(19)
(11) EP 0 290 926 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.11.1988  Patentblatt  1988/46

(21) Anmeldenummer: 88107091.6

(22) Anmeldetag:  03.05.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D02G 1/02
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE FR GB IT LI NL

(30) Priorität: 13.05.1987 DE 3715971

(71) Anmelder: HOECHST AKTIENGESELLSCHAFT
D-65926 Frankfurt am Main (DE)

(72) Erfinder:
  • Bauer,Günther
    8901 Königsbrunn (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Falschdralltexturiertes voluminöses Multifilamentgarn, Verfahren zu seiner Herstellung sowie Verwendung dieses Garns


    (57) Beschrieben wird ein falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn aus einheitlichem Rohstoff, das aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter be­steht. Der feinere Einzeltiter ist kleiner als 1 dtex, und der Gesamttiter des texturierten Garns ist größer als 100mal den feineren Einzeltiter. Bei dem Verfahren zum Herstellen eines derartigen Multifilamentgarnes werden die Verstreck­verhältnisse der beiden Filamentgruppen so gewählt, daß die Differenz zwischen den beiden Verstreckverhältnissen kleiner als 0,1 ist, und das gemeinsame Strecktexturieren erfolgt dann bei dem Verstreckverhältnis der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter. Bevorzugte Einsatzgebiete des Garns sind wasserabweisende Gewebe, Reinraumkleidung und die konduktive Komponente bei Sportbekleidung.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein falschdralltexturiertes volu­minöses synthetisches Multifilamentgarn aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter ET₁ und ET₂. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zum Herstellen sowie die Verwendung eines derartigen Multifilamentgarnes.

    [0002] Die Falschdralltexturierung hat sich als das kostengünstig­ste Bauschverfahren für endlose Multifilamentgarne mit einem Gesamttiter von weniger als 200 dtex erwiesen. Mit diesem Verfahren ist es allerdings bisher nicht möglich, ein flusenfreies Garn herzustellen, das mehr als ca. 100 Einzelkapillaren enthält. Das feinste, nach dem Falsch­drallverfahren bisher kommerziell hergestellte Multi­filamentgarn aus Polyethylenterephthalat (PET) hat den Titer 56 dtex f 100. In der Praxis gilt etwa folgende Erfahrung bei feinkapillarigen texturierten Garnen für den Einsatz in Geweben und Maschenware:
    Titer 55f46 unverwirbelt ist generell einsetzbar. Titer 55f46 × 2 kann wegen zu geringer Fadenreinheit nur verwirbelt als Kettgarn für Hochleistungs­webstühle eingesetzt werden.
    Titer 55f46 × 3 ist auch verwirbelt zu flusig für den Ein­satz als Kettgarn in der Weberei.
    80 Titer 55f46 × 4 ist nur für besonders unempfindliche Be­reiche einsetzbar.
    Multifilamentgarne höheren Gesamttiters, also beispiels­weise 150 dtex f 250, werden vorzugsweise nach dem Luft­texturierverfahren gebauscht. Gewebe, Wirk- und Strick­waren, die ausschließlich aus feinen ungedrehten Multi­ filamentgarnen mit kleinerem Einzeltiter als 1 dtex be­stehen, haben zu wenig Stand und sind im Griff zu "lappig". Deshalb wird beispielsweise in wildlederartigen Geweben die Kette bevorzugt aus gröberen und nur der Schuß aus feineren Einzelkapillaren hergestellt. Ähnliches gilt für die Unter- und Oberkette bei Wirkwaren.

    [0003] Aus der EP-OS 0 124 869 ist ein wasserabweisendes textiles Gewebe hoher Dichte bekannt, bei dem gemäß einigen Aus­führungsbeispielen ein synthetisches Multifilamentgarn aus zwei Filamentgruppen unterschiedlichen Einzeltiters ver­wendet wird, wobei der Einzeltiter der einen Filamentgruppe extrem fein und der Einzeltiter der anderen Filamentgruppe wesentlich gröber ist. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein falschdralltexturiertes Multifilamentgarn. Vielmehr erfolgt die Vereinigung der feineren und gröberen Filament­gruppen u.a. beim Auslösen ihrer unterschiedlichen Schrümpfe. Dieses Verfahren ist daher aufwendig, und zwar sowohl in seiner Durchführung wie auch in der Ausrüstung der aus diesen Garnen hergestellten Gewebe, da sie nur über eine minimale Schrumpfkraft verfügen.

