[0001] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur Bewertung der in Fahrzeugen mittels
einer Leit-und Informationseinrichtung gemessenen Reisezeit in einem Leit- und Informationssystem
für den Individualverkehr, mit in einem Ortungs- und Navigationsrechner der Leit-
und Informationseinrichtung einspeicherbaren, digitalisierten Straßennetzplan, wobei
von zwei Knoten des Straßennetzes ein Streckenabschnitt und von zwei Leitpunkten eine
Teilstrecke mit jeweils einer eigenen Adresse gebildet sind und wobei mit einer Reisezeitmeßeinrichtung
der Leit- und Informationseinrichtung die Reisezeit gemessen wird.
[0002] Verkehrsleit- und Informationssysteme sind allgemein bekannt. Mit einem derartigen
Leitsystem können einzelne Fahrzeuge individuell von einem jeweiligen Ausgangsort
zu einem eingebbaren Zielort geführt werden. In der europäischen Patentschrift 00
21 060 ist ein Leitsystem für den Individualverkehr beschrieben, bei dem von einzelnen
Leitbaken Leitinformationen für sämtliche in Betracht kommenden Fahrzeuge zyklisch
an alle passierenden Fahrzeuge abgestrahlt werden. Die Auswahl der für ein bestimmtes
Fahrziel geltenden Empfehlung erfolgt im Fahrzeug. Die Leitbaken sind jeweils in größeren
Entfernungen voneinander angeordnet. Die Strecken zwischen ihnen werden dabei als
Folge von Wegvektoren beschrieben. Dabei ist vorgesehen, daß von den Leitbaken an
die Fahrzeuge jeweils Leitempfehlungen in Form einer Kette von Leitvektoren gegeben
werden.
[0003] In der europäischen Patentschrift 00 29 201 ist ein Verfahren zur Verkehrsdatenerfassung
in einem Leit- und Informationssystem für den Individualverkehr beschrieben. Das bekannte
Verfahren beschreibt eine Reisezeitmeßeinrichtung im Fahrzeug, mit der die Reisezeit
jeweils zwischen den einzelnen Leitpunkten einer Leitvektorkette einzeln gemessen
wird. Die Reisezeit innerhalb einer Teilstrecke oder eines Streckenabschnitts setzt
sich aus mehreren Zeiten zusammen. Zu der reinen Fahrzeit, bei der das Fahrzeug gefahren
wird, kommt noch eine Standzeit, die verkehrsbedingt sein kann, wie sie beispielsweise
durch Staus bzw. Halte vor Verkehrssignalen erfolgt. Die Standzeit kann aber auch
nicht verkehrsbedingt sein, wie sie beispielsweise durch Anhalten mit laufendem Motor
verursacht werden kann, weil schnell Zigaretten oder eine Zeitung geholt wird oder
weil beispielsweise ein Taxifahrer bei laufendem Motor den Fahrgast abkassiert. Derartig
ermittelte verfälschte Reisezeiten sind jedoch nicht aussagekräftig, wenn mit Hilfe
eines zentralen Leitrechners Reisezeitprognosen und situationsbedingte Routenoptimierungen
erstellt werden sollen. In der obengenannten Patentschrift wurde bereits vorgeschlagen,
solche unechte Reisezeiten durch eine Mittelwertsbildung der Meßwerte mehrerer Fahrzeuge
zu verringern. Eine solche Glättung bedingt jedoch zwangsläufig längere Reaktionszeiten
auf echte Stauungen im Straßenverkehr. Reaktionsverzögerungen sind aber unerwünscht,
denn der Nutzen eines Systems zur dynamischen Verkehrsbeeinflussung hängt in hohem
Maße von seinem Vermögen ab, schnell auf unerwartete Verkehrsstauungen reagieren zu
können.
[0004] Es ist daher Aufgabe der Erfindung, in einem Leit- und Informationssystem für eine
Verkehrserfassung und -lenkung der obengenannten Art, bei dem die Reisezeit für jeweilige
Streckenabschnitte gemessen wird, ein Verfahren anzugeben, welches gestattet, die
Glaubwürdigkeit von Stauzeitmessungen zu beurteilen und auf solche Messungen, die
mit großer Wahrscheinlichkeit echte Staue meiden, unverzögert durch die Empfehlung
von Alternativrouten zu reagieren.
