(19)
(11) EP 0 297 024 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
28.12.1988  Patentblatt  1988/52

(21) Anmeldenummer: 88730110.9

(22) Anmeldetag:  10.05.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21D 9/08, C21D 1/63
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT ES FR GB IT

(30) Priorität: 26.06.1987 DE 3721665

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • von Hagen, Ingo, Dr. Ing.
    D-4150 Krefeld 1 (DE)
  • Nickel, Wilhelm, Dipl.-Ing.
    D-4330 Mülheim 13 (DE)
  • Prasser, Christoph, Dr. Ing.
    D-4300 Essen 1 (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Härten eines Hohlkörpers


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Härten eines zylindrischen Hohlkörpers, insbesondere eines Behälters. Um die Kühlzeiten zu verringern wird die Drehzahl der Rotation während der Härte­behandlung in der Weise variiert, daß die Dreh­zahl nach Erreichten der Martensitstarttemperatur im Bereich der äußeren 0berfiäche des Hohl­körpers deutlich gegenüber der Drehzahl vor Er­reichen der Martensitstarttemperatur erhöht ist


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Härten eines zylindrischen Hohl­körpers (z.B. Behälter, Rohre) aus Stahl in einem Kühlmittelbad, insbeson­dere in einem Wasserbad, im Rahmen einer Vergütungsbehandlung. Dabei taucht der erwärmte Hohlkörper, der mit seiner Längsachse parallel zum Badspiegel des Kühlmittels ausgerichtet ist, nur mit einem Teil seiner Oberfläche in das Kühlmittelbad ein und rotiert um seine Längsachse.

    [0002] Ein derartiges Verfahren für Behälter, bei dem die Wärmeabfuhr über die gesamte Behälterlänge gewährleistet ist, ist beispielsweise aus einer Ver­öffentlichung in der russischen Zeitschrift "Metallovedenie i termitcheskaja obrabotka metallov" (Nr. 9, 1985, Seite 7 - 10: Das Härten von Flaschen im Medium "Wasser-Luft" (übersetzt)) bekannt.

    [0003] Die Drehzahl des abzukühlenden Behälters wird bei diesem Verfahren konstant gehalten und in ihrer Höhe so eingestellt, daß möglichst eine maximale Abkühlgeschwindigkeit erreicht wird. Sobald die Oberflächentemperatur auf einen vorgegebenen Wert in der Nähe des Beginns der Martensitumwandlung (z.B. 315 °C) abgesunken ist, wird der Behälter aus dem Kühlwasserbad herausgehoben und kühlt in mehr als 50 min langsam an Luft weiter ab. Die Möglichkeit, die für den Kühlvorgang insgesamt erforderliche Zeit dadurch zu verringern, daß die Kühlbehandlung im Wasserbad einfach verlängert wird, führt bei dem bekannten Verfahren vielfach zum Auftreten von Härterissen und somit zur Entstehung von Ausschußproduktion, ist also nicht praktisch gangbar.

    [0004] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, das eingangs geschilderte Verfahren zum Härten von zylindrischen Hohlkörpern so zu ver­bessern, daß die Kühlzeiten verringert werden, wobei insbesondere zum Ende des Abkühlvorganges eine gleichmäßige und schonende Kühlung des Hohlkörpers gewährleistet ist und der Hohlkörper auch im Bereich der dickeren Wände an seinen Enden gleichmäßig abgekühlt wird.

    [0005] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patent­anspruchs 1; vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unter­ansprüchen 2 - 5 angegeben.