    [0004] Ferner sind bereits zahlreiche Verfahren zum Herstellen eines synthetischen Multifilamentgarnes aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter bekannt. Bei diesen Verfahren werden die beiden Filamentgruppen nach dem Spinnen im Falschdrallverfahren gemeinsam strecktexturiert. Die beiden Filamentgruppen wer­den unterschiedlich so vororientiert, daß das Verstreck­verhältnis der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter kleiner ist als das der Filamentgruppe mit feinerem Einzel­titer. Unter Verstreckverhältnis ist hierbei dasjenige Ver­streckverhältnis zu verstehen, bei dem eine Strecktextu­rierung jeder der einzelnen Filamentgruppen eine Höchst­ zugkraftdehnung von 25 % ergäbe (vergleiche z.B. DE-OS 23 08 031, Lenzinger Berichte, Heft 47, 1979, S. 67f, EP-OS 0 022 065, Chemiefasern/Textilindustrie, 37./89. Jahr­gang, Febr. 1987, S. 107f). Bei diesen Verfahren werden jedoch Filamentgruppen stark unterschiedlichen Verstreck­verhältnisses vereinigt, mit dem Ziel, durch Unter- oder Überverstreckung einer Filamentgruppe beim Strecktexturie­ren Schlingen oder abstehende Faserenden zu erzeugen, um dem Multifilamentgarn Fasergarncharakter zu verleihen.

    [0005] Schließlich sind Verfahren bekannt, bei denen ein falsch­dralltexturiertes Garn, das vorzugsweise aus Bündeln mit unterschiedlicher Kapillarstärke besteht, dadurch faser­garnähnlichen Charakter erhält, daß es durch extrem niedrige Auslaufspannung beim Texturieren und damit ver­bundenes Durchrutschen des Dralls, wechselweise in S- und Z-Richtung gedreht ist (vergleiche DE-OS 29 34 762 und EP-OS 0 022 065). Diese Garne weisen jedoch, ähnlich wie Stapelfasergarne, durch ihre hohe Drehung nur ein ge­ringes Volumen auf und sind für den vorgesehenen Einsatz­zweck ungeeignet.

    [0006] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein falsch­dralltexturiertes voluminöses synthetisches fein­kapillariges, flusen- und schlingenfreies sowie in der Herstellung kostengünstiges Multifilamentgarn sowie ein Verfahren zum Herstellen eines derartigen Multifilament­garnes anzugeben.

    [0007] Zur Lösung dieser Aufgabe ist ein falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn aus einheit­lichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filament­gruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter ET₁ und ET₂ erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß für den feineren Einzeltiter ET₂ < 1 dtex und für den Gesamttiter T des texturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt.

    [0008] Durch die Auswahl der Einzeltiter der beiden Filament­gruppen ist es möglich, den "lappigen" Griff von Flächen­gebilden, die nur aus Multifilamentgarnen mit einem klei­neren Einzeltiter als 1 dtex bestehen, zu überwinden. Vor­zugsweise werden nur zwei verschiedene gesponnene Filament­gruppen der gemeinsamen simultanen Strecktexturierung vorgelegt. Die Filamentgarne gemäß der Erfindung sind voluminös. Sie weisen keine wechselweise S und Z ge­drehten Filamentgruppen bzw. Kern- und Umhüllungsfilament­gruppen auf. Vorzugsweise (jedoch nicht notwendigerweise) sind die Filamentgarne gemäß der Erfindung drallfrei.

    [0009] Weisen die Einzelkapillaren beider Filamentgruppen runden Querschnitt auf, so gilt zweckmäßigerweise für die Einzel­titer ET₁ und ET₂ 3 < ET₁/ET₂ < 8. Hierdurch ist trotz des feinen Einzeltiters ET₂ < 1 dtex gemäß der vorliegen­den Erfindung eine ausreichende Steifigkeit des aus diesem Multifilamentgarn herzustellenden Flächengebildes erziel­bar.

