[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufnahme von ICR-Massenspektren, bei dem
die in der Meßzelle eines ICR-Massenspektrometers gefangenen Ionen einer zu untersuchenden
Substanz durch einen an die Meßzelle angelegten HF-Impuls zu kohärenten Schwingungen
angeregt und danach die durch die Schwingungen der angeregten Ionen induzierten HF-Signale
während einer vorgegebenen Meßzeit empfangen, aufgezeichnet und in frequenzabhängige
Signale umgesetzt werden.
[0002] Die beispielsweise von A. G. Marshall in Acc. Chem. Res. 18 (1985) 316 beschriebene
Ionen-Cyclotron-Resonanz ist wegen ihrer Vielseitigkeit, Empfindlichkeit und hohen
Auflösung eine ausgezeichnete Methode für die Massenspektroskopie. Dabei können in
einer Gasprobe enthaltene Ionen unterschiedlicher Art durch einen entsprechend breitbandigen
Impuls gleichzeitig angeregt werden, so daß in dem nach dem Ende des Impulses von
den angeregten Ionen induzierten HF-Signal ein Frequenzgemisch vorliegt. Die in dem
Induktionssignal enthaltenen Komponenten können dann durch eine Fourier-Transformation
nach Frequenz und Intensität aufgelöst werden.
[0003] Die ICR-Massenspektroskopie erlaubt jedoch nicht nur die Analyse von Stoffen und
Stoffgemischen, sondern durch die beispielsweise von J. D. Baldeschwieler und E. W.
Randall in Acc. Chem. Res. 63 (1963) 81 beschriebene Methode der Doppelresonanz die
Beobachtung von dynamischen Vorgängen, wie beispielsweise die Beobachtung der Produkte
von Ionen-Molekül-Kollisionen sowie von unimolekularen Fragmentationen. Bei dieser
auch als MS/MS-Experiment bezeichneten Doppelresonanz werden zunächst von den in
der Meßzelle eines ICR-Massenspektrometers gefangene Ionen der zu untersuchenden Substanz
durch Einstrahlung entsprechender Cyclotron-Resonanzfrequenzen alle Ionen mit Ausnahme
der einen Ionensorte, die weiter untersucht werden soll, eliminiert. Soweit erforderlich,
wird danach in die Meßzelle ein Kollisionsgas eingelassen. Danach wird die selektierte
Ionensorte in einem solchen Maße angeregt, daß es zu Stößen untereinander oder mit
den Molekülen des Kollisionsgases kommt und durch Stoß-Dissoziation sekundäre Fragmente
entstehen. Danach werden die entstandene Sekundärionen durch den üblichen ICR-Meßzyklus
analysiert. Wenn das ursprüngliche Massenspektrum eine Anzahl N Linien enthält, ist
für eine vollständige Analyse eine Anzahl N solcher Experimente erforderlich. Dabei
entsteht für jede Linie des ursprünglichen Spektrums eine Anzahl neuer Spektrallinien,
so daß ein zweidimensionales Feld von Spektrallinien erhalten wird. wenn die ursprünglichen
Spektrallinien längs einer Koordinatenrichtung und die diesen Spektrallinien zugeordneten,
sekundären Spektrallinien längs einer zweiten Koordinatenrichtung aufgetragen werden.
Selbst wenn ein solches MS/MS-Experiment automatisch durchgeführt wird, erfordert
die Durchführung eines solchen Experimentes eine sehr lange Zeit und einen erheblichen
apparativen Aufwand. Außerdem versagt die Automatik, wenn die Spektren sehr komplex
sind und überlappende Linien aufweisen oder wenn sie schwache, an der Detektionslinie
liegende Linien enthalten.
[0004] Demgemäß liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Aufnahme von
ICR-Massenspektren anzugeben, das die gleichen Untersuchungen gestattet wie Doppel-Resonanz-Experimente,
das jedoch eine erheblich geringere Meßzeit und einen geringeren apparativen Aufwand
erfordert und auch in komplizierten Fällen allgemein anwendbar ist.
