(19)
(11) EP 0 297 356 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
04.01.1989  Patentblatt  1989/01

(21) Anmeldenummer: 88109565.7

(22) Anmeldetag:  15.06.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4G21F 9/34
(84) Benannte Vertragsstaaten:
CH DE ES FR GB LI NL SE

(30) Priorität: 03.07.1987 DE 3722122

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Beyer, Hellmuth, Dr.
    D-8520 Erlangen (DE)
  • Haas, Ernst
    D-8520 Buckenhof (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Abfalldeponie, insbesondere Endlager für radioaktive Stoffe


    (57) Die Erfindung betrifft eine Abfalldeponie, insbesondere ein Endlager für radioaktive Stoffe, in der Resthohlräume zwischen eingefülltem Abfall mit einem Versatzstoff angefüllt sind. Es ist vorgesehen, daß dem Versatzstoff mindestens ein Stoff bei­gemischt ist, an den sich gasförmige Schadstoffe, insbesondere radioaktive Gase, anlagern. Übliche Versatzstoffe sind Ge­stein, Salz oder Eisenerz. Zur Verbesserung der Rückhaltefähig­keit der Versatzstoffe hinsichtlich Gasen ist den Versatzstof­fen beispielsweise Pyrolysekoks beigemischt. Ein geeigneter An­teil ist 20 Gew. % Pyrolysekoks. Statt Pyrolysekoks kann ein Rückstand aus der Kohlehydropyrolyse, ein Rückstand aus der Öl­schieferverschwelung oder Aktivkohle dem Versatzstoff beige­mischt sein.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Abfalldeponie, insbesondere ein Endlager für radioaktive Stoffe, in der Resthohlräume zwischen eingefülltem Abfall mit einem Versatzstoff angefüllt sind.

    [0002] Abfälle, die in einer Deponie abgelagert werden sollen, haben in vielen Fällen eine feste Form und können daher nicht dicht gepackt abgelagert werden. Zwischen dem deponierten Abfall bleiben daher Hohlräume frei. Das ist besonders dann der Fall, falls der zu lagernde Abfall, wie es bei radioaktiven Abfällen üblich ist, zunächst in Behälter gefüllt wird, die dann deponiert werden. Radioaktive Abfälle werden beispielsweise in Fässern abgefüllt in ein Endlager eingebracht. Zwischen den Fässern bleiben Hohlräume bestehen.

    [0003] Durch die Hohlräume in dem eingefüllten Abfallmaterial in einer Abfalldeponie ist die Packung instabil. Im Laufe der Lagerzeit sind Verschiebungen des eingefüllten Materials möglich, was Veränderungen der Oberflächen und sogar den Austritt von Abfallstoffen zur Folge haben kann. Daher ist es allgemein üblich, beim Einlagern des Abfalles verbleibende Hohlräume mit einem Füllstoff oder "Versatzstoff" genannten Material anzufüllen. Dazu werden verschiedenartige schüttbare, feste Substanzen verwendet.

    [0004] Bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem ehemaligen Salzbergwerk werden die Hohlräume beispielsweise mit Salz angefüllt, das in ausreichender Menge zur Verfügung steht.

    [0005] In bekannten Deponien dient der Versatzstoff ausschließlich da­zu, die mechanische Stabilität der Deponie zu gewährleisten.

    [0006] In als solche bekannten Abfalldeponien entstehen während der Lagerung unterschiedliche Gase. Diese Gase werden nur teilwei­se in den Feststoffen der Deponie zurückgehalten. Ein anderer Teil der entstandenen Gase verläßt die Deponie. In Endlagern für radioaktive Stoffe können die entstehenden Gase radioaktive Isotope enthalten.

    [0007] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, die Bindung der in einer Abfalldeponie entstandenen Gase an den Feststoffen der Deponie erheblich zu verbessern. Es soll ein so großer Anteil der Gase gebunden werden, daß ein Entweichen von Gasen stark verzögert oder fast ausgeschlossen ist.

    [0008] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem Ver­satzstoff mindestens ein Stoff beigemischt ist, an den sich gas­förmige Schadstoffe, insbesondere radioaktive Gase, anlagern.

