(19)
(11) EP 0 295 462 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.12.1988  Patentblatt  1988/51

(21) Anmeldenummer: 88108248.1

(22) Anmeldetag:  24.05.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B61F 5/42, B61G 5/02, B61F 5/30
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 30.05.1987 DE 3718254

(71) Anmelder: Linke-Hofmann-Busch Waggon-Fahrzeug- Maschinen GmbH
D-38239 Salzgitter (DE)

(72) Erfinder:
  • Frederich, Fritz
    D-4150 Krefeld (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Fahrwerk für Schienenfahrzeuge


    (57) An Stelle zweiachsiger Drehgestelle werden für längere Schienen­fahrzeuge leichte 2rädrige Einzelradfahrwerke vorgeschlagen, die im Gleisbogen durch die Wendebewegung eines benachbarten Fahrzeugs gelenkt werden.
    Außerdem wird durch die Einzelräder der Wellenlauf klassischer Rad­sätze vermieden und spurführungstechnisch jede beliebige Höchstge schwindigkeit möglich.




    Beschreibung


    [0001] Lange Schienenfahrzeuge werden heute fast ausschließlich mit Dreh­gestell-Fahrwerken ausgestattet. Drehgestelle haben 2 oder mehr Radsätze. Infolgedessen sind sie sehr schwer.

    [0002] In Gleisbögen werden Drehgestelle durch den vorlaufenden Radsatz unter dem Wagenkasten verschwenkt. Die Radsätze der Fahrwerke neh­men so eine annähernd radiale Stellung zur Schiene ein. Dadurch wird der zwängungsarme Bogenlauf der Räder ermöglicht.

    [0003] Es ist bekannt und immer wieder versucht worden, auf Drehgestelle zu verzichten und 2achsige Fahrzeuge kurvenfreundlich zu machen. Zur Einstellung der Radsätze in Gleisbögen sind diese als Lenk­achsen um ihre Hochachse schwenkbar ausgebildet worden. Die Kurveneinstellung wurde entweder durch Radsatzkräfte be­werkstelligt, wobei die diagonale Verbindung zweier Radsätze zur Unterstützung der Schwenkbewegung bereits in der Frühzeit der Ei­senbahnen angewendet wurde (1828) [PFEFFER, F.; KLEINHANS, G.: Budweis - Linz - Gmunden, Verlag Josef Otto Stezak, Wien (1982), S. 81]. Oder es sind Winkelbewegungen benachbarter Fahrzeuge zur Steuerung der Radsätze vorgeschlagen und auch ausgeführt worden [SACHS, K.: Elektr. Triebfahrzeuge, Bd. I (1973), s. Abschn. Einzelachsdeichsel­gestell, s. 488 - 500].

    [0004] Allen bekannten Lösungen haften erhebliche Mängel an, weil Radsätze wegen ihres unvermeidbaren Wellenlaufs im Spurkanal des Gleises für höchste Fahrgeschwindigkeiten vom Prinzip her unbrauch­bar sind und/oder bekannte Bogensteuerungen für Einzelräder, die exakte Parallelstel­lung der Räder für die Fahrt im geraden Gleis mit hohen Fahrgeschwin­digkeiten nicht gewährleisten.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, sehr leichte Fahrwerke auch für lange Fahrzeuge zu verwirklichen, die sowohl Gleisbögen entgleisungssicher und mit geringem Rad- und Schienenverschleiß durchfahren können als auch auf geradem Gleis allerhöchste Fahr­geschwindigkeiten ermöglichen.

    [0006] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß Einzelräder verwendet und diese in einem Fahrwerksrahmen gelagert werden, der einerseits in alle Richtungen frei beweglich abgefedert unter dem Wagenkasten des Fahrzeugs angeordnet ist und andererseits von entsprechenden Einrichtungen gesteuert die winkelgenaue Einstellung der Räder im Gleisbogen und im geraden Gleis bewerkstelligt.

    [0007] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß statt der schweren Drehgestelle mit mindestens 2 Radsätzen leich­te Einzelfahrwerke mit nur 2 Rädern eingebaut werden können. Die Einzelräder haben daruber hinaus den Vorteil, daß es keine prin­zipielle Höchstgeschwindigkeitsgrenze für mit derartigen Fahrwerken ausgestattete Fahrzeuge gibt und Kurven mit geringem Rad- und Schie­nenverschleiß durchfahren werden können.

    [0008] Einige Ausfuhrungsbeispiele und -details sind zeichnerisch darge­stellt und im folgenden näher beschrieben.

