(19)
(11) EP 0 316 920 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
24.05.1989  Patentblatt  1989/21

(21) Anmeldenummer: 88119148.0

(22) Anmeldetag:  17.11.1988
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)4C21C 7/00, C22C 35/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE DE FR GB IT

(30) Priorität: 19.11.1987 DE 3739156

(71) Anmelder: SKW Trostberg Aktiengesellschaft
D-83308 Trostberg (DE)

(72) Erfinder:
  • Neuer, Bernd, Dr.
    D-8095 Schnaitsee (DE)

(74) Vertreter: Huber, Bernhard, Dipl.-Chem. et al
Patentanwälte H. Weickmann, Dr. K. Fincke F.A. Weickmann, B. Huber Dr. H. Liska, Dr. J. Prechtel, Dr. B. Böhm Postfach 86 08 20
81635 München
81635 München (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
   
       


    (54) Stickstoffhaltiges Zusatzmittel für Stahlschmelzen


    (57) Es wird ein stickstoffhaltiges Zusatzmittel für Stahl­schmelzen auf Basis von Kalkstickstoff beschrieben, welches in Form eines gefüllten Drahtes, bestehend aus einem metallischen Mantel und feinteiligem Kalkstick­stoff als Füllmaterial, vorliegt. Dieses Zusatzmittel ermöglich ein definiertes und hohes Stickstoffausbrin­gen von 90 bis 95 %.


    Beschreibung


    [0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein stickstoffhalti­ges Zusatzmittel auf Basis von Kalkstickstoff.

    [0002] Stickstoff wird bekanntermaßen als Legierungselement heute in eine Vielzahl von Stahlqualitäten zur Verbesse­rung der Werkstoffeigenschaften, insbesondere der Festigkeit und Zähigkeit, gezielt eingebracht.

    [0003] Zu diesem Zweck wird mit gasförmigem Stickstoff legiert, den man in die flüssige Stahlschmelze einleitet, oder man gibt stickstoffhaltige Legierungen oder Verbindun­gen der Stahlschmelze zu.

    [0004] In der Praxis ist das Aufsticken mit gasförmigem Stick­stoff nur bei kleinen geforderten Stickstoffkonzentra­tionen möglich, wobei die Treffsicherheit allerdings unbefriedigend ist. Außerdem sind der große Zeitaufwand und auch die Temperaturverluste der Schmelze sehr nachteilig.

    [0005] Um diese Probleme zu umgehen, werden üblicherweise stickstoffhaltige Verbindungen oder Legierungen einge­setzt.

    [0006] Übliche Legierungen sind hierbei aufgesticktes Ferroman­gan oder Ferrochrom mit niedrigen Stickstoffgehalten von 4 bis 6 %. Hiermit kann man relativ treffsicher legieren, doch sind die Stickstoffmengen, die in die Stahlschmelze eingebracht werden können, sehr häufig durch die Mangan- bzw. Chromgehalte der Stahlanalyse begrenzt. Außerdem sind diese Legierungen als Aufstick­mittel vergleichsweise teuer.

    [0007] Auch Kalkstickstoff ist als kostengünstiges Aufstickmit­tel für N-legierte Stähle in der Stahlindustrie bekannt, wobei man den Kalkstickstoff in Säcken oder Eimern beim Abstich in die Pfanne einbringt. Dieses Verfahren weist aber noch gravierende Nachteile auf. Mit einem Gesamt­kohlenstoffgehalt von ca. 20 % bringt der Kalkstickstoff beträchtliche Mengen Kohlenstoff in die Stahlschmelze ein, der zu fast 100 % von der Schmelze aufgenommen wird.

    [0008] Da bei diesem Verfahren der Stickstoffwirkungsgrad nur ca. 30 % beträgt, kann die zwangsweise erfolgende Erhöhung der Kohlenstoffmenge besonders bei niedrig gekohlten Stählen (z.B. bei 18/8 rostfrei-Qualitäten) prohibitiv für den Einsatz von Kalkstickstoff sein.

    [0009] Ein weiterer Nachteil dieser Zugabemethode sind die starken Schwankungen des Stickstoffausbringens bei der Zugabe des Kalkstickstoffs zum Abstich oder auch in den Spülfleck. Weil Kalkstickstoff ein niedriges spezifi­sches Gewicht aufweist, schwimmt er auf und zersetzt sich an der Badoberfläche. Die Endanalyse kann mit der üblichen Zugabetechnik nicht sicher eingestellt werden, so daß meistens eine Korrekturzugabe nötig ist.

