[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein stickstoffhaltiges Zusatzmittel auf Basis
von Kalkstickstoff.
[0002] Stickstoff wird bekanntermaßen als Legierungselement heute in eine Vielzahl von Stahlqualitäten
zur Verbesserung der Werkstoffeigenschaften, insbesondere der Festigkeit und Zähigkeit,
gezielt eingebracht.
[0003] Zu diesem Zweck wird mit gasförmigem Stickstoff legiert, den man in die flüssige
Stahlschmelze einleitet, oder man gibt stickstoffhaltige Legierungen oder Verbindungen
der Stahlschmelze zu.
[0004] In der Praxis ist das Aufsticken mit gasförmigem Stickstoff nur bei kleinen geforderten
Stickstoffkonzentrationen möglich, wobei die Treffsicherheit allerdings unbefriedigend
ist. Außerdem sind der große Zeitaufwand und auch die Temperaturverluste der Schmelze
sehr nachteilig.
[0005] Um diese Probleme zu umgehen, werden üblicherweise stickstoffhaltige Verbindungen
oder Legierungen eingesetzt.
[0006] Übliche Legierungen sind hierbei aufgesticktes Ferromangan oder Ferrochrom mit niedrigen
Stickstoffgehalten von 4 bis 6 %. Hiermit kann man relativ treffsicher legieren, doch
sind die Stickstoffmengen, die in die Stahlschmelze eingebracht werden können, sehr
häufig durch die Mangan- bzw. Chromgehalte der Stahlanalyse begrenzt. Außerdem sind
diese Legierungen als Aufstickmittel vergleichsweise teuer.
[0007] Auch Kalkstickstoff ist als kostengünstiges Aufstickmittel für N-legierte Stähle
in der Stahlindustrie bekannt, wobei man den Kalkstickstoff in Säcken oder Eimern
beim Abstich in die Pfanne einbringt. Dieses Verfahren weist aber noch gravierende
Nachteile auf. Mit einem Gesamtkohlenstoffgehalt von ca. 20 % bringt der Kalkstickstoff
beträchtliche Mengen Kohlenstoff in die Stahlschmelze ein, der zu fast 100 % von der
Schmelze aufgenommen wird.
[0008] Da bei diesem Verfahren der Stickstoffwirkungsgrad nur ca. 30 % beträgt, kann die
zwangsweise erfolgende Erhöhung der Kohlenstoffmenge besonders bei niedrig gekohlten
Stählen (z.B. bei 18/8 rostfrei-Qualitäten) prohibitiv für den Einsatz von Kalkstickstoff
sein.
[0009] Ein weiterer Nachteil dieser Zugabemethode sind die starken Schwankungen des Stickstoffausbringens
bei der Zugabe des Kalkstickstoffs zum Abstich oder auch in den Spülfleck. Weil Kalkstickstoff
ein niedriges spezifisches Gewicht aufweist, schwimmt er auf und zersetzt sich an
der Badoberfläche. Die Endanalyse kann mit der üblichen Zugabetechnik nicht sicher
eingestellt werden, so daß meistens eine Korrekturzugabe nötig ist.
[0010] Die erläuterten Probleme mit Kalkstickstoff hängen nicht unwesentlich damit zusammen,
daß Kalkstickstoff nicht stabil ist, sondern bei längerem Lagern zu Feinkorn zerrieselt
und somit - je nach Lagerzeit - immer unterschiedlich hohe Feinanteile enthält. Diese
Feinanteile werden dann bei konventioneller Zugabe durch die Thermik ausgetragen,
wodurch der niedrige und schwankende Wirkungsgrad des Kalkstickstoffs zustandekommt.
[0011] Der vorliegenden Erfindung lag daher die Aufgabe zugrunde, ein stickstoffhaltiges
Zusatzmittel auf Basis von Kalkstickstoff zu entwickeln, welches die genannten Nachteile
des Standes der Technik nicht aufweist, sondern das ein wesentlich höheres und gleichmäßigeres
Stickstoffausbringen ermöglicht.
