[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Stuhl, insbesondere einen Büro- oder Arbeitsstuhl,
mit einem Fussgestell, einem Sitz und einer Rückenlehne, einem Verstellmechanismus,
welcher einen Sitzträger und einen Rückenlehnenträger aufweist und bei einer Veränderung
der Neigung der Rückenlehne auch eine Veränderung der Neigung des Sitzes bewirkt,
und einer an der Unterseite des Sitzes befestigten Verschalung für den Verstellmechanismus.
[0002] In den letzten Jahren haben Modeströmungen immer weitere Gebiete erfasst, die bisher
praktisch frei von solchen Strömungen waren. Des weiteren finden immer häufigere
und raschere Wechsel dieser Strömungen statt. Auch das Gebiet der Stühle ist davon
nicht verschont geblieben und stellt die Stuhlhersteller vor erhebliche Probleme.
Einerseits sehen sich die Stuhlhersteller gezwungen, sich den Modeströmungen anzupassen
und Produkte zu fabrizieren, die vom Markt verlangt werden, andererseits müssen sie
auch versuchen, die Herstellungskosten im Griff zu behalten, um nicht preislich aus
dem Markt gedrängt zu werden. Diese Erfordernisse widersprechen sich. Um die Herstellungskosten
möglichst tief zu halten, sind grosse Serien erforderlich, welche die Verwendung von
Spritzformen ermöglichen. Spritzformen sind Aber sehr teuer. Wenn somit ein Stuhlmodell
schneller als erwartet aus der Mode gerät, so erweisen sich die hohen Investitionen
für die Herstellung der Spritzformen als Fehlinvestitionen. Um die Gefahr solcher
Fehlinvestitionen zu vermeiden, finden nun bei der Stuhlfabrikation vielfach Tiefziehwerkzeuge
statt Spritzformen Verwendung. Tiefziehwerkzeuge sind billiger als Spritzformen,
aber die damit hergestellten Teile kommen wesentlich teurer zu stehen als in grossen
Mengen gespritzte Teile.
[0003] Die CH-PS 524 982 zeigt einen sogenannten Synchronstuhl. Dieser weist einen Verstellmechanismus
auf, welcher bei einer Veränderung der Neigung der Rückenlehne auch eine Veränderung
der Neigung des Sitzes und des Abstandes des Sitzes von der Rückenlehne bewirkt. Der
Verstellmechanismus wird von einer Verschalung umschlossen, die zugleich als Stütze
für den Sitz dient. Der Sitz ist vorn an der Schale mittels eines Bolzens angelenkt.
Nachteilig erweist sich dabei, dass bei einer Veränderung der Neigung der Rückenlehne
zwischen Sitz und Verschalung ein Spalt sich öffnet und schliesst. Dabei besteht die
Gefahr eines Einklemmens der Finger. Bei neueren Stühlen ist die Verschalung mit
dem Sitz verbunden. Nachteilig ist dabei, dass bei jeder Aenderung der Stuhlform eine
neue Verschalung notwendig wird. Durch diese Vielzahl von Verschalungen ergeben
sich aber erhebliche Lager- und Ersatzteilprobleme. Es wird erwartet, dass der Stuhlhersteller
auch für Stühle, die nicht mehr hergestellt werden, noch längere Zeit Ersatzteile
für Reparaturen an Lager hält. Diese Lager nehmen daher stark zu. Nun erschweren aber
grosse Lager mit vielen Teilpositionen die rationelle Lagerbewirtschaftung und blockieren
auch viel Raum und Kapital, welche für andere Zwecke eingesetzt werden könnten.
[0004] Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, bei einem Stuhl der eingangs erwähnten
Art, die vorher angeführten Nachteile mindestens teilweise zu vermeiden. Es sollte
eine Stuhlkonstruktion gefunden werden, welche wesentlich änderungsfreundlicher als
bisherige Stuhlkonstruktionen ist. Der Stuhldesigner sollte nicht mehr wie bisher
durch fabrikatorische Zwänge in seiner Freiheit der Formenwahl beschränkt sein.
Ferner sollte die neue Stuhlkonstruktion es ermögLichen, für verschiedene Stuhlarten
und Stuhlfamilien weitgehend die gleichen Teile zu verwenden, damit diese Teile iN
hohen Stückzahlen rationell gefertigt werden können und eine Lagerhaltung mit geringem
Platz- und Kapitalbedarf möglich ist.
[0005] Erfindungsgemäss wird dies bei einem Stuhl der eingangs erwähnten Art dadurch erreicht,
dass die Verschalung den Sitz unten nur teilweise abdeckt. Die Verschalung hat also
einen kleineren Durchmesser als der Sitz, so dass am Sitz praktisch ringsum ein Bereich
unabgedeckt bleibt.
