(19)
(11) EP 0 291 766 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.11.1988  Patentblatt  1988/47

(21) Anmeldenummer: 88107165.8

(22) Anmeldetag:  04.05.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B22D 11/12
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT DE FR GB IT SE

(30) Priorität: 16.05.1987 DE 3716510

(71) Anmelder: DEUTSCHE VOEST-ALPINE INDUSTRIEANLAGENBAU GMBH
D-40094 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Bollig, Georg, Dr.
    D-4150 Krefeld (DE)
  • Maschlanka,Walter,Dr.
    D-7560 Gagenau (DE)
  • Feichtner,Hanns,Dipl.-Ing.
    D-4000 Düsseldorf 12 (DE)

(74) Vertreter: Pfenning, Meinig & Partner 
Mozartstrasse 17
80336 München
80336 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Vorrichtung zum Richten eines bogenförmigen gegossenen Stahlstranges


    (57) Es wird eine Vorrichtung zum Richten eines bogenförmig, mittels einer Gießrad-Einrichtung oder einer Bogenstrangguß-Einrichtung kontinuierlich gegossenen Stahlstranges (5,6) beschrieben. Der Strang wird zwischen Richtstellen mit Rollen, wie Richt-, Biege-, Führungs-, Gegenrollen und/oder entsprechenden Rollen­paaren, nach einer bestimmten Gesetzmäßigkeit geführt, wobei mindestens zwei, auf den Strang im Abstand voneinander,Biege­momente übertragende Rollenpaare vorgesehen sind. Das erste Rollenpaar (1,3), ist gleichzeitig das in Bewegungsrichtung des Stranges (6) unmittelbar hinter der Austrittsstelle des Stranges aus der Gieß-Einrichtung liegende Rollenpaar (1,3) bzw. wird vom Gießrad (der Bogenkokille) (1) und einer zugehörigen Richtrolle (3) gebildet. Das zweite Rollenpaar (4,4′) bestimmt den Übergang des Stranges von einem noch endlichen Krümmungsradius in eine Gerade (Krümmungsradius unendlich) am Ende der Biege­zone. Zwischen diesen beiden Rollenpaaren können weitere Rollen (9) ausschließlich entlang der Außenseite des Stranges (6) lokalisiert sein.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Richten eines bogenförmig, mittels einer Gießrad-Ein­richtung oder einer Bogenstrangguß-Einrichtung kontinuierlich gegossenen Stahlstranges nach dem Ober­begriff des Anspruchs 1.

    [0002] Die Verformung von Festkörpern, ihre Deformation und da­mit auch ihr Biegeverhalten sind mathematisch erfaß­bar exakt nur im Gültigkeitsbereich des Hookeschen Ge­setzes. Voraussetzung hierfür ist, daß ein praktisch ideal elastisches Verhalten des Körpers vorliegt, wofür wiederum Bedingung ist, daß die Hysteresekurve des elasti­schen Materials einen gegen Null gehenden oder in der Nähe von Null liegenden Flächeninhalt aufweist. Damit gilt auch für elastische Festkörper das Hookesche Gesetz nur im Be­reich kleiner Kräfte und entsprechend kleiner Auslenkungen. Bei größer werdenden Auslenkungen im quasi elastischen Be­reich sind zur mathematischen Erfassung des Materialver­haltens schon erhebliche Substitutionen und auf den jeweili­gen Fall beschränkte Randbedingungen zu berücksichtigen, will man hier noch die Gültigkeit des Hookeschen Gesetzes begrenzt anwenden. Bei noch größeren Deformationen bzw. Kraftbeaufschlagungen im Fließbereich gelten die Gesetze der Festkörperphysik nicht mehr. Hier können, wenn auch nur unzulänglich,und wieder bei Vorgabe spezieller Randbedin­gungen,nur noch Kenntnisse und mathematische Verknüpfung aus der Physik der flüssigen Kontinua Anwendung finden. Der plast­ische Bereich, unmittelbar vor dem Bruch des Festkörpers, ist für die üblicherweise auftretenden praktischen Probleme der Technik nur noch empirisch zu erfassen.