    [0010] Gemäß einer besonderen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird für die Einzelkapillaren der feineren Filamentgruppe ein runder Querschnitt und für die Einzel­kapillaren der gröberen Filamentgruppe ein profilierter Querschnitt beispielsweise in Form eines ausgeprägten Y verwendet. Da der profilierte Querschnitt dem Multifilament­garn bereits eine erhöhte Steifigkeit verleiht, sollte in diesem Fall das Titerverhältnis 1,5 < ET₁/ET₂ < 4 gewählt werden.

    [0011] Die verwendeten synthetischen Polymere können reine oder modifizierte Polyester oder Polyamide sein. Die Polyester können durch Direktveresterung oder Umesterung und nach­ folgende Kondensation hergestellt worden sein. Anstelle von Ethylenglykol können noch andere Diole, wie 1,3 Pro­pandiol, 1,4-Butandiol, etc. und anstelle der Terephthal­säure können auch andere Dicarbonsäuren wie Isophthal­säure, Adipinsäure, etc. eingesetzt werden. Die Polyamide können sowohl vom Typ 6 bzw. 6.6 oder deren Copolymere sein.

    [0012] Ein Verfahren zum Herstellen eines synthetischen Multi­filamentgarnes aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter, bei welchem Verfahren die beiden Filamentgruppen ersponnen und an­schließend im Falschdrallverfahren gemeinsam strecktextu­riert werden, wobei die Spinnabzugsgeschwindigkeiten der beiden Filamentgruppen zwischen 2500 und 5000 m/min ge­wählt werden und die beiden Filamentgruppen unterschied­lich so vororientiert werden, daß das Verstreckverhältnis VE₁ der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter kleiner ist als das Verstreckverhältnis VE₂ der Filamentgruppe mit feinerem Einzeltiter, wobei unter Verstreckverhältnis dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen ist, bei dem eine Strecktexturierung jeder der einzelnen Filament­gruppen eine Höchstzugkraftdehnung von 25 % ergäbe, ist erfindungsgemäß dadurch gekennzeichnet, daß

    a) die Spinntiter der beiden Filamentgruppen so gewählt werden, daß für den feineren Einzeltiter ET₂ des streck-­texturierten Garnes ET₂ < 1 dtex und den Gesamttiter T des strecktexturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt,

    b) die Verstreckverhältnisse VE₁ und VE₂ so gewählt wer­den, daß VE₂ - VE₁ < 0,1 gilt,

    c) das gemeinsame Strecktexturieren bei dem Streckverhält­nis VE₁ der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter durchgeführt wird,

    d) und daß die Spannung des Garns nach Verlassen der Tex­turierspindel größer als 0,3 cN/dtex gewählt wird.



    [0013] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren werden der Orientie­rungsgrad der beiden Filamentgruppen und das Verstreck­verhältnis beim gemeinsam Strecktexturieren (Cotexturieren) so gewählt, daß beim Cotexturieren eine Verstreckung der beiden Filamentgruppen unter im wesentlichen gleicher Spannung erfolgt. Hierdurch ist es somit im Gegensatz zu den bisher bekannten Cotexturierverfahren, welche die Erzeugung von Schlingen oder abstehenden Faserenden zum Ziel haben, gelungen, ein falschdralltexturiertes fein­kapillariges, flusen- und schlingenfreies Multifilamentgarn herzustellen. Darüber hinaus zeichnet sich das erfindungs­gemäße Verfahren durch geringe Herstellungskosten aus.

    [0014] Zum Erspinnen der beiden Filamentgruppen wird entsprechend dem allgemein üblichen Garnherstellungsprozeß das Rohstoff­granulat getrocknet, aufgeschmolzen, filtriert und durch Spinndüsen gepreßt. Die so entstandenen Multifilamentgarne werden durch einen Luftstrom abgekühlt, mit einer Spinn­präparation versehen, verwirbelt und aufgespult.

    [0015] Die unterschiedliche Vororientierung der beiden Filament­gruppen kann durch Erspinnen bei verschiedenen Spinnabzugs­geschwindigkeiten auf verschiedenen Spinnanlagen erfolgen. In diesem Fall werden die beiden Filamentgruppen erst bei der Strecktexturierung vereinigt.