[0012] Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß man das Zusatzmittel in Form
eines gefüllten Drahtes, bestehend aus einem metallischen Mantel und feinteiligem
Kalkstickstoff als Füllmaterial, einsetzt.
[0013] Es hat sich nämlich überraschenderweise gezeigt, daß damit alle wesentlichen Probleme
des Standes der Technik überwunden werden und ein definiertes und gleichmäßiges
Ausbringen mit unerwartet hohen Ausbeuten möglich ist, obwohl der eingesetzte Kalkstickstoff
ebenfalls in feinverteilter Form vorliegt.
[0014] Das stickstoffhaltige Zusatzmittel entsprechend der vorliegenden Erfindung liegt
in Form eines Fülldrahtes vor bestehend aus einem metallischen Mantel und feinteiligem
Kalkstickstoff als Füllmaterial, welches von dem Mantel umhüllt wird.
[0015] Der Durchmesser des gesamten Fülldrahtes kann in weiten Grenzen variiert werden,
doch hat sich in der Praxis ein Durchmesserbereich von 5 bis 20 mm, vorzugsweise von
9 bis 13 mm, als besonders vorteilhaft erwiesen. Das Füllmaterial des Drahtes besteht
aus technischem Kalkstickstoff (N-Gehalt 20 bis 26 %), der in möglichst feinverteilter
Form vorliegen soll, um eine weitgehend homogene Verteilung des Behandlungsmittels
in der Stahlschmelze zu ermöglichen. Die Teilchengröße des verwendeten Kalkstickstoffs
sollte deshalb vorzugsweise kleiner als 1 mm sein.
[0016] Die Menge des eingesetzten Kalkstickstoffs pro Fülldrahtlängeneinheit richtet sich
im wesentlichen nach dem Durchmesser des Fülldrahtes und beträgt in der Regel zwischen
50 und 250 g Kalkstickstoff pro Meter Fülldraht.
[0017] Das Mantelmaterial sollte so ausgewählt werden, daß es sich in der Stahlschmelze
relativ schnell unter Freigabe des Behandlungsmittels auflöst, ohne daß dieses Mantelmaterial
bzw. dessen Rückstände unerwünschte Bestandteile in die Stahlschmelze einbringen.
In der Praxis haben sich hierbei vor allem unlegierte Stahlumhüllungen bewährt. Die
Dicke des Mantels beträgt in der Regel 0,1 bis 1 mm, vorzugsweise 0,2 bis 0,6 mm.
[0018] Die Herstellung des erfindunsgemäßen Zusatzmittels ist unproblematisch und erfolgt
nach üblichen Verfahren und Methoden.
[0019] Der Kalkstickstoff wird, ggf. nach dessen Zerkleinerung auf den gewünschten Korngrößenbereich,
in die Drähte eingefüllt, welche anschließend durch Falzung oder Schweißung geschlossen
und auf Coils aufgewickelt werden.
[0020] Die Stahlbehandlung mit dem erfindungsgemäß vorgeschlagenen Zusatzmittel ist sicher
und problemlos durchzuführen. Je nach gewünschter Stickstoffanalyse, die üblicherweise
bei 100 bis 1000 ppm liegt, werden 0,1 bis 10 kg Fülldraht pro Tonne zu behandelnder
Stahlschmelze eingesetzt, wobei sich Einspulgeschwindigkeiten von 50 bis 180 m/Minute,
insbesondere 100 bis 150 m/Minute bewährt haben. Der Fülldraht wird vorzugsweise 1
bis 1,5 m tief in die Stahlschmelze injiziert.
[0021] Unter diesen Bedingungen zersetzt sich auch feinstkörniger Kalkstickstoff in der
Stahlschmelze, so daß der Stickstoff in tieferen Badschichten freigesetzt wird und
in Lösung geht.