[0005] Diese Aufgabe wird nach der Erfindung dadurch gelöst, daß nach einem zum Anregen
der Ionen verwendeten ersten HF-Impuls P₁ und einer vorgegebenen ersten Zeit t₁ ein
zweiter HF-Impuls P₂ folgt, der auf die angeregten Ionen eingestrahlt wird und der
die gleiche Frequenz enthält wie der erste HF-Impuls P₁, daß nach einer vorgegebenen
Mischzeit τ
m dem zweiten HF-Impuls P₂ ein dritter HF-Impuls P₃ folgt, der erneut eine kohärente
Anregung der in der Meßzelle enthaltenen Ionen bewirkt, daß die von den durch den
dritten HF-Impuls P₃ angeregten Schwingungen induzierten HF-Signale während der vorgegebenen
Meßzeit t₂ empfangen und aufgezeichnet werden, daß die vorstehend beschriebene, die
Anregung der Ionen mittels dreier zeitlich aufeinanderfolgender HF-Impulse P₁, P₂,
P₃ und die Aufzeichnung des induzierten, zeitabhängigen HF-Signals umfassende Meßsequenz
unter Variation der vorgegebenen Zeit t₁ mehrfach wiederholt wird und endlich die
nun von der Variation der Zeit t₁ abhängigen Sätze der von der Meßzeit t₂ abhängigen
HF-Signale unter Eliminierung der Abhängigkeit von t₂ und t₁ in zweidimensional frequenzabhängige
Signale umgesetzt werden.
[0006] Das erfindungsgemäße Verfahren ist demgemäß in mancher Hinsicht mit dem aus der Kernresonanz
bekannten Verfahren der 2D-Austausch-Spektroskopie (NOESY) vergleichbar, das dazu
dient, dynamische Prozesse wie chemische Reaktionen, Isomerisation u. dgl. zu untersuchen
(siehe z.B. B. H. Meier und R. R. Ernst in J. Am. Chem. Soc. 101 (1979) 6441 sowie
J. Jeener et al in J. Chem. Phys. 71 (1979) 4546). Trotzdem war es nicht naheliegend,
in der ICR-Spektroskopie eine analoge Methode anzuwenden, weil grundsätzliche Unterschiede
zwischen der in der NMR beobachteten transversalen Magnetisierung der Spins und der
kohärenten Resonanz der bei der ICR-Spektroskopie angeregten Ionen bestehen. Außerdem
sind bei der NMR-Spektroskopie die auftretenden Resonanzfrequenzen sehr dicht benachbart,
so daß sie allenfalls um wenige Prozent voneinander abweichen, wogegen die Resonanzfrequenzen
bei der Cyclotron-Ionen-Resonanz wegen der stark unterschiedlichen Ladungs/Massen-Verhältnisse
in einem Verhältnis bis zu etwa 1:50 stehen können. So können bei einem ICR-Massenspektrometer,
bei dem die Meßzelle einem statischen Magnetfeld von 3T ausgesetzt ist, die Resonanzfrequenzen
interessierender Substanzen etwa von 50 kHz bis 2,6 MHz variieren. Die sich daraus
ergebenden Schwierigkeiten können jedoch in weiterer Ausgestaltung des erfindungsgemäßen
Verfahrens entweder dadurch überwunden werden, daß der dritte HF-Impuls P₃ eine andere
Trägerfrequenz aufweist als die ersten beiden HF-Impulse P₁ und P₂, oder aber auch
dadurch, daß die HF-Impulse Breitbandimpulse mit in einem vorgegebenen Bereich variierter
Trägerfrequenz sind. Solche Breitbandimpulse werden auch als "Chirp-Impulse" bezeichnet
(M. B. Comisarow und A. G. Marshall in Chem. Phys. Lett. 26 (1974) 489).
[0007] Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich demnach durch die folgende Sequenz beschreiben:
P₁ - t₁ - P₂ - τ
m - P₃ - t₂
P₁ Erster HF-Anregungsimpuls
P₂ Zweiter HF-Anregungsimpuls
P₃ Dritter HF-Anregungsimpuls
t₁ Variable Vorbereitungszeit (Zeitparameter in der ersten Dimension)
t₂ Beobachtungszeit für das Interferogramm (Zeitparameter der zweiten Dimension)
τ
m Reaktionszeit
Wie oben erwähnt, enthält der zweite HF-Impuls P₂ die gleiche Frequenz wie der erste
HF-Impuls P₁. Wenn die Ionen am Ende der variablen Vorbereitungszeit eine Phase aufweisen,
die zur Phase des zweiten HF-Impulses P₂ entgegengesetzt ist, hebt der zweite HF-Impuls
P₂ die Wirkung des ersten HF-Impulses P₁ teilweise wieder auf. Die Wirkung des zweiten
Impulses hängt somit von der momentanen Phase der Bewegung der einzelnen Ionen nach
Ablauf der ersten Zeit t₁ ab, die deshalb als Vorbereitungszeit bezeichnet wurde.