    [0003] Noch unübersichtlicher liegen die Verhältnisse im Strang­ guß, speziell im Bogenstrangguß, da hier im allge­meinen Biegekräfte auf ein Strangmaterial auszuüben sind, welches entlang seiner äußeren erstarten Haut durchaus elastische Eigenschaften aufsweisen kann, während es zumindest in seinem inneren Bereich noch den Gesetzen der Verformung von Flüssigkeiten unterliegt, und in den Übergangsbereichen zwischen Festkörper- und Flüssigkeitsverhalten plastische und/oder quasi plastische, aber auch quasi elastische Verhaltensweisen zeigt.

    [0004] Bei Stranggießanlagen mit Senkrechtbiegeanordnung, bei der der aus der Kokille senkrecht austretende Strang im vertikalen Lauf gekühlt wird, bis er vollständig er­starrt ist, kann die für die Berechnung der Bahn des Stranges und damit die erfoderliche Anordnung der Biege­rollen und Richtrollen anwendbare Gesetzmäßigkeit noch weitgehend aus dem Hookeschen Gesetz vorgegeben werden, weil hier mittels relativ geringer Kräfte bei den gege­benen großen Biegeradien nur geringe Deformationen vor­zunehmen sind, und zwar auf ein Strangmaterial, welches bereits weitgehend elastische Eigenschaften aufweist.

    [0005] Insbesondere bei Gießrädern, aber auch bei bestimmten Bogenkokillen mit kleinem Bogenradius ist die Berech­nung einer idealen Bogenführung innerhalb der Biege­zone bis hin zum gerade gerichteten Strang jedoch schwieri­ger. Es wird bei hinlänglich elastischer Verhaltensweise des Stranges für die Berechnung der Bogenführung auf Ge­setzmäßigkeiten zurückgegriffen, die aus der Belastung eines einseitig eingespannten Balkens, aber auch der gleichmäßigen Belastung des zweiseitig fixierten Balkens bekannt sind. Entsprechend der letztgenannten beiden Grenz­fälle werden dann in der Praxis für die Anordnung von Richt­und Biegerollen sowie gegebenenfalls entsprechenden Gegen­rollen auch Verhältnisse geschaffen, die sich an diese beiden mathematischen Modellversuche weitgehend an­lehnen.

    [0006] Hierbei ist es für das Geraderichten von Strangguß­material beim Gießen von Stahl mittels eines Gieß­rades bisher nur bekannt, Biege- und Richtrollen in Anlehnung an das Modell des einseitig eingespannten Balkens hinsichtlich ihres auf den Strang auszuübenden Biegemomentes zu berechnen.

    [0007] Bei der Stramgführung für eine Stranggieß-Anlage zum kontinuierlichen Gießen von Stahl mit Rollen zum Stützen und Führen sowie mit kraftübertragenden Rollenpaaren zum Umlenken des nach unten aus der Kokille austretenden Stran­ges in die Horizontale ist es jedoch auch schon bekannt, min­destens zwei Biegemomente auf den Strang durch im Ab­stand zueinander angeordnete Rollenpaare zu übertragen (DE-AS 23 41 563). Diese bekannte Ausführungsform kenn­zeichnet sich im Bereich der Biegezone durch eine Viel­zahl von den Strang zwischen sich zwangsführenden Rollen, so daß die von den genannten Rollenpaaren in den Strang eingeleiteten Drehmomente nicht zum freien Biegen zwischen diesen führen können, sondern vielmehr die Zwangsführung durch die Vielzahl der dazwischen liegenden Rollenpaare eine unausweichlich vorgeschriebene Biegekurve definiert, dergestalt, daß die von den Biege- bzw. Richtrollen im Bereich der Übergangskurve hervorgerufene Dehnungs-­änderung des Stranges im Maximum ihres bei Null beginnen­den und endenden sprungstellenfreien Verlaufes den Wert von 0,0025 %/mm beim Biegen und 0,0030 %/mm beim Rich­ten nicht überschreitet.

    [0008] Bei allen bekannten Strangführungen wird in der Biege­zone für den Fall, daß das Biegen und Richten an einem Strang vorgenommen wird, der einen noch flüssigen Kern aufweist, und demgegenüber eine nur verhältnismäßig dünne Strangschale, progressiv gerichtet, wobei der Krümmungsradius in mehreren Stufen jeweils allmählich vergrößert wird. Da es beim Beigen und Richten auf den Verlauf der Dehnungsänderung ankommt, die beim Über­schreiten empirisch ermittelbarer Maximalwerte zu Rissen führt, was insbesondere auch darauf zurückzuführen ist, daß bei Stahl in der Übergangsphase von seinem flüs­sigen in den festen Aggregatzustand der Verformungs­widerstand abhängig ist von der Verformungsgeschwindig­keit, ist damit zumindest von der Problemstellung her ein mathematischer Ansatz möglich.