[0006] Dank der beschriebenen Formgebung der Verschalung sind eine Vielzahl von Sitzformen
möglich, ohne dass die Verschalung abgeändert werden müsste. Die verschiedenen Sitzformen
können auch entsprechend den Modeströmungen und/oder den Komforterfordernissen und
anderen Bedürfnissen rasch mit einer Vielzahl von verschiedenen Stuhlgestellen und
verschiedenen Rückenlehnenformen kombiniert werden. Die neue Stuhlkonstruktion besitzt
also eine hohe Flexibilität zur Anpassung an die sich ändernden Wünsche des Marktes.
Der Designer hat deshalb eine grosse Freiheit in der Ausgestaltung des Sitzes und
der Rückenlehne. Die grosse Freiheit des Designers ermöglicht es sogar, Designwünsche
verschiedener Kunden gewissermassen "à la carte" zu berücksichtigen. Dies ist auch
dann der Fall, wenn nur kleine Serien bestellt werden. Es können gegebenenfalls auch
später Nachlieferungen in kleinen Serien erfolgen. Es ist somit für den wirtschaftlich
denkenden Käufer nicht mehr nötig, Stühle von der Stange zu kaufen. Der Besteller
hat es vielmehr in der Hand, ohne erheblichen Mehrpreis sich Stühle zu beschaffen,
die sozusagen seine individuelle Handschrift tragen und das Image des Betriebes widerspiegeln,
in welchem sie zur Anwendung gelangen. Trotz der grossen möglichen Formenvielfalt
können bei allen Stühlen sehr viele gleiche Teile verwendet werden, was eine rationelle
und billige Fertigung und Lagerhaltung ermöglicht.
[0007] Der Sitz kann einen Ueberzug aufweisen, der sich auch auf die Unterseite erstreckt.
Dies erfolgt vorteilhaft ringsum. Dadurch erhält der Sitz ein wärmeres und gefälligeres
Aussehen als dies bei bekannten Stühlen der Fall ist. Vorteilhaft ist dabei der
Sitz gepolstert, wobei sich die Polsterung auch auf die Unterseite des Sitzes erstreckt.
Dadurch wird bewirkt, dass sich der Sitz auf allen Seiten weich anfühlt und keine
Gefahr mehr besteht, dass man mit einem Bein am Sitz hart anstösst.
[0008] Zweckmässigerweise weist die Verschalung seitlich nach aussen laufende Vertiefungen
zur Aufnahme und Befestigung von Armlehnenträgern auf. Dies ermöglicht es, nach Wunsch
den Stuhl mit oder ohne Armlehnen zu versehen. Ein Stuhl ohne Armlehnen kann auch
leicht mit Armlehnen nachgerüstet werden. Ferner können bestehende Armlehnen bei Bedarf
auch leicht entfernt werden.
[0009] Die Erfindung betrifft ferner ein Bausystem zur Herstellung von Stühlen, welches
gekennzeichnet ist durch eine Vielzahl von Sitzen mit verschiedenen Formen und Farben,
wobei jedoch immer der gleiche Verstellmechanismus und die gleiche Verschalung für
den Verstellmechanismus Anwendung finden. Dieses Bausystem ermöglicht eine rasche
Montage einer grossen Vielzahl von Stühlen durch Kombination der verschiedenen Bauteile.
Wenn Armlehnen mit verschieden langen Armlehnenträgern vorgesehen werden, können
auch Stühle mit verschiedenen Armlehnenabständen gebaut werden.
[0010] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nun unter Bezugnahme auf die Zeichnungen
beschrieben. Es zeigt:
Figur 1 einen Arbeitsstuhl gemäss einem Ausführungsbeispiel der Erfindung von hinten
gesehen,
Figur 2 eine Ansicht der Verschalung für den Verstellmechanismus von unten gesehen,
Figur 3 eine Ansicht der Verschalung von Figur 2, wobei zusätzlich noch der Sitz im
Schnitt eingezeichnet ist,
Figur 4 und 5 je eine Ansicht auf den Verstellmechanismus und die Verschalung von
oben, aber mit verschiedenen Sitzformen.
[0011] Figur 1 zeigt einen Arbeitsstuhl von hinten. Er besitzt ein Fussgestell 11, einen
Sitz 13, eine Rückenlehne 15 und Armlehnen 17. Der Stuhl weist ferner einen Verstellmechanismus
19 auf, der in Figur 1 angedeutet aber nicht sichtbar ist. Der Verstellmechanismus
19 sorgt dafür, dass bei einer Veränderung der Neigung der Rückenlehne 15 auch eine
Veränderung der Neigung des Sitzes 13 bewirkt wird. Die dabei stattfindende Neigungswinkelveränderung
des Sitzes 13 ist etwa halb so gross wie jene der Rückenlehne 15. Ein solcher Verstellmechanismus
wird beispielsweise im deutschen Gebrauchsmuster 84 17 429 beschrieben. Wie Figur
4 zeigt, stellen Sitzträger 21 und Rückenlehnenträger 23 Teile des Verstellmechanismus
19 dar. Die Verschalung 25 des Verstellmechanismus 19 ist an der Unterseite des Sitzes
13 befestigt.
[0012] Unter Bezugnahme auf die Figuren 2 bis 4 wird nun die Verschalung 25 näher beschrieben.