    [0016] Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt die unterschiedliche Vororientierung der beiden Filament­gruppen durch geeignete verfahrenstechnische Maßnahmen an nebeneinander liegenden Spinnstellen, also mit gleicher Spinnabzugsgeschwindigkeit, so daß die beiden Filament­gruppen bereits nach dem Präparieren vereinigt und dann gemeinsam verwirbelt und aufgespult werden. Diese ver­fahrenstechnischen Maßnahmen zwecks einer höheren Vor­orientierung der gröberen Filamentgruppe können in einer Profilierung des Querschnitts der Einzelkapillare bestehen. Eine weitere Möglichkeit ist eine zusätzliche Wärmebehand­lung der betreffenden Filamentgruppe in einem auf 80°C bis 150°C beheizten Rohr, das im Bereich zwischen Anblasung und Präparierung angebracht wird, wie z.B. in der EP-OS 0 013 101, Beispiel 5 und 6 sowie Figur 2 beschrieben.

    [0017] Bevorzugte Einsatzgebiete des erfindungsgemäßen Multi­filamentgarnes sind wasserabweisende Gewebe, Reinraum­kleidung und die konduktive Komponente bei Sportbekleidung. Wird beim Strecktexturieren nur ein Heizer erwärmt, so entstehen hochschrumpfende Multifilamentgarne, die sich besonders zur Herstellung von feinporigen textilen Flächen­gebilden für Regenbekleidung und Reinraumkleidung eignen. Für den Einsatz in doppelflächigen Artikeln, die aus be­kleidungsphysiologischen Gründen eine konduktive und eine sorptive Komponente enthalten, ist ein erfindungsgemäßes Garn mit einem Schrumpf < 10 % bei 130°C geeignet, was man durch zusätzliches Erwärmen des zweiten Heizers beim Streck­texturieren erhält.

    [0018] Anhand der einzigen Figur, die den Zusammenhang zwischen dem Spinntiter und dem Verstreckverhältnis zeigt, soll nun die Vorgehensweise bei der Durchführung des erfindungsge­mäßen Verfahrens erläutert werden.

    [0019] In der Figur ist auf der Abszisse der Einzeltiter des Spinnfadens (Spinntiter), gemessen in dtex, in logarith­mischem Maßstab aufgetragen. Auf der Ordinate ist das Ver­streckverhältnis des Spinnfadens angegeben, beginnend mit 1:1,0 im Ursprung.

    [0020] Bekanntlich ist ein Maß für den Orientierungsgrad einer Spinnware das bei der Strecktexturierung angewendete Ver­streckverhältnis VE der Auslaufgeschwindigkeit am Liefer­werk 2 zur Einlaufgeschwindigkeit am Lieferwerk 1 an der Strecktexturiermaschine. Unter Verstreckverhältnis ist hierbei dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen, wel­ches zu einer Höchstzugkraftdehnung des strecktexturierten Garnes von ca. 25 % führt.

    [0021] Die in das Diagramm eingezeichneten Kurven a, b, c stellen den Zusammenhang zwischen dem Verstreckverhältnis und dem Spinntiter dar, wobei die Kurve a für ein Spinngarn einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 4000 m/min mit rundem Quer­schnitt der Einzelkapillare, die Kurve b für ein Spinngarn einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 3000 m/min mit rundem Querschnitt der Einzelkapillaren und die Kurve c für ein Spinngarn einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 3000 m/min mit einem Y-Querschnitt der Einzelkapillaren gilt.

    [0022] Es ist nicht überraschend, daß sich alle Kurven für kon­stante Spinnabzugsgeschwindigkeit im Ursprung dieses Koordinatensystems ET = 0,01 → 0 und VE 1:1,0 treffen. Überraschend ist jedoch, daß sich die Kurven für konstante Spinnabzugsgeschwindigkeit als Gerade erweisen. Dadurch wird die Auswahl geeigneter Filamentgruppen (Spinnfäden) für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens er­leichtert.

    [0023] Wie ohne weiteres ersichtlich, erlaubt das Diagramm bei Vorgabe der Spinntiter für die beiden Filamentgruppen die jeweilige Vororientierung der Filamentgruppen so zu wählen, daß ihre Verstreckverhältnisse die Bedingung VE₂ - VE₁ < 0,1 erfüllen.

    [0024] Das erfindungsgemäße Verfahren wird nun anhand von Bei­spielen noch genauer erläutert.

