(19)
(11) EP 0 302 000 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
01.02.1989  Patentblatt  1989/05

(21) Anmeldenummer: 88730124.0

(22) Anmeldetag:  25.05.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C22B 1/16, C21B 5/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE ES FR GB IT

(30) Priorität: 30.07.1987 DE 3725874
01.10.1987 DE 3733480

(71) Anmelder: MANNESMANN Aktiengesellschaft
D-40027 Düsseldorf (DE)

(72) Erfinder:
  • Grebe, Klaus, Dr.
    D-4300 Essen 18 (DE)
  • de Haas, Hans, Dr.
    D-4005 Meerbusch 1 (DE)
  • Stricker, Kurt Peter
    D-4000 Düsseldorf 31 (DE)
  • Altland, Rainer
    D-4005 Meerbusch 3 (DE)

(74) Vertreter: Meissner, Peter E., Dipl.-Ing. et al
Meissner & Meissner, Patentanwaltsbüro, Postfach 33 01 30
D-14171 Berlin
D-14171 Berlin (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Verringerung des Kornzerfalls


    (57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur kostengünstigen Bereitstellung eines für den Einsatz in einem Hoch­ofen geeigneten Sinters durch Behandeln des Sinters. Um ein herkömmliches Behandlungsverfahren so zu verbessern, daß Korrosion vermindert wird und eine umweltfreund­lichere Behandlung des Sinters erfolgt, daß ggf. nur eine Teilmenge der Sinterproduktion behandelt wird, ein Sinter mit erhöhtem Zerfallswert eingesetzt werden kann unt trotzdem keine Beeinträchtigung des Hochofenganges eintritt wird vorgeschlagen, daß ein auf einem Sinter­band erzeugtes Sintergut in an sich bekannter Weise durch Vorbrechen und Seiben in für den Hochofeneinzatz zu feinkörniges Gut ("Rückgut"), unmittelbar einsatz­fähiges Material ("Einsatzkörnung I") und eine zu grobes Gut ("Überkorn") unterteilt wird, daß das Überkorn durch Nachbrechen in einsatzfähige Körnung umgewandelt wird ("Einsatzkörnung II") und zumindest die Einsatzkörnung II mit schwefelhaltigen Reagenzien behandelt wird.


    Beschreibung


    [0001] Die heute weitgehend üblichen mittelbasischen Sinter haben bei Laboruntersuchungen unter reduzierender Gasatmosphäre im Tempera­turbereich zwischen 400 und 600°C eine ausgeprägte Neigung, zu Feinkorn zu zerfallen. Ein solcher "Kornzerfall" des Sinters kann die Durchgasung im Hochofen beeinträchtigen. Als Folge kann es zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs, einer Verminderung der Er­zeugungsleistung und einer Beeinträchtigung der Roheisenqualität kommen. Darüber hinaus tritt durch Kornzerfall im Hochofen ein erhöhter Austrag an Gichtstaub auf.

    [0002] Man war daher bemüht, diese Zerfallsneigung labormäßig reprodu­zierbar zu erfassen und kennzeichnende Daten für diese Sinter­eigenschaft zu erhalten. Die quantitative Zerfallsneigung wird in Tests mit mehr oder weniger vereinheitlichten Prüfbedingungen bestimmt. Zwei sich in der Durchführung unterscheidende Test­varianten sind in den ISO-Dokumenten Nr. ISO DP 4697; ISO/DIS 4696; Stahleisen-Prüfblatt Nr. 1771/82 beschrieben. In ihnen wird Sinter der Körnung 10 bis 12,5 mm entweder in einer ruhenden Schüttung bei 500°C reduziert, zur Quantifizierung der Zerfallstendenz nachträglich in einer Trommel mechanisch bean­sprucht und auf den Anteil des dabei gebildeten Feinkorns unter­sucht oder in einem Drehrohrofen während der Reduktion mechanisch beansprucht und anschließend ebenfalls auf seine Kornzusammen­setzung geprüft. Ein sehr verbreiteter Test ist auch die japanische RDI-Prüfung. Hierbei wird Sinter der Körnung 16 bis 20 mm, der dem bereits gebrochenen und klassierten sinter ent­nommen ist, in einer Gasatmosphäre aus CO und N₂ bei 550°C redu­ziert und das reduzierte Gut dann einer Trommelbehandlung unter­worfen. Der anschließend durch Siebung abgetrennte Feinanteil < 3 mm in Gew.-% dient als Maß für die Zerfallstendenz im Hoch­ofen. Dieser RDI-Test ähnelt im Grundsatz dem im ISO-Dokument Nr. ISO-DIS 4696 beschriebenen Prüfverfahren, unterscheidet sich je­doch in Einzelheiten und vor allem in der zur Prüfung ausgewählten Kornklasse.