Daher ist die Zahl der inkohärenten Ionen, die nach Ende des zweiten HF-Impulses P₂
und damit zu Beginn der Reaktionszeit τ
m vorhanden sind, eine Funktion der Vorbereitungszeit t₁. Die innerhalb der Reaktionszeit
τ
m auftretenden Ereignisse, welche von der Anzahl der angeregten Ionen abhängen, werden
deshalb entsprechend beeinflußt. Infolgedessen weist das nach der erneuten Anregung
der Ionen durch den dritten HF-Impuls P₃ während der zweiten Zeit t₂ aufgezeichnete
Induktionssignal eine Abhängigkeit von der Dauer der Vorbereitungszeit t₁ auf. Wird
nun die Vorbereitungszeit t₁ systematisch variiert und die dabei in bezug auf die
Zeitachse t₂ in den Frequenzbereich umgesetzten Signale ein zweites Mal in bezug
auf die Zeitachse t₁ in frequenzabhängige Signale umgesetzt, so erhält man eine zweidimensionale
Darstellung der Sekundäreffekte, welche für die Primärionen denkbar sind. Bei geeigneter
Wahl der Parameter und bei Anwesenheit eines Kollisionsgases können auf diese Weise
z.B. Spektren erzeugt werden, die den mit Hilfe des MS/MS-Experimentes erhaltenen
Spektren vergleichbar sind. Ein sinnvolles Experiment ergibt sich auch ohne Applikation
des Beobachtungsimpulses P₃.
[0008] Die Umsetzung der zeitabhängigen HF-Signale in die frequenzabhängigen Signale kann
auch bei dem erfindungsgemäßen Verfahren in an sich bekannter Weise durch eine zweidimensionale
Fourier-Transformation erfolgen. Da jedoch die Aufhebung der Kohärenz durch den zweiten
HF-Impuls P₂ in Abhängigkeit von der Vorbereitungszeit t₁ nicht unbedingt dem Sinusgesetz
folgt, liefert die Fourier-Transformation in bezug auf die Vorbereitungszeit t₁ ein
Spektrum, das auch Harmonische der eigentlichen Linien enthalten kann. Diese Seitenbänder
können die Interpretation von zweidimensionalen ICR-Spektren erschweren. Daher sieht
eine weitere Ausgestaltung der Erfindung vor, daß die Umsetzung der zeitabhängigen
HF-Signale in die frequenzabhängigen Signale nach der Methode der maximalen Entropie
erfolgt, die beispielsweise von P. J. Hore in J. Magn. Reson. 62 (1985), 561, beschrieben
ist.
[0009] Gegenstand der Erfindung ist auch ein ICR-Massenspektrometer, das zur Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens eingerichtet ist. Ein solches ICR-Massenspektrometer
weist in herkömmlicher Weise eine Meßzelle, eine daran angeschlossene Sendeeinrichtung
zum Erzeugen von HF-Impulsen, eine ebenfalls daran angeschlossene Empfangseinrichtung
für die induzierten HF-Signale und einen an die Empfangseinrichtung angeschlossenen
Rechner zum Umsetzen der empfangenen zeitabhängigen HF-Signale in entsprechende frequenzabhängige
Signale auf. Um das erfindungsgemäße Verfahren durchführen zu können, ist die Sendeeinrichtung
zum Erzeugen von zwei HF-Impulsen gleicher Frequenz und einem dritten HF-Impuls einer
gleichen oder anderen einstellbaren Frequenz eingerichtet. Außerdem weist die Sendeeinrichtung
mindestens ein Zeitglied auf, das es gestattet, den Abstand zwischen dem ersten und
dem zweiten HF-Impuls fortlaufend zu verändern. Ein weiteres Zeitglied könnte dazu
dienen, den bei einem Experiment konstant bleibenden Abstand zwischen dem zweiten
und dem dritten HF-Impuls auf einen der Art des Experimentes angepaßten Wert einzustellen.
