(19)
(11) EP 0 315 848 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
17.05.1989  Patentblatt  1989/20

(21) Anmeldenummer: 88118074.9

(22) Anmeldetag:  31.10.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4D06L 3/02, D06M 13/244
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE CH DE FR GB IT LI NL SE

(30) Priorität: 07.11.1987 DE 3737890

(71) Anmelder: BASF Aktiengesellschaft
67063 Ludwigshafen (DE)

(72) Erfinder:
  • Streit, Werner, Dr.
    D-6719 Bobenheim (DE)
  • Schenk, Wolfgang, Dr.
    D-6831 Plankstadt (DE)
  • Kummer, Matthias, Dr.
    D-6800 Mannheim 1 (DE)
  • Dix, Johannes Peter, Dr.
    D-6708 Neuhofen (DE)
  • Oftring, Alfred, Dr.
    D-6702 Bad Duerkheim (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien


    (57) Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen, bei dem man als Hilfsmittel eine Verbindung der allgemeinen Formel I


    einsetzt, in der R ein C₆- bis C₁₀-Alkylrest, X = H, Na, K oder NR¹R²R³R⁴ ist, und R¹, R², R³ und R⁴ H, C₁- bis C₄-Alkyl oder -CH₂-CH₂-OH bedeuten, sowie Verwendung der Verbindungen I zur Vorbehandlung textiler Materialien.


    Beschreibung


    [0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen unter Verwendung von phosphorhaltigen Hilfsmitteln und die Verwendung bestimmter phosphorhaltiger Hilfsmittel bei der Vorbehandlung textiler Materialien.

    [0002] Die Vorbehandlung von textilen Materialien, die Cellulose, insbesondere Baumwolle, enthalten oder daraus bestehen, ist seit langem bekannt und in Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Band 9, Verlag Chemie 1975, S. 250 und 251 und Band 23, 1983, S. 19 bis 31 beschrieben. Die Materialien, die als Faser, Kammzug, Garn, Strang, Wickelkörper, Webware, Maschenware oder in anderer Aufmachung eingesetzt werden können, werden dabei vorbereitet für die nachfolgenden Veredlungsschritte, wie Färben, Bedrucken, Aufhellen und Ausrüsten.

    [0003] Das alkalische Abkochen dient im allgemeinen dem Quellen der Faser und dem Abbau bzw. der teilweisen Extraktion von Störstoffen, damit die Faser für das nachfolgende Bleichen vorbereitet wird und die Störstoffe leichter entfernt werden können.

    [0004] Beim Bleichen werden üblicherweise farbige Begleitstoffe, die beim alkalischen Abkochen nur ungenügend extrahiert wurden, meist oxidativ durch peroxidische Verbindungen, daneben auch durch Natriumchlorit oder Hypochlorit, zerstört.

    [0005] Beim alkalischen Abkochen wie beim Bleichen werden im allgemeinen stickstoffhaltige oder phosphorhaltige Hilfsmittel wie Nitrilotriessig­säure, Ethylendiamintetraessigsäure, Diethylentriaminpentaacetat, Gluconsäure oder Phosphonsäuren eingesetzt, da sie u.a. die bei diesen Prozessen schädlichen Schwermetallionen wie Fe²⁺ oder Fe³⁺ komplexieren können. Diese Eigenschaft wird z.B. beim Bleichen zur Stabilisierung von oxidativen Bleichmitteln genutzt.

    [0006] So wurde in der DE-B 22 26 784 zur Stabilisierung von Peroxidverbindungen in wäßrig-alkalischer Lösung ein Gemisch aus 1-Hydroxiethylen-1,1-­diphosphonsäure, Nitrilotriessigsäure und einem wasserlöslichen Magnesium- oder Calciumsalz empfohlen. In der DE-B 22 11 578 wurde zur Stabilisierung von Peroxiden ein Gemisch von Polyoxiverbindungen mit Aminoalkanphosphonsäuren, abgeleitet von C₁- bis C₆-Alkanen, und/oder Hydroxialkanphosphonaten, abgeleitet von C₁- bis C₄-Alkanen, und Polyaminocarbonsäuren offenbart.

