[0001] Die Erfindung betrifft ein falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn
aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem,
jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter ET₁ und ET₂. Die Erfindung betrifft
ferner ein Verfahren zum Herstellen sowie die Verwendung eines derartigen Multifilamentgarnes.
[0002] Die Falschdralltexturierung hat sich als das kostengünstigste Bauschverfahren für
endlose Multifilamentgarne mit einem Gesamttiter von weniger als 200 dtex erwiesen.
Mit diesem Verfahren ist es allerdings bisher nicht möglich, ein flusenfreies Garn
herzustellen, das mehr als ca. 100 Einzelkapillaren enthält. Das feinste, nach dem
Falschdrallverfahren bisher kommerziell hergestellte Multifilamentgarn aus Polyethylenterephthalat
(PET) hat den Titer 56 dtex f 100. In der Praxis gilt etwa folgende Erfahrung bei
feinkapillarigen texturierten Garnen für den Einsatz in Geweben und Maschenware:
Titer 55f46 unverwirbelt ist generell einsetzbar. Titer 55f46 × 2 kann wegen zu geringer
Fadenreinheit nur verwirbelt als Kettgarn für Hochleistungswebstühle eingesetzt werden.
Titer 55f46 × 3 ist auch verwirbelt zu flusig für den Einsatz als Kettgarn in der
Weberei.
80 Titer 55f46 × 4 ist nur für besonders unempfindliche Bereiche einsetzbar.
Multifilamentgarne höheren Gesamttiters, also beispielsweise 150 dtex f 250, werden
vorzugsweise nach dem Lufttexturierverfahren gebauscht. Gewebe, Wirk- und Strickwaren,
die ausschließlich aus feinen ungedrehten Multi filamentgarnen mit kleinerem Einzeltiter
als 1 dtex bestehen, haben zu wenig Stand und sind im Griff zu "lappig". Deshalb
wird beispielsweise in wildlederartigen Geweben die Kette bevorzugt aus gröberen und
nur der Schuß aus feineren Einzelkapillaren hergestellt. Ähnliches gilt für die Unter-
und Oberkette bei Wirkwaren.
[0003] Aus der EP-OS 0 124 869 ist ein wasserabweisendes textiles Gewebe hoher Dichte bekannt,
bei dem gemäß einigen Ausführungsbeispielen ein synthetisches Multifilamentgarn aus
zwei Filamentgruppen unterschiedlichen Einzeltiters verwendet wird, wobei der Einzeltiter
der einen Filamentgruppe extrem fein und der Einzeltiter der anderen Filamentgruppe
wesentlich gröber ist. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein falschdralltexturiertes
Multifilamentgarn. Vielmehr erfolgt die Vereinigung der feineren und gröberen Filamentgruppen
u.a. beim Auslösen ihrer unterschiedlichen Schrümpfe. Dieses Verfahren ist daher aufwendig,
und zwar sowohl in seiner Durchführung wie auch in der Ausrüstung der aus diesen Garnen
hergestellten Gewebe, da sie nur über eine minimale Schrumpfkraft verfügen.
[0004] Ferner sind bereits zahlreiche Verfahren zum Herstellen eines synthetischen Multifilamentgarnes
aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem,
jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter bekannt. Bei diesen Verfahren
werden die beiden Filamentgruppen nach dem Spinnen im Falschdrallverfahren gemeinsam
strecktexturiert. Die beiden Filamentgruppen werden unterschiedlich so vororientiert,
daß das Verstreckverhältnis der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter kleiner ist
als das der Filamentgruppe mit feinerem Einzeltiter. Unter Verstreckverhältnis ist
hierbei dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen, bei dem eine Strecktexturierung
jeder der einzelnen Filamentgruppen eine Höchst zugkraftdehnung von 25 % ergäbe (vergleiche
z.B. DE-OS 23 08 031, Lenzinger Berichte, Heft 47, 1979, S. 67f, EP-OS 0 022 065,
Chemiefasern/Textilindustrie, 37./89. Jahrgang, Febr. 1987, S. 107f). Bei diesen
Verfahren werden jedoch Filamentgruppen stark unterschiedlichen Verstreckverhältnisses
vereinigt, mit dem Ziel, durch Unter- oder Überverstreckung einer Filamentgruppe beim
Strecktexturieren Schlingen oder abstehende Faserenden zu erzeugen, um dem Multifilamentgarn
Fasergarncharakter zu verleihen.