    [0010] Die erläuterten Probleme mit Kalkstickstoff hängen nicht unwesentlich damit zusammen, daß Kalkstickstoff nicht stabil ist, sondern bei längerem Lagern zu Fein­korn zerrieselt und somit - je nach Lagerzeit - immer unterschiedlich hohe Feinanteile enthält. Diese Feinan­teile werden dann bei konventioneller Zugabe durch die Thermik ausgetragen, wodurch der niedrige und schwan­kende Wirkungsgrad des Kalkstickstoffs zustandekommt.

    [0011] Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabe zugrun­de, ein stickstoffhaltiges Zusatzmittel auf Basis von Kalkstickstoff zu entwickeln, welches die genannten Nachteile des Standes der Technik nicht aufweist, sondern das ein wesentlich höheres und gleichmäßigeres Stickstoffausbringen ermöglicht.

    [0012] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man das Zusatzmittel in Form eines gefüllten Drahtes, bestehend aus einem metallischen Mantel und feinteili­gem Kalkstickstoff als Füllmaterial, einsetzt.

    [0013] Es hat sich nämlich überraschenderweise gezeigt, daß damit alle wesentlichen Probleme des Standes der Tech­nik überwunden werden und ein definiertes und gleich­mäßiges Ausbringen mit unerwartet hohen Ausbeuten möglich ist, obwohl der eingesetzte Kalkstickstoff ebenfalls in feinverteilter Form vorliegt.

    [0014] Das stickstoffhaltige Zusatzmittel entsprechend der vorliegenden Erfindung liegt in Form eines Fülldrahtes vor bestehend aus einem metallischen Mantel und fein­teiligem Kalkstickstoff als Füllmaterial, welches von dem Mantel umhüllt wird.

    [0015] Der Durchmesser des gesamten Fülldrahtes kann in weiten Grenzen variiert werden, doch hat sich in der Praxis ein Durchmesserbereich von 5 bis 20 mm, vorzugsweise von 9 bis 13 mm, als besonders vorteilhaft erwiesen. Das Füllmaterial des Drahtes besteht aus technischem Kalkstickstoff (N-Gehalt 20 bis 26 %), der in möglichst feinverteilter Form vorliegen soll, um eine weitgehend homogene Verteilung des Behandlungsmittels in der Stahlschmelze zu ermöglichen. Die Teilchengröße des verwendeten Kalkstickstoffs sollte deshalb vorzugsweise kleiner als 1 mm sein.

    [0016] Die Menge des eingesetzten Kalkstickstoffs pro Fülldraht­längeneinheit richtet sich im wesentlichen nach dem Durchmesser des Fülldrahtes und beträgt in der Regel zwischen 50 und 250 g Kalkstickstoff pro Meter Fülldraht.

    [0017] Das Mantelmaterial sollte so ausgewählt werden, daß es sich in der Stahlschmelze relativ schnell unter Freigabe des Behandlungsmittels auflöst, ohne daß dieses Mantel­material bzw. dessen Rückstände unerwünschte Bestandtei­le in die Stahlschmelze einbringen. In der Praxis haben sich hierbei vor allem unlegierte Stahlumhüllungen bewährt. Die Dicke des Mantels beträgt in der Regel 0,1 bis 1 mm, vorzugsweise 0,2 bis 0,6 mm.

    [0018] Die Herstellung des erfindunsgemäßen Zusatzmittels ist unproblematisch und erfolgt nach üblichen Verfahren und Methoden.

    [0019] Der Kalkstickstoff wird, ggf. nach dessen Zerkleinerung auf den gewünschten Korngrößenbereich, in die Drähte eingefüllt, welche anschließend durch Falzung oder Schweißung geschlossen und auf Coils aufgewickelt werden.

    [0020] Die Stahlbehandlung mit dem erfindungsgemäß vorgeschla­genen Zusatzmittel ist sicher und problemlos durchzufüh­ren. Je nach gewünschter Stickstoffanalyse, die üblicher­weise bei 100 bis 1000 ppm liegt, werden 0,1 bis 10 kg Fülldraht pro Tonne zu behandelnder Stahlschmelze eingesetzt, wobei sich Einspulgeschwindigkeiten von 50 bis 180 m/Minute, insbesondere 100 bis 150 m/Minute bewährt haben. Der Fülldraht wird vorzugsweise 1 bis 1,5 m tief in die Stahlschmelze injiziert.