    [0009] Von der Möglichkeit der Vorausbereichnung einer optimalen Biegekurve innerhalb der Biegezone hergesehen, wird aller­dings eine Berechenbarkeit noch verworrener, wenn der ge­gossene Strang in hohen Temperaturbereichen etwa über 1000°C, also dort, wo auch die erstarrende Außenhaut des Stranges noch nicht definiert von einem quasi plastischen in einen quasi elastischen Zustand übergeht, bei kleinem Radium zu richten ist. Richtstrecken in derart hohen Temperaturbereichen und in einem so frühen Zustand des Stranggusses sind beispielsweise gegeben, wenn eine Gieß­rad-Einrichtung oder eine Strangguß-Anlage mit bogen­förmiger Kokille im Direktverbund mit einem Walzwerk be­trieben werden soll, bei energetischer Minimierung des Verfahrensablaufes. Hierfür ist es erforderlich, daß die Temperatur des gegossenen Stranges so hoch wie mög­lich gehalten werden muß, andererseits sind bei zu hohen Temperaturen definierte Verarbeitungsmöglichkeiten prak­tisch kaum einzuhalten. Das bezüglich seines Spannungs­verhaltens undefinierte Strangmaterial beginnt in diesen Bereichen schon bei geringfügiger Spannungsbelastung zu fließen und sich dabei eher wie eine inkompressible Flüssigkeit zu verhalten als ein den Gesetzen der Me­ chanik der starren Kontinua unterliegender Festkörper.

    [0010] Wendet man auf einen bogenförmig gegossenen Stahl­strang in dem hier interessierenden Temperaturbereich die bisher üblichen Richtverfahren unter Einsatz von Biegerollen, Richtrollen und Gegenrollen an, dann ist zu erkennen, daß das weiche Strangmaterial bereits deut­lich vor der Anordnung der Richtrolle in einem Maße zu fließen beginnt, daß es in diesem Bereich sichtbarer durch­sackt und damit statt der allmählichen Vergrößerung des Biegeradius sogar gegenüber der Anfangsbiegung stärker werdende Biegeabschnitte zu verzeichnen sind. Die damit bei den bisher üblichen geometrischen Auslegungen inner­halb einer Biegezone, bei welcher der Biegeradius tangen­tial in die Ausfördergerade übergeht, angenommenen Be­dingungen, bedürfen somit der Verbesserung. Wenn sich der ge­nannte Kreisbogenteilkreis vor der Richtrolle derart ab­flacht, daß unter der Biegerolle, dort wo in an sich be­kannter Weise Ausförderrollen vorgesehen werden können, eine die Spannungsverhältnisse im Strang ungüstig beein­flussende Doppelbiegung oder auch Überbiegung des Stran­ges beobachtet werden, muß oder sollte von der bisher bekannten Lehre zum technischen Handeln abgewichen werden. Zusätzliche Überbiegungen führen zwangsläufig zu einer erheblichen Erhöhung der Gefahr der Rißbildung und da­mit zu geminderter Qualität.

    [0011] Hier setzt die vorliegende Erfindung ein, der die Aufgabe zugrunde liegt, für ein Verfahren der gattungsgemäßen Art den bogenförmig gegossenen Strang so zu führen, daß Doppel­biegungen vermieden werden, wobei für den Hochtemperatur­strang auf eine Minimierung der Fließgeschwindigkeit und der ausgeübten Spannungen zu achten ist.

    [0012] Die Lösung dieser Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die im Kennzeichen des Anspruchs 1 angegebenen Merkmale erreicht.

    [0013] Vorteilhafte Weiterbildungen und ausgestaltungen dieser Aufgabenlösung ergeben sich aus den Unteransprüchen.