[0005] Schließlich sind Verfahren bekannt, bei denen ein falschdralltexturiertes Garn,
das vorzugsweise aus Bündeln mit unterschiedlicher Kapillarstärke besteht, dadurch
fasergarnähnlichen Charakter erhält, daß es durch extrem niedrige Auslaufspannung
beim Texturieren und damit verbundenes Durchrutschen des Dralls, wechselweise in
S- und Z-Richtung gedreht ist (vergleiche DE-OS 29 34 762 und EP-OS 0 022 065). Diese
Garne weisen jedoch, ähnlich wie Stapelfasergarne, durch ihre hohe Drehung nur ein
geringes Volumen auf und sind für den vorgesehenen Einsatzzweck ungeeignet.
[0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein falschdralltexturiertes voluminöses
synthetisches feinkapillariges, flusen- und schlingenfreies sowie in der Herstellung
kostengünstiges Multifilamentgarn sowie ein Verfahren zum Herstellen eines derartigen
Multifilamentgarnes anzugeben.
[0007] Zur Lösung dieser Aufgabe ist ein falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches
Multifilamentgarn aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen
mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter ET₁ und ET₂
erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß für den feineren Einzeltiter ET₂ < 1 dtex
und für den Gesamttiter T des texturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt.
[0008] Durch die Auswahl der Einzeltiter der beiden Filamentgruppen ist es möglich, den
"lappigen" Griff von Flächengebilden, die nur aus Multifilamentgarnen mit einem kleineren
Einzeltiter als 1 dtex bestehen, zu überwinden. Vorzugsweise werden nur zwei verschiedene
gesponnene Filamentgruppen der gemeinsamen simultanen Strecktexturierung vorgelegt.
Die Filamentgarne gemäß der Erfindung sind voluminös. Sie weisen keine wechselweise
S und Z gedrehten Filamentgruppen bzw. Kern- und Umhüllungsfilamentgruppen auf.
Vorzugsweise (jedoch nicht notwendigerweise) sind die Filamentgarne gemäß der Erfindung
drallfrei.
[0009] Weisen die Einzelkapillaren beider Filamentgruppen runden Querschnitt auf, so gilt
zweckmäßigerweise für die Einzeltiter ET₁ und ET₂ 3 < ET₁/ET₂ < 8. Hierdurch ist
trotz des feinen Einzeltiters ET₂ < 1 dtex gemäß der vorliegenden Erfindung eine
ausreichende Steifigkeit des aus diesem Multifilamentgarn herzustellenden Flächengebildes
erzielbar.
[0010] Gemäß einer besonderen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird für die Einzelkapillaren
der feineren Filamentgruppe ein runder Querschnitt und für die Einzelkapillaren der
gröberen Filamentgruppe ein profilierter Querschnitt beispielsweise in Form eines
ausgeprägten Y verwendet. Da der profilierte Querschnitt dem Multifilamentgarn bereits
eine erhöhte Steifigkeit verleiht, sollte in diesem Fall das Titerverhältnis 1,5 <
ET₁/ET₂ < 4 gewählt werden.
[0011] Die verwendeten synthetischen Polymere können reine oder modifizierte Polyester oder
Polyamide sein. Die Polyester können durch Direktveresterung oder Umesterung und nach
folgende Kondensation hergestellt worden sein. Anstelle von Ethylenglykol können noch
andere Diole, wie 1,3 Propandiol, 1,4-Butandiol, etc. und anstelle der Terephthalsäure
können auch andere Dicarbonsäuren wie Isophthalsäure, Adipinsäure, etc. eingesetzt
werden. Die Polyamide können sowohl vom Typ 6 bzw. 6.6 oder deren Copolymere sein.