Die Empfangseinrichtung ist zum Speichern einer Vielzahl von zeitabhängigen HF-Signalen
eingerichtet, da für jeden im Verlauf der Spektrenaufnahme geänderten Wert der Vorbereitungszeit
t₁ ein Induktionssignal zu speichern ist. Endlich ist der Rechner zum Umsetzen der
zeitabhängigen HF-Signale zum Erzeugen von zweidimensional frequenzabhängigen Signalen
aus den gespeicherten Sätzen der zeitabhängigen HF-Signale eingerichtet, insbesondere
zur Durchführung einer schnellen zweidimensionalen Fourier-Transformation. Alle die
Komponenten, die zum Aufbau eines nach der Erfindung ausgebildeten ICR-Massenspektrometers
erforderlich sind, sind an sich bekannt und können vom Fachmann nach den jeweiligen
Erfordernissen kombiniert werden. Bei einem ICR-Massenspektrometer haben sie jedoch
in dieser Form bisher keine Anwendung gefunden. Insbesondere ist es wünschenswert,
daß die Sendeeinrichtung zum Erzeugen von HF-Impulsen mit während der Dauer des HF-Impulses
variierender Trägerfrequenz, also zum Erzeugen von Chirp-Impulsen, eingerichtet ist.
[0010] Die Erfindung wird im folgenden anhand von mehreren Ausführungsbeispielen des erfindungsgemäßen
Verfahrens und den dadurch gewonnenen, in der Zeichnung dargestellten Spektren näher
beschrieben und erläutert. Es zeigen
Fig. 1a das als Funktion der Vorbereitungszeit t₁ modulierte ICR-Signal S(t₁ , ω₂)
von ⁸¹Br-Pyridin⁺,
Fig. 1b die Fourier-Transformierte des ICR-Signals nach Fig. 1a,
Fig. 2 ein zweidimensionales Fourier-ICR-Spektrum von ⁸¹Br-Pyridin⁺ und
Fig. 3 das zweidimensionale ICR-Spektrum der Reaktion CH₃CO⁺ + CH₃COCH₃ → CH₃C⁺ (OH)CH₃
.
[0011] Die folgenden Versuche wurden mit einem Spectrospin-ICR-Massenspektrometer vom Typ
CMS-47 durchgeführt, dessen supraleitender Magnet ein Feld von 3T erzeugt, und mit
einem Rechner vom Typ Aspect 3000.
[0012] Als erstes wurde eine Mischung von ⁸¹Br-Pyridin und ⁷⁹Br-Pyridin untersucht. Diese
beiden Stoffe werden im folgenden mit A und B bezeichnet. Demgemäß gilt:
A = ⁸¹Br-Pyridin; m
A = 159 amu,
f
A = 289.7 kHz; f
AH = 287.8 kHz
B = ⁷⁹Br-Pyridin; m
B = 157 amu,
f
B = 293.4 kHz; f
BH = 291.5 kHz
Diese Stoffe können, soweit es die für diesen Versuch relevanten Prozesse angeht,
in die folgenden Reaktionen eingehen, nämlich in einen Wasserstofftransfer von neutralen
Teilchen zum Ion:
A⁺· + A oder B → AH⁺ + neutrale Produkte,
sowie einen Protonentransfer vom Ion zu neutralen Teilchen, nämlich
A⁺· oder B⁺· + A → AH⁺ + neutrale Produkte.
[0013] Das Br-Pyridin wurde bei einem Druck von 6.10⁻⁸ mbar mit einem 20 ms-Impuls von 70
eV Elektronen ionisiert. Die Dauer der HF-Impulse betrug 20 µs und deren Amplitude
35 V
pp. Die Frequenz f
o der HF-Impulse hatte von der Frequenz f
A des ⁸¹Br-Pyridin einen Abstand Ω
A/2π = 760 Hz. Das dadurch geschaffene spektrale Fenster war ausreichend groß, um die
Signale von A⁺· und AH⁺ zu erfassen, wogegen die Signale von BH⁺ gefaltet erschienen.
