(19)
(11) EP 0 311 868 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
19.04.1989  Patentblatt  1989/16

(21) Anmeldenummer: 88116345.5

(22) Anmeldetag:  03.10.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4B61F 5/38
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE ES FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 12.10.1987 DE 3734441

(71) Anmelder: Bergische Stahl-Industrie
D-42859 Remscheid (DE)

(72) Erfinder:
  • Potthoff, Heinrich, Dr.-Ing.
    D-4320 Hattingen (DE)

(74) Vertreter: Jung, Hermann L., Dipl.-Chem. 
Patentanwalt Postfach 17 28
61287 Bad Homburg v.d.H.
61287 Bad Homburg v.d.H. (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Vorrichtung zur Lenkmoment-Kompensation eines lenkbaren oder selbstlenkenden Rades


    (57) Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Lenkmoment-­Kompensation eines lenkbaren oder selbstlenkenden, ange­triebenen oder gebremsten Schienenfahrzeugrades, wobei die Rotationsachse eines Zahnrades (20) eines Getriebes mit der Schwenkachse (10) des Achsschenkels (11) fluchtet und dieses Zahnrad (20) mit einem weiteren Zahnrad (21) kämmt, welches mit dem Laufrad (12) verbunden ist und die im Wälzpunkt (26) der Zahnräder (20) und (21) wirkende Tangentialkraft (Ft) mit dem Betriebswälzkreisradius (rb1) des Zahnrades (20) ein auf den Achsschenkel (11) wirkendes Kompensationsmoment um die Schwenkachse (10) des Achsschenkels (11) ergibt, welches dem durch Radumfangskraft (Fu) und Lenkrollhalbmesser (r₁) bestimmtes Wendemoment betragsmässig gleich aber entgegen­gesetzt gerichtet ist.




    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung für die Lenkmoment-­Kompensation eines lenkbaren oder selbstlenkenden Rades, insbesondere für Schienenfahrzeuge, wobei dem angetriebenen oder gebremsten Rad ein der wirksamen Radumfangskraft pro­portionales, durch Radumfangskraft und Lenkrollhalbmesser bestimmtes Wendemoment von aussen aufgeprägt wird.

    [0002] Durch Radumfangskräfte und Lenkrollhalbmesser entstehende Lenkmomente werden bisher normalerweise durch Spurstangen zwischen einander gegenüberliegenden Rädern gegeneinander geschaltet und damit in ihrer Wirkung aufgehoben. Sind jedoch (z.B. durch unterschiedliche Radumfangskräfte) die Lenk­momente an den durch die Spurstangen verbundenen Rädern nicht gleich, können die Momente nur teilweise kompensiert werden. Es wurde daher in DE-OS 35 41 732 vorgeschlagen, eine bei jeder Umfangskraft wirksame Kompensation des Lenk­momentes dadurch zu erreichen, dass das Reaktionsmoment eines im Rad befindlichen Untersetzungsgetriebes über Hebel über­tragen und als Kompensationsmoment genutzt wird. Das Reaktions­moment des Getriebes ist dem Antriebs- oder Bremsmoment und folglich der Radumfangskraft stets proportional und deshalb zur Kompensation des Lenkmomentes gut geeignet. Die tech­nische Durchführung hat jedoch erhebliche Nachteile, weil der das Reaktionsmoment führende Teil des Getriebes drehbar gelagert und das Reaktionsmoment über eine Drehmomentab­stützung (z.B. ein Hebelsystem) auf den Achsträger geleitet werden muss. Ein Antrieb mit der nach DE-OS 35 41 732 vorgeschlagenen Lenkmoment-Kompensation erfordert deshalb einen grösseren Bauraum und ist erheblich aufwendiger als ein Antrieb ohne eine solche.

    [0003] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die Nachteile der bekannten Vorrichtung zu vermeiden und eine Vorrichtung zur Lenkmoment-Kompensation zur schaffen, die vom Vorhandensein eines Untersetzungsgetriebes unab­hängig ist, nicht mehr Bauteile be-nötigt als eine vergleich­bare Konstruktion ohne Lenkmoment-Kompensation und sich auch bei kleinen Rädern verwenden lässt.

    [0004] Die Lösung der Aufgabe besteht darin, dass die Rotationsachse eines Zahnrades eines Getriebes mit der Schwenkachse des Achs­schenkels fluchtet und dieses Zahnrad mit einem weiteren Zahn­rad kämmt, welches direkt oder über ein zwischengeschaltetes Getriebe, beispielsweise ein Planetengetriebe, mit dem Lauf­rad verbunden ist und dass die im Wälzpunkt des Zahneingriffs der beiden Zahnräder wirkende Tangentialkraft Ft mit dem Be­triebswälzkreisradius rb1 des erstgenannten Zahnrads ein um die Schwenkachse wirkendes Kompensationsmoment ergibt, wel­ches dem durch Radumfangskraft Fu und Lenkrollhalbmesser r₁ gebildetes Lenkmoment betragmässig gleich aber entgegen­gesetzt gerichtet ist.