    [0007] Die bekannten stickstoffhaltigen Stabilisierungsmittel sind jedoch wegen ihrer hohen Oxidationsempfindlichkeit nicht ausreichend wirksam. Ihre Verwendung zusammen mit Phosphonsäuren führt zu einem aufwendigen Verfahren, das durch den Einsatz mehrerer Komponenten unhandlich und wenig wirtschaftlich ist und zum Teil zu schwankender Warenqualität führt.

    [0008] Aus der US-A-3 122 417 war es bekannt, als Hilfsmittel zur Stabilisierung von Peroxidverbindungen 1-Hydroxialkan-1,1-diphosphonsäuren, die von linearen C₁- bis C₆-Alkanen abgeleitet sind, zu verwenden. Die Stabilisierwirkung ist jedoch mangelhaft.

    [0009] Nachteilig bei dem bekannten phosphonsäurehaltigen Hilfsmitteln ist es, daß sie in Kläranlagen nur schwer aus dem Abwasser eliminierbar sind. Daher müssen große Anstrengungen unternommen werden, um die verwendeten Hilfsmittel, wie z.B. die Phosphonsäuren, in aufwendigen Verfahren zu entfernen.

    [0010] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen bereitzustellen, das die geschilderten Nachteile vermeidet, in einfacher Weise erfolgreich durchzuführen ist und Hilfsmittel hoher Wirksamkeit verwendet, die leicht aus dem Abwasser eliminierbar sind.

    [0011] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß mit einem Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen unter Verwendung von phosphorhaltigen Hilfsmitteln dadurch gelöst, daß man als Hilfsmittel eine Verbindung der allgemeinen Formel I

    einsetzt, in der R ein C₆- bis C₁₀-Alkylrest, X = H, Na, K oder NR¹R²R³R⁴ ist, und R¹, R², R³ und R⁴ = H, C₁- bis C₄-Alkyl oder -CH₂-CH₂-OH bedeuten.

    [0012] Weiterhin wurde die Verwendung der Hilfsmittel der allgemeinen Formel I zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen gefunden. Die textilen Materialien bestehen aus Cellulosefasern oder enthalten Cellulosefasern im Gemisch mit anderen Fasern, z.B. Viskose, Zellwolle oder Polyester.

    [0013] Bevorzugt werden die Verbindungen I verwendet, in denen R einen insbesondere verzweigten C₇- bis C₉-Alkylrest darstellt, beispielsweise 2,4,4-Trimethylpentyl oder 1-Ethylpentyl. X ist bevorzugt H, besonders bevorzugt Na.

    [0014] Solche Verbindungen sind an sich bekannt, z.B. aus GB-C 1 469 894, GB-C 1 182 483 oder DE-B 1 194 852 (incorporated by reference).

    [0015] Die verwendete Menge richtet sich nach den eingesetzten Materialien und Apparaturen und liegt im allgemeinen zwischen 0,1 bis 2, bevorzugt 0,1 bis 1 Gew.%, bezogen auf das wäßrige Medium. Beim alkalischen Abkochen haben sich insbesondere Konzentrationen von 0,3 bis 1 Gew.% bewährt. Beim Bleichen erzielt man gute Erfolge, wenn man 0,1 bis 0,7 Gew.%, jeweils bezogen auf das wäßrige Medium, einsetzt, wobei bei einem hohen Gehalt an Bleichmittel selbstverständlich hohe Mengen verwendet werden sollten.

    [0016] Die Zugabeart ist unkritisch. Die Verbindung I wird in fester oder gelöster Form dem wäßrigen Medium vor dem Bleichen bzw. vor dem alkalischen Abkochen zugegeben.

    [0017] Die wäßrigen Medien, in denen das alkalische Abkochen durchgeführt wird, enthalten in der Regel große Mengen Alkali, vorzugsweise 5 bis 100 g NaOH pro Liter oder äquivalente Mengen an KOH. Es wird beispielsweise in langer Flotte bei 5 bis 30 g NaOH oder in kurzer Flotte, wie beim Imprägnier­verfahren, mit 40 bis 100 g NaOH, jeweils bezogen auf 1 Liter wäßriges Medium, gearbeitet. Das Abkochen wird überwiegend bei einem Flotten­verhältnis von 1:1 und bei 90 bis 130°C diskontinuierlich oder konti­nuierlich in üblicher Weise in bekannten Dämpfern oder Druckkesseln vorgenommen. Die Dauer liegt im allgemeinen zwischen 1 und 90 Minuten.