Figur 1 zeigt die t₁-Abhängigkeit des Signales von A⁺·, das durch die eingangs behandelte
Meßsequenz
P₁ - t₁ - P₂ - τ
m - P₃ - t₂
erhalten wird. Die scharfen Spitzen im t₁-Bereich erscheinen immer dann, wenn
Ω
At₁ = (2k + 1) ℓ, k = 0,1,2 ...,
also immer dann, wenn die im Verlauf der Vorbereitungszeit t₁ sich entwickelnde Phasenverschiebung
Ω
At₁ gegenüber der HF-Schwingung des Impulses P₁ eine Phasenverschiebung von 180° aufweist.
Demgemäß erscheinen diese Spitzen in Zeitintervallen von 1,32 ms. Das bei der Aufnahme
dieser Kurve verwendete Digitalisierungsintervall betrug Δt₁ = 166 µs. Unter diesen
Bedingungen hat der zweite HF-Impuls P₂ in der vorstehend erwähnten Sequenz die Wirkung
einer "Aberregung" der Ionen, die ursprünglich von dem ersten HF-Impuls P₁ angeregt
worden waren, so daß sie in dem Reaktionsintervall τ
m eine fast verschwindende kinetische Energie aufweisen und durch den dritten HF-Impuls
P₃ in die Cyclotronbahnen zurückgebracht werden können, in denen sie beobachtet werden.
Fig. 1b zeigt dann die Fourier-Transformierte des ICR-Signals nach Fig. 1a, in dem
geradzahlige und ungeradzahlige Seitenbänder mit positiver bzw. negativer Amplitude
erscheinen.
[0014] Fig. 2 zeigt das vollständige zweidimensionale Spektrum. Die ω₂-Frequenzachse entspricht
der Fourier-Transformierten in bezug auf die Beobachtungszeit t₂. Der vertikale ω₁-Bereich,
der durch eine reelle Cosinus-Transformation in bezug auf die Vorbereitungszeit t₁
erhalten wurde, zeigt Seitenbandfamilien, die zur Verdeutlichung durch Bogen verbunden
sind. Der Querschnitt, d.h. die Spalte für ω₂ = Ω
A, entspricht der in Fig. 1b dargestellten Fourier-Transformierten. Die ersten Seitenbänder
in allen Familien liegen auf einer der Diagonalen, die in Fig. 2 durch gestrichelte
Linien dargestellt sind, abgesehen von der Resonanz bei Ω
BH, die gefaltet erscheint. Der Frequenzursprung im Schnittpunkt der gestrichelten Diagonalen
entspricht der HF-Trägerfrequenz f
o. Die Spalte bei ω₂ = Ω
AH enthält nicht nur eine Diagonallinie mit ihrer Serie von Seitenbändern, sondern
auch eine Kreuzlinie bei ω₁ = Ω
A und ω₂ = Ω
AH mit den ihr zugeordneten Seitenbändern, die alle durch Vierecke hervorgehoben sind.
Diese Signale bilden einen direkten Beweis für die oben angegebene Reaktion A⁺·→AH⁺·
Wegen ihrer abwechselnden Vorzeichen können diese Linien unzweideutig identifiziert
werden. Die Spektralbreite betrug 3000 Hz in beiden Bereichen. Die Anzahl der beobachteten
Punkte betrug 240 x 2048 in den beiden Zeitbereichen t₁ und t₂, die durch Nullen auf
256 x 2048 Punkte vor der Fourier-Transformation aufgefüllt wurden. Es erfolgte eine
Linienverbreiterung von 20 Hz im ω₂-Bereich und von 40 Hz im ω₁-Bereich.
[0015] Trotz der Eindeutigkeit der Linien kann die Interpretation solcher zweidimensionaler
Spektren wegen des Vorliegens von sowohl Diagonal- als auch Kreuzlinien mit ihren
zugeordneten Seitenbandfamilien schwierig werden. Wie bereits oben erwähnt, besteht
jedoch die Möglichkeit, das Auftreten von Seitenbändern zu vermeiden, wenn anstelle
einer Fourier-Transformation die Methode maximaler Entropie verwendet wird, um die
zeitabhängigen HF-Signale in frequenzabhängige Signale umzusetzen. Hiervon bleibt
jedoch das eigentliche Meßverfahren unberührt, so daß davon abgesehen wurde, ein Beispiel
für ein unter Verwendung der Methode der maximalen Entropie erhaltenes Spektrum darzustellen.