[0005] Diese Aufgabe wird bei einem derartigen System dadurch gelöst, daß pro Teilstrecke
die in der Reisezeit enthaltene Stauzeit aus der Summe aller Zeitintervalle, bei denen
die Fahrzeuggeschwindigkeit unterhalb einer vorgegebenen Grenzgeschwindigkeit liegt,
berechnet wird, daß im Ortungs- und Navigationsrechner die Anzahl der Verzögerungsvorgänge
unterhalb der Grenzgeschwindigkeit für jede Teilstrecke gemessen und daraus ein Gewichtsfaktor
gebildet wird, daß die jeweiligen, den Stauzeiten zugehörigen Gewichtsfaktoren zu
einem zentralen Verkehrs- und Informationsleitrechner übertragen werden, daß in Abhängigkeit
von der Größe des Gewichtsfaktors die jeweilige Reise- und Stauzeit bewertet wird,
und daß mit diesen bewerteten Reise- und Stauzeiten einerseits neue alternative Routenempfehlungen
erarbeitet und andererseits für Lichtsignalanlagensteuerungen ausgewertet werden.
[0006] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wird durch eine Analyse der Fahrzeugbewegung
ein Gewichtsfaktor gebildet, der die Glaubwürdigkeit einer Staumeldung beschreibt.
Die gemessenen Stauzeiten werden in Abhängigkeit von der Größe des zugehörigen Gewichtsfaktors
bewertet und lediglich Stauzeiten mit ausreichend großen Gewichtsfaktoren werden für
die Weiterverarbeitung im Leitrechner herangezogen.
[0007] Das hat den Vorteil, daß das Leit- und Informationssystem zur dynamischen Verkehrsbeeinflussung
relativ frühzeitig auf echte Staus reagieren kann, indem es besondere Routenempfehlungen
an die einzelnen Fahrzeuge gibt oder indem das Schaltprogramm einer Lichtsignalanlage
an das tatsächliche Verkehrsaufkommen besser angepaßt wird, um die Staulängen zu reduzieren.
[0008] Für das erfindungsgemäße Verfahren ist es zweckmäßig, zur Bildung des Gewichtsfaktors
mehrere Geschwindigkeitsklassen zu bilden, die beispielsweise einen Geschwindigkeitsbereich
von jeweils 5 km pro Stunde umfassen. Sechs Geschwindigkeitsbereiche ergeben eine
Grenzgeschwindigkeit von 30 km pro Stunde. In vorteilhafter Weise wird nun die Anzahl
der Übergänge von einem Geschwindigkeitsbereich in den nächstniedrigen Geschwindigkeitsbereich
ermittelt, wobei diese Anzahl der Übergänge dem Gewichtsfaktor entsprechen.
[0009] In einer Weiterbildung der Erfindung werden die Gewichtsfaktoren zur Bewertung der
gemessenen Stauzeit normiert, indem man die Anzahl der Übergänge von einem Geschwindigkeitsbereich
in einen nächst niedrigeren im Bereich einer Teilstrekke durch die Anzahl der Übergänge
teilt, die sich für einen Haltevorgang aus einer Geschwindigkeit, die über der Grenzgeschwindigkeit
liegt, zwangsläufig ergeben. Ist dabei der normierte Gewichtsfaktor größer oder gleich
einem Grenzwert, beispielsweise zwei, so wird die zugehörige Stauzeit als echte Stauzeit
bewertet. Hat der normierte Gewichtsfaktor einen Wert, der unterhalb dieses Grenzwertes,
beispielsweise zwei, liegt, so kann in bekannter Weise durch eine laufende Mittelwertsbildung
die Stauzeit bewertet werden.
[0010] Zur Bewertung der gemessenen Reisezeit innerhalb eines Streckenabschnittes ist es
zweckmäßig, die Gewichtsfaktoren aller Stauzeiten der einzelnen Teilstrecken, also
eines Streckenabschnittes, im Verkehrs- und Informationsleitrechner zu addieren und
die Größe dieses Summenfaktors für die Routenoptimierung heranzuziehen.