    [0018] Der Zusammenhang zwischen Zeit, Temperatur und Laugenkonzentration ist dem Fachmann bekannt und kann gegebenenfalls zur Optimierung genutzt werden. Als Hilfsstoffe können bekannte alkalistabile Waschmittel wie Fettalkoholethoxylate, alkalistabile Netzmittel wie Alkylsulfonate und Reduktionsmittel wie Sulfit in üblichen Mengen zugegen sein.

    [0019] Das Bleichen kann oxidativ, beispielsweise mit Natriumchlorit oder -hypochlorit, Perboraten oder mit peroxidischen Substanzen, insbesondere mit Wasserstoffperoxid, das üblicherweise als 35 bis 50 gew.%ige wäßrige Lösung eingesetzt wird, erfolgen.

    [0020] Die Menge an Bleichmittel richtet sich u.a. nach der Empfindlichkeit des textilen Materials, der Bleichfähigkeit der Verunreinigungen und den verwendeten Apparaten. Sie liegt üblicherweise bei Wasserstoffperoxid (100 %ig) bei 0,7 bis 30, bevorzugt 1,5 bis 20 g/Liter wäßriges Medium. Die übrigen Bedingungen hängen auch von der Art des eingesetzten Bleichmittels ab. Der pH-Wert liegt üblicherweise bei 5 bis 14, bevorzugt 7 bis 14, insbesondere 9 bis 13. Er wird im allgemeinen durch Säuren wie Essigsäure oder Alkalien wie NaOH oder Na₂CO₃ eingestellt. Die Temperatur liegt im allgemeinen bei Raumtemperatur (Kaltbleiche), bei der Heißbleiche bei 70 bis 100°C. Es kann auch bei leichtem Überdruck bei 130°C gearbeitet werden. Die Bleichdauer kann ca. 1 bis 2 Minuten bei der Schockbleiche, 10 bis 120 Minuten bei der Heißbleiche oder 16 bis 48 Stunden bei der Kaltbleiche betragen. Das Flottenverhältnis (Gewichtsverhältnis des textilen Materials zu wäßrigem Medium) kann von 1:40 bei der Haspelkufe über 1:5 bei der Kurzflotte bis ca. 1:1 variieren. Gearbeitet wird kontinuierlich oder diskontinuierlich in bekannten Apparaturen wie Haspelkufe, J-Box, U-Box, Kurzzeitdämpfer oder Kombidämpfer.

    [0021] Als Zusatzstoffe können übliche Silikate wie Natriumsilikat in üblichen Mengen verwendet werden. Auch geringere Mengen an Silikaten, z.B. von 0,1 bis 0,85 Gew.%, bezogen auf das wäßrige Medium, können mit Erfolg zusammen mit der Verbindung I verwendet werden.

    [0022] Bekannte Zusatzstoffe und Substanzen wie Puffer, beispielsweise Natrium­pyrophosphat, Aktivatoren, beispielsweise Ameisensäure oder Phthalsäure­anhydrid oder wasserlösliche Magnesium- oder Calciumsalze, z.B. Chloride oder Sulfate, können bei dem erfindungsgemäßen Verfahren ebenfalls zugegen sein. Bevorzugt wird das Verfahren in wäßrigem Medium durchgeführt, die eine Gesamthärte von 2 bis 20, insbesondere 2 bis 10 Grad dH (deutsche Härte) aufweisen.

    [0023] Das erfindungsgemäße Verfahren unter Verwendung der Verbindung I ist den bekannten Vorbehandlungsverfahren, die übliche Hilfsmittel verwenden, deutlich überlegen. Bei guter Schonung des textilen Materials verbunden mit hohem Bleichgrad wird das Bleichmittel durch die Verbindung I sehr gut stabilisiert. Darüber hinaus ist die Verbindung I in Kläranlagen leicht biologisch eliminierbar, so daß aufwendige Reinigungs- und Aufarbeitungs­operationen entfallen können.