[0016] Um die Variante des Verfahrens zu veranschaulichen, bei der für den dritten HF-Impuls
P₃ eine andere Trägerfrequenz verwendet wird als für die ersten beiden HF-Impulse
P₁ und P₂, wurde die folgende Reaktion gewählt
CH₃CO⁺ + CH₃COCH₃ → CH₃C⁺ (OH)CH₃.
[0017] Dabei hat CH₃CO⁺ das Massenverhältnis m
c = 43 amu und eine Resonanzfrequenz von f
c = 1071 kHz. Das Reaktionsprodukt CH₃C⁺ (OH)CH₃ hat das Massenverhältnis m
D = 59 amu und die Resonanzfrequenz f
D = 779.9 kHz.
[0018] Für die ersten beiden HF-Impulse P₁ und P₂ wurde eine Trägerfrequenz gewählt, deren
Abstand von f
c 79 Hz betrug, während für den dritten HF-Impuls P₃ eine Frequenz gewählt wurde, deren
Abstand von f
D 100 Hz betrug. Das in der beschriebenen Weise aufgenommene 2D-ICR-Spektrum ist in
Fig. 3 dargestellt. Das Auftreten einer Kreuzlinie in dem hier senkrecht dargestellten
ω₂-Bereich bei ω₂/2π = 100 Hz und im ω₁-Bereich bei ω₁/2π = 79 Hz beweist klar, daß
die oben angegebene Reaktion stattgefunden hat. Die Kreuzlinie ist wiederum im horizontalen
ω₁-Bereich von einer Seitenbandfamilie begleitet, deren Mitglieder bei Vielfachen
von 79 Hz erscheinen. Die Spektralbreite der vollen Matrix betrug 500 x 500 Hz, von
der nur 40 % dargestellt sind. Es wurden 56 x 4048 Datenpunkte, durch Nullen auf
128 x 4048 Datenpunkte aufgefüllt, verarbeitet. Die Linienverbreiterung betrug 30
Hz im ω₁-Bereich und 20 Hz im ω₂-Bereich.
[0019] Anstelle der Verwendung unterschiedlicher Frequenzen für die ersten beiden HF-Impulse
P₁, P₂ und den dritten HF-Impuls P₃, die auf die Resonanzfrequenzen der Ausgangsprodukte
und der Endprodukte abgestimmt sind, besteht die Möglichkeit, Breitbandimpulse in
Form sogenannter Chirp-Impulse einzusetzen, deren Trägerfrequenz über einen Bereich
variiert wird, der die Resonanzfrequenzen der Ausgangsstoffe sowie der zu erwartenden
Reaktionsprodukte umfaßt. Auch durch die Anwendung solcher Breitbandimpulse ändert
sich an dem grundsätzlichen Ablauf des erfindungsgemäßen Verfahrens nichts.
[0020] Wie bereits oben erwähnt, liefert das erfindungsgemäße Verfahren im wesentlichen
die gleichen Ergebnisse, wie sie auch mit einem MS/MS-Experiment erhalten werden können.
Trotzdem hat das erfindungsgemäße Verfahren viele Vorteile, die vor allem dann zum
Tragen kommen, wenn komplexe Netzwerke zu untersuchen sind, bei denen eine Vielzahl
von Austauschprozessen gleichzeitig stattfindet, die alle nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren gleichzeitig erfaßt werden, wogegen bei einem MS/MS-Experiment alle möglichen
Austauschprozesse durch nacheinander durchzuführende, einzelne Messungen erfaßt werden
müssen. Dabei erlaubt es das erfindungsgemäße Verfahren auch, die Kinetik von Reaktionen
zu untersuchen, indem die Amplitude der erhaltenen Signale als Funktion der Dauer
des Reaktionsintervalles τ
m oder auch in Abhängigkeit von verschiedenen Manipulationen beobachtet wird, denen
das untersuchte System während der Reaktionszeit τ
m ausgesetzt wird, wie beispielsweise Laser-Impulsen, Elektronenstrahl-Impulsen oder
impulsförmig eingeführten neutralen Gasen, deren Moleküle zu Stoßreaktionen Anlaß
geben.
