[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein pyrotechnisches Verzögerungselement
für Verzögerungszünder, wenigstens bestehend aus einem Übertragungszündsatz aus Brennstoff-
und Sauerstoffträger, einem Verzögerungszündsatz aus Brennstoff, Sauerstoffträger,
Bindemittel, Sensibilisator und inertem Additiv sowie einem Zündsatz für die Hauptladung,
wobei die Zündsätze hintereinander in einer Hülse angeordnet sind. Im weiteren sind
bevorzugte Verwendungen des Verzögerungselementes beansprucht.
[0002] Verzögerungszünder und sogenannte Verzögerungssätze sind bekannt (Rudolf Meyer,
"Explosivstoffe", Seite 329, 1979, Verlag Chemie). Aus der US-PS 3,981,222 ist ein
Verfahren zur Herstellung eines Verzögerungszündsatzes bekannt, mit dem Verzögerungszeiten
bis 18 Sekunden pro Zoll der verwendeten Pulvermischung erzielbar sind. Dabei werden
an sich bekannte Koruskative in eine aus glasfaserverstärktem Papier aufgebaute Kapseln,
welche zur Verlängerung des Brennweges im Innern Schikanen aufweist, eingebracht.
Die Baugrösse einer solchen beispielsweisen Kapsel beträgt 1 7/16 Zoll in ihrem Durchmesser
und weist eine Dicke von 0,2 Zoll auf, sie bewirkt eine Verzögerungszeit von 8 Sekunden.
Das Verhältnis Verzögerungszeit zu Baugrösse erlaubt den Einsatz derartiger Kapseln
lediglich für grosskalibrige Waffen und Systeme. Die Verwendung von glasfaserverstärktem
Papier ist aus Sicherheitsgründen in der Pyrotechnik verpönt (Reibzündung; Beschädigung).
Ebenso besteht die Gefahr, dass die Sicherheit beziehungsweise die Reproduzierbarkeit
der Verzögerungszeit durch einen diskontinuierlichen Brand zufolge von Wärmestauungen
im wäremisolierenden Glasfaserpapier und durch die eingebauten Schikanen gestört
wird.
[0003] Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein pyrotechnisches Verzögerungselement
zu schaffen, welches aufgrund seiner Baugrösse auch einen Einsatz in mittelkalibrigen
Waffen (ab 20 mm Durchmesser) erlaubt, eine hohe Sicherheit aufweist und, auch in
einer Serienfertigung hergestellt, genau reproduzierbare Verzögerungszeiten erzielt.
Ausserdem soll die konstruktive Ausbildung derart sein, dass keine teuren und schwierig
herzustellenden Schikanen notwendig sind.
[0004] Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Hülse aus einem metallischen Werkstoff
hoher Wärme- und Chemikalienbeständigkeit besteht und dass der Verzögerungszündsatz
aus einer Mischung aus einem metallischen Brennstoff, einem halogenhaltigen, polymerisierten
Oxydator und einem Metallocen als Sensibilisator besteht.
[0005] Die erfindungsgemässe Lösung erlaubt die Herstellung von Verzögerungselementen in
Abmessungen, welche modernen, auf Silberazidbasis funktionierenden Zündkapseln entsprechen.
Die eigentlichen Hauptladungen bestehen aus Hochleistungssprengstoffen bekannter
Art, wie Nitro-Penta, Tetryl, Hexogen (RDX), Octogen (HMX), Octastit etc.
[0006] Das in Anspruch 2 beschriebene Verzögerungselement findet hauptsächlich in Waffensystemen
Anwendung, bei denen keine elektrische Energie für die Zündvorrichtung vorgesehen
ist.
[0007] Das Verzögerungselement ist mit Vorteil mit der Hülse gemäss Anspruch 3 realisiert,
da diese neben einer ausgezeichneten Wärmeleitfähigkeit auch ein hohes Mass an Chemikalienbeständigkeit
besitzt.
[0008] Besonders bewährt haben sich im Verzögerungszündsatz als Sensibilisatoren die im
Anspruch 4 aufgeführten Metallocene.
