(19)
(11) EP 0 303 775 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.02.1989  Patentblatt  1989/08

(21) Anmeldenummer: 88108029.5

(22) Anmeldetag:  19.05.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4E21D 9/06
(84) Benannte Vertragsstaaten:
BE FR GB IT NL

(30) Priorität: 13.08.1987 DE 3726900

(71) Anmelder: HOCHTIEF AKTIENGESELLSCHAFT VORM. GEBR. HELFMANN
D-45128 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Babendererde, Siegmund, Dr., Dipl.-Ing.
    D-2400 Lübeck-Travemünde (DE)

(74) Vertreter: Masch, Karl Gerhard, Dr. et al
Patentanwälte, Andrejewski, Honke & Partner, Postfach 10 02 54
D-45002 Essen
D-45002 Essen (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zum Schildvortrieb eines Tunnels


    (57) Verfahren zum Schildvortrieb eines Tunnels mit Hilfe einer Schildvor­triebsmaschine, die eine unter atmosphärischem Druck stehende Arbeits­kammer aufweist, wobei die Ortsbrust mit Hilfe eines Druckmittels ge­stützt wird, welches über den Steuerspalt des Schildes mit dem Spalt­raum zwischen Schildschwanz bzw. Boden oder Gebirge und Tunnelaus­bau in Verbindung steht.
    Der Spaltraum (3) ist zur Arbeitskammer hin zwischen Schildschwanz (1) und Tunnelausbau (2) durch einen Spaltdichtungsring abgeschlossen. Durch Rohr­stutzen (5) im Spaltdichtungsring wird Verpreßbeton in den Spaltraum (3) ein­gepreßt. Zum Zwecke des Verschließens einer sich eventuell ausbilden­den Undichtigkeitsfuge zwischen dem Spaltdichtungsring und dem Schild­schwanz (1) und/oder dem Tunnelausbau (2) wird mit einem Verpreßbeton gear­beitet, der feine Zusatzstoffe (12) und grobkörnige Zuschlagstoffe (11) so auf­weist, daß die groben Körner vor einer eventuellen Undichtigkeitsfuge ein Kornfilter bilden, dessen Poren durch die feinen Zusatzstoffe ver­schlossen werden.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung bezieht sich gattungsgemäß auf ein Verfahren zum Schild­vortrieb eines Tunnels mit Hilfe einer Schildvortriebsmaschine, die eine unter atmosphärischem Druck stehende Arbeitskammer aufweist, wobei die Ortsbrust mit Hilfe eines Druckmittels gestützt wird, welches über den Steuerspalt des Schildes mit dem Spaltraum zwischen Schildschwanz bzw. Boden oder Gebirge und Tunnelausbau in Verbindung steht, wobei der Spaltraum zur Arbeitskammer hin zwischen Schildschwanz und Tun­nelausbau durch einen Spaltdichtungsring abgeschlossen wird und durch Rohrstutzen im Spaltdichtungsring Verpreßbeton in den Spaltraum einge­preßt wird. So arbeitet man insbesondere in Lockerböden. Das Druckmit­tel ist ein fluides Medium. Es kann beispielsweise mit Wasser, einer thixotropen Flüssigkeit oder mit einem Gas, insbesondere mit Luft, ge­arbeitet werden. Der Verpreßbeton kann einen beliebigen Binder, insbe­sondere einen hydraulischen Binder oder auch einen Kunstharzbinder, aufweisen. Der Spaltdichtungsring kann auf verschiedene Weise aufge­baut sein.

    [0002] Arbeitet man nach dem gattungsgemäßen Verfahren, so können Undich­tigkeitsfugen zwischen dem Spaltdichtungsring und dem Schildschwanz und/oder dem Tunnelausbau nicht immer ausgeschlossen werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Tunnelausbau als Tübbingausbau mit zusammengesetzten Tübbingsegmenten ausgeführt ist und nicht ausge­schlossen werden kann, daß die einzelnen Tübbingsegmente gegeneinan­der in radialer Richtung ein wenig gegeneinander versetzt sind. Im einzelnen ist zu diesem Problemkreis folgendes festzuhalten:

