[0001] Lange Schienenfahrzeuge werden heute fast ausschließlich mit Drehgestell-Fahrwerken
ausgestattet. Drehgestelle haben 2 oder mehr Radsätze. Infolgedessen sind sie sehr
schwer.
[0002] In Gleisbögen werden Drehgestelle durch den vorlaufenden Radsatz unter dem Wagenkasten
verschwenkt. Die Radsätze der Fahrwerke nehmen so eine annähernd radiale Stellung
zur Schiene ein. Dadurch wird der zwängungsarme Bogenlauf der Räder ermöglicht.
[0003] Es ist bekannt und immer wieder versucht worden, auf Drehgestelle zu verzichten und
2achsige Fahrzeuge kurvenfreundlich zu machen. Zur Einstellung der Radsätze in Gleisbögen
sind diese als Lenkachsen um ihre Hochachse schwenkbar ausgebildet worden. Die Kurveneinstellung
wurde entweder durch Radsatzkräfte bewerkstelligt, wobei die diagonale Verbindung
zweier Radsätze zur Unterstützung der Schwenkbewegung bereits in der Frühzeit der
Eisenbahnen angewendet wurde (1828) [PFEFFER, F.; KLEINHANS, G.: Budweis - Linz -
Gmunden, Verlag Josef Otto Stezak, Wien (1982), S. 81]. Oder es sind Winkelbewegungen
benachbarter Fahrzeuge zur Steuerung der Radsätze vorgeschlagen und auch ausgeführt
worden [SACHS, K.: Elektr. Triebfahrzeuge, Bd. I (1973), s. Abschn. Einzelachsdeichselgestell,
s. 488 - 500].
[0004] Allen bekannten Lösungen haften erhebliche Mängel an, weil Radsätze wegen ihres unvermeidbaren
Wellenlaufs im Spurkanal des Gleises für höchste Fahrgeschwindigkeiten vom Prinzip
her unbrauchbar sind und/oder bekannte Bogensteuerungen für Einzelräder, die exakte
Parallelstellung der Räder für die Fahrt im geraden Gleis mit hohen Fahrgeschwindigkeiten
nicht gewährleisten.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, sehr leichte Fahrwerke auch für lange
Fahrzeuge zu verwirklichen, die sowohl Gleisbögen entgleisungssicher und mit geringem
Rad- und Schienenverschleiß durchfahren können als auch auf geradem Gleis allerhöchste
Fahrgeschwindigkeiten ermöglichen.
[0006] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß
Einzelräder verwendet und diese in einem Fahrwerksrahmen gelagert werden, der einerseits in alle
Richtungen frei beweglich abgefedert unter dem Wagenkasten des Fahrzeugs angeordnet
ist und andererseits von entsprechenden Einrichtungen gesteuert die winkelgenaue Einstellung
der Räder im Gleisbogen und im geraden Gleis bewerkstelligt.
[0007] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß statt der
schweren Drehgestelle mit mindestens 2 Radsätzen leichte Einzelfahrwerke mit nur
2 Rädern eingebaut werden können. Die Einzelräder haben daruber hinaus den Vorteil,
daß es keine prinzipielle Höchstgeschwindigkeitsgrenze für mit derartigen Fahrwerken
ausgestattete Fahrzeuge gibt und Kurven mit geringem Rad- und Schienenverschleiß
durchfahren werden können.
[0008] Einige Ausfuhrungsbeispiele und -details sind zeichnerisch dargestellt und im folgenden
näher beschrieben.
[0009] Es zeigen
Fig. 1 die räumliche Prinzipskizze eines unter einem Wagenkasten beweglich angeordneten
2rädrigen Fahrwerks
Fig. 2 die Prinzipskizze eines mit Doppellängslenkern zwischen Wagenkasten und Fahrwerksrahmen
angelenkten Fahrwerks
Fig. 3 die Prinzipskizze eines mit Wattschen Lenkern zwischen Wagenkasten und Fahrwerksrahmen
angeordneten Fahrwerks
Fig. 4 die Prinzipskizze eines Fahrzeugs mit zwei gegenseitig miteinander gekoppelten
Fahrwerken
Fig. 5 die Prinzipskizze der Bogensteuerung der Fahrwerke durch ein benachbartes Fahrzeug
Fig. 6 die Prinzipskizze der Bogensteuerung der Fahrwerke durch die trennbare Kupplungsstange
mit einem benachbarten Fahrwerk
Fig. 7 schematisch eine Koppelstange mit kardanisch angeordneten Blattfederelementen
Fig. 8 schematisch das Ende einer Koppelstange mit allseitig verformbarem Rundstabelement
Fig. 9 schematisch die Führung einer Koppelstange an langen Lenkern und
Fig. 10 schematisch die Führung einer Koppelstange an biegsamen Blattlenkern.