    [0009] Es wurde erkannt, daß Gase insbesondere durch das Versatzmate­rial zurückgehalten werden. Dabei kommt es entweder zu einer reversiblen oder zu einer irreversiblen Bindung des Gases an das Versatzmaterial. Im ersten Fall stellt sich ein Gleichge­wicht ein zwischen den Konzentrationen des zurückzuhaltenden Stoffes in der Gasphase und im Versatzmaterial. Ein Maß für die Bindung von Gas am Versatzmaterial ist der Retardationsfaktor, der sich aus dem Quotienten der am Versatzmaterial gebundenen Gasmenge und der vom Versatzmaterial abgegebenen Gasmenge ab­leiten läßt.

    [0010] Im zweiten Fall, bei einer irreversiblen Bindung des Gases an das Versatzmaterial, wird der zurückzuhaltende Stoff der Gas­phase ganz entzogen und wird nicht mehr freigesetzt. Bei einer irreversiblen Bindung ist der Retardationsfaktor unendlich groß.

    [0011] Alle üblichen Versatzstoffe haben einen Retardationsfaktor, der für die meisten Gase nahe bei 1 liegt. Erst durch die erfindungs­gemäße Beimischung eines geeigneten Stoffes, an den sich Gase anlagern, wird die Rückhaltefähigkeit des Versatzstoffes ent­scheidend verbessert.

    [0012] Mit der erfindungsgemäß aufgebauten Abfalldeponie wird der Vor­teil erzielt, daß in der Deponie entstandene Gase am Versatz­stoff mit hohem Retardationsfaktor gebunden sind. In den depo­nierten Abfällen entstandene Gase bleiben erfindungsgemäß weit­gehend in der Abfalldeponie gebunden und gelangen nicht oder stark verzögert nach außen.

    [0013] Außer Salz kann als Versatzstoff ebenso Gestein, Eisenerz oder ein Gemisch aus Eisenerz und Nebengestein verwendet werden. Die Auswahl richtet sich hauptsächlich danach, welcher Stoff wirt­schaftlich günstig verfügbar ist.

    [0014] Ein geeigneter Stoff, der dem Versatzstoff beizumischen ist und an dem sich gasförmige Schadstoffe anlagern, ist beispielsweise Pyrolysekoks.

    [0015] Durch den Einsatz von Pyrolysekoks wird der Vorteil erzielt, daß der Retardationsfaktor der üblicherweise verwendeten Versatz­stoffe im Hinblick auf Gase erheblich vergrößert wird.

    [0016] Falls beispielsweise Eisenerz, Nebengestein oder einem Gemisch aus diesen 20 Gew. % Pyrolysekoks beigemischt sind, steigt der Retardationsfaktor für gasförmiges Methyliodid gegenüber Versatz­stoff ohne Beimengung vom Wert 1 auf den Wert 1500.

    [0017] Methyliodid, das radioaktives Jod enthält, tritt in Endlagern für radioaktive Stoffe auf. Ein derartiges Endlager soll in einer ehemaligen Eisenerzgrube eingerichtet werden. Dort wird aus wirtschaftlichen Erwägungen Eisenerz und Nebengestein als Versatz­stoff verwendet.

    [0018] Durch den erfindungsgemäß beigemengten Pyrolysekoks wird ins­besondere die Abgabe von radioaktivem Jod aus einem derartigen Endlager für radioaktive Stoffe weitgehend ausgeschlossen.

    [0019] Einen erhöhten Retardationsfaktor und damit eine bessere Rück­haltefähigkeit für Gase ist auch durch Pyrolysekoks in Verbin­dung mit anderen Versatzstoffen erreichbar. Die diesbezügliche Wirkung von Pyrolysekoks ist unabhängig von der Art des Ver­satzstoffes.

    [0020] Darüber hinaus ist die Wirkung von Pyrolysekoks nicht auf das Zurückhalten von Jod in der Form von Methyliodid CH₃ I begrenzt. Auch andere radioaktive Isotope enthaltende Gase, die in End­lagern entstehen können, werden zurückgehalten. Derartige Gase sind beispielsweise Edelgase, CO₂, HCl, I₂, NH₃, SO₂ oder H₂S.