    [0021] Unter diesen Bedingungen zersetzt sich auch feinstkörni­ger Kalkstickstoff in der Stahlschmelze, so daß der Stickstoff in tieferen Badschichten freigesetzt wird und in Lösung geht.

    [0022] Auf diese Weise wird gewährleistet, daß ein definiertes und hohes Stickstoffausbringen mit 90 bis 95 % erzielt wird. Außerdem kann dabei die geforderte Endanalyse des Stahls sicher und gezielt erreicht werden, so daß zeitraubende Nachkorrekturen entfallen. Auch das Problem der Kohlenstoffaufnahme ist wegen des guten Ausbringens weitestgehend gelöst.

    [0023] Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern, ohne sie jedoch darauf zu beschränken.

    Beispiel 1



    [0024] 80 t einer Stahlschmelze mit der Analyse

    C = 0,18 %
    Si = 0,22 %
    Mn = 1,34 %

    mit einem Ausgangsgehalt von 68 ppm [N] sollte auf 180 bis 220 ppm [N] aufgestickt werden. Zu diesem Zweck wurden in die Charge 270 m eines 13 mm-Drahtes, beste­hend aus einem unlegierten Stahlmantel (Dicke 0,4 mm) sowie 178 g feinverteiltem technischen Kalkstickstoff (N-Gehalt 23,5 %) (Teilchengröße < 1 mm) pro Meter Fülldraht mit einer Geschwindigkeit von 150 m/Minute injiziert. Der Endstickstoffgehalt wurde mit 198 ppm analysiert, was einem Stickstoffausbringen von 91,5 % entspricht.

    Beispiel 2



    [0025] Eine 80 t-Charge einer Stahlschmelze mit einer 18/8 Rostfreiqualität sollte von 240 ppm [N] auf 500 bis 600 ppm [N] aufgestickt werden.

    [0026] Hierzu wurden 560 m eines Fülldrahtes entsprechend Beispiel 1 mit 150 m/Minute in die Stahlschmelze inji­ziert.

    [0027] Der Stickstoffgehalt lag bei 520 ppm, was einem Stick­stoffausbringen von 95 % entsprach. Die Kohlenstoffauf­nahme lag bei lediglich 0,02 %.


    Ansprüche

    1. Stickstoffhaltiges Zusatzmittel für Stahlschmelzen auf Basis von Kalkstickstoff,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß es in Form eines gefüllten Drahtes, bestehend aus einem metallischen Mantel und feinteiligem Kalkstickstoff als Füllmaterial, vorliegt.
     
    2. Zusatzmittel nach Anspruch 1,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Fülldraht einen Durchmesser von 5 bis 20 mm, vorzugsweise 9 bis 13 mm, aufweist.
     
    3. Zusatzmittel nach Anspruch 1 oder 2,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Kalkstickstoff eine Teilchengröße < 1 mm aufweist.
     
    4. Zusatzmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der Fülldraht 50 bis 250 g Kalkstickstoff pro Meter enthält.
     
    5. Zusatzmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß das Mantelmaterial aus unlegiertem Stahl besteht.
     
    6. Zusatzmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß der metallische Mantel eine Dicke von 0,1 bis 1 mm, insbesondere 0,2 bis 0,6 mm aufweist.
     
    7. Verfahren zur Behandlung von Stahlschmelzen mit einem stickstoffhaltigen Zusatzmittel,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man als Zusatzmittel einen Fülldraht nach einem der Ansprüche 1 bis 6 in die Schmelze ein­bringt.
     
    8. Verfahren nach Anspruch 7,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man pro Tonne zu behandelnder Stahlschmelze 0,1 bis 10 kg Fülldraht einbringt.
     
    9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man den Fülldraht mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 180 m/Minute, insbesondere 100 bis 150 m/Minute in die Stahlschmelze einspult.
     
    10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9,
    dadurch gekennzeichnet,
    daß man den Fülldraht 1 bis 1,5 m unter die Ober­fläche der Stahlschmelze injiziert.
     
    11. Verwendung eines Fülldrahtes nach einem der Ansprü­che 1 bis 6 als stickstoffhaltiges Zusatzmittel für Stahlschmelzen.
     





    Recherchenbericht