[0012] Ein Verfahren zum Herstellen eines synthetischen Multifilamentgarnes aus einheitlichem
Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch
in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter, bei welchem Verfahren die beiden Filamentgruppen
ersponnen und anschließend im Falschdrallverfahren gemeinsam strecktexturiert werden,
wobei die Spinnabzugsgeschwindigkeiten der beiden Filamentgruppen zwischen 2500 und
5000 m/min gewählt werden und die beiden Filamentgruppen unterschiedlich so vororientiert
werden, daß das Verstreckverhältnis VE₁ der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter
kleiner ist als das Verstreckverhältnis VE₂ der Filamentgruppe mit feinerem Einzeltiter,
wobei unter Verstreckverhältnis dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen ist, bei
dem eine Strecktexturierung jeder der einzelnen Filamentgruppen eine Höchstzugkraftdehnung
von 25 % ergäbe, ist erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß
a) die Spinntiter der beiden Filamentgruppen so gewählt werden, daß für den feineren
Einzeltiter ET₂ des streck-texturierten Garnes ET₂ < 1 dtex und den Gesamttiter T
des strecktexturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt,
b) die Verstreckverhältnisse VE₁ und VE₂ so gewählt werden, daß VE₂ - VE₁ < 0,1 gilt,
c) das gemeinsame Strecktexturieren bei dem Streckverhältnis VE₁ der Filamentgruppe
mit gröberem Einzeltiter durchgeführt wird,
d) und daß die Spannung des Garns nach Verlassen der Texturierspindel größer als
0,3 cN/dtex gewählt wird.
[0013] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren werden der Orientierungsgrad der beiden Filamentgruppen
und das Verstreckverhältnis beim gemeinsam Strecktexturieren (Cotexturieren) so gewählt,
daß beim Cotexturieren eine Verstreckung der beiden Filamentgruppen unter im wesentlichen
gleicher Spannung erfolgt. Hierdurch ist es somit im Gegensatz zu den bisher bekannten
Cotexturierverfahren, welche die Erzeugung von Schlingen oder abstehenden Faserenden
zum Ziel haben, gelungen, ein falschdralltexturiertes feinkapillariges, flusen- und
schlingenfreies Multifilamentgarn herzustellen. Darüber hinaus zeichnet sich das erfindungsgemäße
Verfahren durch geringe Herstellungskosten aus.
[0014] Zum Erspinnen der beiden Filamentgruppen wird entsprechend dem allgemein üblichen
Garnherstellungsprozeß das Rohstoffgranulat getrocknet, aufgeschmolzen, filtriert
und durch Spinndüsen gepreßt. Die so entstandenen Multifilamentgarne werden durch
einen Luftstrom abgekühlt, mit einer Spinnpräparation versehen, verwirbelt und aufgespult.
[0015] Die unterschiedliche Vororientierung der beiden Filamentgruppen kann durch Erspinnen
bei verschiedenen Spinnabzugsgeschwindigkeiten auf verschiedenen Spinnanlagen erfolgen.
In diesem Fall werden die beiden Filamentgruppen erst bei der Strecktexturierung vereinigt.
[0016] Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt die unterschiedliche
Vororientierung der beiden Filamentgruppen durch geeignete verfahrenstechnische Maßnahmen
an nebeneinander liegenden Spinnstellen, also mit gleicher Spinnabzugsgeschwindigkeit,
so daß die beiden Filamentgruppen bereits nach dem Präparieren vereinigt und dann
gemeinsam verwirbelt und aufgespult werden. Diese verfahrenstechnischen Maßnahmen
zwecks einer höheren Vororientierung der gröberen Filamentgruppe können in einer
Profilierung des Querschnitts der Einzelkapillare bestehen. Eine weitere Möglichkeit
ist eine zusätzliche Wärmebehandlung der betreffenden Filamentgruppe in einem auf
80°C bis 150°C beheizten Rohr, das im Bereich zwischen Anblasung und Präparierung
angebracht wird, wie z.B. in der EP-OS 0 013 101, Beispiel 5 und 6 sowie Figur 2 beschrieben.