[0011] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden die den Stauzeitmessungen angefügten Gewichtsfaktoren
zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Reisezeiten genutzt. Die Stauzeiten werden
getrennt für jede Teilstrecke gemessen, welche von zwei Leit-punkten, das sind im
allgemeinen zwei Signalanlagen, begrenzt werden. Reisezeiten werden im allgemeinen
für ganze Streckenabschnitte, d.h. Strecken zwischen zwei Knoten im Hauptknotennetz,
gemessen. Sie können mehrere Leitpunkte bzw. Lichtsignalanlagen beinhalten. Die Addition
der Gewichtsfaktoren aller Stauzeiten eines Streckenabschnitts im zentralen Leitrechner
ist sinnvoll, weil die Gewichtsfaktoren nichts anders sind als die Anzahl der (Norm-
)Verzögerungsvorgänge bei der langsamen Fortbewegung einer aufgestauten Kolonne.
[0012] Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß lange Reisezeit in Verbindung mit hohen Gewichtsfaktoren
auf andere als verkehrsbedingte Ursachen zurückzuführen sind. Da ein längerer Stau
gewisse Zeiten benötigt, um sich auf- und abzubauen und kein individuelles Fahrverhalten
mehr zuläßt, ist eine derartige mathematische Behandlung von Reisezeiten mit größeren
Gewichtsfaktoren für Reisezeitprognosen nützlich, denn eine Reisezeit mit einem großen
Gewichtsfaktor wird sich von Zeitintervall zu Zeitintervall nur mit Zeitkonstanten
verändern können, die für jede Teilstrecke charakteristisch und durch Messungen ermittelbar
sind. Es ist auch möglich, aufgrund hoher Gewichtsfaktoren unfallbedingte Störungen
im Straßenverkehr automatisch zu erkennen und den Leitrechner evtl. selbsttätig Verkehrsleitmaßnahmen
durchführen zu lassen.
[0013] Anhand der Zeichnung wird das erfindungsgemäße Verfahren näher beschrieben. Dabei
zeigen
Fig. 1 schematisch das Funktionsprinzip eines Leit- und Informationssystems (ALI-SCOUT),
Fig. 2 ein Schema eines Straßennetzes in einem begrenzten Bereich,
Fig. 3 ein typisches Geschwindigkeitsprofil für ein Fahrzeug im Stau,
Fig. 4 und 6 ein Geschwindigkeitsprofil im Rückstaubereich einer überlasteten Lichtsignalanlage
und
Fig. 5 und 7 ein Geschwindigkeitsprofil, verursacht durch nicht verkehrsbedingte Halte.
[0014] In Fig.1 ist das Funktionsprinzip des Leit- und Informationssystems schematisch gezeigt.
Im Fahrzeug FZ befindet sich eine Leit- und Informationseinrichtung LIE, die ein Ortungsgerät
0 mit einer Magnetfeldsonde MS und einem Radimpulsgeber RIG, sowie ein Navigationsgerät
N mit einem Bediengerät BG, mit einer Reisezeitmeßeinrichtung RZM und mit einem Infrarotsender
SF und einem Infrarotempfänger EF aufweist. Das Bediengerät BG weist eine Eingabetastatur
ET, einen Zielspeicher ZSp und beispielsweise einen Richtungsanzeiger ANZ auf. Über
den Fahrzeugsender SF des Fahrzeuges FZ werden zur Leitbake LB, die am Straßenrand
beispielsweise an einem Mast SM an einer Lichtsignalanlage LSA montiert ist, die gemeinsamen
Reise- und Stauzeiten einschließlich der Gewichtsfaktoren übertragen. Ebenso werden
in umgekehrter Richtung von der Leitbake LB Daten zum Fahrzeug FZ übertragen und vom
Fahrzeugempfänger EF empfangen. Die Leitbake LB ist mit der Bakenelektronik BE, die
im Verkehrsschaltgerät VSG untergebracht sein kann, verbunden. Das Verkehrsschaltgerät
VSG ist mit dem Verkehrs- und Informationsleitrechner VLR, der in einer Verkehrsleit-
und Informationszentrale VLZ steht, über eine Datenleitung DL verbunden. Das bekannte
Verkehrsleit- und Informationssystem braucht hier nicht weiter beschrieben zu werden.
