen waren: 50 U min⁻¹,
170°C, 40 l N₂ h⁻¹.
[0067] In der Tabelle 2 sind die η
rel-Werte sowie die Schmelzviskositäten bei einer Temperatur von 250°C angeführt.
Vergleichsversuch 7
[0068] Ein lineares, typisches Pa-6 (η
rel = 3,7), dessen Schmelzviskosität in etwa der des in den Beispielen 7 bis 14 benutzten
Granulats entsprach, wurde in der oben beschriebenen Weise 7 Stunden lang nachkondensiert.
Es trat nur eine sehr geringe Molekulargewichtserhöhung auf (η
rel = 3,9).
[0069] Die Schmelzviskosität war auch nach der Nachkondensation praktisch unverändert.
Vergleichsversuch 8
[0070] Ein lineares, üblicherweise in der Technik verwendetes Produkt of Basis PA-6 (η
rel = 2,9), dessen relative Lösungsviskosität in etwa der des in den Beispielen 7 bis
14 benutzten Granulats entsprach, dessen Schmelzviskosität aber viel niedriger war
(ca. 190 Pa.s bei 250°C und ca. 1 s⁻¹), wurde in der oben beschriebenen Weise 7 Stunden
lang nachkondensiert. Es trat nur eine relativ geringe Molekulargewichtserhöhung ein
(η
rel = 3,2).
[0071] Die Schmelzviskosität des nachkondensierten Polyamids betrug ca. 480 Pa.s.

[0072] Die Beispiele zeigen, daß das ACL-modifizierte Polyamid sich schnell zu sehr hochmolekularem
Produkt (Versechsfachung der Schmelzviskosität) nachkondensieren läßt, während mit
von der Lösungs- bzw. Schmelzviskosität her vergleichbaren linearen Produkten, welche
nicht ACL-modifiziert sind, nur ein sehr geringer Molekulargewichtsaufbau erfolgte.
1. Verfahren zur Herstellung von überwiegend aliphatischen (Co)Polyamiden durch hydrolytische
Polymerisation aus polyamidbildenden Lactamen, dadurch gekennzeichnet, daß den zu
polymerisierenden Lactamen 0,1 -2 Gew.-%, vorzugsweise 0,2 - 1 Gew.-%, α-Amino-ε-caprolactam
sowie eine dazu etwa äquivalente Menge (Poly)carbonsäure, vorzugsweise Dicarbonsäure,
zugesetzt wird, und daß gegebenenfalls diese ACL-modifizierten (Co)Polyamide in der
Festphase zu verzweigt aufgebauten, noch in m-Kresol löslichen (Co)Polyamiden mit
erhöhter Viskosität und Schmelzviskosität nachkondensiert werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß 0,3 bis 0,7 Gew.-% α-Amino-ε-caprolactam
dem zu polymerisierenden Lactam zugesetzt werden.
3. Verfahren nach Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß α-Amino-ε-caprolactam
und die etwa äquivalente Dicarbonsäure-Menge vor oder mit Reaktionsbeginn zugesetzt
werden.
4. Verfahren nach Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß 0,75 bis 1,10,
bevorzugt 0,85 bis 1,03, insbesondere 0,90 bis 1,00 Äquivalente Carbonsäuregruppen
pro 1 Äquivalent der α-Aminogruppe des α-Amino-ε-caprolactams verwendet und gegebenenfalls
die Dicarbonsäuren, in Mengen bis 20 Äquivalentprozent der Carbonsäuregruppen in den
Di- oder Polycarbonsäuren, durch Monocarbonsäuren, insbesondere Essigsäure oder Benzoesäure,
ersetzt werden.
5. Verfahren nach Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß man die hydrolytische
Polymerisation durch verkürzte Polykondensationszeit von weniger als der Hälfte der
ohne die erfindungsgemäßen Zusätze erforderlichen Zeit, vorzugsweise in 0,5 bis 3
Stunden bei 240 bis 285°C, durchführt.
6. Verfahren nach Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Festphasennachkondensation
kontinuierlich oder diskontinuierlich bei einer Temperatur zwischen 140 und 240°C,
bevorzugt 150 und 200°C, immer jedoch mindestens 10°C, bevorzugt mindestens 20°C,
unterhalb des Schmelzpunktes des jeweiligen Polyamids, durchgeführt wird und die Reaktionszeit
im Bereich von wenigen Minuten bis ca. 30 Stunden, bevorzugt 0,5 bis 20 Stunden, insbesondere
1 bis 15 Stunden, gewählt wird.
7. Hochmolekulare, verzweigt aufgebaute, jedoch im m-Kresol lösliche ACL-(Co)Polyamide
mit bei gegebener Lösungsviskosität gegenüber linearen Vergleichsprodukten charakteristisch
höherer Schmelzviskosität, hergestellt nach Verfahren laut Ansprüchen 1 bis 6.