    [0003] In der Regel ist man bestrebt, durch sintertechnische Maßnahmen einen Bestimmten Prozentsatz Feinanteil (beim RDI-Wert z.B. ca. 35 % < 3 mm) nicht zu überschreiten.

    [0004] Andererseits wurde vorgeschlagen, den Kornzerfall des Sinters dadurch zu vermindern (siehe DE-PS 3242086), daß man Eisenerze vor der Vorhüttung bzw. Sinter nach der Herstellung und vor der Ver­hüttung pauschal mit flüssigen Substanzen behandelt, die Halogene oder halogenhaltige Verbindungen aufweisen. Der Vorteil bei einer derartigen Behandlung ist die leichte Anwendung und die Nichtbe­einträchtigung der übrigen Qualitätsmerkmale, wie z.B. der Redu­zierbarkeit. Nachteilig bei diesem Verfahren ist jedoch, daß durch den Zusatz von Halogenen oder halogenhaltigen Verbindungen Chlor frei wird und dies u.a. zur Korrosion im oberen Hochofenbereich, im Bereich des Gichtverschlusses sowie im Abgassystem führt. Auf­wendig ist auch, daß nach diesem Vorschlag die ganze Sinter­produktion zu behandeln ist.

    [0005] Ausgedehnte eigene Betriebsversuche mit Sintertypen unterschied­lichsten Zerfallsverhaltens führten nun zu Ergebnissen, die einen klaren Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der labormäßigen Zerfallsprüfungen und den Hochofenbetriebsergebnissen in Frage stellten. An über 1000 einem Hochofen entnommenen Sinterproben der Körnung 10 bis 12,5 mm konnte weder eine Übereinstimmung in der Rangfolge zwischen Labortests und Hochofen noch eine Überein­stimmung im quantitativen Ausmaß der Zerstörung festgestellt werden.

    [0006] Der labormäßig bestimmte Zerfallswert scheint daher keine Steuer­größe zu sein, die grundsätzlich und direkt proportional dem Aus­maß der Sinterzerstörung im Hochofen ist.

    [0007] Weiterführende Untersuchungen haben gezeigt, daß das quantitative Ausmaß der Freinkornbildung infolge Zerfalls über das Kornspektrum des Sinters außerordentlich verschiedden ist. Wider Erwarten zerfallen die Sinterkörner um so stärkr, je gröber das jeweilige Korn ist. So schwankte z.B. bei einem Betriebsinter der Zerfall < 3 mm von 24 % fur die Körnung 5 bis 6 mm (oberste Schicht auf dem Sinterband) bis zu 54 % für die Körnung 40 bis 50 mm (unterste Schicht). Die routinemäßig durchgeführten Zerfallstests, die an der Körnung 10 bis 12,5 mm bzw. 16 bis 20 mm durchgeführt werden, er­fassen daher nicht die gesamte Schwankungsbreite des Zerfalls. Sie liefern in bezug auf die gröbsten Sinterfraktionen zu günstige und in bezug auf die feineren Fraktionen zu ungünstige Werte. In den feineren Kornfraktionen könnte ein höherer Zerfall zugelassen werden, sofern dies nur nicht zu einem noch höheren Zerfall der gröbsten Körner führen würde.

    [0008] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das eingangs genannte Behand­lungsverfahren so zu verbessern, daß Korrosion vermindert wird und eine umweltfreundlichere Behandlung des Sinters erfolgt, daß ggf. nur eine Teilmenge der Sinterproduktion behandelt wird, ein Sinter mit erhöhtem Zerfallswert eingesetzt werden kann und trotzdem keine Beeinträchtigung des Hochofenganges eintritt.

