Einlagiges, polygonal gekrümmtes Stabtragwerk
[0001] Die Erfindung betrifft ein einlagiges, polygonal gekrümmtes Stabtragwerk, bei dem
die Knickpunkte der Tragwerkstäbe unter Auslassen je eines dazwischenliegenden Knickpunktes
miteinander über Zugstäbe verbunden sind, und bei dem die dazwischenliegenden Knickpunkte
unter Auslassung je eines dazwischenliegenden Knickpunktes miteinander ebenfalls über
Zugstäbe verbunden sind. Derartige einlagige, polygonal gekrümmte Stabtragwerke können
für tonnenförmige, kuppelförmige oder andere zweifach gekrümmte Hallentragwerke verwendet
werden.
[0002] Obwohl tonnenförmige und kuppelförmige Tragkonstruktionen seit alters her eine sehr
wirtschaftliche Art der Überdeckung sind, da bei gleichmäßiger Belastung und idealer
Formgebung nur Druckkräfte in den Tragwerkssystemen auftreten, kann es durch einseitige
Belastung, größere zusätzliche Einzellasten oder zeitweilig angreifende Horizontallasten
aus Wind usw. zu größen Verformungen und zum Einsturz kommen.
[0003] Dem wurde bislang dadurch vorgebeugt, daß Bogenträger hoher Biegesteifigkeit, gebogene
Fachwerke oder zweilagige, gekrümmte Stabwerke eingesetzt wurden, welche zusätzlich
zu den Normalkräften in Bogenrichtung auch große Biegemomente aufzunehmen im Stande
waren, wodurch sich jedoch schwerere und damit unwirtschaftlichere Konstruktionen
ergaben.
[0004] Einlagige Stabtragwerke der eingangs genannten Gattung sind aus der DE-OS 2 800 720
und der DE-OS 3 311 397 bekannt.
[0005] Die aus der DE-OS 33 11 397 bekannte Dachkonstruktion zur Abdeckung von Hallen, Bädern,
Kläranlagen u.dgl. zeigt die Spannweite überbrückenden Profile, die an mehreren Punkten
gleichsinnig abgewinkelt sind und zwischen den Knickpunkten geradlinig verlaufen.
Die Profile sind so nebeneinander angeordnet, daß die Knickpunkte jedes Profils neben
dem Mittelbereich zwischen den Knickpunkten der jeweils benachbarten Profile zu liegen
kommen. Durch Diagonalstreben in Form von zwei zu einem stumpfen Winkel zusammenstoßenden
Schenkeln sind benachbarte Profile miteinander verbunden, wobei die Scheitelbereiche
und Schenkelenden der Diagonalstreben an den Knickpunkten der Profile mit den Profilen
verbunden sind. Bezüglich der aneinandergereihten Diagonalstäbe sind jeweils die
"Knickpunkte" (nämlich die Scheitel und Schenkelenden) unter Auslassen je eines dazwischenliegenden
Knickpunktes miteinander durch Stäbe verbunden.
[0006] Die DE-OS 28 00 720 bezieht sich auf eine Fachwerkkonstruktion im Baukastensystem
für gewölbte Abdeckungen, die aus einer Vielzahl von dreieckigen Tragwerken mit gekrümmtem
Profil, deren netzförmige Schale aus starren dreieckigen und/oder rhombischen Maschen
besteht, zusammengesetzt ist. Die die Maschen begrenzenden, schrägen stabförmigen
Elemente können in schraubenlinienförmig verlaufenden, einander kreuzenden, geodätischen
Linien eingeschrieben werden. Aus der DE-OS 28 00 720 sind Verstärkungszugstäbe bekannt,
die diagonal gegenüberliegende Eckpunkte von rhombischen Maschen miteinander verbinden,
wobei die benachbarten Eckpunkte "ausgelassen" werden.
[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein einlagiges, polygonal gekrümmtes Stabtragwerk
für tonnenförmige, kuppelförmige oder andere zweifach gekrümmte Überdeckungen bereitzustellen,
welches trotz eventuell auftretender ungleichmäßiger Belastungen, zusätzlichen Einzellasten
und Horizontallasten aus Wind usw. nur Druckkräfte in seinen Tragstäben erzeugt und
trotz geringer Biegesteifigkeit der Stäbe und Gelenke (Knickpunkte) hohe Formstabilität
des gesamten Tragwerkes gewährleistet.