[0009] Als Oxydator haben sich aus einer Reihe halogenhaltiger hochmolekularer Stoffe die
handelsüblichen Polytetrafluoräthylene (Teflon, Hostaflon; Handelsmarken) oder Polymonochlortrifluoräthylene,
gemäss Anspruch 5, als vorteilhaft erwiesen.
[0010] Eine gezielte zusätzliche zeitliche Verzögerung des Abbrands des Verzögerungszündsatzes
ist durch die Beimengung inerter Additive, entsprechend Anspruch 6, erreichbar.
[0011] Als sehr günstig hat sich im Verzögerungszündsatz der Sauerstoffträger Bleichromat,
in dem im Anspruch 7 aufgeführten Anteil, erwiesen.
[0012] Die Verwendungen des Erfindungsgegenstands gemäss den Ansprüchen 8 und 9 sind durch
die in den vorherigen Ansprüchen diskutierten Vorteile möglich geworden.
[0013] Die Einleitung physikalischer Vorgänge lässt sich in einfacher Weise durch ein pyrotechnisches
Verzögerungselement realisieren, Anspruch 10. Dies ist insbesondere dann günstig,
wenn mechanische und/oder elektronische Verzögerungselemente aufgrund hoher Beschleunigungskräfte
oder anderer Störgrössen nicht in Frage kommen oder wenn keine entsprechenden Energien
zur Verfügung stehen.
[0014] Nachfolgend werden anhand von Zeichnungen Ausführungsbeispiele des Erfindungsgegenstands
beschrieben.
[0015] Es zeigen:
Fig. 1 ein pyrotechnisches Verzögerungselement, geeignet in Verbindung mit einer elektrisch
initiierten Miniaturzündkapsel und
Fig. 2 ein Verzögerungselement mit einem Anfeuerungszündsatz zur Initiierung mittels
Schlagbolzen.
[0016] Das pyrotechnische Verzögerungselement Fig. 1 besteht aus einer metallischen Hülse
1 aus Leichtmetall, in welche hintereinander ein Übertragungszündsatz 3, ein Verzögerungszündsatz
4 und ein Zündsatz 5 für eine Hauptladung 6 eingebaut sind. Diese Leichtmetallhülse
1 ist in an sich bekannter Weise aus einem kupferlosen Leichtmetall, (Werkstoff DIN
1′725 Nr. 3.0615) gefertigt und weist eine Länge von 17 mm und einen Durchmesser von
5 mm auf. Die Wandstärke der Hülse 1 beträgt 0,75 mm; sie weist anfeuerungsseitig
eine Bohrung 1a auf, in welche eine handelsübliche Zündkapsel ZK eingesetzt wird.
Hauptladungsseitig ist über eine Bohrung 1b eine Abdeckscheibe 7 aus 0,3 mm kupferlosem
Aluminium eingelegt, welche nach Ablauf der Verzögerungszeit durch die entstehende
Druckwelle durchschlagen wird und die nicht dargestellte Ladung (Sprengstoff bzw.
Sprengladung) in bekannter Weise zündet.
[0017] Der Übertragungszündsatz 3 besteht aus einer Mischung aus Silizium, Bleichromat,
Bleimennige und Nitrocellulose. Das als Brennstoff wirkende Silizium mit einer Korngrösse
von 25 um ist mit einem Gewichtsanteil von 30% im Übertragungszündsatz vorhanden.
Bleichromat mit 30 Gew.-%, Bleimennige mit 37 Gew.-%; beide übernehmen die Funktion
eines Sauerstoffträgers. Als Bindemittel mit einem Gew.-Anteil von 3% wirkt Nitrocellulose.
[0018] Die Herstellung dieses pulverförmigen Zündsatzes erfolgt mit Komponenten handelsüblicher
Korngrösse, welche in einer Acetonlösung nass vermischt werden. Mittels Ultraschall
wird dieses Gemisch homogenisiert und anschliessend luftgetrocknet und in bekannter
Weise granuliert. Besonders bewährt hat sich eine Granulatgrösse von 0,5 bis 0,7 mm
bei einer anschliessenden weiteren Trocknung bei 60° C.
[0019] Eingebaut in die Hülse 1 wird der Übertragungszündsatz durch Einfüllen mit anschliessendem
Verpressen.