[0017] Bevorzugte Einsatzgebiete des erfindungsgemäßen Multifilamentgarnes sind wasserabweisende
Gewebe, Reinraumkleidung und die konduktive Komponente bei Sportbekleidung. Wird
beim Strecktexturieren nur ein Heizer erwärmt, so entstehen hochschrumpfende Multifilamentgarne,
die sich besonders zur Herstellung von feinporigen textilen Flächengebilden für Regenbekleidung
und Reinraumkleidung eignen. Für den Einsatz in doppelflächigen Artikeln, die aus
bekleidungsphysiologischen Gründen eine konduktive und eine sorptive Komponente enthalten,
ist ein erfindungsgemäßes Garn mit einem Schrumpf < 10 % bei 130°C geeignet, was man
durch zusätzliches Erwärmen des zweiten Heizers beim Strecktexturieren erhält.
[0018] Anhand der einzigen Figur, die den Zusammenhang zwischen dem Spinntiter und dem Verstreckverhältnis
zeigt, soll nun die Vorgehensweise bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
erläutert werden.
[0019] In der Figur ist auf der Abszisse der Einzeltiter des Spinnfadens (Spinntiter), gemessen
in dtex, in logarithmischem Maßstab aufgetragen. Auf der Ordinate ist das Verstreckverhältnis
des Spinnfadens angegeben, beginnend mit 1:1,0 im Ursprung.
[0020] Bekanntlich ist ein Maß für den Orientierungsgrad einer Spinnware das bei der Strecktexturierung
angewendete Verstreckverhältnis VE der Auslaufgeschwindigkeit am Lieferwerk 2 zur
Einlaufgeschwindigkeit am Lieferwerk 1 an der Strecktexturiermaschine. Unter Verstreckverhältnis
ist hierbei dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen, welches zu einer Höchstzugkraftdehnung
des strecktexturierten Garnes von ca. 25 % führt.
[0021] Die in das Diagramm eingezeichneten Kurven a, b, c stellen den Zusammenhang zwischen
dem Verstreckverhältnis und dem Spinntiter dar, wobei die Kurve a für ein Spinngarn
einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 4000 m/min mit rundem Querschnitt der Einzelkapillare,
die Kurve b für ein Spinngarn einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 3000 m/min mit
rundem Querschnitt der Einzelkapillaren und die Kurve c für ein Spinngarn einer Spinnabzugsgeschwindigkeit
von 3000 m/min mit einem Y-Querschnitt der Einzelkapillaren gilt.
[0022] Es ist nicht überraschend, daß sich alle Kurven für konstante Spinnabzugsgeschwindigkeit
im Ursprung dieses Koordinatensystems ET = 0,01 → 0 und VE 1:1,0 treffen. Überraschend
ist jedoch, daß sich die Kurven für konstante Spinnabzugsgeschwindigkeit als Gerade
erweisen. Dadurch wird die Auswahl geeigneter Filamentgruppen (Spinnfäden) für die
Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens erleichtert.
[0023] Wie ohne weiteres ersichtlich, erlaubt das Diagramm bei Vorgabe der Spinntiter für
die beiden Filamentgruppen die jeweilige Vororientierung der Filamentgruppen so zu
wählen, daß ihre Verstreckverhältnisse die Bedingung VE₂ - VE₁ < 0,1 erfüllen.
[0024] Das erfindungsgemäße Verfahren wird nun anhand von Beispielen noch genauer erläutert.
Beispiel I
[0025] Ein Spinnfaden 1 aus PET wird mit einer Förderung von 28 g/min durch Erspinnen aus
22 runden Bohrungen bei einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 4000 m/min hergestellt.