[0022] Auf diese Weise wird gewährleistet, daß ein definiertes und hohes Stickstoffausbringen
mit 90 bis 95 % erzielt wird. Außerdem kann dabei die geforderte Endanalyse des Stahls
sicher und gezielt erreicht werden, so daß zeitraubende Nachkorrekturen entfallen.
Auch das Problem der Kohlenstoffaufnahme ist wegen des guten Ausbringens weitestgehend
gelöst.
[0023] Die nachfolgenden Beispiele sollen die Erfindung näher erläutern, ohne sie jedoch
darauf zu beschränken.
Beispiel 1
[0024] 80 t einer Stahlschmelze mit der Analyse
C = 0,18 %
Si = 0,22 %
Mn = 1,34 %
mit einem Ausgangsgehalt von 68 ppm [N] sollte auf 180 bis 220 ppm [N] aufgestickt
werden. Zu diesem Zweck wurden in die Charge 270 m eines 13 mm-Drahtes, bestehend
aus einem unlegierten Stahlmantel (Dicke 0,4 mm) sowie 178 g feinverteiltem technischen
Kalkstickstoff (N-Gehalt 23,5 %) (Teilchengröße < 1 mm) pro Meter Fülldraht mit einer
Geschwindigkeit von 150 m/Minute injiziert. Der Endstickstoffgehalt wurde mit 198
ppm analysiert, was einem Stickstoffausbringen von 91,5 % entspricht.
Beispiel 2
[0025] Eine 80 t-Charge einer Stahlschmelze mit einer 18/8 Rostfreiqualität sollte von 240
ppm [N] auf 500 bis 600 ppm [N] aufgestickt werden.
[0026] Hierzu wurden 560 m eines Fülldrahtes entsprechend Beispiel 1 mit 150 m/Minute in
die Stahlschmelze injiziert.
[0027] Der Stickstoffgehalt lag bei 520 ppm, was einem Stickstoffausbringen von 95 % entsprach.
Die Kohlenstoffaufnahme lag bei lediglich 0,02 %.
1. Stickstoffhaltiges Zusatzmittel für Stahlschmelzen auf Basis von Kalkstickstoff,
dadurch gekennzeichnet,
daß es in Form eines gefüllten Drahtes, bestehend aus einem metallischen Mantel und
feinteiligem Kalkstickstoff als Füllmaterial, vorliegt.
2. Zusatzmittel nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Fülldraht einen Durchmesser von 5 bis 20 mm, vorzugsweise 9 bis 13 mm, aufweist.
3. Zusatzmittel nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Kalkstickstoff eine Teilchengröße < 1 mm aufweist.
4. Zusatzmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Fülldraht 50 bis 250 g Kalkstickstoff pro Meter enthält.
5. Zusatzmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet,
daß das Mantelmaterial aus unlegiertem Stahl besteht.
6. Zusatzmittel nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß der metallische Mantel eine Dicke von 0,1 bis 1 mm, insbesondere 0,2 bis 0,6 mm
aufweist.
7. Verfahren zur Behandlung von Stahlschmelzen mit einem stickstoffhaltigen Zusatzmittel,
dadurch gekennzeichnet,
daß man als Zusatzmittel einen Fülldraht nach einem der Ansprüche 1 bis 6 in die Schmelze
einbringt.
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
daß man pro Tonne zu behandelnder Stahlschmelze 0,1 bis 10 kg Fülldraht einbringt.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8,
dadurch gekennzeichnet,
daß man den Fülldraht mit einer Geschwindigkeit von 50 bis 180 m/Minute, insbesondere
100 bis 150 m/Minute in die Stahlschmelze einspult.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 7 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
daß man den Fülldraht 1 bis 1,5 m unter die Oberfläche der Stahlschmelze injiziert.
11. Verwendung eines Fülldrahtes nach einem der Ansprüche 1 bis 6 als stickstoffhaltiges
Zusatzmittel für Stahlschmelzen.