[0020] Dieser Übertragungszündsatz stellt ein sicheres Anzünden des nachfolgenden Verzögerungszündsatzes
sicher. Er entwickelt trotz hoher Reaktionstemperatur nur in geringem Masse Gas, was
die übrigen Komponenten vor einem vorzeitigen Anzünden bewahrt.
[0021] Ein vorstehend beschriebenes pyrotechnisches Verzögerungselement erzielt reproduzierbare
Verzögungerungszeiten von 20 Sec.; die Streuung innerhalb einer Serie von 100 Verzögerungselementen
beträgt maximal plus/minus 0,9 Sec.
[0022] Die Herstellung des Verzögerungszündsatzes 4 erfolgt in analoger Weise wie die nachfolgend
beschriebene Herstellung des Anfeuerungszündsatzes 2. Das Resultat ist ein sehr langsam
abbrennender Verzögerungszündsatz mit relativ hohen Reaktionstemperaturen von 350
- 650° C und nur sehr geringer Gasausbeute. Das bevorzugte Ausführungsbeispiel weist
als Brennstoff Wolfram, mit 10 Gew.-%, und Bleichromat, als Sauerstoffträger, mit
77 Gew.-% auf. Als Bindemittel dient Nitrocellulose mit einem Anteil von 2 Gew.-%,
und im weiteren sind als Sensibilisator Ferrocen mit 1 Gew.-% und Polytetrafluoräthylen,
in seiner Funktion als Oxydator, mit 10 Gew.-% vorhanden.
[0023] Das Verzögerungselement Fig. 2 weist einen ähnlichen Aufbau auf wie dasjenige in
Fig. 1. Hier ist lediglich ein Anfeuerungszündsatz 2 hinzugefügt, welcher durch eine
Abdeckscheibe 8 abgeschlossen ist. Anstelle einer Stichflamme wird hier eine Stechnadel,
ein Schlagbolzen oder dergleichen zur Einleitung der Zündung in den Anfeuerungssatz
2 hineingeschlagen. Die Abdeckscheibe 8 ist wiederum aus kupferlosem Aluminium gefertigt
und weist eine Dicke von 0,1 mm auf.
[0024] Es ist dementsprechend die Aufgabe des Anfeuerungszündsatzes 2, die Fortpflanzung
der pyrotechnischen Reaktion in der Zündkette bei geringer, zu deren Einleitung notwendiger
Energie sicherzustellen. Als optimal erwiesen hat sich eine Pulvermischung aus Antimontrisulfid
mit einem Anteil von 40 Gew.-% und Bleirhodanid mit 6 Gew.-% Friktionsmittel und Calciumsilizid
mit 8 Gew.-%; es dient als Brennstoff. Im weiteren sind Kaliumchlorat mit einem Anteil
von 40 Gew.-%, als Sauerstoffträger, und Tetrazen mit 6 Gew.-%, als Sensibilisator,
vorhanden. Das Gemisch dieser pulverförmigen Satzkomponenten in ihren handelsüblichen
Korngrössen von etwa 10 - 200 um, je nach Komponente, werden in einem an sich bekannten
Verfahren, mit taumelnder Mischtrommel (sogenanntes TURBULA-Verfahren) miteinander
vermischt und dann das Gemisch dosiert und in den entsprechenden Abmessungen gepresst.
Die Hülse 1′ weist zur Aufnahme des Schlagbolzens bzw. der Stechnadel eine gegenüber
der Fig. 1 kleinere stirnseitige Öffnung auf.
[0025] Bewährt haben sich Anfeuerungszündsätze in den folgenden Mischungsverhältnissen:
Antimontrisulfid: 30 bis 50 Gew.-%
Bleirhodanid: 5 bis 15 Gew.-%
Calciumsilizid: 5 bis 10 Gew.-%
Kaliumchlorat: 30 bis 50 Gew.-%
Tetrazen: 2 bis 7 Gew.-%
[0026] Bei beiden Verzögerungselementen Fig. 1 und Fig. 2 können Übertragungszündsätze mit
folgenden Mischungen zum Einsatz gelangen:
Silizium: 10 bis 40 Gew.-%
Bleichromat: 20 bis 40 Gew.-%
Bleimennige: 20 bis 50 Gew.-%
Nitrocellulose: 1 bis 5 Gew.-%
[0027] Verzögerungszündsätze mit langer Verzögerungsdauer können folgende Mischungsverhältnisse
aufweisen:
Wolfram: 5 bis 30 Gew.-%
Bleichromat: 50 bis 80 Gew.-%
Nitrocellulose: 1 bis 4 Gew.-%
Ferrocen: 1 bis 4 Gew.-%
Polytetrafluoräthylen: 5 bis 20 Gew.-%
[0028] Die Abbrandgeschwindigkeit eines Verzögerungszündsatzes kann im weiteren durch inerte
Additive wie Glasmehl, Mikroballons (evakuierte oder mit Luft oder einem inerten Gas
gefüllte Glaskügelchen), Bariumsulfat, Metallsalicylate wie Kupfersalicylate und/oder
Sandwichmoleküle vorbestimmt werden.