    Beispiele und Vergleichsversuche



    [0024] Zur Prüfung der stabilisierenden Wirkung der Hilfsmittel auf Wasserstoff­peroxid im alkalischen Medium wurden 10 g der in der Tabelle 1 angegebenen Hilfsmittel in 800 ml destilliertem Wasser, gegebenenfalls unter Zusatz der adäquaten Menge NaOH, gelöst. Der pH-Wert wird mit verdünnter Natronlauge oder Schwefelsäure auf 7 eingestellt. Dann werden die in der Tabelle 1 angegebenen Mengen NaOH zugesetzt und die Lösungen nach Zugabe von jeweils 20 ml 35 gew.%igem wäßrigem H₂O₂ mit destilliertem Wasser auf 1 Liter aufgefüllt.

    [0025] Der Nullwert der Peroxidgehalte der Lösungen wird durch Titration von 5 ml der jeweiligen Lösung mit 0,1 normaler KMnO₄-Lösung in üblicher Art ermittelt.

    [0026] Jeweils 100 ml dieser Peroxidlösung werden mit 0,5 ml wäßriger Prüflösung des Mischkatalysators und 1 ml wäßriger 1 gew.%iger Lösung von MgCl₂ · 6 H₂O versetzt und 2 Stunden bei 80°C thermostatisiert.

    [0027] Nach Abkühlen auf 25 bis 30°C innerhalb von 10 Minuten werden jeweils 5 ml entnommen und mit 0,1 n KMnO₄-Lösung titriert. Durch Vergleich mit dem Nullwert ergibt sich der prozentuale Restanteil an Peroxid.

    Herstellung des Mischkatalysators


    Stammlösung:



    [0028] In einem Erlenmeyerkolben werden
    1 g FeCl₃ · 6H₂O
    0,1 g MnSO₄ · H₂O
    0,1 g CuSO₄ · 5H₂O
    in dest. Wasser gelöst, dann 0,35 g Salzsäure konz. zugegeben und auf 100 g mit dest. Wasser aufgefüllt.

    [0029] Diese Stammlösung muß klar sein. Sollten nach längerem Stehen Niederschläge auftreten, muß sie neu angesetzt werden.

    Prüflösung



    [0030] Von obiger Lösung werden nun 10 g in einen Erlenmeyerkolben eingewogen und auf 100 g mit dest. Wasser aufgefüllt. Die Prüflösung sollte stets frisch angesetzt werden, da die Haltbarkeit begrenzt ist.

    [0031] Der Mischkatalysator simuliert auf reproduzierbare Art die negative Auswirkung von Schwermetallen, insbesondere von Eisen, auf die Stabilität des Wasserstoffperoxids.

    [0032] Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in der Tabelle 1 angegeben. Wegen der guten Stabilisierung bei sehr geringen Magnesiumkonzentrationen - die Beispiele entsprechen 2,76 Grad dH - sind die Verbindungen der Formel I insbesondere zur Stabilisierung bei der Heißbleiche geeignet, wo niedrige Härtegrade die Belagbildung auf den Transportwalzen verringern.
    Tabelle 1
    Restperoxid nach 2 Stunden bei 80°C (% bezogen auf Nullwert)
    NaOH-Menge 1-Hydroxihexan-1,1-diphosphonsäure (nicht erfindungsgemäß) Dinatriumsalz der Verbindung I mit R = 1-Ethyl-pentyl (erfindungsgemäß) und X = Na
      80°C 80°C
    10 g 40,5 72,2
    15 g 12,4 44,0



    Ansprüche

    1. Verfahren zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigen Medien durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen unter Verwendung von phosphorhaltigen Hilfsmitteln, dadurch gekennzeichnet, daß man als Hilfsmittel eine Verbindung der allgemeinen Formel I

    einsetzt, in der R ein C₆- bis C₁₀-Alkylrest, X = H, Na, K oder NR¹R²R³R⁴ ist, und R¹, R², R³ und R⁴ H, C₁- bis C₄-Alkyl oder -CH₂-CH₂-OH bedeuten.
     
    2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß man die Verbindung I in Mengen von 0,1 bis 2 Gew.%, bezogen auf das wäßrige Medium, einsetzt.
     
    3. Verfahren nach den Ansprüchen 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, daß R C₇- bis C₉-Alkylreste sind.
     
    4. Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß R 2,4,4-Trimethylpentyl oder 1-Ethylpentyl ist.
     
    5. Verwendung der Verbindung I gemäß den Ansprüchen 1 bis 4 zur Vorbehandlung von textilen Materialien in wäßrigem Medium durch alkalisches Abkochen und/oder Bleichen.