[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Kohlenstoffasern aus hochsiedenden
bituminösen Stoffen wie beispielsweise Steinkohlenteerpech, Petrolpech, Rückstandsölen
der Kohleverflüssigung und Synthesepechen.
Verfahren dieser Art sind an sich bekannt. Die bituminösen Stoffe werden gereinigt
und gegebenenfalls nach einer Vorbehandlung polymerisiert. Dabei entsteht ein Mesophasenpech
mit unterschiedlichen Mengen an anisotropen Pechbestandteilen, aus dem die leichter
flüchtigen und die isotropen Bestandteile zumindest teilweise entfernt werden müssen,
um ein Kohlenstoffaser-Vorprodukt mit hohem optisch anisotropem Anteil zu erhalten.
Dieses Vorprodukt muß folgenden Anforderungen genügen:
a) Der Anteil an Feststoffen sollte gering sein, damit es beim Verspinnen nicht zu
Fadenbrüchen kommt.
b) Unter Spinnbedingungen darf es nicht zu einer Gasentwicklung kommen, um Fadenbrüche
zu vermeiden.
c) Die Viskosität sollte bei hohem Verkokungsrückstand niedrig sein, damit das Vorprodukt
bei Temperaturen versponnen werden kann, die deutlich unter der Polymerisationstemperatur
liegen.
[0002] Das Vorprodukt wird meist über einen Extruder versponnen, und der Pechfaden durch
Oxidation unschmelzbar gemacht, carbonisiert und gegebenenfalls graphitiert.
Die Reinigung des bituminösen Stoffes kann durch Filtration oder Extraktion mit gegebenenfalls
anschließendem Abdestillieren des Lösungsmittels erfolgen. Diese Verfahrensstufe ist
nicht kritisch und wird technisch beherrscht.
Die Polymerisation wird bei erhöhter Temperatur mit oder ohne Katalysator durchgeführt.
Die Bedingungen sind so zu wählen, daß möglichst wenig Chinolinunlösliches (QI) aber
ein hoher Anteil an optisch anisotropem Material entsteht. Die Neigung zur QI-Bildung
kann durch vorheriges Hydrieren vermindert werden. Die Katalysatoren müssen, soweit
welche verwendet werden, restlos aus dem Mesophasenpech entfernt werden.
[0003] Um bereits bei der Polymerisation einen ausreichend hohen Anteil an anisotropem Material
zu erhalten, kann dieser Verfahrensschritt unter hohem Vakuum oder unter Einleiten
eines Trägergases durchgeführt werden. Die Neubildung von Chinolinunlöslichem läßt
sich jedoch nicht vollständig vermeiden, so daß sich häufig an die Polymerisation
noch eine Extraktionsstufe anschließen muß. Das verwendete Lösungsmittel muß unter
schonenden Bedingungen restlos aus dem Kohlenstoffaser-Vorprodukt destillativ entfernt
werden.
Als Rückstand verbleibt eine bei Temperaturen oberhalb etwa 250 °C schmelzende hochviskose
Masse, die bei ca. 100 K höheren Temperaturen versponnen wird.
Spinntemperaturen bis etwa 400 °C sind durchaus üblich. Dabei polymerisiert das Vorprodukt
weiter, und es besteht die Gefahr, daß sich Feststoffe bilden, die zu Fadenbrüchen
führen oder sogar die Spinndüsen verstopfen. Hohe Fließpunkte sind aber notwendig,
damit die Pechfäden bei dem bei Temperaturen oberhalb 200 °C beginnenden Oxydationsprozeß
noch eine ausreichende Festigkeit besitzen und nicht verkleben. Dieses Problem ist
bisher nicht zufriedenstellend gelöst. Es ist vielmehr als Hauptgrund dafür anzusehen,
daß die Herstellung von Kohlenstoffasern aus Pech bisher sich großtechnisch nicht
hat durchsetzen können.
[0004] Es besteht daher die Aufgabe, ein Verfahren zur Herstellung von Kohlenstoffasern
zu entwicklen, bei dem das hochschmelzende Vorprodukt bei vergleichbar niedrigen Temperaturen
versponnen werden kann.
[0005] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß dem Kohlenstoffaser-Vorprodukt
unmittelbar vor dem Verspinnen 2 bis 10 Gew.-% eines Lösungsmittels, das unter normalen
Bedingungen in dem Vorprodukt nicht oder nur in sehr geringem Maße löslich ist, zugegeben
und unter Bedingungen, unter denen das Lösungsmittel im überkritischem Zustand vorliegt,
mit diesem vermischt wird, wobei die Mischzeit mindestens 10 min beträgt. Als Lösungsmittel
können beispielsweise hochsiedende Alkohole, Wasser usw. verwendet werden, die unter
100 °C bei Normaldruck in flüssiger Form vorliegen. Durch seinen überkritischen Zustand
löst sich das Lösungsmittel vollständig und homogen in dem Vorprodukt.