    [0005] Vorteilhaft können auch zwei Zahnräder auf einer einzigen, mit der Schwenkachse des Achsschenkels fluchtenden Welle angeordnet sein, von denen das eine Zahnrad mit dem Zahn­rad des Abtriebs und das andere Zahnrad mit dem Zahnrad des Antriebs kämmt.

    [0006] Zweckmässig ist das im Achsschenkel angeordnete Zahnrad bei vorhandensein eines nachgeschalteten Getriebes mit mindestens einem von mehreren Lagern im rotierenden Teil des Laufrades gelagert.

    [0007] Der Vorteil der erfindungsgemässen Vorrichtung besteht darin, dass ihre Wirkung vom Vorhandensein eines Untersetzungs­getriebes unabhängig ist und dass dass nicht mehr Bauteile erforderlich sind als bei einer vergleichbaren Konstruktion ohne Lenkmoment-Kompensation.

    [0008] In den Zeichnungen sind beispielsweise Ausführungsformen der Erfindung schematisch dargestellt und zwar zeigen :

    Figur 1 ein aus drei Kegelzahnrädern bestehendes Getriebe mit Lenkmoment-Kompensationsvorrichtung,

    Figur 2 eine Vorrichtung gemäss Figur 1, jedoch ohne ein Untersetzungsgetriebe,

    Figur 3 ein aus vier Kegelzahnrädern aufgebautes Getriebe mit Lenkmoment-Kompensationsvorrichtung,

    Figur 4 eine Vorrichtung gemäss Figur 1, bei welcher das abtriebsseitige Kegelrad mit einem von zwei Lagern im rotierenden Teil des Laufrades gelagert ist,

    Figur 5 eine Vorrichtung gemäss Figur 1, jedoch mit einem drehrichtungsumkehrenden Untersetzungsgetriebe.



    [0009] Nach Figur 1 ist das Rad 12 mit Lagern 15 auf dem Achsschenkel 11 gelagert, welcher um die Schwenkachse 10 schwenkbar an der Achsbrücke 16 angelenkt ist. Die Achsbrücke 16 ist mit dem Fahrzeug 17 verbunden. Die in der Achsbrücke 16 gelagerte Antriebswelle 18 trägt an ihrem Ende ein Kegelzahnrad 19, welches mit dem als Zwischenrad wirkenden Kegelzahnrad 20 kämmt. Das Zahnrad 10, dessen Rotationsachse mit der Schwenk­achse 10 fluchtet, kämmt mit einem weiteren, mit den Lagern 13 und 14 im schwenkbaren Achsschenkel 11 gelagerten Kegel­zahnrad 21. Auf der Welle des Zahnrades 21 befindet sich das innere Zentralrad 22 eines als Untersetzungsgetriebe wirkenden Umlaufgetriebes. Das Hohlrad 23 dieses Umlaufgetrie­bes ist mit dem Achsschenkel 11 drehfest verbunden und die Planetenräder 24 sind auf dem Planetenradträger 25 gelagert, der seinerseits mit dem Laufrad 12 drehfest verbunden ist.

    [0010] Die im Wälzpunkt 26 des Zahneingriffs des als Zwischenrad wirkenden Zahnrades 20 mit dem Abtriebszahnrad 21 wirkende Tangentialkraft Ft ergibt mit dem Betriebswälzkreisradius rb1 des Zahnrades 20 ein auf den schwenkbaren Achsschenkel 11 wirkendes Moment um die Schwenkachse 10. Dieses Moment ist dem von der Radumfangskraft Fu und dem Lenkrollhalb­messer r₁ gebildeten Lenkmoment entgegengesetzt gerichtet. Damit die von den Kräften Ft und Fu verursachten Momente betragsmässig gleich sind, muss die folgende Gleichung erfüllt sein :



    [0011] In Gleichung (I) bezeichnet
    rb1 den Betriebswälzkreisradius des Zahnrades 20
    rb2 den Betriebswälzkreisradius des Zahnrades 21
    r₁ den Lenkrollhalbmesser
    rR den wirksamen Radius des Laufrades 12
    i das Übersetzungsverhältnis der Drehzahl des Zahnrades 21 zu der Drehzahl des Laufrades 12



    [0012] Wenn Gleichung (I) erfüllt ist, ist das Laufrad 12 unabhängig vom jeweiligen Betriebszustand nach aussen von Wendemomenten um die Schwenkachse 10 vollkommen frei.