    [0006] Das erfindungsgemäße Verfahren, das zunächst am Beispiel von Behältern erläutert wird, sieht vor, daß das Drehen des Behälters im Kühlmittelbad in Abhängigkeit von der Oberflächentemperatur des Behälters mit sich verän­dernder Drehzahl in der Weise durchgeführt wird, daß die Drehzahl nach Erreichen der Temperatur, bei der die Martensitbildung einsetzt (Martensit­starttemperatur), gegenüber der Drehzahl im vorausgehenden Teil der Abküh­lung deutlich erhöht ist. Das bedeutet, daß die im Kühlmittelbad vorgenom­mene Abkühlung praktisch in zwei zeitlichen Abschnitten mit unterschied­licher Abkühlgeschwindigkeit durchgeführt wird, die durch das Erreichen der Martensitstarttemperatur voneinander abgegrenzt sind. Im ersten Abschnitt wird der Behälter möglichst schnell abgekühlt, um die Bildung unerwünschter Gefügebestandteile zu verhindern. Bei Annäherung an die Martensitstarttem­peratur wird die Drehzahl des Behälters zur Einleitung der zweiten Abkühl­phase gesteigert, es wird also nicht wie beim Stand der Technik die Abküh­lung im Kühlmittelbad beendet und weiter an Luft abgekühlt. Eine solche Steigerung der Drehzahl führt überraschenderweise zu einer Verlangsamung der Wärmeabfuhr und somit zu einer schonenderen Abkühlung des Behälters, so daß sich die Entstehung von Härterissen in der Behälterwand vermeiden läßt. Die Erhöhung der Drehzahl kann dabei allmählich mit zunehmender Annäherung an die Martensitstarttemperatur erfolgen, so daß bei Unterschreiten der Martensitstarttemperatur auf jeden Fall sichergestellt ist, daß die Abkühl­geschwindigkeit auf das erforderliche Maß reduziert ist. Es kann aber auch bis unmittelbar vor Erreichen der Martensitstarttemperatur mit hoher Abkühlgeschwindigkeit gearbeitet werden und dann eine plötzliche Steigerung der Drehzahl erfolgen. Dies ermöglicht kürzeste Gesamtabkühlzeiten, erfordert aber eine sorgfältige und verzögerungsarme Steuerung der Drehzahl in Abhängigkeit von der erreichten Abkühltemperatur des Behälters.

    [0007] Wesentlich für das erfindungsgemäße Verfahren ist in jedem Fall, daß die Abkühlung im Flüssigkeitsbad mit verminderter Abkühlgeschwindigkeit statt­findet, sobald die Martensitstarttemperatur erreicht bzw. unterschritten ist.

    [0008] Die Erfindung beruht auf folgendem Effekt: Taucht ein rotierender heißer Behälter in Wasser ein, wird die sich bildende Dampfhaut infolge der Relativgeschwindigkeit zwischen Behälteroberfläche und Kühlmittel zerstört oder zumindest ihre Ausbildung erschwert. Erhöht man die Drehzahl des Behälters, wird zwar die Taktzeit, in der ein einzelnes Flächenelement wieder mit dem Kühlmittel in Kontakt gebracht wird, verkürzt, gleichzeitig wird aber auch Luft mit ins Kühlmittel gerissen. Diese vermindert die Kühlwirkung des Kühlmittels, so daß optimale Drehzahlen bestimmt werden können, durch die entweder hohe Abkühlintensitäten realisiert werden können oder die Abschreckgeschwindigkeit (durch Drehzahlerhöhung) erniedrigt werden kann.

    [0009] Bei der üblichen Verwendung von Wasser als Kühlmittel hat es sich als zweckmäßig erwiesen, daß die Drehzahl des Behälters in der ersten Stufe der Abkühlung mindestens 40 U/min beträgt und sich im übrigen nach der Formel
        N =

    (1 +

    ) U/min
    bestimmt, wobei D den Durchmesser des Behälters in mm und h die Eintauch­tiefe ebenfalls in mm bedeuten. In der zweiten Stufe sollte die Drehzahl auch mindestens das Doppelte bis etwa das Fünffache der Anfangsdrehzahl gesteigert werden. In manchen Fällen ist es zweckmäßig, vor oder während der Änderung der Drehzahl, also zwischen den beiden Abkühlphasen im Kühl­bad, den Behälter für etwa 10 - 60 sek. aus dem Kühlmittelbad herauszu­heben, so daß sich die Temperatur seiner äußeren Oberfläche infolge der in den tieferen Schichten der Behälterwand noch enthaltenen Wärme wieder erhöht.

    [0010] Durch eine solche Vorgehensweise wird der Temperaturunterschied über die Wanddicke verringert, so daß die Temperatur der Behälterinnenseite bei Erreichen der Martensitstarttemperatur auf der Behälteraußenseite tiefer liegt. Wird dann die Abschreckintensität zur Vermeidung von Rissen bei der Martensitumwandlung verringert, ergeben sich auf der Innenseite aufgrund der niedrigeren Temperatur günstigere Verhältnisse, um auch dort ein hundertprozentiges Martensitgefüge zu erzeugen.