[0029] Beim Abbrand des Verzögerungszündsatzes, ebenso wie im durch einen Schlagbolzen initiierten
Anfeuerungszündsatz, kommt dem als Sensibilisator wirkenden Metallocen - trotz seines
geringen Mischungsanteils - eine grosse die Funktionssicherheit erhöhende Bedeutung
zu. Neben oder anstelle von Ferrocen kön nen erfolgreich folgende Metallocene zum
Einsatz gelangen: Nickelocen, Kobaltocen und Ruthenocen.
[0030] Experimentell lassen sich Verzögerungszeiten von 1 bis zirka 30 Sekunden reproduzierbar
festlegen.
1. Pyrotechnisches Verzögerungselement wenigstens bestehend aus einem Übertragungszündsatz
(3) aus Brennstoff und Sauerstoffträger, einen Verzögerungszündsatz (4) aus Brennstoff,
Sauerstoffträger, Bindemittel, Sensibilisator und inertem Additiv sowie einem Zündsatz
für die Hauptladung (5), wobei die Zündsätze hintereinander in einer Hülse (1) angeordnet
sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Hülse (1) aus einem metallischen Werkstoff
hoher Wärme- und Chemikalienbeständigkeit besteht und dass der Verzögerungszündsatz
(4) aus einer Mischung aus einem metallischen Brennstoff, einem halogenhaltigen,
polymerisierten Oxydator und einem Metallocen als Sensibilisator besteht. (Fig. 1)
2. Pyrotechnisches Verzögerungselement nach Anspruch 1, mit einem durch einen Schlagbolzen
initiierten Anfeuerungszündsatz (2), welcher in der metallischen Hülse (1′) angeordnet
ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Anfeuerungszündsatz (2) aus einer Mischung
aus einem Initialsprengstoff, einem Brennstoff und einem Metallocen als Sensibilisator
besteht. (Fig. 2)
3. Pyrotechnisches Verzögerungselement nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass die metallische Hülse (1, 1′) aus einem kupferlosen Leichtmetall besteht. (Fig.
1; Fig. 2)
4. Pyrotechnisches Verzögerungselement nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet,
dass der Sensibilisator aus Ferrocen und/oder Nickelocen und/oder Kobaltocen und/oder
Ruthenocen besteht.
5. Pyrotechnisches Verzögerungselement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
der Oxydator ein Polytetrafluoräthylen oder ein Polymonochlortrifluoräthylen ist.
6. Pyrotechnisches Verzögerungselement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
dem Verzögerungszündsatz (4) inerte Additive wie Glasmehl, Glaskugeln oder Bariumsulfat
zugesetzt sind.
7. Pyrotechnisches Verzögerungselement nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass
dem Verzögerungszündsatz als Sauerstoffträger Bleichromat mit einem Gewichtsanteil
von 50 bis 80 % zugesetzt ist.
8. Verwendung eines pyrotechnischen Verzögerungselements zur zeitlichen Steuerung
der Selbstzerlegung eines Geschosses und/oder eines Tochtergeschosses.
9. Verwendung eines pyrotechnischen Verzögerungselements zur Einleitung der Zündung
einer Sprengladung eines Geschosses am Ende dessen Flugzeit und nach dessen Eindringen
in ein Ziel.
10. Verwendung eines pyrotechnischen Verzögerungselements zur Einleitung eines physikalischen
Vorgangs mit vorbestimmter Verzögerungszeit.