    [0014] Da bei den hier interessierenden hohen Temperaturbereichen, bei denen das Richten des bogenförmig gegossenen Stranges erfolgt, die Fließgeschwindigkeit praktisch über die ge­samte Richtstrecke konstant ist, ist es besonders vorteil­haft, jeweils nur und ausschließlich am Anfang und am Ende der Richtstrecke ein Biegemoment auf den Strang auszuüben, und zwar unmittelbar hinter der Austrittsstelle des Stranges aus der Gießeinrichtung zum einen, und dort wo der Strang von einem noch endlichen Krümmungsradius in eine Gerade übergeht. Hierbei können je nach Anwendungsfall im Bereich der Richtstrecke zwischen diesen beiden, beispielsweise durch Rollenpaare definierbaren Biegemomenten weitere aus­schließlich entlang der Außenseite des Stranges vorge­sehene Führungsrollen in Stellung gebracht sein, die ihrer­seits jedoch nicht in unmittelbaren kraftschlüssigen Ein­griff mit dem Strang selbst gelangen.

    [0015] Anhand der beiliegenden Zeichnungen soll die vorliegende Erfindung weiter erläutert werden und insbesondere auch ein Ausführungsbeispiel für eine in gleichlange Abschnitte unterteilte Richtstrecke gegeben werden.

    [0016] Es zeigen:

    Figur 1 die schematische Darstellung eines Gieè­rades mit Ist-/Soll-Biegeverlauf der Richt­strecke

    Figur 2 eine Darstellung gemäß Figur 1, zur Ver­deutlichung der zu vermeidenden Doppel­ biegungen

    Figur 3 und Figur 4 Darstellungen zur Berechnung von Biege­radien bei Vorgabe zweier Biegemomente (Kräftepaare)

    Figur 5 eine weitere schematische Darstellung für das in der Beschreibung angegebenen Rechenbeispieles



    [0017] Bei den schematischen Darstellungen von Figur 1 und 2 handelt es sich um eine Vorrichtung zum Richten eines mittels eines Gießrades 1 durch den kontinuierlichen Zufluß von flüssigem Stahl in Pfeilrichtung 2 hergestellten Stranges 5, 6. Der das Gießrad 1 verlassende Strang entlang der durchgezeichneten Linie 6, soll den Ist-Verlauf desselben zwischen dem Gieß­rad 1, welches hier die Funktion der sonst üblichen Gegen­rollen übernimmt, und der Richtrolle 3 einerseits, wie der Biegerolle 4 andererseits andeuten. Demgegenüber zeigt die strichpunktierte Linie 5 einen Strangverlauf, der sich infolge des vorhandenen ferrostatischen Druckes durch das bei den hier interessierenden Temperaturen vorgegebene plastische Ver­halten ergäbe, wenn keine Korrektur über die Richt-, Gegen­druck- und Biegerollen vorgenommen würde.

    [0018] Der ferrostatische Druck, und damit das Fließen des Stranges über die gesamte Richtstrecke führt, wie in Figur 2 weiter ausgeführt ist, zu dem in der Fachwelt bekannten Doppel­biegen des Stranges 6, was über einen weiteren Ausförderrollen­gang 7 ausgeglichen werden soll, ohne daß die durch das Über­biegen entstandenen zusätzlichen Risse im quasi festen Strang­mantel vermieden werden können.

    [0019] Figur 3 zeigt schematisch das hier erfindungsgemäß angewandte Biegeverfahren , bei dem bei den hier vorliegenden sehr hohen Temperaturen des das Gießrad verlassenden Stranges die Fließgeschwindigkeit eine Funktion der Biegespannung ist, bei praktisch konstanter Fließgeschwindigkeit als Folge des konstanten Biegemomentes zwischen den Rollen­paaren, Gegenrolle 1′ (= Gießrad) und Richtrolle 3 einer­seits sowie dem Biegerollenpaar 4, 4′ andererseits repräsen­tiert, durch die Kräftepaare Q₁, Q₂ sowie Q₄ und Q₃. Die Länge L zwischen den Kräftepaaren, die die Biegezone begrenzen, ist hier als Länge der Richtstrecke a angegeben. Kennzeichnend für die Länge a ist somit infolge des bzw. der durch die Kräftepaare aufgebauten Biegemomentes (Beigemomente) neben der konstanten Biegespannung, das vorhandene konstante Fließ­verhalten. Ein konstantes Fließverhalten über die Länge a führt wie Figur 4 schematisch zeigt, entlang der inneren Seele des zu richtenden Stranges zu einer konstanten Dehnung, und entlang der äußeren Seele zu konstanter Stauchung entlang der Richtstrecke während die neutrale innere Seele oder Faser, in bekannter Weise,weder eine Stauchung noch Dehnung durch den Richtvorgang erfährt.