    Beispiel I



    [0025] Ein Spinnfaden 1 aus PET wird mit einer Förderung von 28 g/­min durch Erspinnen aus 22 runden Bohrungen bei einer Spinnabzugsgeschwindigkeit von 4000 m/min hergestellt. Dieser Spinnfaden 1 mit dem Titer 70f22 wird probeweise einer Strecktexturiermaschine vorgelegt, deren Verstreck­verhältnis auf 1:1,28 und deren Bügeleisentemperatur auf 195°C eingestellt sind, und mit 400 m/min Aufspulgeschwin­digkeit strecktexturiert. Die Zugkraft des Garns nach Ver­lassen der Texturierspindel beträgt 24 cN. Bei dem an­schließenden Reißversuch ergeben sich folgende Meßwerte: Feinheitsfestigkeit 36 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 24 %.

    [0026] In analoger Weise wird ein Spinnfaden 2 aus dem gleichen Rohstoff mit einer Förderung von 20 g/min, einer Anzahl runder Bohrungen von 88 und einer Spinnabzugsgeschwindig­keit von 3000 m/min hergestellt. Nach dem Strecktexturie­ren des Spinnfadens 2 auf der gleichen Strecktexturier­maschine, bei gleicher Temperatur und Aufspulgeschwindig­keit wie bei dem Spinnfaden 1, jedoch mit einem Verstreck­verhältnis von 1:1,34, wobei die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturierspindel 23 cN beträgt, ergeben sich folgende Meßwerte: Feinheitsfestigkeit 37 cN/tex, Höchst­zugkraftdehnung 25 %.

    [0027] Das Verstreckverhältnis der beiden Spinnfäden 1 und 2 unterscheidet sich um 5 %, die Differenz ist also kleiner als 0,1.

    [0028] Zum Herstellen eines erfindungsgemäßen Garnes werden beide Spinnfäden 1 und 2 (Filamentgruppen) gemeinsam an einer Texturierstelle unter den Bedingungen des Spinnfadens 1 strecktexturiert. Die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturierspindel beträgt 51 cN. Hierbei entsteht ein schlingen- und flusenfreies voluminöses Multifilamentgarn mit folgenden Eigenschaften: Feinheitsfestigkeit 37 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 22 %, Schrumpf von 41 % bei 130°C. Das Multifilamentgarn hat einen Gesamttiter von 116 dtex und enthält 88 Einzel­kapillaren mit einem Einzeltiter ET₂ von 0,6 dtex und 22 Einzelkapillaren mit einem Einzeltiter ET₁ von 2,5 dtex.

    [0029] Zur Veranschaulichung sind die Daten der Spinnfäden 1 und 2 als Punkte A und B in dem Diagramm der einzigen Figur eingetragen. Für alle weiteren Spinnfäden mit rundem Quer­schnitt, die auf ähnlichen Anlagen mit 3000 bzw. 4000 m/min gesponnen werden, kann man aus den Geraden a und b für die jeweiligen Einzeltiter die Verstreckverhältnisse entnehmen.

    Beispiel II



    [0030] Bei diesem Beispiel wird für den Spinnfaden 2 mit feinerem Einzeltiter Einzelkapillarenvon rundem Querschnitt und für den Spinnfaden 1 mit gröberem Einzeltiter Einzelkapillaren eines profilierten Querschnitts, beispielsweise in Form eines Y verwendet. Die Daten für die beiden Spinnfäden 1 (entsprechend Punkt C des Diagramms) und 2 sind wie folgt:



    [0031] Die beiden Spinnfäden 1 und 2 werden auf nebeneinander angeordneten Spinndüsen derselben Spinnanlage, also mit derselben Spinnabzugsgeschwindigkeit, ersponnen. Nach dem Abkühlen und Präparieren der beiden bis dahin getrennt laufenden Spinnfäden werden diese zusammengeführt und vor der Aufspulung miteinander verwirbelt. Der so gewonnene kombinierte Spinnfaden wird unter den Bedingungen des Spinnfadens 1 strecktexturiert. Die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturierspindel beträgt 51 cN. Das so erhaltene Garn ist flusen- und schlingenfrei und weist folgende Eigenschaften auf: Feinheitsfestigkeit 35 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 20 %, Schrumpf von 45 % bei 130°C. Das Multifilamentgarn hat einen Gesamttiter von 122 dtex und enthält 88 Einzelkapillaren runden Querschnitts mit einem Einzeltiter ET₂ von 0,6 dtex und 60 Einzelkapillaren eines Y-Querschnitts mit einem Einzeltiter ET₁ von 0,9 dtex.

