[0001] Die heute weitgehend üblichen mittelbasischen Sinter haben bei Laboruntersuchungen
unter reduzierender Gasatmosphäre im Temperaturbereich zwischen 400 und 600°C eine
ausgeprägte Neigung, zu Feinkorn zu zerfallen. Ein solcher "Kornzerfall" des Sinters
kann die Durchgasung im Hochofen beeinträchtigen. Als Folge kann es zu einer Erhöhung
des Energieverbrauchs, einer Verminderung der Erzeugungsleistung und einer Beeinträchtigung
der Roheisenqualität kommen. Darüber hinaus tritt durch Kornzerfall im Hochofen ein
erhöhter Austrag an Gichtstaub auf.
[0002] Man war daher bemüht, diese Zerfallsneigung labormäßig reproduzierbar zu erfassen
und kennzeichnende Daten für diese Sintereigenschaft zu erhalten. Die quantitative
Zerfallsneigung wird in Tests mit mehr oder weniger vereinheitlichten Prüfbedingungen
bestimmt. Zwei sich in der Durchführung unterscheidende Testvarianten sind in den
ISO-Dokumenten Nr. ISO DP 4697; ISO/DIS 4696; Stahleisen-Prüfblatt Nr. 1771/82 beschrieben.
In ihnen wird Sinter der Körnung 10 bis 12,5 mm entweder in einer ruhenden Schüttung
bei 500°C reduziert, zur Quantifizierung der Zerfallstendenz nachträglich in einer
Trommel mechanisch beansprucht und auf den Anteil des dabei gebildeten Feinkorns
untersucht oder in einem Drehrohrofen während der Reduktion mechanisch beansprucht
und anschließend ebenfalls auf seine Kornzusammensetzung geprüft. Ein sehr verbreiteter
Test ist auch die japanische RDI-Prüfung. Hierbei wird Sinter der Körnung 16 bis 20
mm, der dem bereits gebrochenen und klassierten sinter entnommen ist, in einer Gasatmosphäre
aus CO und N₂ bei 550°C reduziert und das reduzierte Gut dann einer Trommelbehandlung
unterworfen. Der anschließend durch Siebung abgetrennte Feinanteil < 3 mm in Gew.-%
dient als Maß für die Zerfallstendenz im Hochofen. Dieser RDI-Test ähnelt im Grundsatz
dem im ISO-Dokument Nr. ISO-DIS 4696 beschriebenen Prüfverfahren, unterscheidet sich
jedoch in Einzelheiten und vor allem in der zur Prüfung ausgewählten Kornklasse.
[0003] In der Regel ist man bestrebt, durch sintertechnische Maßnahmen einen Bestimmten
Prozentsatz Feinanteil (beim RDI-Wert z.B. ca. 35 % < 3 mm) nicht zu überschreiten.
[0004] Andererseits wurde vorgeschlagen, den Kornzerfall des Sinters dadurch zu vermindern
(siehe DE-PS 3242086), daß man Eisenerze vor der Vorhüttung bzw. Sinter nach der Herstellung
und vor der Verhüttung pauschal mit flüssigen Substanzen behandelt, die Halogene
oder halogenhaltige Verbindungen aufweisen. Der Vorteil bei einer derartigen Behandlung
ist die leichte Anwendung und die Nichtbeeinträchtigung der übrigen Qualitätsmerkmale,
wie z.B. der Reduzierbarkeit. Nachteilig bei diesem Verfahren ist jedoch, daß durch
den Zusatz von Halogenen oder halogenhaltigen Verbindungen Chlor frei wird und dies
u.a. zur Korrosion im oberen Hochofenbereich, im Bereich des Gichtverschlusses sowie
im Abgassystem führt. Aufwendig ist auch, daß nach diesem Vorschlag die ganze Sinterproduktion
zu behandeln ist.
[0005] Ausgedehnte eigene Betriebsversuche mit Sintertypen unterschiedlichsten Zerfallsverhaltens
führten nun zu Ergebnissen, die einen klaren Zusammenhang zwischen den Ergebnissen
der labormäßigen Zerfallsprüfungen und den Hochofenbetriebsergebnissen in Frage stellten.
An über 1000 einem Hochofen entnommenen Sinterproben der Körnung 10 bis 12,5 mm konnte
weder eine Übereinstimmung in der Rangfolge zwischen Labortests und Hochofen noch
eine Übereinstimmung im quantitativen Ausmaß der Zerstörung festgestellt werden.
[0006] Der labormäßig bestimmte Zerfallswert scheint daher keine Steuergröße zu sein, die
grundsätzlich und direkt proportional dem Ausmaß der Sinterzerstörung im Hochofen
ist.
[0007] Weiterführende Untersuchungen haben gezeigt, daß das quantitative Ausmaß der Freinkornbildung
infolge Zerfalls über das Kornspektrum des Sinters außerordentlich verschiedden ist.