    [0009] Gelöst wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch, das der auf einem Sinterband erzeugte Sinter in an sich bekannter Weise vorgebrochen, in die Fraktionen "Rückgut", "Einsatzkörnung I" und "Überkorn" getrennt wird, das Überkorn durch Nachbrechen in die "Einsatzkörnung II" umgewandelt wird und zumindest dieser nachgebrochene Sinter vor dem Einsatz in den Hochofen mit einer schwefelhaltigen Substanz behandelt wird. Je nach Qualitätssituation ist auch ein Teil der Einsatzkörnung I und II bestehenden Sinter am Hochofen zu klassieren und nur die grobe Körnung zu behandeln. Weiterhin wird erfindungsgemäß vorgeschlagen, das Sinterband derart zu betreiben, daß ein Sinter anfällt, der bei einer anhand der Normkörnung durchgeführten Kornzerfallsprüfung schlechtere Werte aufweist, als es für einen störungs­freien Ofenbetrieb erforderlich ist und daß nur der Grobanteil (z.B. über 40 mm Körngröße) nach erfolgtem Nachbrechen auf die geeignete Einsatzkörnung behandelt wird. Als Behandlungsmittel wird bevorzugt eine wäßrige Lösung oder Dispersion benutzt, deren schwefelhaltige Substanz eine Zerset­zungstemperatur zwischen 200 und 600°C aufweist. Geeignete und preiswerte Lösungen zum Besprühen des Sinters sind z.B. eine FeSO₄-Lösung oder eine Lösung, die (NH₄)₂SO₄ beinhaltet. Diese Behandlung bewirkt eine Unterdrückung der Hämatit/Magnetit-Umwand­lung im Niedrigtemperaturbereich, die für die Zerstörung des Sinterkorns verantwortlich ist. Bei dem erfindungsgemäßen Ver­fahren wird im einzelnen wie folgt vorgegangen.

    1. Bestimmung des für den Hochofen gerade noch akzeptablen Zer­falls-Grenzwertes; d.h. im Falle der Verwendung des RDI-Tests Ermittlung des Prozentanteils < 3 mm an der Sinterkörnung 16 bis 20 mm.
    Die Bewertung des Auftretens von Zerfall im Hochofen erfolgt anhand der jeweiligen betriebsüblichen Methoden. Dies können sein:
    -Informationen über Höhe und zeitliche Entwicklung der Drücke im Wandbereich des Hochofenschachtes
    - dto. in bezug auf die Gichtgasanalyse
    - dto. in bezug auf Schwankungen der Roheisenzusammensetzung.
    Eine Typische zerfallsbedignte Störung drückt sich z.B. aus in einem Anstieg des Randdruckes unterhalb des gestörten Möller­bereiches, verbunden mit einer Abnahme der Gasausnutzung


    Als Folge davon zeigen sich später Abkühlvorgänge im Ofenge­stell mit Rückwirkungen auf die Roheisenzusammensetzung.

    2. Ermittlung der Kornverteilung des Sinters mit dem nach 1. ein­gestellten Zerfallsverhalten, und zwar vor dem Nachbreichen des Überkorns. Abtrennung der obersten (gröbsten) 10 Gew.-% des Kornspektrums, Zerkleinerung auf die Standard-Prüfkörnung (beim RDI-Test: 16 bis 20 mm) und Bestimmung des für diese abge­trennte Kornklasse gültigen Zerfallswertes. Der so ermittelte Wert markiert für den neu herzustellenden Sinter die Ober­grenze, die je nach Betriebsweise des Hochofens laut Norm­prüfung zulässig wäre.

    3. Einstellen der Sinteranlage auf den nach 2. festgelegten niederigeren Qualitätsstandard unter Ausnutzung der damit ver­bundenen Vorteile (Brennstoffeinsparung, Verwendung von Erzen mit höheren Al₂O₃-Gehalten in der Sintermischung, Einsatz von den Zerfall verstärkenden Kreislaufstoffen etc.): D.h. Herstel­lung eines Sinters, der in der im Zerfallstest eingesetzten natürlichen, noch nicht mit nachgebrochenem Grobkorn versetzten Körnung den nach zwei definierten neuen (höheren) Zerfallswert aufweist. Der solchermaßen hergestellte Sinter hat jetzt in seinen Kornfraktionen > 20 mm (vor dem Nachbrechen) zu hohe Zerfallswerte, die im Hochofen zu störungen führen können. Daher wird ein Teil des Grobkorns durch Sieben abgetrennt und durch eine Sonderbehandlung in der Zerfallstendenz abgesenkt. Hierzu wird der Zerfalls-Wert dieser Grobkornfraktion ermittelt (an einer anteilig aus den einzelnen Fraktionen zusammenge­setzten probe oder in Einzelbestimmungen an den verschiedenen Kornklassen) und in Abhängigkeit von den so bestimmten mitt­leren Zerfallswert mit z.B. wäßrigen Lösungen von schwefelhal­tigen Substanzen besprüht. Das Besprühen erfolgt vorzugsweise erst nach dem Zerkleinern der Grobkornfraktion im Nachbrecher. Die Sprühbehandlung wird so durchgeführt, daß z.B. für jeden Prozentpunkt RDI-Verminderung in dem behandelten Anteil ein Rückstand entsprechend einem Schwefelgehalt von mindestens 50 g/t Sinter verbleibt.