[0015] Fig. 2 zeigt das Schema eines Straßennetzes in einem begrenzten Bereich. Gezeigt
sind die Kreuzungen bzw. Knoten K1, K2 und K3 mit jeweils einer Leitbake. Zum besseren
Verständnis sind ihre Funktionen, Leitinformationen zu senden (LB1, LB2) und Zeitmeßwerte
zu empfangen (MB1, MB2, MB3),getrennt dargestellt. Ein sich dem Knoten K1 - näherndes
Fahrzeug FZ1 erhält von der Leitbake LB1 die Leitempfehlung, die durch die Leitpunkt
LP1, LP2 bis LP5 beschriebene Route zum Knoten K2 zu benutzen. Während der Fahrt mißt
die Leit-und Informationseinrichtung LIE im Fahrzeug FZ die jeweiligen Reisezeiten
zwischen den erwähnten Leitpunkten LP1 bis LP5. Die gemessenen Reisezeiten überträgt
es beim Passieren des Knotens K2 an die Meßbake MB2, die sie ihrerseits an den Verkehrsleitrechner
VLR weiterleitet. Das Fahrzeug FZ3 wird vom Knoten K1 über die durch die Leitpunkte
LP1, LP2, LP3 und LP7 zum Knoten K3 geleitet und meldet dort der Meßbake MB3, welche
Teilstrecken durchfahren und welche Zeiten es auf diesen gemeinsam hat. Weitere Einzelheiten
der bekannten Reisezeitmessung sind in der europäischen Patentschrift 00 29 201 beschrieben.
[0016] Fig. 3 zeigt den typischen Verlauf eines Geschwindigkeitsprofils v = F (s) von einem
sich in einer Kolonne fortbewegenden Fahrzeug. Die Geschwindigkeit v (km/h) ist über
der zurückgelegten Wegstrecke s in Metern (m) aufgetragen. Dabei wird die Stauzeit
tSt pro Teilstrecke aus der Summe aller Zeitintervalle tStn, tSt (n + 1) ermittelt,
bei denen sich das Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit fortbewegt, die unterhalb einer
bestimmten Grenzgeschwindigkeit vSt liegt.
[0017] In Fig.4 ist ebenfalls ein Geschwindigkeitsprofil eines Fahrzeugs über der Wegstrecke
s an einem Beispiel für eine Meßfahrt im Rückstaubereich vor einer überlasteten Lichtsignalanlage
dargestellt. Auch die Reisezeit tR ist als Funktion über den Weg s in Fig.4 eingezeichnet.
Auf der Abszisse ist der Weg s in Metern (m) aufgetragen, wobei der Nullpunkt rechts
eingetragen und links vom Nullpunkt (Verkehrssignalanlage) die Haltelinie HL eingezeichnet
ist. Auf der rechten Ordinate ist die Geschwindigkeit v in Kilometern pro Stunde (kmih)
aufgetragen. Auf der linken Koordinate ist die Reisezeit tR in Sekunden (sec) aufgetragen.
[0018] An diesem Beispiel ist zu erkennen, daß das Fahrzeug etwa 520 m vor der Haltelinie
HL auf das Ende einer aufgestauten Kolonne trifft und sich dann mit dieser entsprechend
dem Schaltrhythmus der Signalanlage in zeitlichen Abständen von in diesem Beispiel
ca. 60 Sekunden beschleunigend und wieder abbremsend vorwärtsbewegt (tR = F (s)).
Entsprechend dazu ist die Geschwindigkeit v eingezeichnet.