Wider Erwarten zerfallen die Sinterkörner um so stärkr, je gröber das jeweilige Korn
ist. So schwankte z.B. bei einem Betriebsinter der Zerfall < 3 mm von 24 % fur die
Körnung 5 bis 6 mm (oberste Schicht auf dem Sinterband) bis zu 54 % für die Körnung
40 bis 50 mm (unterste Schicht). Die routinemäßig durchgeführten Zerfallstests, die
an der Körnung 10 bis 12,5 mm bzw. 16 bis 20 mm durchgeführt werden, erfassen daher
nicht die gesamte Schwankungsbreite des Zerfalls. Sie liefern in bezug auf die gröbsten
Sinterfraktionen zu günstige und in bezug auf die feineren Fraktionen zu ungünstige
Werte. In den feineren Kornfraktionen könnte ein höherer Zerfall zugelassen werden,
sofern dies nur nicht zu einem noch höheren Zerfall der gröbsten Körner führen würde.
[0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das eingangs genannte Behandlungsverfahren
so zu verbessern, daß Korrosion vermindert wird und eine umweltfreundlichere Behandlung
des Sinters erfolgt, daß ggf. nur eine Teilmenge der Sinterproduktion behandelt wird,
ein Sinter mit erhöhtem Zerfallswert eingesetzt werden kann und trotzdem keine Beeinträchtigung
des Hochofenganges eintritt.
[0009] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch, das der auf einem Sinterband erzeugte
Sinter in an sich bekannter Weise vorgebrochen, in die Fraktionen "Rückgut", "Einsatzkörnung
I" und "Überkorn" getrennt wird, das Überkorn durch Nachbrechen in die "Einsatzkörnung
II" umgewandelt wird und zumindest dieser nachgebrochene Sinter vor dem Einsatz in
den Hochofen mit einer schwefelhaltigen Substanz behandelt wird. Je nach Qualitätssituation
ist auch ein Teil der Einsatzkörnung I und II bestehenden Sinter am Hochofen zu klassieren
und nur die grobe Körnung zu behandeln. Weiterhin wird erfindungsgemäß vorgeschlagen,
das Sinterband derart zu betreiben, daß ein Sinter anfällt, der bei einer anhand der
Normkörnung durchgeführten Kornzerfallsprüfung schlechtere Werte aufweist, als es
für einen störungsfreien Ofenbetrieb erforderlich ist und daß nur der Grobanteil
(z.B. über 40 mm Körngröße) nach erfolgtem Nachbrechen auf die geeignete Einsatzkörnung
behandelt wird. Als Behandlungsmittel wird bevorzugt eine wäßrige Lösung oder Dispersion
benutzt, deren schwefelhaltige Substanz eine Zersetzungstemperatur zwischen 200 und
600°C aufweist. Geeignete und preiswerte Lösungen zum Besprühen des Sinters sind z.B.
eine FeSO₄-Lösung oder eine Lösung, die (NH₄)₂SO₄ beinhaltet. Diese Behandlung bewirkt
eine Unterdrückung der Hämatit/Magnetit-Umwandlung im Niedrigtemperaturbereich, die
für die Zerstörung des Sinterkorns verantwortlich ist. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
wird im einzelnen wie folgt vorgegangen.
1. Bestimmung des für den Hochofen gerade noch akzeptablen Zerfalls-Grenzwertes;
d.h. im Falle der Verwendung des RDI-Tests Ermittlung des Prozentanteils < 3 mm an
der Sinterkörnung 16 bis 20 mm.
Die Bewertung des Auftretens von Zerfall im Hochofen erfolgt anhand der jeweiligen
betriebsüblichen Methoden. Dies können sein:
-Informationen über Höhe und zeitliche Entwicklung der Drücke im Wandbereich des Hochofenschachtes
- dto. in bezug auf die Gichtgasanalyse
- dto. in bezug auf Schwankungen der Roheisenzusammensetzung.
Eine Typische zerfallsbedignte Störung drückt sich z.B. aus in einem Anstieg des Randdruckes
unterhalb des gestörten Möllerbereiches, verbunden mit einer Abnahme der Gasausnutzung

Als Folge davon zeigen sich später Abkühlvorgänge im Ofengestell mit Rückwirkungen
auf die Roheisenzusammensetzung.
2. Ermittlung der Kornverteilung des Sinters mit dem nach 1. eingestellten Zerfallsverhalten,
und zwar vor dem Nachbreichen des Überkorns. Abtrennung der obersten (gröbsten) 10 Gew.-% des
Kornspektrums, Zerkleinerung auf die Standard-Prüfkörnung (beim RDI-Test: 16 bis 20
mm) und Bestimmung des für diese abgetrennte Kornklasse gültigen Zerfallswertes.
Der so ermittelte Wert markiert für den neu herzustellenden Sinter die Obergrenze,
die je nach Betriebsweise des Hochofens laut Normprüfung zulässig wäre.
3. Einstellen der Sinteranlage auf den nach 2. festgelegten niederigeren Qualitätsstandard
unter Ausnutzung der damit verbundenen Vorteile (Brennstoffeinsparung, Verwendung
von Erzen mit höheren Al₂O₃-Gehalten in der Sintermischung, Einsatz von den Zerfall
verstärkenden Kreislaufstoffen etc.): D.h. Herstellung eines Sinters, der in der
im Zerfallstest eingesetzten natürlichen, noch nicht mit nachgebrochenem Grobkorn
versetzten Körnung den nach zwei definierten neuen (höheren) Zerfallswert aufweist.