    [0010] Die Auswahl der schwefelhaltigen Salze sollte vorzugsweise so erfolgen, daß ihre Zersetzungstemperatur nicht unter 200°C und auch nicht über 600°C liegt. So hat z.B. FeSO₄ einen Zerset­zungspunkt von 480°C.

    [0011] Abgesehen von der durch die Erfindung möglichen Verwendung eines weniger zerfallsfesten Sinters im Hochofen mit den schon geschilderten Vorteilen ist der erfindungsgemäß behandelte Sinter in seinem Zerfallsverhalten über das Kornband homogener als unbehandelter Sinter oder als nach DE-PS 3242086 behandel­ter Sinter. Dies wirkt sich günstig auf die Hochofenbetriebs­weise aus. Da die Schwefelverbindungen, die zum Besprühren be­nutzt werden, fast vollständig in die Schlacke übergehen, treten keine Korrosionen in der Hochofenlage auf, so daß die hier vorgeschlagene Behandlung auch aus Kostengründen und hin­sichtlich der Belastung der Umwelt günstiger ist.


    Ansprüche

    1. Verfahren zur kostengünstigen Bereitstellung eines für den Einsatz in einem Hochofen geeigneten Sinters durch Behandeln des Sinters, dadurch gekennzeichnet,
    daß ein auf einem Sinterband erzeugtes Sintergut in an sich bekannter Weise durch Vorbrechen und Sieben in für den Hochofeneinsatz zu feinköringes Gut ("Rückgut"), unmittelbar einsatzfähiges Material ("Einsatzkörnung I") und ein zu grobes Gut ("Überkorn") unterteilt wird, daß das Überkorn durch Nachbreichen in einsatzfähige Körnung umgewandelt wird ("Einsatzkörnung II") un zumindest die Einsatzkörnung II mit schwefelhaltigen Reagenzien behandelt wird.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der bereits in einer einsatzfähigen Korngröße vorliegende Sinter vor dem Einsatz in den Hochofen in Kornklassen getrennt wird und nur die gröbere Kornfraktion behandelt wird.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß auf dem Sinterband ein Sinter erzeugt wird, der in der Kornzerfallsprüfung (Prüfung einer Normkörnung auf sogenannten Niedrigtemperaturzerfall) einen für den Hochofen normalerweise zu hohen Zerfall aufweist, und daß Art und Menge der schwefelhaltigen Reagenzien nach dem festgestellten Maß des Zerfallverhaltens bemessen wird, so daß der Sinter trotz der festgestellten Qualitätsminderung den Bedürfnissen des Hochofens gerecht wird.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die zur behandlung vorgesehenen schwefelhaltigen Reagenzien eine Zersetzungstemperatur zwischen 200 und 600 °C aufweisen.
     
    5. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die zur Behandlung vorgesehenen Reagenzien in Form von schwefelhaltigen Lösungen eingesetzt werden.
     
    6. Verfahren nach Anspruch 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die schwefelhaltigen Lösungen auf den Sinter aufgesprüht werden.
     
    7. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 6,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Behandlung mit einer FeSO₄-Lösung durchgeführt wird.
     
    8. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die Behandlung mit einer (NH₄)₂SO₄-Lösung durchgeführt wird.
     
    9. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß die zur Behandlung vorgesehenen schwefelhaltigen Reagenziewn feste Form aufweisen.
     
    10. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 9,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß für jeden Prozentpunkt RDI-Verschlechterung (2) eine derartige Menge des Behandlungsmittels zugesetzt wird, daß auf dem Sinter ein Rückstand entsprechend einem Schwefelgehalt von mindestens 50 g/t behandelten Sinter verbleibt.