[0008] Diese Aufgabe wird bei einem einlagigen, polygonal ge krümmten Stabtragwerk dadurch
gelöst, daß die die Knickpunkte unter Auslassung je eines dazwischenliegenden Knickpunktes
miteinander verbindenden Zugglieder vorgespannt sind.
[0009] Das erfindungsgemäße Stabtragwerk ist durch die vorgespannten Zugglieder zwischen
jeweils zwei Stabknickpunkten unter Überspringen eines dazwischenliegenden Stabknickpunktes
ein steifes Tragwerk, weil eine Vielzahl von vorgespannten Sprengwerken entsteht,
die es keinem einzigen Knickpunkt erlauben, seine vorbestimmte Lage am theoretischen
Krümmungskreis zu verlassen. Dies wird damit erreicht, daß die nach Montage des Stabwerkes
auf die Zugstäbe aufzubringenden Vorspannkräfte so hoch gewählt werden, daß sie in
den einzelnen Tragwerksstäben einen Teil oder die gesamten Spannungen (inneren Kräfte),
welche von den an den Knickpunkten angreifenden äußeren Kräften hervorgerufen werden,
schon vorweg ständig erzeugen und diese Vorspannkräfte erst durch tatsächlich auftretende
äußere Kräfte anteilig abgelöst werden, so daß bei tatsächlicher Belastung des Tragwerkes
geringere Formänderungen entstehen.
[0010] Zur Erzielung kurzer Knicklängen in Querrichtung der auf Druck beanspruchten Tragwerksstäbe
können diese auch rautenförmig angeordnet werden. In den Knickpunkten des Tragwerkes
entstehen dabei Zusammenführungen von vier bis sechs Stäben. Obgleich diese, bei vier
Stäben pro Knickpunkt (Knoten rautenförmigen, bei sechs Stäben pro Knickpunkt (Knoten)
dreieckigen, Stabanordnungen bekannt sind, konnten bei einschaligen Stabwerken in
den Knotenpunkten (Knickpunkten) keine allzugroßen Lasten aufgelagert werden, da
ansonsten der dort vorhandene Knick durch Kniehebelwirkung der angreifenden Kräfte
in Kraftrichtung durchschlägt.
[0011] Die erfindungsgemäß vorgesehenen vorgespannten Zugglieder unterspannen jeden durchschlaggefährdeten
Knoten durch ihre Anordnung zwischen den benachbarten Knoten (Knickpunkten). Die
an die Knoten angreifenden Zugglieder verhindern das Ausweichen der Knoten in Knickrichtung.
Es entsteht so die erwähnte Vielzahl von vorgespannten Sprengwerken, die es keinem
einzigen Knoten erlauben, seine Lage am zugeordneten Krümmungskreis zu verlassen.
Die die Knoten verbindenden Zugglieder werden so weit vorgespannt, daß in den Tragstäben
ein Teil oder die gesamten Spannungen (inneren Kräfte), welche von den an den Knickpunkten
angreifenden äußeren Kräften (Nutzlasten) hervorgerufen werden, schon vorweg ständig
wirken und diese Vorspannkräfte erst durch tatsächlich angreifende äußere Kräfte anteilig
abgelöst werden, so daß bei tatsächlicher Belastung des Tragwerkes geringere Formänderungen
entstehen. Dies erklärt sich dadurch, daß eine an einen Knoten angreifende äußere
Kraft die am selben Knoten angreifenden Zugglieder entlastet, wodurch die äußere
Kraft in den Stäben einen Teil der Wirkung der Vorspannkräfte übernimmt. Die Formänderung
wird gegenüber einem nicht vorgespannten gleichartigen System entsprechend kleiner.
[0012] Durch Anordnung rautenförmig aufgespaltener Zugglieder kann, bei Zwischenschaltung
querliegender Druckelemente zum Auseinanderhalten der Aufspaltung, mit kleinen meß-baren
Druckkräften in diesen Druckelementen (z.B. Tellerfederpakete) jede beliebig große
Vorspannkraft auf einfachste Art aufgebracht werden, da sich bei dieser Anordnung
eine hohe Kraftübersetzung ergibt.