    [0011] Wenn anstelle von Behältern, die von vornherein aufgrund ihrer geschlossenen Stirnflächen den Eintritt von Kühlflüssigkeit in das Innere ausschließen, Rohre der Härtebehandlung unterzogen werden sollen, lassen sich gleichartige Abkühlverhältnisse wie bei Behältern dadurch erzielen, daß die Stirnseiten abgedichtet werden. Anderenfalls sind geeignete Maßnahmen zu treffen, die auf der Innenseite gleichmäßige Abkühlbedingungen über die gesamte Rohrlänge sicherstellen.

    [0012] In den nachfolgenden Ausführungsbeispielen wird die Erfindung näher erläutert.

    [0013] Ein um seine Längsachse rotierender Stahlbehälter mit einem Durchmesser von 224 mm wurde gekühlt, in dem er parallel zu seiner Längsachse 80 mm tief in ein Wasserbad getaucht wurde. In der ersten Stufe der Abkühlung betrug die Drehzahl des Behälters N₁ = 72 U/min. Bei dieser Drehzahl war die Eintauch­geschwindigkeit klein genug, um zu verhindern, daß die Abschreckwirkung durch mitgerissene Luft nennenswert vermindert wurde. Sobald die Ober­flächentemperatur, die mittels eines Pyrometers (nach einer Drehung um 90° nach dem Auftauchen des entsprechenden Wandstückes aus dem Wasserbad) gemessen wurde, etwa die Martensitstarttemperatur erreicht hatte, wurde die Drehzahl des Behälters erhöht, und zwar auf einen Wert von ca. N₂ = 150 U/min. Die erste Stufe der Abkühlung hatte bis dahin ca. 15 sek. gedauert.

    [0014] Bei der erhöhten Drehzahl war die Abschreckwirkung deutlich vermindert, da auf der Eintauchseite des Behälters Luft mitgerissen wurde. Die Entstehung von Rissen infolge zu hoher Abkühlgeschwindigkeit konnte vermieden werden.

    [0015] Ebenfalls gute Abkühlverhältnisse, ohne daß Risse entstanden, wurden in einem anderen Beispiel erzielt, bei dem ein Behälter mit einem Durchmesser von 339 mm mit einer Drehzahl von N₁ = 48 U/min in Drehung versetzt wurde. Nach Unterschreiten der Martensitstarttemperatur auf der auftauchenden Seite des Behälters wurde die Drehzahl auf N₂ = 120 U/min erhöht, so daß auch hier keine Risse entstehen konnten, die Abkühlung aber schon innerhalb von 10 min abgeschlossen war.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Härten eines zylindrischen Hohlkörpers, insbesondere eines Behälters, aus Stahl im Rahmen einer Vergütungsbehandlung, wobei der erwärmte Hohlkörper in einem Kühlmittelbad, insbesondere einem Wasserbad, in der Weise abgekühlt wird, daß er mit seiner Längsachse parallel zum Badspiegel des Kühlmittelbades ausgerichtet ist, nur mit einem Teil seiner Oberfläche in das Kühlmittelbad eintaucht und um seine Längsachse rotiert,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Drehzahl der Rotation während der Härtebehandlung in der Weise variiert wird, daß die Drehzahl nach Erreichen der Martensitstarttem­peratur im Bereich der äußeren Oberfläche des Hohlkörpers deutlich gegenüber der Drehzahl vor Erreichen der Martensitstarttemperatur erhöht ist.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß bei Einsatz von Wasser als Kühlmittel die Drehzahl N₁ vor Erreichen der Martensitstarttemperatur nach der Beziehung
          N₁ =

    (1 +

    ) U/min
    bestimmt ist, wobei D den Durchmesser des Hohlkörpers in mm und h die Eintauchtiefe in mm sind, N₁ jedoch mindestens 40 U/min beträgt und daß die Drehzahl N₂ nach Erreichen der Martensitstarttemperatur mindestens doppelt so groß wie die Drehzahl N₁ .
     
    3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Änderung der Drehzahl bei Annäherung an die Martensitstart­temperatur allmählich erfolgt.
     
    4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Änderung der Drehzahl bei Erreichen der Martensitstarttemperatur sprunghaft erfolgt.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 - 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß unmittelbar vor oder während der Änderung der Drehzahl der Behälter für 10 - 60 Sek. aus dem Kühlmittelbad herausgehoben wird.