    [0009] Es zeigen

    Fig. 1 die räumliche Prinzipskizze eines unter einem Wagenkasten beweglich angeordneten 2rädrigen Fahrwerks

    Fig. 2 die Prinzipskizze eines mit Doppellängslenkern zwischen Wagenkasten und Fahrwerksrahmen angelenkten Fahrwerks

    Fig. 3 die Prinzipskizze eines mit Wattschen Lenkern zwischen Wagenkasten und Fahrwerksrahmen angeordneten Fahrwerks

    Fig. 4 die Prinzipskizze eines Fahrzeugs mit zwei gegenseitig miteinander gekoppelten Fahrwerken

    Fig. 5 die Prinzipskizze der Bogensteuerung der Fahrwerke durch ein benachbartes Fahrzeug

    Fig. 6 die Prinzipskizze der Bogensteuerung der Fahrwerke durch die trennbare Kupplungsstange mit einem be­nachbarten Fahrwerk

    Fig. 7 schematisch eine Koppelstange mit kardanisch angeordneten Blattfederelementen

    Fig. 8 schematisch das Ende einer Koppelstange mit allseitig verformbarem Rundstabelement

    Fig. 9 schematisch die Führung einer Koppelstange an langen Lenkern und

    Fig. 10 schematisch die Führung einer Koppelstange an biegsamen Blattlenkern.



    [0010] In Fig. 1 ist schematisch der Wagenkasten 1 des Fahrzeugs darge­stellt. Die Räder 2 des Fahrwerks sind im Fahrwerksrahmen 3 gela­gert, auf dem sich unter Zwischenschaltung von Federn 4 der Wagen­kasten 1 abstützt. Wagenkasten 1 und Fahrwerksrahmen 3 sind durch ein spärisches Gelenk 5 miteinander verbunden. Um das sphärische Gelenk 5 kann der Wagenkasten 1 über den Fahrwerksrahmen 3 verti­kal in z-Richtung einfedern und quer in y-Richtung ausgelenkt werden. Außerdem können die Räder 2 zusammen mit dem Fahrwerksrahmen 3 in Gleisbögen unter dem Wagenkasten 1 um die z-Achse wenden sowie Wank­bewegungen um die x-Achse zum Ausgleich von Querhöhenfehlern der Schienen des im Bild nicht dargestellten Gleises ausführen. Für die beschriebenen Funktionen ist es unerheblich ob die Räder 2 durch eine sie verbindende Welle 6 zu einem Radsatz vereinigt sind oder ohne diese Welle 6 als Einzelräder mit unterschiedlichen Win­kelgeschwindigkeiten abrollen können.

    [0011] Fig. 2 zeigt eine besonders vorteilhafte Ausbildung der Anlenkung des Fahrwerkrahmens 3 an den Wagenkasten 1 mit Parallelführungs­lenkern 7. Die Anlenkpunkte 8 der Längslenker 7 an dem Fahrwerks­rahmen 3 können dabei in Fahrzeuglängsrichtung x vor, in Höhe oder hinter den Rädern 2 liegen, je nachdem wie die Einbauverhältnisse oder kinematische Randbedingungen dies zweckmäßig erscheinen las­sen.

    [0012] Fig.3 zeigt eine weitere Ausgestaltung des Erfindungsgedankens. An Stelle der Parallelführungslenker 7 sind sog. Wattsche Führungs­lenker 9 von den diesmal mittig gezeichneten Anlenkpunkten 10 in Fahrzeuglängsrichtung x nach vorn und hinten geführt und mit dem Wagenkasten 1 gelenkig verbunden.

    [0013] In Fig. 4 ist ein Fahrzeug mit zwei Fahrwerken der beschriebenen Ausführung skizziert. Man erkennt unter dem Wagenkasten 1 die Fahr­werksrahmen 3 mit den Rädern 2, Federn 4 und Parallelführungslen­kern 7. Die Fahrwerksrahmen 3 sind durch diagonal angeordnete Kop­pelstangen oder -seile 11 in an sich bekannterweise gegensinnig miteinander gekoppelt. Dies ermöglicht die Einstellung der Fahr­werke in Gleisbögen ähnlich wie sie von sog. Kreuzanker-Drehge­stellen her bekannt ist auch bei langen Fahrzeugen.

    [0014] Fig. 5 stellt ein Fahrzeug mit zwei Fahrwerken der beschreibenen Bauart dar, welches mit seinem Wagenkasten 1 im Gelenkpunkt 12 mit dem Wagenkasten 13 eines weiteren Fahrzeugs sphärisch beweg­lich verbunden ist. Vom Wagenkasten 13 des benachbarten Fahrzeugs werden Lenkstangen 14 zum Fahrwerksrahmen 3 geführt, welche die Räder 2 bei Bogenfahrt lenken. Wie gehabt läßt sich die Lenkbewe­gung über Koppelstangen 11 auch auf das andere Fahrwerk übertragen.