    [0032] Bei dieser Ausführungsform ist es auch möglich, die Stei­figkeit des Garns zu variieren. Dies soll an einem Bei­spiel III veranschlaulicht werden.

    Beispiel III



    [0033] Bei diesem Beispiel wird die Steifigkeit des Garns ent­sprechend den Punkten B′ und C′ in der Figur erhöht. Hierzu werden Spinnpumpen mit unterschiedlicher Förderung pro Umdrehung für die nebeneinander ersponnenen Spinnfäden 1 und 2 ver­wendet. Die Daten der beiden Spinnfäden sind wie folgt:



    [0034] Der verwirbelte vereinigte Spinnfaden 1 + 2 wird mit dem Verstreckverhältnis 1:1,36 und im übrigen bei derselben Temperatur und Geschwindigkeit wie im Beispiel I streck­ texturiert. Die Zugkraft des Garns nach Verlassen der Texturspindel beträgt 52 cN. Das so erhaltene voluminöse Multifilamentgarn ist flusen- und schlingenfrei und weist folgende Daten auf: Feinheitsfestigkeit 36 cN/tex, Höchstzugkraftdehnung 23 %, Schrumpf 42 % bei 130°C. Der Titer beträgt 118 dtex. Das Multifilamentgarn enthält 40 Einzelkapillaren runden Querschnitts mit einem Einzel­titer ET₂ von 0,8 dtex und 48 Einzelkapillaren eines Y-Querschnitts mit einem Einzeltiter ET₁ von 1,3 dtex.

    [0035] Die folgenden Vergleichsbeispiele zeigen, daß es

    1) durch Fachen der feinkapillarigen Spinnware vor dem Texturieren nicht möglich ist, ein flusenfreies Garn herzustellen;

    2) auch durch Fachen von fein- und grobkapillarigem tex­turierten Garn nicht möglich ist, ein für die vorge­sehenen Einsatzgebiete geeignetes Garn herzustellen. Dieses Ziel wird somit nur durch die vorliegende Er­findung erreicht.


    Vergleichsbeispiel 1



    [0036] Zwei Spinnspulen des Spinnfadens 2 aus Beispiel I mit dem Titer 67f88 werden gemeinsam mit dem Streckverhältnis 1:1,34 und im übrigen unter den dort beschriebenen Be­dingungen texturiert. Es entsteht ein flusiges Garn. Die­ses Ergebnis stellt sich auch bei stufenweisem Absenken des Strecktexturierverhältnisses auf 1:1,28, auf 1:1,24 oder auf 1:1,20 ein, d.h. es lassen sich keine geeigneten Texturierbedingungen für dieses Garn finden.

    Vergleichsbeispiel 2



    [0037] Die in Beispiel I beschriebenen Spinnfäden 1 und 2 werden gleichzeitig auf zwei nebeneinanderliegenden Texturier­stellen unter den in Beispiel I angegebenen Texturier­bedingungen, nämlich mit den Streckverhältnissen 1:1,28 bzw. 1:1,34 texturiert. Dadurch wird erreicht, daß beide Kapillarbündel mit gleicher Spannung aus der Texturier­zone der Aufwicklung zugeführt werden. Trotz dieser optimalen Voraussetzungen gelang es nicht, durch Ver­wirbelung in einem Luftstrom beide Garne so intensiv zu durchmischen, wie es für ein geeignetes Kettgarn erfor­derlich ist. Bereits nach dem Texturierprozeß ist das Garn 2 mit dem feinen Einzeltiter 0,6 dtex so intensiv durchmischt, daß es sich im Luftstrom nicht mehr in dem für ein einwandfreies Durchmischen beider Garne erforder­lichen Maß öffnen läßt.

    [0038] Wie die angeführten Beispiele zeigen, ist es nur nach der Lehre der vorliegenden Erfindung möglich, einwandfreie falschdralltexturierte voluminöse (vorzugsweise drall­freie) Garne mit ET₂ kleiner 1 dtex und größerem Gesamt­titer als 100 × ET₂ herzustellen.