    [0020] In Figur 4 sind die Innenseele oder -faser mit si, die Außen­seele bzw. -faser mit sa und die neutrale Faser mit a bezeich­net, der Gießradius ist Rm, die Dicke des Stranges zwischen den Pfeilen d₁ und d₂ ist D in Krümmungsrichtung.

    [0021] Aus der über die ganze Länge a konstanten Dehnung läßt sich die diesem Richtverfahren entsprechende Biegelinie zumindest näherungsweise bestimmen. Dabei kann so vorgegangen werden, dass zuerst die beim Richten auftretende Gesamtdehnung bzw. Stauchung Δs der Innen- und Aussenfaser aus dem Giessradius Rm und der Strangdicke D bestimmt wird, die dann gemäss der Bedingung konstanter Fliessgeschwindigkeit in q gleichen Teilwerten, q gleichen Teillängen der Biegezonenlänge a zugeordnet wird, wonach sich aus dieser Zuordnung der Radius am Ende jeder Teillänge berechnen lässt, was erlaubt, die Biegelinie schrittweise geometrisch aufzubauen.

    [0022] Die Ableitung der Gleichung zur Bestimmung des Radius am Ende jeder Teillänge beginnt also wie folgt:
    (Bezeichnungen siehe Fig. 4)

    [0023] Die Innen- bzw. Aussenfaserlänge vor dem Richten ist

    Nach dem Richten sind Innenfaserlänge, Aussenfaserlänge und Mittelfaserlänge gleich
    II      Si′ = Sa′ = a′ = a
    Aus I und II folgt für die Innenfaser (und dem Betrag nach gleich für die Aussenfaser) die Gesamtdehnung

    Betrachtet man nun einzelne Teilstücke der Biegezone, in dem man die Länge a in q gleiche Abschnitte aufteilt, die mit A₁, A₂....An... ... Aq bezeichnet werden, (wobei An ein beliebiges Teilstück mit einem ganzzahligen Index zwischen 1 und q kennzeichnet), so hat jeder Abschnitt An die Länge

    .

    [0024] Teilt man nun den Strang innerhalb der Biegezone gleichfalls in q Teilstücke mit der Länge

    und betrachtet man z. B. die Innenfaser eines Teilstücks, so wird diese beim Durchlaufen der ganzen Beigaezone um die Grösse

    . ΔSi gedehnt, innerhalb eines Abschnitts An jedoch nur um die Grösse

    Setzt man nun in diese Beziehung den Wert für ΔSi gemäss III ein, so ergibt sich

    Dies ist die Dehnung der Innenfaser eines Teilstücks beim Durchlaufen einer Teillänge als Funktion bekannter und gewählter Grössen.
    Diese Dehnung der Innenfaser eines Teilstücks beim Durchlaufen einer Teillänge lässt sich aber auch mit den (gesuchten) Radien am Ende der Teillängen darstellen:
    Die Länge der Innenfaser eines Teilstücks mit der Länge

    vor dem Richten im Abschnitt An ist

    und die Länge der Innenfaser desselben Teilstücks nach dem Richten im Abschnitt An ist

    Die Dehnung ΔSn eines Teilstücks pro Abschnitt ist also

    Diese Beziehung lässt sich nach Rn , also dem Radius am Ende einer Teillänge auflösen

    Setzt man in diese Beziehung nun den Wert für ΔSn gemäss

    ein, so ergibt sich

    also die gesuchte Beziehung für den Radius am Ende einer Teillänge als Funktion des Giessradius, der gewählten Anzahl von Teillängen und des Radius am Ende der vorherigen Teillänge

    [0025] Beginnend mit dem Giessradius Rm = Rn-1 für das erste Teilstück A₁ , lassen sich mit dieser Beziehung für die Biegelinie mit konstanter Dehngeschwindigkeit für jeweils das Ende der Abschnitte A₁ bis Aq die Krümmungsradien R₁ bis Rq exakt berechnen.