Dieser Spinnfaden 1 mit dem Titer 70f22 wird probeweise einer Strecktexturiermaschine
vorgelegt, deren Verstreckverhältnis auf 1:1,28 und deren Bügeleisentemperatur auf
195°C eingestellt sind, und mit 400 m/min Aufspulgeschwindigkeit strecktexturiert.
Die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturierspindel beträgt 24 cN. Bei dem
anschließenden Reißversuch ergeben sich folgende Meßwerte: Feinheitsfestigkeit 36
cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 24 %.
[0026] In analoger Weise wird ein Spinnfaden 2 aus dem gleichen Rohstoff mit einer Förderung
von 20 g/min, einer Anzahl runder Bohrungen von 88 und einer Spinnabzugsgeschwindigkeit
von 3000 m/min hergestellt. Nach dem Strecktexturieren des Spinnfadens 2 auf der
gleichen Strecktexturiermaschine, bei gleicher Temperatur und Aufspulgeschwindigkeit
wie bei dem Spinnfaden 1, jedoch mit einem Verstreckverhältnis von 1:1,34, wobei
die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturierspindel 23 cN beträgt, ergeben
sich folgende Meßwerte: Feinheitsfestigkeit 37 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 25 %.
[0027] Das Verstreckverhältnis der beiden Spinnfäden 1 und 2 unterscheidet sich um 5 %,
die Differenz ist also kleiner als 0,1.
[0028] Zum Herstellen eines erfindungsgemäßen Garnes werden beide Spinnfäden 1 und 2 (Filamentgruppen)
gemeinsam an einer Texturierstelle unter den Bedingungen des Spinnfadens 1 strecktexturiert.
Die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturierspindel beträgt 51 cN. Hierbei
entsteht ein schlingen- und flusenfreies voluminöses Multifilamentgarn mit folgenden
Eigenschaften: Feinheitsfestigkeit 37 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 22 %, Schrumpf
von 41 % bei 130°C. Das Multifilamentgarn hat einen Gesamttiter von 116 dtex und enthält
88 Einzelkapillaren mit einem Einzeltiter ET₂ von 0,6 dtex und 22 Einzelkapillaren
mit einem Einzeltiter ET₁ von 2,5 dtex.
[0029] Zur Veranschaulichung sind die Daten der Spinnfäden 1 und 2 als Punkte A und B in
dem Diagramm der einzigen Figur eingetragen. Für alle weiteren Spinnfäden mit rundem
Querschnitt, die auf ähnlichen Anlagen mit 3000 bzw. 4000 m/min gesponnen werden,
kann man aus den Geraden a und b für die jeweiligen Einzeltiter die Verstreckverhältnisse
entnehmen.
Beispiel II
[0030] Bei diesem Beispiel wird für den Spinnfaden 2 mit feinerem Einzeltiter Einzelkapillarenvon
rundem Querschnitt und für den Spinnfaden 1 mit gröberem Einzeltiter Einzelkapillaren
eines profilierten Querschnitts, beispielsweise in Form eines Y verwendet. Die Daten
für die beiden Spinnfäden 1 (entsprechend Punkt C des Diagramms) und 2 sind wie folgt:

[0031] Die beiden Spinnfäden 1 und 2 werden auf nebeneinander angeordneten Spinndüsen derselben
Spinnanlage, also mit derselben Spinnabzugsgeschwindigkeit, ersponnen. Nach dem Abkühlen
und Präparieren der beiden bis dahin getrennt laufenden Spinnfäden werden diese zusammengeführt
und vor der Aufspulung miteinander verwirbelt. Der so gewonnene kombinierte Spinnfaden
wird unter den Bedingungen des Spinnfadens 1 strecktexturiert. Die Zugkraft des Garns
nach Verlassen der Texturierspindel beträgt 51 cN. Das so erhaltene Garn ist flusen-
und schlingenfrei und weist folgende Eigenschaften auf: Feinheitsfestigkeit 35 cN/tex,
Höchstzugkraftdehnung 20 %, Schrumpf von 45 % bei 130°C. Das Multifilamentgarn hat
einen Gesamttiter von 122 dtex und enthält 88 Einzelkapillaren runden Querschnitts
mit einem Einzeltiter ET₂ von 0,6 dtex und 60 Einzelkapillaren eines Y-Querschnitts
mit einem Einzeltiter ET₁ von 0,9 dtex.