    Ansprüche

    1. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter ET₁ und ET₂, dadurch gekennzeichnet, daß für den feineren Einzeltiter ET₂ < 1 dtex und für den Gesamttiter T des texturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt.
     
    2. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn nach Anspruch 1, dadurch gekenn­zeichnet, daß für die Gesamttiter T₁ und T₂ der beiden Filamentgruppen 3/7 < T₁/T₂ < 7/3 gilt.
     
    3. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn nach Anspruch 1 oder 2, dadurch ge­kennzeichnet, daß für die Einzeltiter ET₁ und ET₂ bei rundem Querschnitt der Einzelkapillare beider Filamentgruppen 3 < ET₁/ET₂ < 8 gilt.
     
    4. Falschdralltexturiertes voluminöses synthetisches Multifilamentgarn nach Anspruch 1 oder 2, dadurch ge­kennzeichnet, daß für die Einzeltiter ET₁ und ET₂ bei rundem Querschnitt der Einzelkapillare der Filamentgruppe mit feinerem Einzeltiter und profiliertem Querschnitt der Einzelkapillare der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter 1,5 < ET₁/ET₂ < 4 gilt.
     
    5. Verfahren zur Herstellung eines synthetischen Multi­filamentgarnes aus einheitlichem Rohstoff, bestehend aus mindestens zwei Filamentgruppen mit verschiedenem, jedoch in sich im wesentlichen gleichen Einzeltiter, insbesondere nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei welchem Ver­fahren die beiden Filamentgruppen ersponnen und anschlie­ ßend im Falschdrallverfahren gemeinsam strecktexturiert werden, wobei die Spinnabzugsgeschwindigkeiten der beiden Filamentgruppen zwischen 2500 und 5000 m/min gewählt wer­den und die beiden Filamentgruppen unterschiedlich so vororientiert werden, daß das Verstreckverhältnis VE₁ der Filamentgruppe mit gröberem Einzeltiter kleiner ist als das Verstreckverhältnis VE₂ der Filamentgruppe mit feine­rem Einzeltiter, wobei unter Verstreckverhältnis dasjenige Verstreckverhältnis zu verstehen ist, bei dem eine Streck­texturierung jeder der einzelnen Filamentgruppen eine Höchstzugkraftdehnung von 25 % ergäbe, dadurch ge­kennzeichnet,

    a) daß die Spinntiter der beiden Filamentgruppen so ge­wählt werden, daß für den feineren Einzeltiter ET₂ des strecktexturierten Garnes ET₂ < 1 dtex und den Gesamt­titer T des strecktexturierten Garnes T > 100 × ET₂ gilt,

    b) daß die Verstreckverhältnisse VE₁ und VE₂ so gewählt werden, daß VE₂ - VE₁ < 0,1 gilt,

    c) daß das gemeinsame Strecktexturieren bei dem Streck­verhältnis VE₁ der Filamentgruppe mit gröberem Einzel­titer durchgeführt wird,

    d) und daß die Spannung des Garns nach Verlassen der Tex­turierspindel größer als 0,3 cN/dtex gewählt wird.


     
    6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekenn­zeichnet, daß die beiden Filamentgruppen zwecks unterschiedlicher Vororientierung mit unterschiedlichen Spinnabzugsgeschwindigkeiten hergestellt und erst beim Strecktexturieren vereinigt werden.
     
    7. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekenn­zeichnet, daß die beiden Filamentgruppen bei gleicher Spinnabzugsgeschwindigkeit mit unterschiedlichen Orientierungen ersponnen und vor dem Strecktexturieren gemeinsam aufgespult werden.
     
    8. Verwendung des Garnes nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einem Schrumpf von > 10 % bei 130°C zur Her­stellung wasserdichter Gewebe oder Maschenware.
     
    9. Verwendung des Garnes nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einem Schrumpf > 10 % bei 130°C zur Herstellung von feinporigem Gewebe oder Maschenware für Reinraum­kleidung.
     
    10. Verwendung des Garnes nach einem der Ansprüche 1 bis 4 mit einem Schrumpf < 10 % bei 130°C als konduktive Komponente bei der Herstellung von Sportbekleidung.
     




    Zeichnung