[0019] Betrachtet man nun die Fig.5, die auch ein Geschwindigkeitsprofil, für eine Meßfahrt
eines Fahrzeuges zeigt, das einmal hält und dann ein zweites Mal vor einer Lichtsignalanlage
an der Haltelinie HL warten muß, so erkennt man, daß eine völlig andere Situation
vorliegen muß. Wie in Fig. 4 hält auch am Beispiel der Fig.5 das Fahrzeug etwa 520
m vor der Haltelinie. Es fährt aber im Gegensatz zu Fig.4 erst nach einer Zeit von
ca. vier Minuten (240 sec) wieder an, bis es schließlich auch vor der Lichtsignalanlage
(HL) warten muß, um nach etwa 40 weiteren Sekunden seine Fahrt fortzusetzen.
[0020] Bei beiden Beispielen beträgt die Reisezeit etwa 360 Sekunden. Im ersten Fall (Fig.4)
ist sie verkehrsbedingt, im zweiten Fall (Fig.5) dürfte sie höchstwahrscheinlich auf
andere Gründe zurückzuführen sein. Im ersten Fall muß das Leitsystem auf einen verkehrsbedingten
Stau erkennen und ents-
T prechend reagieren, im zweiten Fall wäre dies falsch und eine Alternativroutenempfehlung
unbegründet. Der typische Unterschied zwischen beiden Fahrverläufen ist augenfällig.
Das Geschwindigkeitsprofil v in der Fig.4 ist gekennzeichnet durch eine relativ große
Anzahl von Beschleunigungs- und Verzögerungsvorgängen. Der in Fig.5 dargestellte Geschwindigkeitsverlauf
v durchläuft zwischen den beiden Halten sogar einen größeren Geschwindigkeitsbereich,
weist aber erheblich weniger Wechsel auf.
[0021] Das erfindungsgemäße Verfahren mißt daher die Anzahl der Übergänge von einer Geschwindigkeitsklasse
in die nächstniedrigere und benützt diese als Gewichtsfaktor für die Bewertung der
gemessenen Stauzeit. In den Figuren 6 und 7, die den Figuren 4 und 5 entsprechen,
sind n = 6 Geschwindigkeitsklassen eingezeichnet, nämlich eine erste Geschwindigkeitsklasse
v1, die dem Geschwindigkeitsbereich von 0 bis 5 km pro Stunde entspricht, eine zweite
Klasse v2, welche dem Geschwindigkeitsbereich von 5 bis 10 km pro Stunde entspricht
usw. Es sind also sechs Geschwindigkeitsklassen v1 bis v6 bis zur Grenzgeschwindigkeit
vSt = 30 km/h eingetragen. Der Navigationsrechner ONR der Leit- und Informationseinrichtung
LlE im Fahrzeug FZ ermittelt durch Messung der Radumdrehungen i Zeiteinheit mit dem
Radimpulsgeber RIG die Anzahl der Übergänge ü von einer Geschwindigkeitsklasse in
die nächstniedrige Geschwindigkeitsklasse als Gewichtsfaktor G. Diese Übergänge ü
sind durch kleine Kreuzchen auf der Geschwindigkeitskurve gekennzeichnet. Es ergibt
sich für das Beispiel der aufgestauten Kolonne nach Fig.6 ein ü = 39, also ein Gewichtsfaktor
von G = 39. Für das Beispiel des nicht verkehrsbedingt haltenden Fahrzeugs gemäß der
Fig. 7 ergeben sich 16 Übergänge (ü), also ein Gewichtsfaktor von G = 16.
[0022] Um kleinere und anschaulichere Zahlenwerte zu bekommen, ist es zweckmäßig, einen
normierten Gewichtsfaktor GN zu bilden. Die Normierung wird dabei auf die Anzahl "normaler
Halte" bezogen. Verzögert ein Fahrzeug aus einer Fahrt mit einer Geschwindigkeit v
= 30 km pro Stunde bis zum Stillstand, so ergeben sich bei n = 6 Geschwindigkeitsklassen
v1 bis v6 insgesamt n + 1 = 7 Grenzübergänge. Der normierte Gewichtsfaktor GN ergibt
sich also aus der Beziehung GN = , mit Ü = Anzahl der Grenzübergänge (entspricht dem
Gewichtsfaktor G).