[0021] Aus dem Vorstehenden ist ersichtlich, daß das neue Verfahren dem Fachmann viele Möglichkeiten
massenspektroskopischer Untersuchungen bietet, die mit den bisherigen Methoden nur
unter großen Schwierigkeiten oder überhaupt nicht durchführbar waren.
1. Verfahren zur Aufnahme von ICR-Massenspektren, bei dem die in der Meßzelle eines
ICR-Massenspektrometers gefangenen Ionen einer zu untersuchenden Substanz durch einen
an die Meßzelle angelegten HF-Impuls zu kohärenten Schwingungen angeregt und danach
die durch die Schwingungen der angeregten Ionen induzierten HF-Signale während einer
vorgegebenen Meßzeit empfangen, aufgezeichnet und in frequenzabhängige Signale umgesetzt
werden,
dadurch gekennzeichnet,
daß nach einem zum Anregen der Ionen verwendeten ersten HF-Impuls P₁ und einer vorgegebenen
ersten Zeit t₁ ein zweiter HF-Impuls P₂ folgt, der auf die angeregten Ionen eingestrahlt
wird und der die gleiche Frequenz enthält wie der erste HF-Impuls P₁, daß nach einer
vorgegebenen Mischzeit τm dem zweiten HF-Impuls P₂ ein dritter HF-Impuls P₃ folgt, der erneut eine kohärente
Anregung der in der Meßzelle enthaltenen Ionen bewirkt, daß die von den durch den
dritten HF-Impuls P₃ angeregten Schwingungen induzierten HF-Signale während der vorgegebenen
Meßzeit t₂ empfangen und aufgezeichnet werden, daß die vorstehend beschriebene,
die Anregung der Ionen mittels dreier zeitlich aufeinanderfolgender HF-Impulse P₁,
P₂, P₃ und die Aufzeichnung des induzierten, zeitabhängigen HF-Signals umfassende
Meßsequenz unter Variation der vorgegebenen Zeit t₁ mehrfach wiederholt wird und
endlich die nun von der Variation der Zeit t₁ abhängigen Sätze der von der Meßzeit
t₂ abhägigen HF-Signale unter Eliminierung der Abhängigkeit von t₂ und t₁ in zweidimensional
frequenzabhängige Signale umgesetzt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der dritte HF-Impuls P₃
eine andere Trägerfrequenz aufweist als die ersten beiden HF-Impulse P₁ und P₂.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die HF-Impulse Breitbandimpulse
mit in einem vorgegebenen Bereich variierter Trägerfrequenz (chirp pulses) sind.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß
die Umsetzung der zeitabhängigen HF-Signale in die frequenzabhängigen Signale durch
eine zweidimensionale Fouriertransformation erfolgt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß daß die
Umsetzung der zeitabhängigen HF-Signale in die frequenzabhängigen Signale nach der
Methode der maximalen Entropie erfolgt.
6. ICR-Massenspektrometer zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden
Ansprüche mit einer Meßzelle, einer daran angeschlossenen Sendeeinrichtung zum Erzeugen
von HF-Impulsen, einer ebenfalls daran angeschlossenen Empfangseinrichtung für die
induzierten HF-Signale und einem an die Empfangseinrichtung angeschlossenen Rechner
zum Umsetzen der empfangenen zeitabhängigen HF-Signale in entsprechende frequenzabhängige
Signale,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Sendeeinrichtung zum Erzeugen von zwei HF-Impulsen gleicher Frequenz und einem
dritten HF-Impuls einer gleichen oder anderen einstellbaren Frequenz eingerichtet
ist und mindestens ein Zeitglied zum fortlaufenden Verändern des Abstandes zwischen
dem ersten und dem zweiten HF-Impuls aufweist, daß die Empfangseinrichtung zum Speichern
einer Vielzahl von zeitabhängigen HF-Signalen eingerichtet ist und daß der Rechner
zum Umsetzen der zeitabhängigen HF-Signale zum Erzeugen von zweidimensional frequenzabhängigen
Signalen aus den gespeicherten Sätzen der zeitabhängigen HF-Signale eingerichtet ist.
7. ICR-Massenspektrometer nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Sendeeinrichtung
zum Erzeugen von HF-Impulsen mit während der Dauer des HF-Impulses variierender Trägerfrequenz
eingerichtet ist.