[0013] Da leichte Tragwerke über große Spannweiten schwingungsanfällig sind, können in
den Zuggliedern auch Feder-Dämpferelemente vorgesehen werden. Durch Einbindung der
Feder-Dämpferelemente in die aufgespaltenen Zugglieder (querliegende Feder-Dämpferelemente)
können schwächere und daher kostengünstigere Feder-Dämpferelemente eingesetzt werden,
welche durch die große Übersetzung auch kleinste Verformungen (Schwingungsamplituden),
die die örtliche Lage der Knoten und der Knoten zueinander verändern, dämpfen.
[0014] Die Erfindung wird an Hand von schematischen Zeichnungen und an Ausführungsbeispielen
näher erläutert. Es zeigen Fig. 1 ein kuppelförmiges Tragwerk, Fig. 2 ein tonnenförmiges
Tragwerk, Fig. 3 im Schnitt ein Tragwerk aus Fig. 1 oder 2, Fig. 4 die Kräfteverhältnisse,
Fig. 5 in Draufsicht ein tonnenförmiges Tragwerk, Fig. 6 einen der vielen möglichen
Knoten eines Tragwerks und Fig. 7 einen Schnitt längs der Linie VII-VII in Fig. 6.
[0015] In den Figuren wurden zur Verdeutlichung Stabtragwerke mit nur wenigen Gliedern dargestellt,
tatsächlich sind solche Tragwerke meist wesentlich vielgliedriger.
[0016] In Fig. 1 ist eine vorgespannte, einlagige, polygonal gekrümmte Stabwerkskuppel
und in Fig. 2 ist eine einlagige, polygonal gekrümmte Stabwerkstonne schematisch dargestellt.
[0017] In Fig. 3 ist ein schematischer Schnitt durch ein vorgespanntes, polygonal gekrümmtes
Stabtragwerk geführt. Hier sind die auf Druck beanspruchten Tragwerkstäbe 1 mit starken
Linien und die vorgespannten Zugglieder 2 mit schwächeren Linien dargestellt. Die
Stabknickpunkte 3 sind zugleich die Angriffspunkte der vorgespannten Zugglieder 2.
Aus Fig. 1 ist ersichtlich, daß jedes vorgespannte Zugglied 2 unter Auslassen eines
dazwischenliegenden Stabknickpunktes 3′ zwei Stabknickpunkte 3 verbindet. Sinngemäß
verbinden die vorgespannten Zugglieder 2′ Stabknickpunkte 3′ und lassen den jeweils
dazwischen angeordneten Stabknickpunkt 3 aus.
[0018] In Fig. 4 ist ein Teil des Stabwerkes herausgehoben. Man ersieht hier die Wirkung
der Tragwerksstäbe 1 unter Vorspannung der Zugglieder 2 bzw. unter Einwirkung einer
äußeren Kraft F am Knickpunkt 3. Es ist hier auch zu erken nen, daß bei Einwirken
einer äußeren Kraft das Zugglied 2 zusätzlich belastet wird, wogegen die am Lastangriffspunkt
und Stabknickpunkt 3′ angreifenden Zugglieder 2′ jedoch entlastet werden.
[0019] Fig. 5 zeigt ein rautenförmig verknüpftes Stabtragwerk im Grundriß. Die strichlierten
Tragwerksstäbe 1 in Längsachse können bei einfach gekrümmten Tragwerken auch entfallen,
bei zweifach gekrümmten Tragwerken wie z.B. bei Stabwerkskuppeln bilden sie einen
Zugring, welcher das Gesamt-Tragwerk in Form hält.
[0020] In Fig. 4 wird auch die Anordnung von Feder-Dämpferelementen 4 in den Zuggliedern
2 dargestellt. Weiters wird die Möglichkeit rautenförmig aufgespaltener Zugglieder
5 gezeigt, wobei die zum Vorspannen und Auseinanderspreizen der Zugglieder 5 notwendigen
Druckelemente ebenfalls als Feder-Dämpferelemente 6 ausgebildet sein können.
[0021] Die Fig. 6 und 7 zeigen eine mögliche Ausführungsform der Stabknickpunkte 3 und zugleich
die Knotenausbildung für vier bis sechs Tragwerkstäbe 1 mit den am selben Knoten 3
angreifenden, vorgespannten Zuggliedern 2.