    [0021] Auch nicht radioaktive, anorganische oder organische Gase, die in Abfalldeponien entstehen, werden durch die erfindungsgemäße Beimengung von Pyrolysekoks zu den Versatzstoffen in der Depo­nie zurückgehalten.

    [0022] Ein weiterer entscheidender Vorteil in dem erfindungsgemäßen Einsatz von Pyrolysekoks ist darin zu sehen, daß Pyrolysekoks bei extrem geringen Kosten in großen Mengen verfügbar ist. Dar­über hinaus wird in der erfindungsgemäßen Abfalldeponie Pyrolyse­koks nutzbringend beseitigt. Pyrolysekoks, der bei der Pyrolyse als Nebenprodukt entsteht, muß nämlich bisher als Sondermüll behandelt werden.

    [0023] Beispielsweise sind in der erfindungsgemäßen Abfalldeponie statt Pyrolysekoks ein Rückstand aus der Kohlehydropyrolyse, ein Rückstand aus der Ölschieferverschwelung oder Aktivkohle dem Versatzstoff beigemischt. Auch mit diesen Stoffen wird der Retardationsfaktor und damit die Rückhaltefähigkeit von Ver­satzstoffen hinsichtlich Gasen erhöht. Durch die Verwendung der Rückstände aus der Kohlehydropyrolyse oder aus der Öl­schieferverschwelung wird wie beim Einsatz von Pyrolysekoks als ergänzender Vorteil eine als Sondermüll zu behandelnde Sub­stanz nutzbringend beseitigt.

    [0024] Mit der erfindungsgemäßen Abfalldeponie wird insbesondere der Vorteil erzielt, daß entstandene Gase in der Deponie zurückge­halten werden. Dieser Vorteil ist besonders groß, hinsichtlich radioaktiver Gase, die sich in Endlagern für radioaktive Stoffe bilden. Darüber hinaus wird der genannte Vorteil durch die Ver­wendung von Stoffen erzielt, die sonst als Sondermüll zu be­seitigen wären. Außerdem sind Aufbau und Betrieb einer erfin­dungsgemäßen Abfalldeponie kostengünstig durchführbar.


    Ansprüche

    1. Abfalldeponie, insbesondere Endlager für radioaktive Stoffe, in der Resthohlräume zwischen eingefülltem Abfall mit einem Versatzstoff angefüllt sind, dadurch gekenn­zeichnet, daß dem Versatzstoff mindestens ein Stoff beigemischt ist, an den sich gasförmige Schadstoffe, insbe­sondere radioaktive Gase, anlagern.
     
    2. Abfalldeponie nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß der dem Versatzstoff beigemengte Stoff Pyrolysekoks ist.
     
    3. Abfalldeponie nach Anspruch 2, dadurch ge­kennzeichnet, daß dem Versatzstoff 20 Gew. % Pyrolysekoks beigemischt sind.
     
    4. Abfalldeponie nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß der dem Versatzstoff beige­mengte Stoff ein Rückstand aus der Kohlehydropyrolyse ist.
     
    5. Abfalldeponie nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß der dem Versatzstoff beige­mengte Stoff ein Rückstand aus der Ölschieferverschwelung ist.
     
    6. Abfalldeponie nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß der dem Versatzstoff beige­mengte Stoff Aktivkohle ist.
     
    7. Abfalldeponie nach Anspruch 1, dadurch ge­kennzeichnet, daß der Versatzstoff ein Schütt­gut ist.
     
    8. Abfalldeponie nach Anspruch 7, dadurch ge­kennzeichnet, daß der Versatzstoff Eisenerz ist.
     
    9. Abfalldeponie nach Anspruch 7, dadurch ge­kennzeichnet, daß der Versatzstoff Gestein oder ein Gemisch aus Eisenerz und Nebengestein ist.
     
    10. Abfalldeponie nach Anspruch 7, dadurch ge­kennzeichnet, daß der Versatzstoff ein Salz ist.
     





    Recherchenbericht