    [0003] Bei Tunnelvortrieben, insbesondere in Lockerböden, wird die Ortsbrust entweder mechanisch durch eine Schürfscheibe oder durch ein Druckmit­ tel gestützt. Die mechanische Stützung ist unvollkommen und verursacht Verformungen der Ortsbrust, was Senkungen der Geländeoberfläche aus­löst. Eine Stützung der Ortsbrust durch eine Flüssigkeit ist sehr wir­kungsvoll und führt zu setzungsarmen Vortrieben. Nachteilig ist, daß das Ausbruchsmaterial mit der Flüssigkeit vermengt abtransportiert wer­den muß. Es wird übertage von der Flüssigkeit getrennt, was insbeson­dere bei feinkörnigen Böden aufwendig ist. Eine Druckluftstützung ist demgegenüber vorteilhafter, weil der abgebaute Boden trocken abtrans­portiert werden kann. In der Praxis wurde bisher die gesamte Tunnel­röhre unter Druckluft gesetzt, um den Boden an der Ortsbrust zu stüt­zen. Versuche, lediglich eine Arbeitskammer im vorderen Teil des Schil­des unter Druckluft zu setzen, um dadurch den Vortriebsmannschaften die Arbeit unter atmosphärischem Druck zu ermöglichen, sind zwar be­kannt geworden, scheiterten jedoch. Druckmittelverluste und insbesonde­re Druckluftverluste treten auf, wenn das Druckmittel an der Außen­seite des Schildes im Steuerspalt nach hinten fließt und durch eine un­vollkommene Dichtung des Spaltdichtungsringes in die Arbeitskammer dringt. Dieser Spaltraum, der eine Spaltdicke von etwa 10 cm aufweist, wird gleichzeitig mit dem Vorschub des Schildes in der beschriebenen Weise mit dem Verpreßbeton verpreßt, um zu verhindern, daß der umge­bende Boden, der auch im Grundwasser liegen kann, in den Spaltraum eintritt. Es gelingt jedoch nicht, sicherzustellen, daß der Verpreßdruck für den Verpreßbeton immer zuverlässig größer ist als derjenige Druck, der aus der Belastung entsteht. Dadurch bedingt fällt Boden in den Spalt, wodurch es unmöglich wird, den Schildschwanzspalt vollkommen zu verfüllen. Ähnlich liegen die Verhältnisse auch in gebrächem Gestein.

    [0004] Durch einen nur unvollkommen verfüllten Spaltraum kann das Druckmit­tel, insbesondere ein gasförmiges Druckmittel, strömen, welches durch den den Schild umgebenden Steuerspalt bis hinter den Schildschwanz geflossen ist. Wenn der Spaltdichtungsring nicht abdichtet, entweicht das Druckmittel in die Arbeitskammer. Einer unvollkommenen Verfüllung des Spaltraumes kann entgegengewirkt werden mit einem beweglichen, elastisch gestützten Spaltdichtungsring (vgl. DE 36 42 893.0-24). Doch selbst auf diese Weise kann eine zuverlässige Verfüllung des Spaltrau­mes dann nicht erreicht werden, wenn z. B. beim Tübbingausbau aus irgendwelchen Gründen ein Versatz zwischen benachbarten Segmenten ent­steht, über den die Dichtung des Spaltdichtungsringes hinweggleitet. Es verbleibt zuweilen eine Undichtigkeitsfuge von bis 15 mm. Durch die­se Undichtigkeitsfuge fließt der flüssige Verpreßbeton ins Schildinnere ab, ohne daß der vorgesehene Druck im Verpreßbeton zur Stützung des umgebenden Bodens gehalten werden kann. Diese Abfließgefahr ist um so größer, je höher die Verpreßdrücke sind, die man bei tiefliegenden Tunneln benötigt.

    [0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, das gattungsgemäße Verfah­ren so zu führen, daß eine eventuell sich ausbildende Undichtigkeits­fuge zwischen dem Spaltdichtungsring und dem Schildschwanz und/oder dem Tunnelausbau sich von selbst verschließt, so daß die beschriebe­nen Nachteile vermieden werden.