    [0013] Figur 2, in der gleiche Teile wie in Fig.1 mit gleichen Be­zugszeichen versehen sind, zeigt eine Ausführungsform der erfindungsgemässen Vorrichtung zur Lenkmoment-Kompensation, bei der die Welle des Zahnrades 21 ohne einzwischenge­schaltetes Untersetzungsgetriebe direkt über eine drehsteife, radial und axial nachgiebige Kupplung 27 mit dem Laufrad 12 verbunden ist. In Gleichung (I) ist bei dieser Ausführungs­form der Wert i = 1 einzusetzen.

    [0014] Nach Fig.3, in der gleiche Teile wie in Fig.1 und 2 mit gleichen Bezugszeichen versehen sind, sind zwei Zahnräder 28 und 29 auf einer einziges, mit der Schwenkachse 10 des Achsschenkels 11 fluchtenden Welle 30 gelagert. Das Zahnrad 29 kämmt mit dem Zahnrad 19 des Antriebs, das Zahnrad 28 kämmt mit dem Zahnrad 21 des Abtriebs.

    [0015] Die Ausführung nach Fig.4 unterscheidet sich von der Ausführung nach Fig. 1 nur dadurch, dass die Welle des Kegelzahnrades 21 mit einem der beiden Lager 31, 32 im rotierenden Teil 25 des Laufrades 12 gelagert ist.

    [0016] Die Ausführung nach Fig. 5 unterscheidet sich von der Aus­führung nach Fig. 1 nur dadurch, dass - bedingt durch die Art des eingesetzten Untersetzungsgetriebes mit dem inneren Zentralrad 22, den im Achsschenkel 11 gelagerten Zwischen­rädern 24 und dem mit dem Rad 12 verbundenen Hohlrad 23 - die Drehrichtungen des Zahnrades 21 und des Laufrades 12 gegenläufig sind. Das Zahnrad 20, dessen Rotationsachse mit der Schwenkachse 10 fluchtet, ist deshalb hier so angeordnet, dass der Zahneingriff der Zahnräder 20 und 21 oberhalb der Mittellinie des Laufrades 12 liegt, damit das von der Tan­gentialkraft Ft verursachte Kompensationsmoment dem von der Radumfangskraft Fu verursachten Lenkmoment entgegengesetzt gerichtet ist. Die Beträge von Lenk- und Kompensationsmoment sind gleich, wenn Gleichung (I) erfüllt ist.

    [0017] Selbstverständlich sind innerhalb der Erfindung mehrere Variationen möglich. So ist z.B. möglich, anstelle der Kegel­zahnräder miteinander kämmende Stirnzahnräder mit parallelen Rotationsachsen einzusetzen. Weiterhin können auch anstelle der Zahnräder Reibräder eingesetzt werden. In allen Fällen mu muss aber die Gleichung (I) erfüllt sein, damit das durch die Tangentialkraft Ft verursachte Kompensationsmoment dem durch die Kraft Fu verursachten Lenkmoment betragsmässig gleich ist.


    Ansprüche

    1) Vorrichtung für die Lenkmoment-Kompensation eines lenkbaren oder selbstlenkenden Rades, insbesondere für Schienenfahrzeuge wobei dem angetriebenen oder gebremsten Rad ein der wirksamen Radumfangskraft proportionales, durch Radumfangskraft und Lenkrollhalbmesser bestimmtes Wendemoment von aussen aufge­prägt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Rotationsachse eines Zahnrades (20) eines Getriebes mit der Schwenkachse (10) des Achsschenkels (11) fluchtet und dieses Zahnrad (20) mit einem weiteren Zahnrad (21) kämmt, welches direkt oder über zwischengeschaltete Getriebe, beispielsweise ein Planeten­getriebe (22-24) mit dem Laufrad (12) verbunden ist und die im Wälzpunkt (26) der Zahnräder (20) und (21) wirkende Tan­gentialkraft (Ft) mit dem Betriebswälzkreisradius (rb1) des Zahnrades (20) ein auf den Achsschenkel (11) wirkendes Kom­pensationsmoment um die Schwenkachse (10 des Achsschenkels (11) ergibt, welches dem durch Radumfangskraft (Fu) und Lenkrollhalbmesser (rl) bestimmtes Wendemoment betragsmässig gleich aber entgegengesetzt gerichtet ist.
     
    2) Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass zwei Zahnräder (28 und 29) auf einer einzigen, mit der Schwenkachse (10) des Achssenkels (11) fluchtenden Welle (30) angeordnet sind, von denen das eine Zahnrad (28) mit dem Zahnrad (29) des Abtriebs, das andere Zahnrad (29) mit dem Zahnrad (19) des Antriebs kämmt. (Fig. 3)
     
    3) Vorrichtung nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeich­net, dass das Zahnrad (21) bei Vorhandensein eines nachge­schalteten Getriebes mit mindestens einem (31) von mehreren Lagern (31,32) im rotierenden Teil (25) des Laufrades (12) gelagert ist. (Fig. 4)
     




    Zeichnung