Der solchermaßen hergestellte Sinter hat jetzt in seinen Kornfraktionen > 20 mm (vor
dem Nachbrechen) zu hohe Zerfallswerte, die im Hochofen zu störungen führen können.
Daher wird ein Teil des Grobkorns durch Sieben abgetrennt und durch eine Sonderbehandlung
in der Zerfallstendenz abgesenkt. Hierzu wird der Zerfalls-Wert dieser Grobkornfraktion
ermittelt (an einer anteilig aus den einzelnen Fraktionen zusammengesetzten probe
oder in Einzelbestimmungen an den verschiedenen Kornklassen) und in Abhängigkeit von
den so bestimmten mittleren Zerfallswert mit z.B. wäßrigen Lösungen von schwefelhaltigen
Substanzen besprüht. Das Besprühen erfolgt vorzugsweise erst nach dem Zerkleinern
der Grobkornfraktion im Nachbrecher. Die Sprühbehandlung wird so durchgeführt, daß
z.B. für jeden Prozentpunkt RDI-Verminderung in dem behandelten Anteil ein Rückstand
entsprechend einem Schwefelgehalt von mindestens 50 g/t Sinter verbleibt.
[0010] Die Auswahl der schwefelhaltigen Salze sollte vorzugsweise so erfolgen, daß ihre
Zersetzungstemperatur nicht unter 200°C und auch nicht über 600°C liegt. So hat z.B.
FeSO₄ einen Zersetzungspunkt von 480°C.
[0011] Abgesehen von der durch die Erfindung möglichen Verwendung eines weniger zerfallsfesten
Sinters im Hochofen mit den schon geschilderten Vorteilen ist der erfindungsgemäß
behandelte Sinter in seinem Zerfallsverhalten über das Kornband homogener als unbehandelter
Sinter oder als nach DE-PS 3242086 behandelter Sinter. Dies wirkt sich günstig auf
die Hochofenbetriebsweise aus. Da die Schwefelverbindungen, die zum Besprühren benutzt
werden, fast vollständig in die Schlacke übergehen, treten keine Korrosionen in der
Hochofenlage auf, so daß die hier vorgeschlagene Behandlung auch aus Kostengründen
und hinsichtlich der Belastung der Umwelt günstiger ist.
1. Verfahren zur kostengünstigen Bereitstellung eines für den Einsatz in einem Hochofen
geeigneten Sinters durch Behandeln des Sinters, dadurch gekennzeichnet,
daß ein auf einem Sinterband erzeugtes Sintergut in an sich bekannter Weise durch
Vorbrechen und Sieben in für den Hochofeneinsatz zu feinköringes Gut ("Rückgut"),
unmittelbar einsatzfähiges Material ("Einsatzkörnung I") und ein zu grobes Gut ("Überkorn")
unterteilt wird, daß das Überkorn durch Nachbreichen in einsatzfähige Körnung umgewandelt
wird ("Einsatzkörnung II") un zumindest die Einsatzkörnung II mit schwefelhaltigen
Reagenzien behandelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der bereits in einer einsatzfähigen Korngröße vorliegende Sinter vor dem Einsatz
in den Hochofen in Kornklassen getrennt wird und nur die gröbere Kornfraktion behandelt
wird.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß auf dem Sinterband ein Sinter erzeugt wird, der in der Kornzerfallsprüfung (Prüfung
einer Normkörnung auf sogenannten Niedrigtemperaturzerfall) einen für den Hochofen
normalerweise zu hohen Zerfall aufweist, und daß Art und Menge der schwefelhaltigen
Reagenzien nach dem festgestellten Maß des Zerfallverhaltens bemessen wird, so daß
der Sinter trotz der festgestellten Qualitätsminderung den Bedürfnissen des Hochofens
gerecht wird.
4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zur behandlung vorgesehenen schwefelhaltigen Reagenzien eine Zersetzungstemperatur
zwischen 200 und 600 °C aufweisen.
5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zur Behandlung vorgesehenen Reagenzien in Form von schwefelhaltigen Lösungen
eingesetzt werden.
6. Verfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß die schwefelhaltigen Lösungen auf den Sinter aufgesprüht werden.
7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Behandlung mit einer FeSO₄-Lösung durchgeführt wird.
8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß die Behandlung mit einer (NH₄)₂SO₄-Lösung durchgeführt wird.
9. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß die zur Behandlung vorgesehenen schwefelhaltigen Reagenziewn feste Form aufweisen.
10. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß für jeden Prozentpunkt RDI-Verschlechterung (2) eine derartige Menge des Behandlungsmittels
zugesetzt wird, daß auf dem Sinter ein Rückstand entsprechend einem Schwefelgehalt
von mindestens 50 g/t behandelten Sinter verbleibt.