    [0006] Zur Lösung dieser Aufgabe lehrt die Erfindung, daß zum Zwecke des Verschließens einer sich eventuell ausbildenden Undichtigkeitsfuge zwi­schen dem Spaltdichtungsring und dem Schildschwanz und/oder dem Tunnelausbau mit einem Verpreßbeton gearbeitet wird, der feine Zusatz­stoffe und grobkörnige Zuschlagstoffe so aufweist, daß die groben Kör­ner vor einer eventuellen Undichtigkeitsfuge ein Kornfilter bilden, des­ sen Poren durch die feinen Zusatzstoffe verschlossen werden. Es ver­steht sich, daß der Verpreßbeton im übrigen nach der herrschenden Leh­re aufgebaut ist und übliche andere Zusatzstoffe, wie Fließmittel, Ver­zögerer und Stabilisatoren, aufweist. Das Kornfilter bildet sich vor ei­ner Undichtigkeitsfuge aus hydrodynamischen Gründen und erfährt dabei und danach gleichsam eine Verstopfung.

    [0007] Nach bevorzugter Ausführungsform der Erfindung wird mit einem Ver­preßbeton gearbeitet, bei dem das Größtkorn der grobkörnigen Zuschlag­stoffe nicht kleiner als 4 mm ist. Tatsächlich hat sich herausgestellt, daß bei einem solchen Größtkorn die beschriebene Kornfilterwirkung im­mer erreicht wird. Das gilt insbesondere dann, wenn mit einem Ver­preßbeton gearbeitet wird, bei dem die feinen Zusatzstoffe aus Sand und/oder aus Fasern bestehen. Von besonderer Bedeutung sind die be­schriebenen Maßnahmen, wenn mit einem Spaltdichtungsring gearbeitet wird, der in der beschriebenen Weise elastisch abgestützt ist und des­sen elastische Abstützung gegen den Verpreßbeton im Spaltraum drückt. Der Kombination der beschriebenen Verfahrensmaßnahmen mit der Anwen­dung eines so angeordneten und ausgebildeten Spaltdichtungsringes kommt daher besondere Bedeutung zu. Die durch die Ausbildung des Kornfilters erreichte Abdichtung ist überraschenderweise selbst dann wirksam, wenn der Verpreßbeton unter einem Druck von bis zu 10 bar in den Spaltraum eingedrückt wird.

    [0008] Im folgenden werden die beschriebenen und weiteren Merkmale der Er­findung anhand einer lediglich ein Ausführungsbeispiel darstellenden Zeichnung ausführlicher erläutert. Es zeigen

    Fig. 1 einen Schnitt durch einen Spaltdichtungsring beim Tunnelvor­trieb nach dem erfindungsgemäßen Verfahren und

    Fig. 2 einen Fig. 1 entsprechenden Schnitt durch den Spaltdichtungs­ring in einer anderen Winkelstellung.



    [0009] Der in den Figuren dargestellte Spaltdichtungsring ist zwischen dem Hinterende eines Schildschwanzes 1 sowie dem Vorderende eines Tübbing­ausbaus 2 angeordnet und dient zum Abdichten des Spaltraumes 3 im Zuge von dessen Verpressung mit Verpreßbeton. Der Spaltdichtungsring ist relativ zum Schildschwanz 1 und Tübbingausbau 2 frei beweglich über einstellbare Stützaggregate in Form von Zylinderkolbenanordnungen in Vortriebsrichtung federnd, beispielsweise am Schild, abgestützt. In den Figuren sind diese Stützaggregate im einzelnen nicht dargestellt; erkennbar ist in Fig. 1 nur eines von mehreren Befestigungsaugen 4, an denen die Stützaggregate befestigt sind. Gleichmäßig über den Um­fang verteilt sind an der vorderen Stirnseite des Spaltdichtungsringes mehrere Verpreßmaterialzuführungsrohrstutzen 5 vorgesehen (vgl. Fig. 2). Außerdem weist der Spaltdichtungsring eine elastische Außendichtung 6 und eine elastische Innendichtung 7 auf. Die elastische Außendichtung 6 besteht aus einem Gummi- oder Kunststoffring, der an die Innenseite des Schildschwanzes 1 anlegbar ist; hierzu sind entsprechend radiale Einstellschrauben 8 vorgesehen. Die gegen die Außenseite des Tübbing­ausbaus 2 preßbare Innendichtung 7 besteht aus einer nachlaufenden Federblechabdichtung, die durch Radialschrauben 9 am Spaltdichtungs­ring befestigt ist.