Sie hat eine runde Form, könnte aber auch beispielsweise eine vieleckige oder ovale
Form besitzen. Wie die Figuren 4 und 5 zeigen, ist die Verschalung 25 so bemessen,
dass sie den Sitz 13, 13′ nur teilweise abdeckt.Wie insbesondere aus Figur 3 ersichtlich
ist, weist die tellerförmige Verschalung 25 eine Ausstülpung 27 auf, die der Aufnahme
des Verstellmechanismus 19 dient. Die Oeffnung 29 dient der Durchführung der Säule
31 (Fig. 1). Die Oeffnung 33 dient der Aufnahme eines Verstellknopfes, mit welchem
die Federkraft des Verstellmechanismus veränderbar ist. Die Löcher 35 und 36 der
Abdeckung 25 dienen der Befestigung der Abdeckung 25 mittels Schrauben 39. Diese
Schrauben 39 führen dabei durch die Löcher 37, 38 des Sitzträgers 21 (Fig. 4) und
sind fest mit dem Kern 41 des Sitzes 13 verschraubt, so dass Verschalung 25, Sitzträger
21 und Sitz 13 fest miteinander verbunden sind. Der Kern 41 kann zur Aufnahme der
Schrauben 39 Einsatzmuttern (nicht dargestellt) aufweisen.
[0013] Wie Figur 3 zeigt, weist der Sitz 13 einen Kern 41, z.B. aus Holz, eine Polsterung
43, z.B. aus Schaumkunststoff, und einen Ueberzug 45 aus Textilmaterial oder Leder
auf. Der Ueberzug 45 bzw. die Polsterung 43 erstreckt sich auch an den Rändern auf
die Unterseite des Kerns 41.
[0014] An der Verschalung 25 sind seitlich Vertiefungen 47, 49 zur Aufnahme und Befestigung
der z.B. rohrförmigen Armlehnenträger 51 (Fig. 1) vorgesehen. Jede Armlehne 17 besitzt
einen vorderen und einen hinteren Armlehnenträger, wobei jedoch in Figur 1 nur der
hintere Armlehnenträger 51 sichtbar ist. Die Befestigung der Armlehnen erfolgt ebenfalls
mittels Schrauben (nicht eingezeichnet). Diese Schrauben führen durch Löcher 53, 54
in der Verschalung 25 und die Löcher 55, 56 im Sitzträger und sind fest mit dem Kern
41 verschraubt. Der Kern 41 kann zur Aufnahme dieser Schrauben Einsatzmuttern aufweisen.
[0015] Die beschriebene Konstruktion ermöglicht es, dass ein Stuhl ohne Armlehne nachträglich
mit Leichtigkeit auch durch den Käufer mit Armlehnen nachgerüstet werden kann. Es
ist auch möglich, nachträglich einen Stuhl so umzurüsten, dass der Abstand zwischen
den beiden Armlehnen 17 grösser ist. Zu diesem Zweck werden die Standardarmlehnen
durch Armlehnen mit längeren Armlehnenträgern 51 ersetzt.
1. Stuhl, insbesondere Büro- oder Arbeitsstuhl, mit einem Fussgestell (11), einem
Sitz (13, 13′), einer Rückenlehne (15), einem Verstellmechanismus (19), welcher einen
Sitzträger (21) und einen Rückenlehnenträger (23) aufweist und bei einer Veränderung
der Neigung der Rückenlehne (15) auch eine Veränderung der Neigung des Sitzes (13,
13′) bewirkt, und einer an der Unterseite des Sitzes (13, 13′) befestigten Verschalung
(25) für den Verstellmechanismus (19), dadurch gekennzeichnet, dass die Verschalung
(25) den Sitz (13, 13′) unten nur teilweise abdeckt.
2. Stuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitz (13, 13′) einen Ueberzug
(45) aufweist, der sich auch auf die Unterseite des Sitzes (13, 13′) erstreckt.
3. Stuhl nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Sitz (13, 13′) gepolstert
ist und dass sich die Polsterung (43) auch auf die Unterseite des Sitzes (13) hin
erstreckt.
4. Stuhl nach einem der Ansprüche 1 bis 3, mit von Armlehnenträgern (51) getragenen
Armlehnen (17), dadurch gekennzeichnet, dass die Verschalung (25) seitlich nach aussen
laufende Vertiefungen (47, 49) zur Aufnahme und Befestigung der Armlehnenträger (51)
aufweist.
5. Bausystem zur Herstellung von Stühlen, gekennzeichnet durch eine Vielzahl von Sitzen
(13, 13′) mit verschiedenen Formen und Farben, wobei jedoch immer der gleiche Verstellmechanismus
(19) und die gleiche Verschalung (25) für den Verstellmechanismus (19) Anwendung findet.
6. Bausystem nach Anspruch 5, gekennzeichnet durch Armlehnen (17) mit verschieden
langen Armlehnenträgern (51) zum Bau von Stühlen mit verschiedenen Armlehnenabständen.