[0010] In Fig. 1 ist schematisch der Wagenkasten 1 des Fahrzeugs dargestellt. Die Räder
2 des Fahrwerks sind im Fahrwerksrahmen 3 gelagert, auf dem sich unter Zwischenschaltung
von Federn 4 der Wagenkasten 1 abstützt. Wagenkasten 1 und Fahrwerksrahmen 3 sind
durch ein spärisches Gelenk 5 miteinander verbunden. Um das sphärische Gelenk 5 kann
der Wagenkasten 1 über den Fahrwerksrahmen 3 vertikal in z-Richtung einfedern und
quer in y-Richtung ausgelenkt werden. Außerdem können die Räder 2 zusammen mit dem
Fahrwerksrahmen 3 in Gleisbögen unter dem Wagenkasten 1 um die z-Achse wenden sowie
Wankbewegungen um die x-Achse zum Ausgleich von Querhöhenfehlern der Schienen des
im Bild nicht dargestellten Gleises ausführen. Für die beschriebenen Funktionen ist
es unerheblich ob die Räder 2 durch eine sie verbindende Welle 6 zu einem Radsatz
vereinigt sind oder ohne diese Welle 6 als Einzelräder mit unterschiedlichen Winkelgeschwindigkeiten
abrollen können.
[0011] Fig. 2 zeigt eine besonders vorteilhafte Ausbildung der Anlenkung des Fahrwerkrahmens
3 an den Wagenkasten 1 mit Parallelführungslenkern 7. Die Anlenkpunkte 8 der Längslenker
7 an dem Fahrwerksrahmen 3 können dabei in Fahrzeuglängsrichtung x vor, in Höhe oder
hinter den Rädern 2 liegen, je nachdem wie die Einbauverhältnisse oder kinematische
Randbedingungen dies zweckmäßig erscheinen lassen.
[0012] Fig.3 zeigt eine weitere Ausgestaltung des Erfindungsgedankens. An Stelle der Parallelführungslenker
7 sind sog. Wattsche Führungslenker 9 von den diesmal mittig gezeichneten Anlenkpunkten
10 in Fahrzeuglängsrichtung x nach vorn und hinten geführt und mit dem Wagenkasten
1 gelenkig verbunden.
[0013] In Fig. 4 ist ein Fahrzeug mit zwei Fahrwerken der beschriebenen Ausführung skizziert.
Man erkennt unter dem Wagenkasten 1 die Fahrwerksrahmen 3 mit den Rädern 2, Federn
4 und Parallelführungslenkern 7. Die Fahrwerksrahmen 3 sind durch diagonal angeordnete
Koppelstangen oder -seile 11 in an sich bekannterweise gegensinnig miteinander gekoppelt.
Dies ermöglicht die Einstellung der Fahrwerke in Gleisbögen ähnlich wie sie von sog.
Kreuzanker-Drehgestellen her bekannt ist auch bei langen Fahrzeugen.
[0014] Fig. 5 stellt ein Fahrzeug mit zwei Fahrwerken der beschreibenen Bauart dar, welches
mit seinem Wagenkasten 1 im Gelenkpunkt 12 mit dem Wagenkasten 13 eines weiteren Fahrzeugs
sphärisch beweglich verbunden ist. Vom Wagenkasten 13 des benachbarten Fahrzeugs
werden Lenkstangen 14 zum Fahrwerksrahmen 3 geführt, welche die Räder 2 bei Bogenfahrt
lenken. Wie gehabt läßt sich die Lenkbewegung über Koppelstangen 11 auch auf das
andere Fahrwerk übertragen.