[0032] Bei dieser Ausführungsform ist es auch möglich, die Steifigkeit des Garns zu variieren.
Dies soll an einem Beispiel III veranschlaulicht werden.
Beispiel III
[0033] Bei diesem Beispiel wird die Steifigkeit des Garns entsprechend den Punkten B′ und
C′ in der Figur erhöht. Hierzu werden Spinnpumpen mit unterschiedlicher Förderung
pro Umdrehung für die nebeneinander ersponnenen Spinnfäden 1 und 2 verwendet. Die
Daten der beiden Spinnfäden sind wie folgt:

[0034] Der verwirbelte vereinigte Spinnfaden 1 + 2 wird mit dem Verstreckverhältnis 1:1,36
und im übrigen bei derselben Temperatur und Geschwindigkeit wie im Beispiel I streck
texturiert. Die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturspindel beträgt 52 cN.
Das so erhaltene voluminöse Multifilamentgarn ist flusen- und schlingenfrei und weist
folgende Daten auf: Feinheitsfestigkeit 36 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 23 %, Schrumpf
42 % bei 130°C. Der Titer beträgt 118 dtex. Das Multifilamentgarn enthält 40 Einzelkapillaren
runden Querschnitts mit einem Einzeltiter ET₂ von 0,8 dtex und 48 Einzelkapillaren
eines Y-Querschnitts mit einem Einzeltiter ET₁ von 1,3 dtex.
[0035] Die folgenden Vergleichsbeispiele zeigen, daß es
1) durch Fachen der feinkapillarigen Spinnware vor dem Texturieren nicht möglich ist,
ein flusenfreies Garn herzustellen;
2) auch durch Fachen von fein- und grobkapillarigem texturierten Garn nicht möglich
ist, ein für die vorgesehenen Einsatzgebiete geeignetes Garn herzustellen. Dieses
Ziel wird somit nur durch die vorliegende Erfindung erreicht.
Vergleichsbeispiel 1
[0036] Zwei Spinnspulen des Spinnfadens 2 aus Beispiel I mit dem Titer 67f88 werden gemeinsam
mit dem Streckverhältnis 1:1,34 und im übrigen unter den dort beschriebenen Bedingungen
texturiert. Es entsteht ein flusiges Garn. Dieses Ergebnis stellt sich auch bei stufenweisem
Absenken des Strecktexturierverhältnisses auf 1:1,28, auf 1:1,24 oder auf 1:1,20 ein,
d.h. es lassen sich keine geeigneten Texturierbedingungen für dieses Garn finden.
Vergleichsbeispiel 2
[0037] Die in Beispiel I beschriebenen Spinnfäden 1 und 2 werden gleichzeitig auf zwei nebeneinanderliegenden
Texturierstellen unter den in Beispiel I angegebenen Texturierbedingungen, nämlich
mit den Streckverhältnissen 1:1,28 bzw. 1:1,34 texturiert. Dadurch wird erreicht,
daß beide Kapillarbündel mit gleicher Spannung aus der Texturierzone der Aufwicklung
zugeführt werden. Trotz dieser optimalen Voraussetzungen gelang es nicht, durch Verwirbelung
in einem Luftstrom beide Garne so intensiv zu durchmischen, wie es für ein geeignetes
Kettgarn erforderlich ist. Bereits nach dem Texturierprozeß ist das Garn 2 mit dem
feinen Einzeltiter 0,6 dtex so intensiv durchmischt, daß es sich im Luftstrom nicht
mehr in dem für ein einwandfreies Durchmischen beider Garne erforderlichen Maß öffnen
läßt.