    [0026] Aus diesen Krümmungsradien kann dann die Biegelinie zumindest graphish näherungsweise dargestellt werden, wobei die Genauigkeit umso grösser wird,. je kürzer die Länge der Abschnitte A₁ bis Aq ist, d.h., je grösser q gewählt wird ( q muss dabei grösser als 1 gewählt werden, denn für q = 1 ergibt sich kein Zwischenwert, sondern nur der Krümmungsradius ∞ am Ende der Biegezone).

    [0027] Beachtenswert ist,dass in der Beziehung

    keine Werte für die Dehnung, die Fliessgeschwindigkeit und Strang­dicke enthalten sind, was heisst, dass es für einen Giess­radius Rm und eine Biegezonenlänge a, nur eine Biege­linie für konstante Fliessgeschwindigkeiten in der Biege­zone gibt, die für alle Giessgeschwindigkeiten und Strangdicken gültig ist.

    [0028] Als Beispiel für die Berechnung der Krümmungsradien einer Biegelinie wird ein Gießrad,wie in Fig. 5 dargestellt,mit einem Gießradius von Rm = 1500 mm und einer Länge der Biege­zone von a = 1500 mm gewählt. Für die Berechnung der Krümmungs­radien wird die Länge der Biegezone in q = sechs Abschnitte unterteilt; vergleiche auch Fig. 6.

    [0029] Die Berechnung ergibt sich dann:





    [0030] Wird also ein Gießrad mit den geometrischen Daten, gemäß vorstehender Rechnung für diese Biegezone konstruiert, so wird der Strang zwischen Rolle 2 und Rolle 3 ohne jegliche Überbiegung mit konstanter Dehngeschwindigkeit gerichtet. Hierbei werden lokale Spannungsspitzen, wie sie beim Rich­ten über eine oder mehrere Richtrollen stattfinden, ver­mieden, was die Gefahr von Rißbildungen auf ein Minimum redu­ziert.


    Ansprüche

    Vorrichtung zum Richten eines bogenförmig, mittels einer Gießrad-Einrichtung oder einer Bogenstrangguß-­Einrichtung kontinuierlich gegossenen Stahl­stranges, bei der der Strang zwischen einer kreis­bogenförmigen, die Gieß-Einrichtung verlassenden Konfiguration und einer gradlinig gerichteten Ausbildung von mehreren Richtstellen mit Rollen, wie Richt-, Biege-, Führungs-, Gegenrollen und/­oder entsprechenden Rollenpaaren, geführt ist, wobei mindestens zwei auf den Strang Biegemomente auftragende Rollenpaare vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, daß das erste ein Biegemoment übertragende Rollenpaar gleichzeitig das in Bewegungsrichtung des Stranges liegende erste Rollenpaar ist und unmittelbar hinter der Aus­trittsstelle des Stranges aus der Gieß-Einrichtung liegt bzw. vom Gießrad (der Bogenkokille) selbst und einer zugehörigen Richtrolle gebildet ist, daß das zweite Rollenpaar den Übergang des Stranges von einem noch endlichen Krümmungsradius in eine Gerade (Krümmungsradius unendlich) vorgebend, am Ende der Biegezone angeordnet ist, daß zwischen diesen beiden Rollenpaaren lie­gende weitere Rollen ausschließlich als entlang der Außenseite des Stranges lokalisierte Führungs­rollen ausgebildet sind, die die Biegezone in q gleiche Abschnitte unterteilend (beginnend mit dem Abschnitt An=1 nach dem ersten Rollenpaar und endend mit dem Abschnitt An=q vor dem zweiten Rollenpaar) für den Strang eine Biegekurve ergeben, die, ausgehend vom Krümmungsradius Rm und endend mit R= ∞, am Ende jedes Teilabschnitts An einen Krümmungsradius aufweist, der der Gleichung

    genügen, wobei Rm der Gießradius des Stranges, mit dem dieser aus der Gießeinrichtung (Gießrad bzw. Bogenkokille) austritt und R∞ der Radius des gradlinig gerichteten Stranges ist, und wobei die Temperatur des Stranges für die Biegezone so ein­gestellt ist, daß der Strang in dieser bei prak­tisch konstanter Fließgeschwindigkeit ein annähernd rein plastisches Verhalten zeigt.
     




    Zeichnung