[0006] Überraschenderweise wurde gefunden, daß es auch innerhalb eines Zeitraumes von etwa
15 min beim Verspinnen nicht zu einer Entmischung kommt. Das Vorprodukt ließ sich
länger als 60 min ohne Fadenbruch bei nicht mehr als 30 K über dem Schmelzpunkt liegenden
Temperaturen zu 10 µm dicken Fasern verspinnen. Auch nach tagelangen Dauerversuchen
zeigten die Spinndüsen keine Verstopfungen. Beim Oxydationsprozeß diffundiert der
überwiegende Teil des Lösungsmittels aus der Faser, ohne daß in der Faser bleibende
Gasblasen gefunden werden.
[0007] Die Erfindung wird anhand des nachfolgenden Beispiels näher erläutert:
Beispiel 1
[0008] 100 Gew.-Teile eines Kohlenstoffaser-Vorprodukts aus Steinkohlenteer mit folgenden
Eigenschaften:

werden unter einem Stickstoffdruck von 50 bar in einem Rührwerk auf 360 °C aufgeheizt.
Unter intensivem Rühren werden innerhalb von 10 min 40 Gew.-Teile Heptanol gleichmäßig
zudosiert und über weitere 10 min intensiv mit dem Vorprodukt gemischt. Das Gemisch
wird auf 320 °C abgekühlt und über einen Doppelwellenextruder mit einer Düsenplatte
innerhalb von 15 min mit einer Abzugsgeschwindigkeit von 500 m/min versponnen. Die
Düsenplatte hat 6 Bohrungen mit einem Durchmesser von 0,8 mm. Die 10 µm dicken Pechfäden
werden gekühlt und aufgewickelt. In einem zweiten Rührwerk wird gleichzeitig ein weiterer
Ansatz für das Verspinnen vorbereitet, so daß der Spinnversuch ohne Unterbrechung
weitergeführt werden kann.
Der Versuch wird nach 1 1/4 h abgebrochen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist kein Fadenbruch
aufgetreten. Die Pechfasern werden in Luft mit 3 K/min bis auf 150 °C und dann mit
1 K/min bis auf 300 °C erhitzt und diese Temperatur 30 min lang erhalten, um die Fasern
durch Oxidation zu stabilisieren. Die stabilisierten Fasern werden anschließend in
einer Stickstoffatmosphäre mit 5 K/min bis auf 1000 °C aufgeheizt und diese Temperatur
30 min lang gehalten, um die Fasern zu carbonisieren.
[0009] Die carbonisierten Fasern werden in einem Argonstrom mit einer Temperatursteigerung
von 25 K/min bis 2500 °C graphitiert. Die Zugfestigkeit betrug 2,5 kN/mm² bei einem
Elastizitäts-Modul von 0,4 MN/mm². An den Bruchstellen sind keine sichtbaren Gas-
oder Feststoffeinschlüsse erkennbar.
Beispiel 2 (Vergleich)
[0010] Das gleiche Kohlenstoffaser-Vorprodukt wie in Beispiel 1 wird auf 320 °C erhitzt
und direkt dem Extruder mit Düsenplatte zugeführt. Die Zähigkeit war so hoch, daß
der Scherbolzen des Extruderantriebs abriß. Es trat kein Pech aus der Düsenplatte
aus.
Beispiel 3 (Vergleich)
[0011] Der im Beispiel 2 beschriebene Versuch wurde bei jeweils nur 20 K erhöhter Temperatur
wiederholt. Bei einer Temperatur von 400 °C gelang es, Pechfäden mit einer Abzugsgeschwindigkeit
von 300 K/min zu spinnen. Die Fasern hatten einen Durchmesser von 15 µm. Nach 8 min
trat jedoch bereits ein Fadenbruch auf. Der Versuch wurde fortgesetzt. Nach 4 h hatte
sich die Düsenplatte jedoch mit Feststoffen zugesetzt, so daß der Versuch abgebrochen
werden mußte, um Extruder und Düsenplatte zu reinigen.
1. Verfahren zur Herstellung von Kohlenstoffasern aus hochsiedenden bituminösen Stoffen,
aus denen durch Reinigung, Polymerisation, gegebenenfalls nach einer Vorbehandlung,
und Aufkonzentration ein Kohlenstoffaser-Vorprodukt hergestellt wird, das, zu Fasern
versponnen, oxydiert, carbonisiert und gegebenenfalls graphitiert wird, dadurch gekennzeichnet, daß dem Kohlenstoffaser-Vorprodukt unmittelbar vor dem Verspinnen 2 bis 10 Gew.-%
eines Lösungsmittels, das unter normalen Bedingungen in dem Vorprodukt nicht oder
nur in sehr geringem Maße löslich ist, zugegeben und unter Bedingungen, unter denen
das Lösungsmittel im überkritischem Zustand vorliegt, mit diesem vermischt wird, wobei
die Mischzeit mindestens 10 min beträgt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Lösungsmittel ein hochsiedender Alkohol ist.
3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß das fertige Gemisch aus Kohlenstoffaser-Vorprodukt und Lösungsmittel bei einer
Temperatur von nicht mehr als 30 K oberhalb des Schmelzpunktes des Vorproduktes innerhalb
15 min versponnen wird.