[0038] Wie die angeführten Beispiele zeigen, ist es nur nach der Lehre der vorliegenden
Erfindung möglich, einwandfreie falschdralltexturierte voluminöse (vorzugsweise drallfreie)
Garne mit ET₂ kleiner 1 dtex und größerem Gesamttiter als 100 × ET₂ herzustellen.
1. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn aus einheitlichem
Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch
in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter ET₁ und ET₂, dadurch gekennzeichnet, daß für den feineren Einzeltiter ET₂ < 1 dtex und für den Gesamttiter T des texturierten
Garnes T > 100 × ET₂ gilt.
2. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn nach Anspruch
1, dadurch gekennzeichnet, daß für die Gesamttiter T₁ und T₂ der beiden Filamentgruppen 3/7 < T₁/T₂ < 7/3 gilt.
3. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn nach Anspruch
1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß für die Einzeltiter ET₁ und ET₂ bei rundem Querschnitt der Einzelkapillare beider
Filamentgruppen 3 < ET₁/ET₂ < 8 gilt.
4. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn nach Anspruch
1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß für die Einzeltiter ET₁ und ET₂ bei rundem Querschnitt der Einzelkapillare der
Filamentgruppe mit feinerem Einzeltiter und profiliertem Querschnitt der Einzelkapillare
der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter 1,5 < ET₁/ET₂ < 4 gilt.
5. Verfahren zur Herstellung eines synthetischen Multifilamentgarnes aus einheitlichem
Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch
in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter, insbesondere nach einem der vorhergehenden
Ansprüche, bei welchem Verfahren die beiden Filamentgruppen ersponnen und anschlie
ßend im Falschdrallverfahren gemeinsam strecktexturiert werden, wobei die Spinnabzugsgeschwindigkeiten
der beiden Filamentgruppen zwischen 2500 und 5000 m/min gewählt werden und die beiden
Filamentgruppen unterschiedlich so vororientiert werden, daß das Verstreckverhältnis
VE₁ der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter kleiner ist als das Verstreckverhältnis
VE₂ der Filamentgruppe mit feinerem Einzeltiter, wobei unter Verstreckverhältnis
dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen ist, bei dem eine Strecktexturierung jeder
der einzelnen Filamentgruppen eine Höchstzugkraftdehnung von 25 % ergäbe, dadurch
gekennzeichnet,
a) daß die Spinntiter der beiden Filamentgruppen so gewählt werden, daß für den feineren
Einzeltiter ET₂ des strecktexturierten Garnes ET₂ < 1 dtex und den Gesamttiter T
des strecktexturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt,
b) daß die Verstreckverhältnisse VE₁ und VE₂ so gewählt werden, daß VE₂ - VE₁ < 0,1
gilt,
c) daß das gemeinsame Strecktexturieren bei dem Streckverhältnis VE₁ der Filamentgruppe
mit gröberem Einzeltiter durchgeführt wird,
d) und daß die Spannung des Garns nach Verlassen der Texturierspindel größer als
0,3 cN/dtex gewählt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Filamentgruppen zwecks unterschiedlicher Vororientierung mit unterschiedlichen
Spinnabzugsgeschwindigkeiten hergestellt und erst beim Strecktexturieren vereinigt
werden.
7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die beiden Filamentgruppen bei gleicher Spinnabzugsgeschwindigkeit mit unterschiedlichen
Orientierungen ersponnen und vor dem Strecktexturieren gemeinsam aufgespult werden.
8. Verwendung des Garnes nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einem Schrumpf von >
10 % bei 130°C zur Herstellung wasserdichter Gewebe oder Maschenware.
9. Verwendung des Garnes nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einem Schrumpf > 10
% bei 130°C zur Herstellung von feinporigem Gewebe oder Maschenware für Reinraumkleidung.
10. Verwendung des Garnes nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einem Schrumpf < 10
% bei 130°C als konduktive Komponente bei der Herstellung von Sportbekleidung.