    [0010] In den Fig. 1 und 2 wurde angedeutet, daß sich durch Versatz von Segmenten im Tunnelausbau 2 in dem Bereich, in dem der Schnitt ge­ führt wurde, eine Undichtigkeitsfuge 10 gebildet hat. Die Fig. 1 zeigt, daß sich vor der Undichtigkeitsfuge 10 ein Kornfilter 11 aus den grob­körnigen Zuschlagstoffen des Verpreßbetons aufgebaut hat, und daß die Poren des Kornfilters durch die feinen Zusatzstoffe 12 verschlossen wur­den. Einige davon haben das Kornfilter passiert und auch die Undich­tigkeitsfuge 10 geschlossen. Der Anteil an feinen Zusatzstoffen, insbe­sondere der des Mehlkorngehaltes, kann gegenüber einem üblichen Ver­preßbeton erhöht sein. Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, daß dem Verpreßbeton amorphe Kieselsäure in Form von Fällungskieselsäure oder durch Hochtemperaturhydrolyse hergestellter Kieselsäure beigegeben wird. Im allgemeinen reichen 2 bis 4 Gew.-% an amorpher Kieselsäure, bezogen auf das Zementgewicht. Auch durch eine Abstimmung der übrigen Zusatzstoffe, wie Fließmittel, Verzögerer und Stabilisatoren, kann die Abdichtung verbessert werden. Im Rahmen der Erfindung liegt auch eine Beigabe an Bentonit, bei­spielsweise in einer Menge von 2 bis 6 Gew.-%, vorzugsweise 4 Gew.-%, bezogen auf das Zementgewicht.


    Ansprüche

    1. Verfahren zum Schildvortrieb eines Tunnels mit Hilfe einer Schildvortriebsmaschine, die eine unter atmosphärischem Druck ste­hende Arbeitskammer aufweist, wobei die Ortsbrust mit Hilfe eines Druckmittels gestützt wird, welches über den Steuerspalt des Schildes mit dem Spaltraum zwischen Schildschwanz bzw. Boden oder Gebirge und Tunnel­ausbau in Verbindung steht, wobei der Spaltraum zur Arbeitskammer hin zwischen Schildschwanz und Tunnelausbau durch einen Spaltdichtungsring abgeschlossen wird und durch Rohrstutzen im Spaltdichtungsring Verpreßbeton in den Spaltraum eingepreßt wird, dadurch gekenn­zeichnet, daß zum Zwecke des Verschließens einer sich eventuell ausbildenden Undichtigkeitsfuge zwischen dem Spaltdich­tungsring und dem Schildschwanz und/oder dem Tunnelausbau mit einem Verpreßbeton gearbeitet wird, der feine Zusatzstoffe und grobkörnige Zuschlagstoffe so aufweist, daß die groben Körner vor einer eventuellen Undichtigkeitsfuge ein Kornfilter bilden, dessen Poren durch die feinen Zusatzstoffe verschlossen werden.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß mit einem Verpreßbeton gearbeitet wird, bei dem das Größtkorn der grobkörnigen Zuschlagstoffe nicht kleiner als 4 mm ist.
     
    3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekenn­zeichnet, daß mit einem Verpreßbeton gearbeitet wird, bei dem die feinen Zusatzstoffe aus Sand und/oder Fasern bestehen.
     
    4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekenn­zeichnet, daß mit einem gegenüber üblichem Verpreßbeton erhöhtem Anteil an feinen Zusatzstoffen gearbeitet wird.
     
    5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekenn­zeichnet, daß dem Verpreßbeton amorphe Kieselsäure in Form von Fällungskieselsäure oder durch Hochtemperaturhydrolyse hergestellter Kieselsäure beigegeben wird.
     




    Zeichnung










    Recherchenbericht