    [0015] Eine ähnliche Ausführung sieht man in Fig. 6. Die Wagenkästen 1 und 13 sind mit einer Kuppelstange 15 verbunden, die mit den Gelenken 16 und 17 an die Wagenkästen 1 und 13 angeschlossen ist. Die Lenk­bewegung wird von der Kuppelstange 15 abgenommen und durch die Lenk­stangen 14 auf dem Fahrwerksrahmen 3 des Fahrwerks übertragen. Mit einer Trennstelle 18 in der Kuppelstange 15 lassen sich die Fahr­zeuge ohne weiteres trennen.

    [0016] Die Ausführungen der Fig. 5 und 6 sind bevorzugt für Einzelräder 2 geeignet, die nicht durch Radsatzwellen 6 drehzahlgekoppelt sind.

    [0017] Alle Fahrwerkslenkungen funktionieren nur, wenn sie genau einstel­len. Dies ist am besten mit spielfreien und verschleißlosen Gelen­ken zu verwirklichen.

    [0018] Fig. 7 zeigt beispielhaft das Prinzip einer Koppelstange 11, die an ihren Enden mit um 90° versetzt angeordneten Blattfederelementen 19 versehen ist. Die Elemente 19 können sich elastisch verbiegen und gestatten so kleine kardanische Winkelbewegungen, wie sie bei den Lenkbewegungen der Fahrwerksrahmen 3 vorkommen.

    [0019] In Fig. 8 wird die kardanische Winkelbeweglichkeit des materialelas­tischen Gelenks durch einen um alle Achsen gleich biegsamen Rund­stab 20 bewirkt. Rundstäbe 20 sind an den Enden der Koppelstange 11 angebracht.

    [0020] Bei langen Fahrzeugen sind die Abstände der Fahrwerke sehr groß und die sie verbindenden Koppelstangen 11 lang und dementsprechend schwer. Sie werden deshalb unterstützt.

    [0021] Fig. 9 zeigt die Aufhängung einer Koppelstange 11 unter dem Wagen­kasten 1 mit langen Pendeln 21, die gelenkig an mit der Koppelstan­ge 11 verbundene Stützen 22 angreifen.

    [0022] In Fig. 10 ist eine verschleißfreie Variante der Koppelstangenauf­hängung gezeigt. Hier sind die langen Pendel 21 durch elastische Blattlenker 23 ersetzt, die am oberen Ende fest mit Wagenkasten 1 und am unteren Ende fest mit der Stütze 22 der Koppelstange 11 ver­bunden sind.


    Ansprüche

    1. Fahrwerk für Schienenfahrzeuge, dadurch gekennzeichnet, daß der Fahrwerksrahmen eines 2rädrigen Fahrwerks gegen die zwi­schen Fahrwerksrahmen und Wagenkasten befindlichen Federn ver­tikal und quer verschieblich sowie um die Hochachse und die Querachse schwenkbar angeordnet ist.
     
    2. Fahrwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Fahr­werksrahmen durch Parallelführungslenker, welche in Fahrzeug­längsrichtung zwischen Fahrwerksrahmen und Wagenkasten ange­ordnet sind, geführt wird.
     
    3. Fahrwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendebewegungen zweier oder mehrerer Fahrwerke gleicher oder ähnlicher Bauart durch Koppelelemente untereinander ge­koppelt werden.
     
    4. Fahrwerk nach Anspruch 1, 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Wendebewegung mindestens eines Fahrwerks eines Fahrzeugs un­mittelbar von einem mit dem Fahrzeug gelenkig gekuppelten wei­teren Fahrzeug formschlüssig über Zug- und/oder Druckelemente abgeleitet wird.
     
    5. Fahrwerk nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Wende­bewegung von einer Kuppelstange, welche zwei Fahrzeuge gelenkig miteinander verbindet, uber Zug- und/oder Druckelemente abge­nommen wird.
     
    6. Fahrwerk nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Räder der Fahrwerke nicht durch Radsatzwellen miteinander verbunden sind und als Einzelräder unabhängig voneinander mit verschiedenen Winkelgeschwindigkeiten rotieren können.
     
    7. Fahrwerk nach Anspruch 2 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß zur genauen Führung und Einstellung der Lenkbewegungen spiel­freie und verschleißlose materialelastische Gelenke aus kar­danisch angeordneten Blattfederelementen oder allseitig bieg­samen Rundstäben verwendet werden.
     
    8. Fahrwerk nach Anspruch 3 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß zur Gewichtsaufnahme und durchbiegsarmen führung von zwei Fahr­werke koppelnden langen Koppelstangen lange, außerhalb der Mitte der Koppelstange angreifende Lenkerhebel oder Blattfe­derlenker verwendet werden.
     




    Zeichnung

























    Recherchenbericht