[0023] Für das Beispiel der aufgestauten Kolonnen nach Fig.6 ergibt sich nach dieser Rechnung
GN = 6. Für den Fall der nicht verkehrsbedingten Halte im Beispiel von Fig.7 ergibt
sich GN = 2. Diese Zahlen stimmen in den beiden oben angeführten Beispielen mit der
Zahl der Stops (v = 0) überein. Dies ist in den Figuren 6 und 7 mit kleinen Ringen
gekennzeichnet. Man käme auch zu demselben Resultat, wenn man einfach die Anzahl der
Stops zählen würde. Dies hätte aber den Nachteil, daß Fahrzeuge, die ökonomisch gefahren
werden, indem sie in der Kolonne weniger beschleunigen und dafür nicht bis auf eine
Geschwindigkeit von v = 0 abbremsen, bei einem Zählen der Stops einen Gewichtsfaktor
von Null liefern würden. Daher wird mit dem erfindungsgemäßen Verfahren der normierte
Gewichtsfaktor GN verwendet und für die Stauzeitmessung herangezogen.
[0024] Jede Stauzeit TSt, die von dem Navigationsrechner ONR und den Reisezeitmeßeinrichtungen
RZM in den Fahrzeugen FZ gemessen wird, wird mit einem Gewichtsfaktor G bzw. GN ergänzt.
Dabei können die Gewichtsfaktoren relativ einfach aus der zeitlichen Dichte der Wegimpulse
in dem Fahrzeug-Navigationsrechner errechnet werden. Messungen mit normierten Gewichtsfaktoren
von 0 und 1 werden zweckmäßigerweise durch eine laufende Mittelwertsbildung behandelt,
wie bereits bekannt. In grünen Wellen kann die Häufigkeit des Auftretens von normierten
Gewichtsfaktoren GN >- 1 für eine erste überschlägige Beurteilung für die Qualität
der grünen Welle dienen.
[0025] Gewichtsfaktoren von GN k 2 besagen, daß Fahrzeuge, die bei Rotsignal in den Rückstaubereich
einer Kreuzung einfahren, diese beim nächsten Grün noch nicht passieren können. Deshalb
werden Gewichtsfaktoren von GN k- 2 herangezogen, um für alle Zufahrten der betreffenden
Lichtsignalanlage Stauzeitganglinien im Verkehrsleitrechner aufzuzeichnen. Markant
unterschiedliche Gewichtsfaktoren für die Verkehrsströme einer Kreuzung können ein
eindeutiges Indiz im Gegensatz zur normal gemessenen Stauzeit dafür sein, daß die
Grünzeitverteilung nicht mehr dem tatsächlichen Verkehrsaufkommen entspricht.
[0026] Mit den den Stauzeitmessungen angefügten Gewichtsfaktoren wird auch die gemessene
Reisezeit bewertet. Die Stauzeiten werden getrennt für jede Teilstrecke gemessen,
die von zwei Leitpunkten begrenzt ist. Die Reisezeit wird für ganze Streckenabschnitte,
d.h. die Strecke zwischen zwei Knoten im Straßennetz, gemessen. Die Reisezeiten können
mehrere Leitpunkte bzw. Lichtsignalanlagen beinhalten. Es werden die Gewichtsfaktoren
aller Stauzeiten eines Streckenabschnitts im zentralen Leitrechner addiert. Eine Addition
ist sinnvoll, weil die Gewichtsfaktoren nichts anderes sind als die Anzahl der (Norm)Verzögerungsvorgänge
bei einer aufgestauten Kolonne. Indirekt läßt sich daraus auch die Länge eines Staus
ableiten, wenn man unterstellt, daß der dargestellte Geschwindigkeitsverlauf v für
eine aufgestaute Kolonne gemäß der Fig.4 typisch ist, und daß dabei ein Schaltzyklus
der Signalanlage von z.B. 60 Sekunden häufig vorkommt, so ist ersichtlich, daß sich
Gewichtsfaktor GN in je etwa 100 m Staulänge um einen Wert erhöht. Die Summe der Gewichtsfaktoren
für einen Streckenabschnitt bzw. eine Teilstrecke kann demnach als indirektes Maß
für die Menge der aufgestauten Fahrzeuge auf dieser Strecke dienen.