[0015] Eine ähnliche Ausführung sieht man in Fig. 6. Die Wagenkästen 1 und 13 sind mit einer
Kuppelstange 15 verbunden, die mit den Gelenken 16 und 17 an die Wagenkästen 1 und
13 angeschlossen ist. Die Lenkbewegung wird von der Kuppelstange 15 abgenommen und
durch die Lenkstangen 14 auf dem Fahrwerksrahmen 3 des Fahrwerks übertragen. Mit
einer Trennstelle 18 in der Kuppelstange 15 lassen sich die Fahrzeuge ohne weiteres
trennen.
[0016] Die Ausführungen der Fig. 5 und 6 sind bevorzugt für Einzelräder 2 geeignet, die
nicht durch Radsatzwellen 6 drehzahlgekoppelt sind.
[0017] Alle Fahrwerkslenkungen funktionieren nur, wenn sie genau einstellen. Dies ist am
besten mit spielfreien und verschleißlosen Gelenken zu verwirklichen.
[0018] Fig. 7 zeigt beispielhaft das Prinzip einer Koppelstange 11, die an ihren Enden mit
um 90° versetzt angeordneten Blattfederelementen 19 versehen ist. Die Elemente 19
können sich elastisch verbiegen und gestatten so kleine kardanische Winkelbewegungen,
wie sie bei den Lenkbewegungen der Fahrwerksrahmen 3 vorkommen.
[0019] In Fig. 8 wird die kardanische Winkelbeweglichkeit des materialelastischen Gelenks
durch einen um alle Achsen gleich biegsamen Rundstab 20 bewirkt. Rundstäbe 20 sind
an den Enden der Koppelstange 11 angebracht.
[0020] Bei langen Fahrzeugen sind die Abstände der Fahrwerke sehr groß und die sie verbindenden
Koppelstangen 11 lang und dementsprechend schwer. Sie werden deshalb unterstützt.
[0021] Fig. 9 zeigt die Aufhängung einer Koppelstange 11 unter dem Wagenkasten 1 mit langen
Pendeln 21, die gelenkig an mit der Koppelstange 11 verbundene Stützen 22 angreifen.
[0022] In Fig. 10 ist eine verschleißfreie Variante der Koppelstangenaufhängung gezeigt.
Hier sind die langen Pendel 21 durch elastische Blattlenker 23 ersetzt, die am oberen
Ende fest mit Wagenkasten 1 und am unteren Ende fest mit der Stütze 22 der Koppelstange
11 verbunden sind.
1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, dadurch gekennzeichnet, daß der Fahrwerksrahmen
eines 2rädrigen Fahrwerks gegen die zwischen Fahrwerksrahmen und Wagenkasten befindlichen
Federn vertikal und quer verschieblich sowie um die Hochachse und die Querachse schwenkbar
angeordnet ist.
2. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Fahrwerksrahmen durch
Parallelführungslenker, welche in Fahrzeuglängsrichtung zwischen Fahrwerksrahmen
und Wagenkasten angeordnet sind, geführt wird.
3. Fahrwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendebewegungen
zweier oder mehrerer Fahrwerke gleicher oder ähnlicher Bauart durch Koppelelemente
untereinander gekoppelt werden.
4. Fahrwerk nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendebewegung
mindestens eines Fahrwerks eines Fahrzeugs unmittelbar von einem mit dem Fahrzeug
gelenkig gekuppelten weiteren Fahrzeug formschlüssig über Zug- und/oder Druckelemente
abgeleitet wird.
5. Fahrwerk nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendebewegung von einer
Kuppelstange, welche zwei Fahrzeuge gelenkig miteinander verbindet, uber Zug- und/oder
Druckelemente abgenommen wird.
6. Fahrwerk nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Räder der Fahrwerke
nicht durch Radsatzwellen miteinander verbunden sind und als Einzelräder unabhängig
voneinander mit verschiedenen Winkelgeschwindigkeiten rotieren können.
7. Fahrwerk nach Anspruch 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß zur genauen Führung
und Einstellung der Lenkbewegungen spielfreie und verschleißlose materialelastische
Gelenke aus kardanisch angeordneten Blattfederelementen oder allseitig biegsamen
Rundstäben verwendet werden.
8. Fahrwerk nach Anspruch 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß zur Gewichtsaufnahme
und durchbiegsarmen führung von zwei Fahrwerke koppelnden langen Koppelstangen lange,
außerhalb der Mitte der Koppelstange angreifende Lenkerhebel oder Blattfederlenker
verwendet werden.