[0022] Bei dem erfindungsgemäßen, einlagigen, polygonal gekrümmten Stabtragwerk wird vermieden,
daß bei ungleichmäßigen Belastungen, zusätzlichen größeren Einzellasten oder Horizontalkräften
aus Wind usw. große Biegemomente im Stabwerksystem hervorgerufen werden, die unzulässig
große Verformungen des gesamten Systems oder das Durchschlagen der Stabknoten (Knickpunkte
im Stabwerk) durch hier angreifende Lasten (Kniehebelwirkung) zur Folge haben können.
Dies wird beim erfindungsgemäßen Tragwerk aus Stäben 1 erreicht, indem jeweils zwei
Stabknickpunkte bzw. Knoten 3 unter Überspringen eines dazwischenliegenden Stabknickpunktes
3′ durch vorgespannte Zugglieder 2 verbunden sind. Die dazwischenliegenden Stabknickpunkte
3′ sind ihrerseits unter Überspringen der oben erwähnten bereits verbundenen Knickpunkte
3 ebenfalls durch vorgespannte Zugglieder 2′ miteinander verbunden. So entsteht eine
Vielzahl von vorgespannten Sprengwerken 1, 2, 3 bzw. 1′, 2′, 3′, welche es keinem
einzigen Stabknickpunkt bzw. Knoten 3, 3′ erlauben, seine Lage am zugeordneten Krümmungskreis
zu verlassen. Durch Vorspannen der Zugglieder 2, 2′ wird die Steifigkeit des erfindungsgemäßen
Stabtragwerkes erhöht. Die Zugglieder 2, 2′ können auch rautenförmig aufgespalten
werden, wobei die Vorspannung dieser aufgespaltenen Zugglieder 5 über die hohe Kraftübersetzung
durch kleine, querliegende, die Aufspaltung auseinanderhaltende Druckelemente billig
und genau einstellbar ist. Zur Dämpfung von Schwingungen in diesen leichten, meist
weitgespannten Tragwerken, z.B. durch Winderregung, können bei den Zuggliedern 2 bzw.
5 Feder-Dämpferelemente 4 bzw. 6 zwischengeschaltet sein.
[0023] Die Zugglieder 2, 5 bestehen meist aus Rundstahl, Vierkant- oder Flachstahl. Die
Stäbe 1 müssen auch Druck aufnehmen können und sind daher meist aus Rundrohren, Vierkantrohren
oder breitflanschigen Stahlträgern hergestellt. An Stelle von Stahl kann für bestimmte
Zwecke sowohl für die Zugglieder 2 als auch für die Stäbe 1 auch Aluminium, verwendet
werden.
[0024] Als Feder-Dämpferelemente können handelsübliche Dämpfer mit Federrückstellung eingesetzt
werden, wie sie aus dem Schwerfahrzeugbau, Kranbau usw. an sich bekannt sind. Die
als Hydraulik-Dämpfer oder als Reibungsdämpfer ausgebildeten Feder-Dämpferelemente
funktionieren so, daß Schwingungen durch im Dämpfer zu verrrichtende Arbeit unterdrückt
werden. Die Federn stellen die Längen und die Vorspannung der einzelnen Zugglieder,
die sich bei Schwingungen des Daches verändern, wieder in die Länge bei Ruhelage
zurück.
1. Einlagiges, polygonal gekrümmtes Stabtragwerk, bei dem die Knickpunkte der Tragwerkstäbe
unter Auslassen je eines dazwischenliegenden Knickpunktes miteinander über Zugstäbe
verbunden sind, und bei dem die dazwischenliegenden Knickpunkte unter Auslassung
je eines dazwischenliegenden Knickpunktes miteinander ebenfalls über Zugstäbe verbunden
sind, dadurch gekennzeichnet, daß die die Knickpunkte (3 bzw. 3′) unter Auslassung
je eines dazwischenliegenden Knickpunktes (3′ bzw. 3) miteinander verbindenden Zugglieder
(2 bzw. 2′) vorgespannt sind.
2. Stabtragwerk nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Zugglieder (5) rautenförmig
aufgespalten sind und über Druckelemente (6) auseinandergehalten bzw. vorgespannt
sind.
Stabtragwerk nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß in den Zuggliedern
(2, 2′) in Längsrichtung der Zugelemente (2, 2′) wirkende Feder-Dämpferelemente
(4) vorgesehen sind, welche zugleich auch die Vorspannung übernehmen.
4. Stabtragwerk nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß ddie Zugglieder
(5) durch Feder-Dämpferelemente (6) auseinandergehalten bzw. vorgespannt sind.