1. Verfahren zur Bewertung der in Fahrzeugen (FZ) mittels einer Leit- und Informationseinrichtung
(LIE) gemessenen Reisezeit (TR) in einem Leit-und Informationssystem für den Individualverkehr,
mit in einem Ortungs- und Navigationsrechner (ONR) der Leit- und Informationseinrichtung
(LIE) einspeicherbaren, digitalisierten Straßennetzplan, wobei von zwei Knoten (K1,K2,...)
des vermaschten Straßennetzes ein Streckenabschnitt und von zwei Leitpunkten (LP1,
LP2,...) eine Teilstrecke mit jeweils einer eigenen Adresse gebildet sind und wobei
mit einer Reisezeitmeßeinrichtung (RZM) der Leit- und Informationseinrichtung (LIE)
die Reisezeit (TR) gemessen wird,
dadurch gekennzeichnet, daß pro Teilstrecke die in der Reisezeit (TR) enthaltene Stauzeit
(TSt) aus der Summe aller Zeitintervalle (tSt1, tSt2,...), bei denen die Fahrzeuggeschwindigkeit
(v) unterhalb einer vorgegebenen Grenzgeschwindigkeit (vSt) liegt, berechnet wird,
daß im Ortungs- und Navigationsrechner (ONR) die Anzahl der Verzögerungsvorgänge unterhalb
der Grenzgeschwindigkeit (vSt) für jede Teilstrecke gemessen und daraus ein Gewichtsfaktor
(G) gebildet wird, daß die jeweiligen, den Stauzeiten (TSt) zugehörigen Gewichtsfaktoren
(G) gemeinsam mit diesen zu einem zentralen Verkehrs- und Informationsleitrechner
(VLR) übertragen werden, daß in Abhängigkeit von der Größe des Gewichtsfaktors die
jeweilige Reise-und Stauzeit bewertet wird, und daß mit diesen bewerteten Reise- und
Stauzeiten einerseits neue Alternativroutenempfehlungen erarbeitet und andererseits
für eine Lichtsignalanlagensteuerung ausgewertet werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß zur Bildung des Gewichtsfaktors (G) mehrere (n) Geschwindigkeitsklassen
(v1 bis vn) gebildet und die Anzahl der Übergänge (ü) in die jeweils nächstniedrigere
Geschwindigkeitsklasse ermittelt wird, wobei die Anzahl der Übergänge (ü) dem Gewichtsfaktor
(G) entspricht.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet, daß aus der Anzahl (n + 1) der Grenzübergänge der Geschwindigkeitsklassen
(v1 bis vn) und aus dem Gewichtsfaktor (G

ü) ein normierter Gewichtsfaktor (GN) nach folgender Beziehung
berechnet wird, und daß normierte Gewichtsfaktoren GN, die größer als ein bestimmter
oder gleich einem bestimmten Grenzwert (z.B. 2) sind, die zugehörige Stauzeit (TSt)
als echte Stauzeit ausweisen, und dadurch eine unverzügliche Reaktion des Verkehrsleitrechners
VLR zur Beeinflussung von Lichtsignalanlagen auslösen.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet, daß die gemessenen Stauzeiten (TSt) mit einem zugehörigen
normierten Gewichtsfaktor (GN), der unterhalb des bestimmten Grenzwerts (z.B. 2) ist,
durch eine laufende Mittelwertsbildung bewertet werden, wodurch ein unerwünschter
Einfluß nicht verkehrsbedingter Haltevorgänge beschränkt wird.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, daß mit den Gewichtsfaktoren (G bzw. GN) der zugehörigen Stauzeiten
(TSt) die gemessene Reisezeit (TR) innerhalb eines Streckenabschnittes bewertet wird,
indem die Gewichtsfaktoren aller Stauzeiten der einzelnen Teilstrecken im Verkehrs-
und Informationsleitrechner addiert werden, und daß in Abhängigkeit von der Größe
dieses berechneten Summenfaktors die Reaktion des zentralen Verkehrsleitrechners (VLR)
auf überhöhten Reisezeiten bei der Alternativroutenauswahl beschleunigt wird.